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Wirksamkeit einer Dienstvereinbarung – Bindung der Betriebsrente an die Entgeltentwicklung der aktiv Beschäftigten

eingetragen von Thilo Schwirtz am Oktober 26th, 2010

Eine Dienstvereinbarung über das Ruhegeld ehemaliger Beschäftigter eines öffentlichen Nahverkehrsunternehmens bestimmt, dass sich das Ruhegeld bei einer Änderung des Einkommens der aktiv Beschäftigten erhöht oder vermindert. Die Auslegung ergibt, dass dies auch dann gilt, wenn die Verringerung des Arbeitsentgelts der aktiv Beschäftigten auf einer Verkürzung der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit beruht. Zweck der Dienstvereinbarung ist es, den Lebensstandard der Betriebsrentner entsprechend dem Verdienstniveau und dem Lebensstandard der Aktiven zu verändern. Dies entspricht den von Dienststelle und Personalvertretung zu beachtenden Grundsätzen von Recht und Billigkeit, sofern die bei Eintritt des Versorgungsfalles zu zahlende Ausgangsrente unberührt bleibt. Soweit die Dienstvereinbarung eine Verringerung der bereits erdienten Ausgangsrente ermöglicht, ist die Regelung unbillig und deshalb unwirksam.

Das hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts zur Revision eines Betriebsrentners entschieden, dessen Betriebsrente herabgesetzt wurde, weil die Tarifentgelte der aktiv Beschäftigten entsprechend einer Verkürzung der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit um 6,41 % gesenkt worden waren. Die Revision war erfolgreich. Der Rechtsstreit wurde an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen, da dieses – ebenso wie zuvor das Arbeitsgericht – die Klage abgewiesen hatte ohne zu prüfen, ob die Kürzung auch die Ausgangsrente betrifft.

[Quelle: PM des Bundesarbeitsgerichts vom 26.10.2010]
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Oktober 2010 – 3 AZR 711/08 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Februar 2008 – 7 Sa 2293/07 –

Zum Sachverhalt:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte das Ruhegeld des Klägers kürzen durfte.

Der Kläger erhält von der Beklagten eine betriebliche Altersversorgung auf Grundlage einer Dienstvereinbarung (DV). Nach der DV richtet sich die Höhe des Ruhegelds ua. nach den ruhegeldfähigen Dienstbezügen und der ruhegeldfähigen Dienstzeit. § 30 Abs. 1 DV regelt, dass sich das Ruhegeld “erhöht oder vermindert …, sobald sich das ruhegeldfähige Einkommen der vergleichbaren im Dienst befindlichen Arbeitnehmer ändert”. Die Beklagte wendet seit September 2005 den Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen bei den Nahverkehrsbetrieben im Land Berlin (TV-N) an. § 6 der zum 1. September 2005 in Kraft getretenen Anwendungsvereinbarung sieht für die Arbeitnehmer der Beklagten eine Absenkung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 auf 36,5 Stunden bei gleichzeitiger proportionaler Entgeltabsenkung um 6,41 % vor. Die Beklagte kürzte das Ruhegeld um diesen Prozentsatz.

Mit seiner Klage wendet der Kläger sich gegen diese Kürzung. Er ist der Auffassung, diese sei von den Ruhegeldbestimmungen nicht mehr gedeckt. § 30 Abs. 1 DV erfasse lediglich voraussehbare Gehaltsschwankungen, nicht aber außergewöhnliche Einschnitte. Zudem sei die Absenkung der Arbeitszeit unverständlich; sie diene lediglich der Auslagerung von Mitarbeitern auf andere Unternehmen. Die Beklagte ist der Ansicht, die Ruhegeldkürzung sei wegen der Bindung der Versorgungsbezüge an die ruhegeldfähigen Dienstbezüge der aktiven Arbeitnehmer zulässig. Dies sei auch sachgerecht, da die betriebliche Altersversorgung von den Aktivbeschäftigten erwirtschaftet bzw. vom Land Berlin als Gewährträger übernommen werden müsse. Die Gründe für die Entgeltabsenkung der Arbeitnehmer seien unerheblich.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Februar 2008 – 7 Sa 2293/07 –