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Ordnungshaft gegen den Geschäftsführer?

eingetragen von Thilo Schwirtz am Oktober 5th, 2010

Keine Ordnungshaft bei mitbestimmungswidrigem Verhalten des Arbeitgebers: Führt der Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung nicht ordnungsgemäß durch, kann der Betriebsrat die Unterlassung vereinbarungswidriger Maßnahmen verlangen. Auf seinen Antrag kann das Arbeitsgericht im Falle einer Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 Euro androhen. Die Verhängung von Ordnungshaft gegen den Arbeitgeber für den Fall, dass dieser das Ordnungsgeld nicht zahlt, ist dagegen unzulässig.

Die Arbeitgeberin hatte gegen eine bei ihr geltende Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit verstoßen. Auf Antrag des Betriebsrats haben die Vorinstanzen ihr aufgegeben, es zu unterlassen, Mitarbeiter ohne Zustimmung des Betriebsrats aus der Zeiterfassung herauszunehmen. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde der Arbeitgeberin ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000,00 Euro angedroht und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, Ordnungshaft, die an den beiden Geschäftsführern zu vollziehen sei.

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin hat der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts den Beschluss des Landesarbeitsgerichts hinsichtlich der Androhung von Ordnungshaft aufgehoben. Bei der Anwendung der in § 890 ZPO geregelten Ordnungs- und Zwangsmittel auf betriebsverfassungsrechtliche Unterlassungspflichten des Arbeitgebers ist die spezialgesetzliche Vorschrift des § 23 Abs. 3 BetrVG zu beachten. Diese begrenzt das Ordnungsgeld auf 10.000,00 Euro und sieht keine Ordnungshaft vor.

[Quelle: PM des Bundesarbeitsgerichts vom 05.10.2010]

Bundesarbeitsgericht Beschluss vom 5. Oktober 2010 – 1 ABR 71/09 –
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht Beschluss vom 16. Oktober 2008 – 5/9 TaBV 239/07 –

Zum Sachverhalt:

Das Verfahren betrifft die Frage, ob dem Arbeitgeber bzw. seinem gesetzlichen Vertreter Ordnungshaft angedroht werden kann, um eine im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren titulierte Unterlassungsverpflichtung durchzusetzen. Bei der Arbeitgeberin existiert eine Betriebsvereinbarung zur Jahresarbeitszeit, die eine Arbeitszeiterfassung der Arbeitnehmer vorsieht. Nachdem zwischen den Beteiligten Streit darüber entstanden war, ob die Zeiterfassung auch für eine Reihe von außertariflich beschäftigten Mitarbeitern mit einem erheblichen Anteil von Reisezeiten galt, leitete der Betriebsrat ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht ein. Das Arbeitsgericht gab der Arbeitgeberin antragsgemäß auf, es zu unterlassen, Mitarbeiter aus der Zeiterfassung herauszunehmen und verpflichtete die Arbeitgeberin, eine Zahl namentlich benannter Arbeitnehmer dazu zu veranlassen, an der Zeiterfassung teilzunehmen. Hinsichtlich der titulierten Unterlassungspflichtung drohte es der Arbeitgeberin für den Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft gegen die Geschäftsführer an. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Bundesarbeitsgericht insoweit zugelassenen Rechtsbeschwerde wendet sich die Arbeitgeberin gegen die Androhung der Ordnungshaft. Nach der Zivilprozessordnung kann dem Schuldner zur Durchsetzung einer titulierten Unterlassungsverpflichtung Ordnungshaft angedroht werden. Die Arbeitgeberin ist der Ansicht, die Androhung von Ordnungshaft sei nach der Vorschrift des § 23 Abs. 3 BetrVG, in der Ordnungshaft nicht erwähnt ist, unzulässig. Diese Vorschrift bilde eine allgemeine Grenze für die Festlegung von Zwangsmaßnahmen im Rahmen betriebsverfassungsrechtlicher Unterlassungsansprüche.

Hessisches LAG,

Beschluss vom 16. Oktober 2008 – 5/9 TaBV 239/07 –

1. Betriebsrat der K. GmbH (RAe. Dingeldein ua., Darmstadt),

2. K. GmbH (Hessenmetall, Darmstadt)