Keine zeitliche Begrenzung des Vertrauensschutzes für „Altverträge“ bei der Auslegung einer Verweisungsklausel als Gleichstellungsabrede.
Eine vor dem 1. Januar 2002 arbeitsvertraglich vereinbarte dynamische Verweisung auf einen Tarifvertrag („Altvertrag“) ist gewöhnlich dann als Gleichstellungsabrede auszulegen, wenn sie auf den einschlägigen Tarifvertrag verweist, an den der Arbeitgeber zu diesem Zeitpunkt selbst gebunden ist. Endet seine Tarifgebundenheit zu einem späteren Zeitpunkt, entfällt die Dynamik der Verweisung. Der Tarifvertrag bleibt dann statisch in der zur Zeit des Wegfalls der Tarifgebundenheit geltenden Fassung Inhalt des Arbeitsvertrages. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht diese Rechtsprechung inzwischen aufgegeben. Es gewährt hinsichtlich sog. „Altverträge“ jedoch Vertrauensschutz, zu dessen zeitlicher Begrenzung kein Anlass besteht.
Die Revision der Klägerin blieb vor dem Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos. Die Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag ist als Gleichstellungsabrede auszulegen. In ihrer Gesamtheit nimmt sie hinreichend klar auf den zu jener Zeit geltenden Tarifvertrag für den Einzelhandel Brandenburg Bezug. Der Vierte Senat hat seine Rechtsprechung zur Gleichstellungsabrede inzwischen zwar geändert (vgl. BAG 18. April 2007 – 4 AZR 652/05 – BAGE 122, 75). Für Verweisungsklauseln, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind, gewährt er aber Vertrauensschutz, so dass es auch im vorliegenden Fall bei der früheren Auslegungsregel verbleibt. Die Klägerin kann deshalb keine Vergütung nach dem aktuellen Tarifstand verlangen.
[Quelle: PM des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2011]
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Dezember 2011 – 4 AZR 79/10 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. November 2009 – 16 Sa 1228/09 und 1365/09 –