Geschlechtsbezogene Benachteiligung bei tariflichem Vorruhestand
Tarifvertragliche Regelungen, die Frauen wegen ihres Geschlechts benachteiligen, sind gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Eine solche Benachteiligung kann vorliegen, wenn ein Versorgungsverhältnis nach einer tarifvertraglichen Vorschrift zu dem Zeitpunkt endet, zu dem der Versorgungsempfänger vorzeitig Altersrente in Anspruch nehmen kann. Denn das gesetzliche Rentenrecht regelt die Möglichkeit, vorzeitige Altersrente zu beziehen, für Männer und Frauen unterschiedlich. Während Frauen bestimmter Geburtsjahrgänge gemäß § 237a Abs. 1 SGB VI nach Vollendung des 60. Lebensjahres vorzeitige Altersrente beanspruchen können, besteht diese Möglichkeit für Männer erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Die Tarifvertragsparteien können diesen Nachteil beseitigen, indem sie für die kürzere Bezugsdauer einen finanziellen Ausgleich schaffen.
Der Neunte Senat hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Die Anknüpfung an das gesetzliche Rentenversicherungsrecht kann, wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen ist, für sich genommen die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen nicht rechtfertigen. Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob die tariflichen Leistungen geeignet sind, den Nachteil des kürzeren Bezugszeitraums auszugleichen.
[Quelle: PM des Bundesarbeitsgerichts vpm 15.02.2011]
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Februar 2011 – 9 AZR 584/09 –
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Mai 2009 – 2/8 Sa 1649/07 –
§ 7 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz -Benachteiligungsverbot-
1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.
2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.
3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.
§ 237a SGB VI -Altersrente für Frauen-
1)Versicherte Frauen haben Anspruch auf Altersrente, wenn sie1. vor dem 1. Januar 1952 geboren sind,
2. das 60. Lebensjahr vollendet,
3. nach Vollendung des 40. Lebensjahres mehr als zehn Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und
4. die Wartezeit von 15 Jahren erfüllthaben.
2) …