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| Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Arbeitsvergütung nach §§ 611, 615 BGB. Die tarifliche Arbeitszeit von 40 Wochenstunden ist durch die BV 2007 ab 1. September 2007 wirksam auf 37 Stunden abgesenkt worden. |
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| I. Die BV 2007 war in der Zeit von Juli 2008 bis Ende Oktober 2008 auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Die zunächst vereinbarte Geltungsdauer vom 1. September 2007 bis zum 30. Juni 2008 hat sich nach Nr. 3 BV 2007 um neun Monate verlängert, nachdem die Betriebsparteien bis zum 30. Juni 2008 keine andere Regelung getroffen hatten. In der BV 2008 haben sie mit Änderungen, die nicht den streitgegenständlichen Zeitraum betreffen, das Fortbestehen der BV 2007 bis zum 31. März 2009 vereinbart. Hiervon gehen die Parteien in der Revision auch übereinstimmend aus. |
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| II. Die BV 2007 verstößt nicht gegen den Tarifvorrang (§ 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG). § 3 Nr. 9 MTV enthält eine tarifliche Öffnungsklausel iSd. § 77 Abs. 3 Satz 2 BetrVG, deren tatbestandliche Voraussetzungen die BV 2007 erfüllt. Die darin vereinbarte Arbeitszeitverkürzung betrifft einzelne Arbeitnehmergruppen und nicht einen größeren Betriebsteil. |
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| 1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags erfolgt nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags oder die praktische Tarifübung ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAG 17. Oktober 2007 – 4 AZR 1005/06 – Rn. 40, BAGE 124, 240). Enthält ein Tarifvertrag unbestimmte Rechtsbegriffe, ist deren Auslegung durch das Berufungsgericht in der Revisionsinstanz nur darauf nachzuprüfen, ob das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist und diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Tatumstände berücksichtigt hat (BAG 25. Februar 2009 – 4 AZR 20/08 – Rn. 35, AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 310). |
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| 2. Das Landesarbeitsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erkannt, dass die von der Arbeitszeitverkürzung betroffenen Produktionsmitarbeiter des Bereichs Fertigbau und die vier im technischen Büro tätigen Mitarbeiter jeweils eine Arbeitnehmergruppe und keinen größeren Betriebsteil darstellen. |
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| a) Das Berufungsgericht hat ausgehend vom Wortlaut des Tarifvertrags angenommen, ein „größerer Betriebsteil“ sei der Gegensatz zu einem kleineren Betriebsteil. Die Abgrenzung habe nach den konkreten betrieblichen Verhältnissen zu erfolgen. Dabei könne entweder auf das Zahlenverhältnis der von der Arbeitszeitverkürzung betroffenen Arbeitnehmer zur gesamten restlichen Belegschaft oder auf das Verhältnis zu den jeweils in den anderen Betriebsteilen beschäftigten Arbeitnehmer abgestellt werden. Es hat offengelassen, auf welche Relation abzustellen ist, und das Vorliegen eines größeren Betriebsteils nach beiden Auslegungsalternativen verneint. Dabei hat es die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer im Verhältnis zum Gesamtbetrieb als nicht erheblich erachtet, weil die Quote 13 von 59 Arbeitnehmern deutlich unterhalb von 50 % liege. Der Betriebsteil Fertigteilbau mit 13 Arbeitnehmern habe aber auch im Vergleich zu den anderen Betriebsteilen, insbesondere zu dem Betriebsteil Ziegelproduktion mit 35 Beschäftigten kein deutlich überwiegendes Gewicht gehabt. |
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| b) Diese Ausführungen lassen keine Rechtsfehler erkennen. |
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| aa) Für die erste Auslegungsalternative des Landesarbeitsgerichts spricht die grammatikalische Bedeutung des Komparativs „größerer“. Dessen Sinngehalt hängt davon ab, ob er mit oder ohne Vergleichsgröße gebraucht wird. Im vergleichenden Gebrauch drückt der Komparativ „größer als“ die Steigerung von „groß“ aus. Fehlt hingegen die Vergleichsgröße, bezieht sich der Komparativ nicht auf den Positiv des entsprechenden Adjektivs, sondern auf dessen Gegenbegriff (Duden Die Grammatik 7. Aufl. S. 378). In der nicht vergleichenden Verwendung wird ein Adjektiv demnach gegenüber dem Positiv nicht verstärkt, sondern abgeschwächt. Der Einwand des Klägers, ein „größerer Betriebsteil“ könne auch im Sinne eines „nicht kleinen Betriebsteils“ verstanden werden, ist daher zutreffend. Ein „größerer Betriebsteil“ ist zwar größer als ein kleiner, aber gleichwohl kleiner als ein großer Betriebsteil. |
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| bb) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht des Weiteren berücksichtigt, dass der Tarifvertrag den größeren Betriebsteil hinsichtlich des Zustimmungserfordernisses dem ganzen Betrieb gleichstellt und daher an eine im Verhältnis zum Restbetrieb erhebliche Arbeitnehmerzahl anknüpft. Dies macht deutlich, dass zur Feststellung, ob ein „größerer Betriebsteil“ von der Herabsetzung der Arbeitszeit betroffen ist, auf die Relation zur Gesamtzahl der Arbeitnehmer abzustellen ist. Der „größere Betriebsteil“ steht damit quantitativ zwischen den einzelnen Arbeitnehmergruppen und dem ganzen Betrieb. |
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| cc) Dieses Verständnis des Begriffs „größerer Betriebsteil“ wird durch den in der Präambel zu § 3 MTV und dem im tariflichen Gesamtzusammenhang zum Ausdruck kommenden Zweck der Regelung bestätigt. Diese soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnen, die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit der Auftragslage anzupassen. Das Erfordernis der Zustimmung der Tarifvertragsparteien zur Verkürzung der Arbeitszeit in größeren Betriebsteilen oder ganzen Betrieben dient dabei dem Schutz der tariflichen Ordnung. Diese ist gefährdet, wenn die tarifliche Wochenarbeitszeit von 40 Stunden in solchen Einheiten nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme ist. Demzufolge sind Herabsetzungen der Arbeitszeit, die größere Betriebsteile oder den ganzen Betrieb betreffen, von der Zustimmung der Tarifvertragsparteien abhängig. Bei einer Absenkung der Arbeitszeit für nur einzelne Arbeitnehmergruppen ist dagegen nach deren Auffassung die tarifliche Ordnung nicht gefährdet, so dass hierfür kein Zustimmungsvorbehalt besteht. |
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| dd) Gänzlich ausgeschlossen ist nach dem Tarifvertrag eine Herabsetzung der Dauer der Arbeitszeit in Einzelfällen, weil diese zur Anpassung an die Auftragslage nicht erforderlich ist. Einzelne Arbeitnehmer sind deshalb von einer Arbeitnehmergruppe abzugrenzen, bei der eine Verkürzung der Arbeitszeit nicht der Zustimmung der Tarifvertragsparteien bedarf. Diese zeichnet sich durch ein die Gruppenmitglieder verbindendes Merkmal aus. Die Tarifvertragsparteien haben dabei davon abgesehen, dieses näher zu konkretisieren und somit ganz unterschiedliche Verknüpfungen zugelassen. |
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| c) In Anwendung dieser Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt, dass die in der BV 2007 vereinbarte Absenkung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 auf 37 Stunden für die 13 im Fertigteilbau und die vier im technischen Büro beschäftigten Arbeitnehmer nicht der Zustimmung der Tarifvertragsparteien bedurft hat. Es hat bei der Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe „Arbeitnehmergruppe“ und „größerer Betriebsteil“ alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt und ist hiervon ausgehend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Herabsetzung der Arbeitszeit Arbeitnehmergruppen und nicht einen größeren Betriebsteil betrifft. Damit hat es weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze verstoßen. |
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| 3. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet. |
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| a) Dem Tarifvertrag ist nicht zu entnehmen, dass der Begriff der Arbeitnehmergruppe dem der Berufsgruppe gleichzusetzen ist. Hiergegen spricht, dass nach dem Wortlaut der Tarifbestimmung eine abweichende Arbeitszeitregelung „für einzelne Arbeitnehmergruppen“ festgelegt werden kann, nicht jedoch nur für „eine“ einzelne Arbeitnehmergruppe. Das Adjektiv „einzeln“ kann einerseits „für sich allein, nicht mit anderen zusammen, gesondert“ oder andererseits „vereinzelt, einige, wenige“ bedeuten (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache Bd. 3 3. Aufl. Stichwort „einzeln“). Wird der Begriff wie im vorliegenden Fall im Plural verwendet, spricht dies für die Auslegung im Sinne einer abweichenden Arbeitszeitregelung „für wenige Arbeitnehmergruppen“. Eine Beschränkung auf eine Berufsgruppe enthält der Begriff „einzelne Arbeitnehmergruppen“ daher nicht. |
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| b) Entgegen der Auffassung des Klägers können zur Konkretisierung des Begriffs „größerer Betriebsteil“ auch nicht – wie bei der Auslegung des § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG – die Zahlen – und Prozentangaben des § 17 Abs. 1 KSchG herangezogen werden. Dem stehen die unterschiedlichen Normzwecke dieser Regelungen entgegen. Die §§ 111, 112 BetrVG begründen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Betriebsänderungen, die wesentliche Nachteile für die Arbeitnehmer zur Folge haben können. Hingegen soll durch die Öffnungsklausel in § 3 Nr. 9 MTV den Unternehmen ermöglicht werden, auf auftragsbedingte Schwankungen besser reagieren zu können. Hierzu erlaubt der Tarifvertrag dem Arbeitgeber, mit Zustimmung des Betriebsrats eine Absenkung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden auf 35 bis 40 Stunden vorzunehmen. Wegen der Gefahr einer Verdrängung der tariflichen Arbeitszeitordnung durch eine andere betriebliche Arbeitszeitregelung haben die Tarifvertragsparteien allerdings einen Zustimmungsvorbehalt für Arbeitszeitverkürzungen in größeren Betriebsteilen oder ganzen Betrieben vorgesehen. Dieser tarifliche Normzweck steht in keinem Zusammenhang mit der durch die §§ 111, 112 BetrVG bezweckten Mitbestimmung des Betriebsrats bei Betriebsänderungen. |
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