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| Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klage ist in der Sache erfolgreich. Eine sofortige unmittelbare Versetzung der Klägerin nach Frankfurt (Oder) war tariflich ausgeschlossen. |
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| A. §§ 99, 100 BetrVG stehen der Versetzung der Klägerin nach Frankfurt (Oder) nicht entgegen, obwohl das beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen – 7 ABR 20/11 – anhängige Zustimmungsersetzungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen ist. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass eine als vorläufige Maßnahme nach § 100 BetrVG durchgeführte Versetzung dem Arbeitnehmer gegenüber wirksam ist, bis sie – ggf. nach § 100 Abs. 3 Satz 2 BetrVG – nicht mehr aufrechterhalten werden kann. |
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| B. Der Senat kann offenlassen, ob die Versetzung der Klägerin von Berlin nach Frankfurt (Oder) vom gesetzlichen Direktionsrecht der Beklagten (§ 106 Satz 1 GewO) gedeckt ist. |
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| I. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Inhalt des Arbeitsvertrags der Parteien nicht auf den Arbeitsort Berlin festgelegt oder konkretisiert. |
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| 1. Nach § 106 Satz 1 GewO darf der Arbeitgeber den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist (vgl. BAG 13. März 2007 – 9 AZR 433/06 – Rn. 31, AP BGB § 307 Nr. 26). In einem ersten Schritt ist durch Auslegung der Inhalt der vertraglichen Regelungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Dabei ist insbesondere festzustellen, ob ein bestimmter Tätigkeitsort vertraglich festgelegt ist und welchen Inhalt ein ggf. vereinbarter Versetzungsvorbehalt hat (vgl. BAG 19. Januar 2011 – 10 AZR 738/09 – Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 – 10 AZR 275/09 – Rn. 18, BAGE 135, 239). |
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| 2. Der Arbeitsort ist hier nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts weder ausdrücklich vertraglich festgelegt, noch ist er auf das Gebiet des Landes Berlin konkretisiert. |
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| a) Der letzte zwischen der Klägerin und der Deutschen Bundespost Telekom geschlossene Arbeitsvertrag vom 1. Januar 1991 legt keinen bestimmten Arbeitsort fest. Er unterscheidet sich damit von dem ersten Arbeitsvertrag der Klägerin mit einer früheren Rechtsvorgängerin der Beklagten vom 31. August 1989, der den Arbeitsort Berlin-Adlershof vorsah. In einem solchen Fall ist eine Ortsveränderung durch Versetzung in eine andere politische Gemeinde nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unabhängig vom Berufsbild vertraglich nicht ausgeschlossen und grundsätzlich vom gesetzlichen Weisungsrecht der Beklagten aus § 106 Satz 1 GewO gedeckt (vgl. BAG 19. Januar 2011 – 10 AZR 738/09 – Rn. 12, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 – 10 AZR 275/09 – Rn. 18, BAGE 135, 239; 13. April 2010 – 9 AZR 36/09 – Rn. 27, AP BGB § 307 Nr. 45 = EzA BGB 2002 § 307 Nr. 47; siehe auch 13. März 2007 – 9 AZR 433/06 – Rn. 31 f., AP BGB § 307 Nr. 26; zust. etwa Dzida/Schramm BB 2007, 1221, 1225 f.; ErfK/Preis 12. Aufl. § 106 GewO Rn. 16; Preis/Genenger NZA 2008, 969, 971; abl. Hromadka NZA 2012, 233, 238 [Erforderlichkeit eines ausdrücklichen oder konkludenten Versetzungsvorbehalts, konkludent vor allem denkbar bei einer Arbeitspflicht an verschiedenen Orten]; Wank RdA 2012, 139, 140; ders. NZA Beilage 2/2012, 41, 48; ders. RdA 2005, 271, 272 [Maßgeblichkeit des Berufsbilds]). Der Senat kann den Arbeitsvertrag als typischen Vertrag selbst auslegen. Die Beklagte hat den Arbeitsvertrag nach seinem Erscheinungsbild mehrfach verwendet. Der Vertrag enthält bis auf die Daten der Klägerin keine individuellen Besonderheiten. |
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| b) Die Arbeitspflicht der Klägerin ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch nicht auf den Arbeitsort Berlin konkretisiert. |
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| aa) Arbeitspflichten können sich zwar nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (vgl. für die st. Rspr. BAG 16. Februar 2012 – 8 AZR 98/11 – Rn. 47; 13. März 2007 – 9 AZR 433/06 – Rn. 50 mwN, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 – 2 AZR 577/03 – zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55; 7. Dezember 2000 – 6 AZR 444/99 – zu III 2 der Gründe, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 61 = EzA BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 23). |
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| bb) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Bis auf den langjährigen Einsatz der Klägerin im Gebiet des Landes Berlin traten keine besonderen Umstände hinzu, die ihr Vertrauen darauf gerechtfertigt hätten, nur in Berlin eingesetzt zu werden. Die Vorinstanzen haben solche besonderen Umstände zu Recht nicht darin gesehen, dass die Beklagte in der Vergangenheit nicht auf die arbeitsvertraglich vorbehaltene örtliche Versetzungsbefugnis hingewiesen hatte. Allein daraus, dass ein Vertragspartner über einen längeren Zeitraum hinweg nicht auf ein vertraglich vereinbartes Recht hinweist, darf der andere Vertragspartner nicht schließen, sein Vertragspartner werde von seinem Recht keinen Gebrauch mehr machen (vgl. BAG 13. März 2007 – 9 AZR 433/06 – Rn. 52, AP BGB § 307 Nr. 26; 3. Juni 2004 – 2 AZR 577/03 – zu C II 2 b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). |
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| c) Ist der Arbeitsort nicht festgelegt oder konkretisiert und weist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsort zu, unterliegt die Weisung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keiner Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, sondern der Ausübungskontrolle nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 Abs. 3 BGB (aA Wank RdA 2012, 139, 140). Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind (vgl. nur BAG 19. Januar 2011 – 10 AZR 738/09 – Rn. 18, AP BGB § 307 Nr. 50 = EzA GewO § 106 Nr. 7; 25. August 2010 – 10 AZR 275/09 – Rn. 31, BAGE 135, 239; 23. September 2004 – 6 AZR 567/03 – zu IV 2 a der Gründe, BAGE 112, 80). |
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| II. Der Senat kann offenlassen, ob an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den arbeitsvertraglichen Grenzen des gesetzlichen Direktionsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) bei Versetzungen mit einer Veränderung des Arbeitsorts festzuhalten ist (abl. Hromadka NZA 2012, 233, 238; Wank RdA 2012, 139, 140, der auch dem individualrechtlichen Begriff der Versetzung aufgrund Direktionsrechts kritisch gegenübersteht und sich für den Begriff der Umsetzung ausspricht; ders. NZA Beilage 2/2012, 41, 48; ders. RdA 2005, 271, 272). Es kann auch dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht trotz der Kinderbetreuungspflicht der Klägerin rechtsfehlerfrei angenommen hat, die Ausübung des Weisungsrechts der Beklagten durch die Versetzung der Klägerin von Berlin nach Frankfurt (Oder) sei nicht zu beanstanden. Die Versetzung der Klägerin ist jedenfalls unwirksam, weil das Direktionsrecht der Beklagten entweder durch § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS oder durch § 3 Abs. 2 iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS beschränkt ist. Die in §§ 3 bis 5 TV Ratio DTKS enthaltene tarifliche Auswahlrichtlinie dient dazu, dem Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS durch einzelvertragliche Abrede oder Änderungskündigung die Möglichkeit zu eröffnen, in den Betrieb BQE versetzt zu werden (ebenso Hümmerich/Welslau NZA 2005, 610, 612; Klinkhammer JbArbR Bd. 43 S. 63, 84). Der Anwendungsbereich des TV Ratio DTKS ist eröffnet. Die Auslegung der tarifvertraglichen Regelungen (§ 3 Abs. 1, Abs. 2, § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS) ergibt, dass auch Verlagerungen von Arbeitsplätzen ohne Personalabbau das Angebot eines Änderungsvertrags mit dem Ziel einer Versetzung in die BQE verlangen. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS oder § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS – jeweils iVm. § 5 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS – beschränkten das Direktionsrecht der Beklagten zunächst auf dieses tarifliche Verfahren und schlossen eine sofortige unmittelbare Versetzung von Berlin nach Frankfurt (Oder) aus. Den Tarifvertragsparteien fehlte nicht die Kompetenz, ein tarifliches Auswahlverfahren zu schaffen. Die GBV vom 28. November 2008 durfte vom tariflichen Auswahlverfahren nicht abweichen, indem sie „Mitarbeitermigrationspfade“ vorsah. |
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| 1. Der Anwendungsbereich des TV Ratio DTKS ist eröffnet. |
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| a) Die Klägerin unterfällt durch ihre Gewerkschaftszugehörigkeit dem persönlichen Geltungsbereich des TV Ratio DTKS. Die Beklagte ist Tarifvertragspartei des Firmentarifvertrags (§ 3 Abs. 1 TVG). |
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| b) Der sachliche Geltungsbereich des TV Ratio DTKS ist eröffnet. |
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| aa) Dem sachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrags unterfallen nach § 1 Abs. 1 TV Ratio DTKS wirtschaftliche, organisatorische und personelle Maßnahmen, die eine kontinuierliche Qualitäts- und Produktivitätsverbesserung sowie eine flexible Anpassung an technologische und nachfragebezogene Veränderungen sicherstellen sollen. § 1 Abs. 2 Buchst. a TV Ratio DTKS definiert als Maßnahmen unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Änderungen der Aufbauorganisation, soweit hierdurch der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt oder verlegt wird. In den Ausführungsbestimmungen ist geregelt, wie der Begriff der Aufbauorganisation zu verstehen ist. „Aufbauorganisation“ ist danach die Bildung von Organisationseinheiten, die Zuteilung von Aufgaben zu diesen Einheiten, die Aufgabenverteilung innerhalb der Einheiten sowie die Festlegung ihrer Zuständigkeiten. Sie umfasst zB die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Niederlassungen, die Einrichtung, Umwandlung oder Aufhebung von Ressorts oder Abteilungen, die Aufgabenverteilung auf Niederlassungen oder Ressorts sowie die Arbeitsverteilung auf Funktionsträger (Nr. 1 der Ausführungsbestimmungen zu Absatz 2). |
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| bb) Die in der GBV vom 28. November 2008 enthaltenen Maßnahmen unterfallen dem sachlichen Anwendungsbereich des Tarifvertrags. |
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| (1) Aus der Präambel der GBV geht hervor, dass sie der Modernisierung und Konsolidierung der bestehenden Standorte dient und die Beklagte eine betriebswirtschaftliche Optimierung des Unternehmens durch Produktivitätssteigerungen erstrebt. Damit sollen die Maßnahmen der GBV eine Produktivitätssteigerung iSv. § 1 Abs. 1 TV Ratio DTKS sicherstellen. Dafür sieht die GBV die „Migration“ von sog. Quellstandorten zu neuen Zielstandorten vor, die sich näher aus den Anlagen der GBV ergeben. Für die Berliner Standorte – mit Ausnahme des Standorts Schätzelbergstraße – ergibt sich der Zielstandort Frankfurt (Oder). Die „Migration“ war mit der Auflösung der Standorte in der Holzhauser Straße, der Lankwitzer Straße, der Buchberger Straße und der Köpenicker Allee verbunden. Zugleich wurde in Frankfurt (Oder) ein Standort begründet oder der dort schon bestehende Standort zumindest um weitere Abteilungen erweitert. Aufgaben der Berliner Standorte wurden nach Frankfurt (Oder) überführt. Darin liegt eine Änderung der Aufbauorganisation iSv. § 1 Abs. 2 Buchst. a TV Ratio DTKS. |
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| (2) Folge der Änderung der Aufbauorganisation war die Verlegung von Arbeitsplätzen iSv. § 1 Abs. 2 TV Ratio DTKS. |
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| (a) Unter „verlegen“ wird im räumlichen Wortsinn eine Handlung verstanden, mit der jemand oder etwas von seinem bisherigen an einen anderen Ort gelegt wird (vgl. Duden Bd. 10 Das Bedeutungswörterbuch 4. Aufl. Stichwort: „verlegen“). |
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| (b) Das trifft auf die betroffenen Arbeitsplätze zu. Sie werden nach den Regelungen der GBV vom 28. November 2008 von den Quell- an die Zielstandorte gelegt. Diese Verlegung muss nicht dazu führen, dass Arbeitsplätze wegfallen. Maßnahmen iSv. § 1 Abs. 2 TV Ratio DTKS eröffnen den Anwendungsbereich des Tarifvertrags, soweit der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers wegfällt oder verlegt wird. Die Tarifvertragsparteien haben das Wort „oder“ zur Verknüpfung verwendet, sodass beide Satzglieder alternative Möglichkeiten ausdrücken, von denen eine infrage kommt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien den Anwendungsbereich nur für solche Verlegungen von Arbeitsplätzen eröffnen wollten, die zugleich mit einem Arbeitsplatzabbau verbunden sind. |
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| 2. Entgegen der Auffassung der Revision war bei der Verlagerung des Standorts Berlin Holzhauser Straße nach Frankfurt (Oder) das Direktionsrecht der Beklagten durch die ua. in §§ 3 und 5 TV Ratio DTKS enthaltene tarifliche Auswahlrichtlinie dahin eingeschränkt, die Klägerin einvernehmlich oder durch Änderungskündigung in die BQE zu versetzen. Die Auslegung von § 3 TV Ratio DTKS ergibt, dass die Verlagerung des Standorts Berlin Holzhauser Straße eine Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS erforderlich machte. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Standorte Berlin Holzhauser Straße und Berlin Schätzelbergstraße demselben Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn angehörten oder nicht. Gehörten die früheren fünf Berliner Standorte oder auch nur die Standorte Holzhauser Straße und Schätzelbergstraße einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn an, war die Klägerin nur im Fall ihrer tarifgerechten Auswahl nach § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS in die BQE zu versetzen. Sollten der Standort Berlin Schätzelbergstraße und der Standort Berlin Holzhauser Straße oder alle anderen vier früheren Berliner Standorte mehrere Betriebe im kündigungsschutzrechtlichen Sinn gebildet haben, schränkte § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS das Direktionsrecht der Beklagten dahin ein, die Klägerin in die BQE zu versetzen. Die sofortige unmittelbare Versetzung der Klägerin nach Frankfurt (Oder)ohne den Versuch, sie in die BQE zu versetzen, war von dem durch den TV Ratio DTKS tariflich eingeschränkten Direktionsrecht der Beklagten (§ 106 Satz 1 GewO) nicht gedeckt. |
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| a) Bei der Auslegung kann der Senat in der ersten Alternative unterstellen, dass der verlagerte Standort Berlin Holzhauser Straße, in dem die Klägerin jedenfalls bis Anfang Dezember 2009 eingesetzt war, kündigungsschutzrechtlich demselben Betrieb angehörte wie der Standort Berlin Schätzelbergstraße. Der(gesetzliche oder gewillkürte) betriebsverfassungsrechtliche Begriff des Betriebs ist für das Auswahlverfahren nicht maßgeblich. |
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| aa) Für Änderungskündigungen ist es möglich, Auswahlrichtlinien aufzustellen. Dabei sind die Betriebs- oder Tarifvertragsparteien an die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes gebunden. Sie können die gesetzlichen Anforderungen an die Sozialauswahl nicht abweichend von § 1 Abs. 3 KSchG festlegen (vgl. BAG 12. August 2010 – 2 AZR 945/08 – Rn. 43 mwN, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147 = EzA KSchG § 2 Nr. 79). Das gilt auch für ein der Änderungskündigung vorgeschaltetes Auswahlverfahren (vgl. BAG 12. August 2010 – 2 AZR 945/08 – Rn. 44, aaO). Die Auswahl muss sich deshalb hinsichtlich besetzter Arbeitsplätze innerhalb des Betriebs im kündigungsschutzrechtlichen Sinn vollziehen. |
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| bb) Unter einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn ist die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder gemeinsam mit seinen Arbeitnehmern mithilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen. Das setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Sachmittel und Personalressourcen voraus. Die Leitungsmacht, die einen Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn begründet, wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbständig ausgeübt wird. Entscheidend ist, wo im Schwerpunkt über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen entschieden wird und in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden (vgl. für die st. Rspr. BAG 7. Juli 2011 – 2 AZR 476/10 – Rn. 36 mwN; 28. Oktober 2010 – 2 AZR 392/08 – Rn. 15 f., AP KSchG 1969 § 23 Nr. 48 = EzA KSchG § 23 Nr. 37). Vom Betrieb als Ganzem zu unterscheiden sind Betriebsteile, die gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch selbständig sind und eine Teilfunktion von dessen arbeitstechnischem Zweck wahrnehmen. Auch ein Hauptbetrieb und eine räumlich weit entfernte Betriebsstätte iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG können einen Betrieb iSv. § 23 KSchG bilden. Im Unterschied zu § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG differenziert § 23 KSchG nicht zwischen Betrieben und räumlich entfernten Betriebsteilen, die als selbständige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten. Die räumliche Einheit ist kündigungsschutzrechtlich kein entscheidendes Abgrenzungsmerkmal, weil es wesentlich auf die Leitung des Betriebs ankommt, der es obliegt, die Einzelheiten der arbeitstechnischen Zwecksetzung zu regeln(vgl. BAG 7. Juli 2011 – 2 AZR 476/10 – Rn. 37; 28. Oktober 2010 – 2 AZR 392/08 – Rn. 17, aaO). |
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| cc) Gehörten die früheren fünf Berliner Standorte oder auch nur die Standorte Holzhauser Straße und Schätzelbergstraße einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn an, war die Klägerin lediglich im Fall ihrer tarifgerechten Auswahl nach § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS in die BQE zu überführen. |
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| (1) Nach § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS werden alle auf den gleichen Arbeitsplätzen beschäftigten Arbeitnehmer in die Auswahl einbezogen, wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze, die von einer Maßnahme iSv. § 1 TV Ratio DTKS betroffen sind, nur ein Teil der Arbeitsplätze wegfällt oder verlegt wird. Die Auswahl dient dazu, die ausgewählten Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 TV Ratio DTKS in den Betrieb BQE zu überführen (Nr. 1 der Protokollnotiz zu § 3 TV Ratio DTKS). Nach § 5 Abs. 3 TV Ratio DTKS erfolgt eine Änderungskündigung, wenn der ausgewählte Arbeitnehmer Angebote nach § 5 Abs. 1(Änderungsvertrag) oder § 5 Abs. 2 TV Ratio DTKS (Auflösungsvertrag) ablehnt. Die Auswahl soll eine Änderungskündigung vorbereiten, wenn es zu keiner der einvernehmlichen Lösungen eines Änderungs- oder Auflösungsvertrags kommt. Sind von einer Organisationsmaßnahme des Arbeitgebers mehrere vergleichbare Arbeitnehmer betroffen und konkurrieren diese um besetzte Arbeitsplätze in demselben Betrieb, hat der Arbeitgeber durch eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG zu entscheiden, welche Arbeitnehmer er weiterbeschäftigt. Diese Grundsätze finden auch bei einer (beabsichtigten)Änderungskündigung Anwendung. § 2 Satz 1 KSchG verweist uneingeschränkt auf § 1 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 KSchG (st. Rspr., vgl. BAG 12. August 2010 – 2 AZR 945/08 – Rn. 41, AP KSchG 1969 § 2 Nr. 147 = EzA KSchG § 2 Nr. 79). |
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| (2) Die am Standort Berlin Schätzelbergstraße vorhandenen Arbeitsplätze gehörten zumindest zum Teil zu einer „Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze“ iSv. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS, wenn unterstellt wird, dass die Standorte Berlin Holzhauser Straße und Berlin Schätzelbergstraße einem Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn angehörten. Der Begriff der Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze ist tariflich nicht definiert. Aufgrund der Formulierung „gleiche Arbeitsplätze“ ist aber davon auszugehen, dass es sich um solche Arbeitsplätze handeln muss, an denen gleiche oder gleichartige Tätigkeiten verrichtet werden. |
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| (a) An den verschiedenen Standorten arbeiteten bis zur Verlagerung des Standorts Berlin Holzhauser Straße ua. Arbeitnehmer, die als Kundenberater Leistungen in den Bereichen Festnetz oder Mobilfunk vertrieben und Beratungsleistungen erbrachten. Dem steht nicht entgegen, dass sich der Gegenstand des Vertriebs und der Beratung in Festnetzbereich und Mobilfunk unterschied. |
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| (b) Entscheidend dafür, ob die Arbeitsplätze als „gleich“ iSv. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS einzuordnen sind, ist, ob die Arbeitnehmer auf den Arbeitsplätzen austauschbar sind. Dafür sprechen Sinn und Zweck der Regelung sowie der tarifliche Zusammenhang, weil die Auswahl auch dazu dient, Änderungskündigungen vorzubereiten (§ 5 Abs. 3 TV Ratio DTKS). Eine solche Austauschbarkeit ist nicht nur bei Identität der Arbeitsplätze gegeben, sondern auch dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit und Ausbildung eine andersartige, aber gleichwertige Tätigkeit ausführen kann (vgl. BAG 7. Dezember 2006 – 2 AZR 748/05 – Rn. 18, AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 88 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 74; 18. Oktober 2006 – 2 AZR 676/05 – Rn. 30, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 73). Eine kurze Einarbeitungszeit hindert die Vergleichbarkeit nicht. Eine Austauschbarkeit iSd. Kündigungsschutzgesetzes ist vielmehr erst dann ausgeschlossen, wenn die betriebliche Spezialisierung und die aktuellen besonderen Umstände einen solchen Grad erreicht haben, dass ein Einsatz des zu kündigenden Arbeitnehmers auf dem Arbeitsplatz des „Spezialisten“ auch nach einer angemessenen Einarbeitungsfrist nicht möglich ist. Dafür genügt es nicht, dass der Arbeitnehmer nur einen bestimmten, insbesondere untergeordneten Arbeitsvorgang nicht ausführen kann. Sein Arbeitseinsatz muss insgesamt nicht mehr – wirtschaftlich – erfolgen können (vgl. BAG 5. Juni 2008 – 2 AZR 907/06 – Rn. 25, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 179 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 81). |
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| (c) Nach diesen Maßstäben bestanden am Standort Berlin Schätzelbergstraße gleiche Kundenberaterarbeitsplätze iSv. § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS wie am Standort Berlin Holzhauser Straße und an den übrigen drei früheren Berliner Standorten. |
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| dd) Unerheblich ist, ob die Absätze 3 und 5 des § 3 TV Ratio DTKS insoweit unwirksam sind, als sie für die Auswahl an den Begriff der Organisationseinheit anknüpfen. Auf diese Regelungen kommt es nicht an, weil sich das Erfordernis der tarifgerechten Auswahl der Klägerin für die Überführung in die BQE bereits aus § 3 Abs. 1 iVm. § 5 Abs. 1 bis Abs. 3 TV Ratio DTKS ergibt. |
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| b) Sollten der Standort Berlin Schätzelbergstraße und der Standort Berlin Holzhauser Straße (ggf. gemeinsam mit den anderen drei früheren Berliner Standorten) zwei Betriebe im kündigungsschutzrechtlichen Sinn gebildet haben, schränkte § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS das Direktionsrecht der Beklagten dahin ein, die Klägerin in die BQE zu versetzen. In diesem Fall wären alle Arbeitsplätze des verlagerten Betriebs verlegt worden. |
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| c) Die nach § 3 Abs. 1 oder § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS zu treffende Auswahl setzt nicht voraus, dass es zu einem Arbeitsplatzabbau kommt. |
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| aa) Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut. Wie auch § 1 Abs. 2 TV Ratio DTKS stellen die Absätze 1 bis 3 des § 3 TV Ratio DTKS die Verlegung des Arbeitsplatzes als eigenständige Alternative neben den Wegfall des Arbeitsplatzes. Das wird durch die Verknüpfungen „oder“ und „bzw.“ deutlich. |
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| bb) Auch der tarifliche Gesamtzusammenhang spricht dafür, dass die bloße Verlegung von Arbeitsplätzen eine Auswahlentscheidung nach § 3 TV Ratio DTKS erforderlich macht, wenn vergleichbare Arbeitsplätze im Betrieb bestehen. |
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| (1) Die Tarifvertragsparteien stellen in § 1 Abs. 2, § 3 Abs. 1, § 3 Abs. 2 und § 3 Abs. 3 TV Ratio DTKS den Wegfall und die Verlegung von Arbeitsplätzen als selbständige Alternativen nebeneinander und verknüpfen sie durch „oder“ und „bzw.“. Das deutet auf ein einheitliches Verständnis hin. |
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| (2) Das tarifliche Rechtsfolgensystem der §§ 5, 8, 9 und 10 TV Ratio DTKS, das an die Auswahl nach §§ 3 bis 5 TV Ratio DTKS anknüpft, spricht nicht gegen das gefundene Auslegungsergebnis. |
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| (a) Nach § 5 Abs. 1 TV Ratio DTKS erhält der nach §§ 3 und 4 TV Ratio DTKS ausgewählte Arbeitnehmer ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Inhalt dieses Vertrags ist die Bereitschaft, eine Tätigkeit im Betrieb BQE zu den tarifvertraglich näher geregelten Bedingungen aufzunehmen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 TV Ratio DTKS). Nach Abschluss des Änderungsvertrags wird der Arbeitnehmer in den Betrieb BQE versetzt (§ 5 Abs. 1 Satz 5 TV Ratio DTKS). Dieses Rechtsfolgensystem ist für Standortverlagerungen ohne Personalabbau nicht unpassend. Vielmehr ermöglichen die Regelungen zur Versetzung des ausgewählten Arbeitnehmers in die BQE es ihm, Leistungen in Anspruch zu nehmen, die dazu dienen, die mit der organisatorischen Maßnahme und ihrer Umsetzung verbundenen Belastungen abzumildern. Zugleich erlaubt das Rechtsfolgensystem des § 5 TV Ratio DTKS es dem Arbeitnehmer, aus dem Arbeitsverhältnis gegen Abfindung auszuscheiden (§ 5 Abs. 2 TV Ratio DTKS). Das tarifliche Rechtsfolgensystem bietet dem ausgewählten Arbeitnehmer demnach verschiedene Handlungsoptionen. |
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| (b) § 8 Abs. 1 TV Ratio DTKS verpflichtet die Beklagte, den nach §§ 3, 4 TV Ratio DTKS ausgewählten und von den Regelungen des § 5 erfassten Arbeitnehmern einen gleichwertigen und zumutbaren Dauerarbeitsplatz innerhalb des Unternehmens der Beklagten – der DTKS – anzubieten. Der ausgewählte Arbeitnehmer wird auf diese Weise typischerweise nicht in die Gefahr gebracht, gegen seinen Willen den Arbeitsplatz zu verlieren. Für die Auswahl von Arbeitnehmern ist für ein zumutbares Angebot in § 9 TV Ratio DTKS eine weitere Auswahlkommission vorgesehen. Der ausgewählte Arbeitnehmer trifft in der BQE auf andere, mit ihm konkurrierende Arbeitnehmer. |
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| (aa) Die in Anlage 4 des TV Ratio DTKS geregelten Zumutbarkeitskriterien berücksichtigen ua. den Qualifizierungsaufwand und die Organisationszugehörigkeit iSd. Organisationseinheit. Für den von der Standortverlagerung betroffenen Arbeitnehmer, dessen neuer Standort innerhalb der Organisationseinheit liegt, ist daher im Hinblick auf Qualifikation und Zugehörigkeit zur Organisationseinheit idR ein Angebot zum Wechsel auf den nur örtlich veränderten Arbeitsplatz eher zumutbar als für andere Arbeitnehmer, die sich bereits in der BQE befinden und anderen Organisationseinheiten angehören. |
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| (bb) § 8 Abs. 7 Satz 4 TV Ratio DTKS sieht vor, dass Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis von den einschränkenden Regelungen der Anlage 4 des TV Ratio DTKS abweichen können. Der freiwillige Wechsel auf einen Dauerarbeitsplatz ist der Annahme eines Angebots gleichgestellt (§ 8 Abs. 7 Satz 5 TV Ratio DTKS). Danach kann sich der betroffene Arbeitnehmer freiwillig entscheiden, am neuen Standort die Arbeit aufzunehmen, ohne dass es auf Zumutbarkeitskriterien ankäme. |
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| (cc) Nach § 10 Abs. 1 TV Ratio DTKS stehen dem Arbeitnehmer bei einer solchen internen Vermittlung Ansprüche auf Leistungen nach Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS zu, die ua. aus einem Erstattungsbetrag zum Ausgleich von Fahrtkosten und des zeitlichen Mehraufwands (§§ 4 und 5 der Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS) oder einer Umzugshilfe (§ 6 der Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS) bestehen können. |
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| (dd) Das zur Milderung der Verlegung des Arbeitsplatzes vorgesehene Rechtsfolgensystem knüpft damit daran an, dass der örtlich veränderte Dauerarbeitsplatz durch Vermittlung aus dem Betrieb BQE erlangt wird. |
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| (c) Zu berücksichtigen ist ferner, dass Abschn. 1 des TV Ratio DTKS, der die Auswahlentscheidung enthält, für Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, das noch nicht mindestens zwei Jahre ununterbrochen angedauert hat, keine Anwendung findet (§ 2 TV Ratio DTKS). Die Tarifvertragsparteien sehen aber auch für diese Arbeitnehmer den Wechsel in die BQE vor. |
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| (aa) Für diese Arbeitnehmer gelten die im Abschn. 2 des TV Ratio DTKS getroffenen Regelungen (§ 13 TV Ratio DTKS). Die Tarifvertragsparteien stufen diese Arbeitnehmer als weniger schutzwürdig ein und sehen für die Gruppe kein Auswahlverfahren vor. Diese Arbeitnehmer sind deswegen unmittelbar betroffen, wenn ihr Arbeitsplatz wegfällt oder verlegt wird. § 14 Abs. 1 TV Ratio DTKS bestimmt, dass sich die Beklagte bemüht, für diese Arbeitnehmergruppe soziale Härten zu vermeiden. Rechtsfolge ihrer Betroffenheit ist im Übrigen, dass die ausgewählten Arbeitnehmer ein Angebot auf befristete Beschäftigung im Betrieb BQE für die Dauer von zwölf Monaten mit dem Zweck der Vermittlung auf einen Dauerarbeitsplatz erhalten (§ 14 Abs. 2 Satz 1 TV Ratio DTKS). §§ 5 und 6 TV Ratio DTKS finden auf sie Anwendung (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TV Ratio DTKS). |
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| (bb) Sehen die Tarifvertragsparteien für diese weniger schutzwürdige Arbeitnehmergruppe als allein mögliche Rechtsfolge ihrer Betroffenheit einen Wechsel in die BQE vor, entspricht es dem tariflichen Rechtsfolgensystem, dass die dem Abschn. 1 des TV Ratio DTKS unterfallenden Arbeitnehmer im Fall ihrer Auswahl in die BQE wechseln können, um von dort vermittelt zu werden. Sonst würden die schutzwürdigeren Arbeitnehmer von tariflichen Leistungen nach Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS ausgeschlossen. Die dem Abschn. 2 des TV Ratio DTKS unterfallenden kürzer beschäftigten Arbeitnehmer erhielten bei interner Vermittlung demgegenüber Leistungen nach Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 2 des TV Ratio DTKS (§ 15 Abs. 1 TV Ratio DTKS), zB Leistungen zum Ausgleich von Fahrtmehrkosten (§ 8 der Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 2 des TV Ratio DTKS). |
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| (d) Auch die Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 TV Ratio DTKS und die Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS sprechen bei Standortverlagerungen nicht gegen eine Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS. |
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| (aa) Die Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 TV Ratio DTKS bestimmt, dass die nach §§ 3, 4 TV Ratio DTKS vorzunehmende Auswahlentscheidung eine Sozialauswahl iSd. Kündigungsschutzgesetzes zum Zweck der Überführung nach § 5 Abs. 1 und Abs. 3 TV Ratio DTKS in den Betrieb BQE ist und die Anlagen 1 und 2 des Tarifvertrags für diesen Zweck eine Auswahlrichtlinie iSv. § 1 Abs. 4 KSchG darstellen. |
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| (aaa) Damit bringen die Tarifvertragsparteien nicht zum Ausdruck, eine Auswahl hielten sie nur dann für erforderlich, wenn die organisatorische Maßnahme des Arbeitgebers zu einem Abbau von Arbeitsplätzen führe. Betriebsbedingte Beendigungskündigungen sind nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TV Ratio DTKS bis 31. Dezember 2012 ausgeschlossen, sodass sich die vorzunehmende Auswahl nur auf einen Wechsel in die BQE beziehen kann. Die Auswahlregeln gelten nicht für Beendigungskündigungen nach Außerkrafttreten von § 12 TV Ratio DTKS (Protokollnotiz zu § 18 Abs. 3 TV Ratio DTKS). |
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| (bbb) Dieses Ergebnis folgt auch aus der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 3 TV Ratio DTKS, wenn es dort heißt, dass es sich um eine Sozialauswahl iSd. Kündigungsschutzgesetzes zum Zweck der Überführung in den Betrieb BQE handelt. Rechtsfolge ist nicht, dass die ausgewählten Arbeitnehmer unmittelbar auf einen Arbeitsplatz außerhalb der BQE versetzt werden sollen. Sie sollen vielmehr in den Betrieb BQE wechseln, um eine wohlüberlegte Entscheidung treffen zu können, ob sie aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden oder aus der BQE vermittelt werden wollen. Indem die Tarifvertragsparteien auf das Kündigungsschutzgesetz Bezug nehmen und die Anlagen 1 und 2 des TV Ratio DTKS als Auswahlrichtlinie iSv. § 1 Abs. 4 KSchG bezeichnen, machen sie nur deutlich, nach welchen Grundsätzen die vorzunehmende Auswahl erfolgen soll. |
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| (bb) Auch aus der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS ergibt sich nichts anderes. |
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| (aaa) § 3 Abs. 6 Satz 1 TV Ratio DTKS trifft eine Sonderregelung für Altersteilzeitarbeitsverhältnisse und nimmt Arbeitnehmer, die sich zum Zeitpunkt der Zuleitung an die Paritätische Auswahlkommission I bereits in Altersteilzeit befinden oder einen Alterszeitzeitarbeitsvertrag geschlossen haben, von der Auswahlentscheidung aus. Nach Satz 1 der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS gilt das nicht, wenn sie „vollbetroffen“ iSv. § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS sind und alle Arbeitnehmer in den Betrieb BQE versetzt werden. Nach Satz 2 der Protokollnotiz zu § 3 Abs. 6 TV Ratio DTKS soll bei diesen Arbeitnehmern eine Versetzung in die BQE jedoch nur erfolgen, wenn bei vorrangiger Prüfung einer anderweitigen Unterbringung des Arbeitnehmers nachweislich kein anderweitiger zumutbarer und gleichwertiger Arbeitsplatz nach dem TV Ratio DTKS gefunden wurde. |
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| (bbb) Damit haben die Tarifvertragsparteien lediglich eine besondere Regelung zugunsten von Arbeitnehmern in Altersteilzeit getroffen. Ihnen soll vorrangig ein anderweitiger zumutbarer Arbeitsplatz – außerhalb der Regelungen der BQE – vermittelt werden. Daraus kann nicht geschlossen werden, Versetzungen in die BQE kämen allgemein nur in Betracht, wenn kein anderweitiger zumutbarer Arbeitsplatz vorhanden ist. Die Frage, welche Arbeitsplatzangebote zumutbar sind oder nicht, soll sich nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nach den Vermittlungsregelungen der BQE – und nicht nach der Einschätzung des Arbeitgebers – bestimmen. |
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| (e) Schließlich sprechen auch die Verfahrensregeln zur Auswahl von Arbeitnehmern nach Anlage 1 des TV Ratio DTKS, aufgrund derer die Auswahl nach § 3 TV Ratio DTKS stattzufinden hat, nicht gegen die Durchführung einer Auswahl bei Standortverlagerungen. Nr. 1 Abs. 2 der Anlage 1 des TV Ratio DTKS spricht zwar davon, dass die sich aus der konkreten Maßnahme nach § 1 TV Ratio DTKS ergebenden „Personalüberhänge“ zahlenmäßig einzelnen Alterskategorien verhältnismäßig zugeordnet werden. Aus der Regelungssystematik, nach der betroffene oder ausgewählte Arbeitnehmer grundsätzlich in die BQE wechseln, ergibt sich aber, dass ein „Personalüberhang“ auch besteht, wenn Arbeitsplätze verlegt werden. Der Begriff des Personalüberhangs kann daher nicht so verstanden werden, dass ein Personalüberhang nur dann besteht, wenn sich die Zahl der Arbeitsplätze verringert. |
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| cc) Sinn und Zweck der tariflichen Regelungen, wirtschaftliche, organisatorische und personelle Maßnahmen, die zu einem Wegfall oder einer Verlegung von Arbeitsplätzen führen, sozialverträglich umzusetzen (§ 1 Abs. 1 TV Ratio DTKS), sprechen dafür, die Auswahlregelungen des § 3 TV Ratio DTKS und die damit ausgelösten Rechtsfolgen auf bloße Standortverlagerungen anzuwenden. |
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| (1) Der Zweck des TV Ratio DTKS besteht darin, die Folgen von unternehmerischen Entscheidungen, die mit Arbeitsplatzabbau und Arbeitsplatzverlegungen einhergehen, abzumildern. Dazu sind betriebsbedingte Beendigungskündigungen nach § 12 TV Ratio DTKS ausgeschlossen. Stattdessen ist der Wechsel in die BQE vorgesehen. |
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| (2) Nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien soll jedoch nur derjenige, der im Verhältnis zu vergleichbaren Arbeitnehmern sozial weniger schutzwürdig ist, statt der ausgeschlossenen Kündigung in die BQE wechseln. Der ausgewählte Arbeitnehmer kann sich für die Vermittlung aus der BQE oder zum Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis gegen Abfindung entscheiden. Wird der Arbeitnehmer aus der BQE auf einen anderen Arbeitsplatz vermittelt, stehen ihm Ausgleichsansprüche nach § 10 TV Ratio DTKS iVm. Anlage 5 Abschn. 1 Unterabschn. 1 des TV Ratio DTKS zu. Dazu gehören zB Fahrtkostenerstattungen oder Umzugshilfen. Die Tarifvertragsparteien wollen die Belastungen, die mit der Aufnahme einer gleichwertigen Tätigkeit an einem anderen Ort verbunden sind, ausgleichen. Für die tariflich verfolgten Abmilderungsziele ist es unerheblich, ob der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers endgültig wegfällt oder nur an einen anderen, ggf. weit entfernten Ort verlegt wird. In beiden Fällen wird der Arbeitnehmer durch eine organisatorische Maßnahme belastet, die es ihm unmöglich macht, seine Arbeit im gewohnten räumlich-sozialen Umfeld fortzusetzen. |
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| 3. Die GBV vom 28. November 2008 konnte die tarifliche Einschränkung des Direktionsrechts der Beklagten nicht abweichend von § 3 Abs. 1 oder § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS erweitern, indem sie „Mitarbeitermigrationspfade“ vorgab. |
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| a) Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG gelten die Rechtsnormen des Tarifvertrags, die den Inhalt, den Abschluss oder die Beendigung von Arbeitsverhältnissen ordnen, unmittelbar und zwingend zwischen den beiderseits Tarifgebundenen, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fallen. Selbst wenn die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hier nicht eingreifen sollte, sind Abweichungen vom Tarifvertrag nach § 4 Abs. 3 TVG nur zulässig, wenn sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder eine Änderung zugunsten des Arbeitnehmers enthalten (vgl. Wiedemann/Wank 7. Aufl. § 4 TVG Rn. 621). |
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| b) Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. |
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| aa) Der TV Ratio DTKS enthält keine Öffnungsklausel zugunsten der (Gesamt-)Betriebsparteien, um von den dort getroffenen Regelungen, insbesondere dem in § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS vorgesehenen Auswahlverfahren abzuweichen. |
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| bb) Die Regelung in der GBV ist auch nicht günstiger als das tarifliche Auswahlverfahren. § 2 Abs. 2 GBV führt dazu, dass Mitarbeiter des Callcenters Schätzelbergstraße nicht in eine Auswahl einzubeziehen sind. Das verschlechterte die Rechtsstellung der an den anderen vier früheren Berliner Standorten eingesetzten Arbeitnehmer, wenn sie demselben Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinn wie die Arbeitnehmer des Standorts Berlin Schätzelbergstraße angehörten. In diesem Fall war die Auswahlregelung des § 3 Abs. 1 TV Ratio DTKS anzuwenden. § 3 Abs. 1 GBV gibt demgegenüber vor, dass die von der Maßnahme betroffenen Arbeitnehmer ein Angebot auf einen Dauerarbeitsplatz an einem Zielstandort nach der Anlage 2a oder der Anlage 2b der GBV erhalten. Die GBV sieht also – ohne Auswahl – einen unmittelbaren Wechsel an den jeweiligen Zielstandort nach der Anlage 2a der GBV vor. |
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| cc) Entsprechendes gilt für § 3 Abs. 2 TV Ratio DTKS, wenn von einer Gesamtheit gleicher Arbeitsplätze alle Arbeitsplätze wegfallen oder verlegt werden. |
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| C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. |
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