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| Die Revision hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. |
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| I. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der erhöhten Wechselschichtzulage. Die von ihm ausgeübte Wechselschichtarbeit in der Leitstelle der Beklagten ist keine „versorgungstypische Wechselschichtarbeit“ iSd. § 10 Abs. 7, Abs. 9 TV-V. Das ergibt die Auslegung der maßgeblichen Tarifnormen. |
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| 1. Der Wortlaut, von dem bei der Tarifauslegung vorrangig auszugehen ist (st. Rspr., vgl. zB BAG 16. November 2011 – 10 AZR 549/10 – Rn. 9, AP TVöD § 20 Nr. 2), weist bereits in diese Richtung. |
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| a) § 10 Abs. 7 TV-V gewährt die Zulage nicht für jede Tätigkeit in Wechselschicht. Vielmehr muss die Schichtarbeit besondere Voraussetzungen erfüllen. Sie muss, soweit hier von Interesse, „versorgungstypisch“ sein, also ihre Prägung durch Eigenarten erfahren, die nach der Vorstellung der Tarifvertragsparteien die Arbeit in Versorgungsbetrieben aus der Tätigkeit anderer Betriebe herausheben. Die Norm nimmt damit auf § 1 Abs. 1 Satz 2 TV-V Bezug. Danach umfasst „Versorgung“ nicht schlechthin jede denkbare Form öffentlicher oder privater Vorsorge, sondern hat eine spezifische Bedeutung innerhalb des Tarifvertrags, die auf Energie- und/oder Wasserversorgung beschränkt ist. |
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| b) Dem steht auch der Wortlaut des § 10 Abs. 9 Satz 1 TV-V nicht entgegen. Die Vorschrift erweitert den Anwendungsbereich von § 10 Abs. 7 TV-V nicht, sondern nimmt die dort gezogenen Grenzen im ersten Halbsatz auf und erläutert die von ihnen umrissenen Tätigkeitsgebiete. Durch die Hinweise auf einzelne Tätigkeitsfelder – zB diejenigen in einer Leitstelle – illustriert § 10 Abs. 9 Satz 1 TV-V den durch § 10 Abs. 7 TV-V abstrakt beschriebenen Anwendungsbereich, ohne ihn auszudehnen. Die Erwähnung der angesprochenen Arbeitsplätze bedeutet daher nicht, dass die betreffenden Tätigkeiten stets die abstrakten Merkmale erfüllen, sondern sie dient im Sinne einer Auslegungs- und Anwendungshilfe als Hinweis, welche Arbeitsplätze innerhalb des Versorgungs- bzw. Entsorgungsbereichs häufig als „versorgungstypisch“ anzusehen sein werden. |
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| c) Dagegen spricht auch nicht die Regelung in § 10 Abs. 9 Satz 2 TV-V. Sie besagt, dass bestimmte Tätigkeiten, wie etwa im – zweifellos nicht versorgungstypischen – Bäderbereich, von der Anwendung des § 10 Abs. 7 TV-V „ausgenommen“ sein sollen. Zwar kann – strenggenommen – etwas nur dann aus einem Geltungsbereich „ausgenommen“ sein, wenn es an sich zu ihm gehört. Das spräche dafür, dass § 10 Abs. 9 Satz 1 TV-V auch nicht versorgungstypische Schichtarbeit umfasst. Indes zeigt der gesamte Wortlaut des § 10 Abs. 9 TV-V, dass die Norm nicht in einem streng logischen Sinn zu verstehen ist – sonst hätte es ihrer schwerlich bedurft -, sondern lediglich die Vorstellung der Tarifvertragsparteien von dem typischen Anwendungsbereich des § 10 Abs. 7 TV-V verdeutlichen sollte; im Fall des § 10 Abs. 9 Satz 2 TV-V durch den Hinweis auf Tätigkeiten, für die eine erhöhte Zulage gerade nicht anfallen soll. |
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| 2. Das vom Wortlaut nahegelegte Auslegungsergebnis findet seine Bestätigung im Gesamtzusammenhang der tarifvertraglichen Regelung. Der TV-V weist die Besonderheit auf, dass er neben dem originären Geltungsbereich nach § 1 Abs. 1 TV-V die durch § 1 Abs. 2 TV-V eröffnete Möglichkeit weiterer, durch landesbezirkliche Tarifverträge vermittelter Geltungsbereiche außerhalb der Versorgungsbetriebe gestattet. Von dieser Möglichkeit ist hier Gebrauch gemacht worden. Soweit der TV-V einzelne, auf bestimmte Geltungsbereiche beschränkte Regelungen enthält, lag es daher nahe, dies in den jeweiligen Regelungen zum Ausdruck zu bringen. Das ist in § 10 Abs. 7 TV-V dadurch geschehen, dass die – für alle Geltungsbereiche maßgebliche – allgemeine Wechselschichtzulage bei versorgungs- und entsorgungstypischer Wechselschichtarbeit durch eine erhöhte Wechselschichtzulage ergänzt wird. Eine ähnliche Regelung trifft § 17 Abs. 2 TV-V, nach der Arbeitnehmer im originären Geltungsbereich eine erhöhte Leistung nach Maßgabe des Vermögensbildungsgesetzes in Anspruch nehmen können, während diejenigen Arbeitnehmer, auf deren Arbeitsverhältnisse der Tarifvertrag (nur) nach § 1 Abs. 2 TV-V Anwendung findet, die erhöhte Leistung erst dann beanspruchen können, wenn ihr jeweiliger Arbeitgeber freiwillig entsprechend verfährt. |
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| 3. Auch die Entstehungsgeschichte belegt die Richtigkeit dieser Auslegung. Ursprünglich enthielt der TV-V nur eine einheitliche Wechselschichtzulage. Die Zahlung einer erhöhten Zulage für versorgungs- und entsorgungstypische Wechselschichtarbeit wurde durch Änderungstarifvertrag Nr. 4 zum TV-V vom 31. März 2008 eingeführt. Die durch den Änderungstarifvertrag eingefügten Regelungen in § 10 Abs. 7 bis Abs. 9 TV-V erfolgten also zu einem Zeitpunkt, als durch die Einbeziehung von Unternehmen außerhalb des originären Geltungsbereichs durch landesbezirkliche Tarifverträge – wie hier im Jahre 2006 – eine Notwendigkeit zur Differenzierung eintrat, wenn tarifliche Leistungen auf bestimmte Geltungsbereiche beschränkt werden sollten. Es war dann folgerichtig, diese Geltungsbereiche näher zu beschreiben, wie durch § 10 Abs. 9 TV-V geschehen. Hätten die Tarifvertragsparteien allen Arbeitnehmern mit Tätigkeiten auf den in § 10 Abs. 9 Satz 1 TV-V angesprochenen Arbeitsplätzen die erhöhte Wechselschichtzulage zuwenden wollen, so wäre im Übrigen die vorgenommene Einschränkung, dass es sich um „versorgungs- bzw. entsorgungstypische“ Wechselschichtarbeit handeln muss, schwer erklärlich. |
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| 4. Die vom Kläger geleistete Wechselschichtarbeit erfüllt die vom Tarifvertrag geforderten Voraussetzungen nicht. Er leistet keine im vorgenannten Sinne versorgungstypische Wechselschichtarbeit. Deshalb konnte seine Klage keinen Erfolg haben. |
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| II. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen. |
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