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Altersdiskriminierung durch nach dem Lebensalter gestaffelte Urlaubsansprüche

eingetragen von Thilo Schwirtz am Januar 16th, 2011

Die inzwischen 24jährige Klägerin ist als Kassiererin bei einer Einzelhandelskette beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterliegt dem Manteltarifvertrag Einzelhandel NRW, wonach der jährliche Urlaubsanspruch nach dem Lebensalter wie folgt gestaffelt ist:

bis zum vollendeten 20. Lebensjahr 30 Urlaubstage

nach dem vollendeten 20. Lebensjahr 32 Urlaubstage

nach dem vollendeten 23. Lebensjahr 34 Urlaubstage

nach dem vollendeten 30. Lebensjahr 36 Urlaubstage

Die Klägerin, der mit ihrem Lebensalter ein Anspruch von lediglich 34 Urlaubstagen zusteht, sieht in dieser Regelung eine nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz unzulässige Altersdiskriminierung und beansprucht 36 Urlaubstage pro Jahr.

Das Arbeitsgericht Wesel ist in seinem Urteil vom 11.08.2010 der Rechtsauffassung der Klägerin gefolgt. Zwar bestehe Tarifautonomie, wodurch aber EU-Rechtsvorgaben nicht ausgehebelt werden dürften. Es seien auch keine objektiv vertretbaren Gründe für die angegriffene Urlaubsanspruchsstaffelung im Tarifvertrag erkennbar, die eine Altersdiskriminierung ausschließen.

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat wie die Vorinstanz erkannt, dass die Klägerin durch diese Regelung wegen ihres Alters diskriminiert wird. Die nach dem Alter unterscheidende Regelung ist nicht gemäß § 10 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gerechtfertigt. Es fehlt an einem legitimen Ziel für diese Ungleichbehandlung, das im Tarifvertrag oder in dessen Kontext Anklang gefunden hat. Dies gilt insbesondere für das von der Arbeitgeberseite vorgebrachte Argument, mit der Regelung solle die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefördert werden.

Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Klägerin, der nach der tariflichen Regelung nur 34 Urlaubstage zuständen, wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung 36 Urlaubstage pro Jahr beanspruchen kann. Diese Angleichung nach oben entgegen der bestehenden tariflichen Regelung folgt aus dem Grundsatz der effektiven und wirksamen Durchsetzung von EU-Rechtsvorgaben.

Die Revision ist zugelassen.
ArbG Wesel, 6 Ca 736/10, Urteil vom 11.08.2010
LAG Düsseldorf, 8 Sa 1274/10, Urteil vom 18.01.2011

[Quelle: PM des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf v. 14.01.2011 und 18.01.2011]