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Wer Zeiterfassungsdaten manipuliert, riskiert seinen Arbeitsplatz.

eingetragen von Thilo Schwirtz am Juni 15th, 2011

Eine systematische Manipulation von Zeiterfassungsdaten erweist sich als schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, die grundsätzlich geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Dies hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein mit Urteil vom 29.03.2011 entschieden (2 Sa 533/10).

Im Unternehmen der Beklagten, einem Neumünsteraner Autohaus und Werkstattbetrieb, arbeiten die Monteure, so auch der Kläger, u.a. im Leistungslohn, der nach sogenannten festgelegten Arbeitswerten (AW) pro Stunde abgerechnet wird. Für diese Arbeiten müssen sich die Arbeitnehmer jeweils in ein Zeiterfassungssystem einstempeln. 12 Arbeitswerte pro Stunde entsprechen dabei 100 %. Sofern an den Auftragsarbeiten ein Auszubildender mitarbeitet, erhöht sich der AW auf 14 bzw. 16 AW je Stunde. Am 12.03.2010 wies der Werkstattleiter den 58-jährigen und seit 1978 bei der Beklagten beschäftigten Kläger an, einen Ölwechsel an einem Fahrzeug mit 9 AW, entsprechend 45 Minuten zu erledigen. Um die Verkleidung des auf der Hebebühne stehenden Autos abschrauben zu können, rief der Kläger einen Auszubildenden hinzu, der die Verkleidung während des Schraubens halten sollte. Diese Hilfestellung dauerte eine Minute. Der Kläger wies den Auszubildenden an, sich für diese kurze Zeit nicht in das Zeiterfassungssystem einzustempeln. Diesen Vorfall nahm die Beklagte zum Anlass einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg.

Zur Begründung führte das Landesarbeitsgericht aus, dass ein systematischer Missbrauch der Zeiterfassung grundsätzlich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen kann. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer einen Anderen anweist, die Zeiterfassung zu manipulieren, um selbst eine höhere Vergütung zu erzielen. Das gerügte Verhalten des Klägers am 12.03.2010 ist indessen eine verhältnismäßig geringfüge Verletzung, da der Auszubildende den Kläger nur eine Minute unterstützt hat. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass der Kläger in der Anhörung erklärt habe, immer so zu verfahren, kann daraus nicht geschlussfolgert werden, dass der Kläger die Auszubildenden stets daran gehindert hat, in den Leistungslohn umzustempeln. Die Beklagte hat zudem keine präzisen Anweisungen zum Einstempeln in die verschiedenen Arbeiten erteilt.

[Quelle: PM des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 09.06.2011]