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Weitergeltung tariflicher Regelungen bei einem Betriebsübergang

eingetragen von Thilo Schwirtz am Juli 25th, 2010

Der Kläger, Mitglied der Gewerkschaft ver.di, war als Luftsicherheitsassistent beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis ging aufgrund eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über. Beim Veräußerer galt für den Kläger sowohl der allgemeinverbindliche Flächentarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe als auch kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit ein Haustarifvertrag, der den allgemeinverbindlichen verdrängte. Ein Tarifvertrag zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Beklagten, demzufolge der beim Veräußerer geltende Haustarifvertrag auch bei dieser gelten sollte, kam nicht formwirksam zustande. Dies hatte das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt. Der Kläger verlangte von der Beklagten die Differenz zwischen der Vergütung nach dem – insoweit ungünstigeren – Haustarifvertrag, nach dem die Beklagte das Arbeitsverhältnis abrechnete, und dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag.
Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, an den nach einem Betriebsübergang Arbeitnehmer und Erwerber gebunden sind, löst einen lediglich vom Veräußerer vereinbarten Haustarifvertrag, an den der Arbeitnehmer gleichfalls gebunden war, nach § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB ab. Die Rechtsnormen des Haustarifvertrages werden nicht nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen Erwerber und Arbeitnehmer.
Die Klage war vor dem Vierten Senat des Bundesarbeitsgerichts ebenso wie vor dem Landesarbeitsgericht erfolgreich. Die Regelungen des Haustarifvertrages galten bei der Beklagten nicht. Die Bestimmungen des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages wurden für das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit verbindlich (§ 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 TVG). Dadurch war die ansonsten gesetzlich angeordnete Weitergeltung des Haustarifvertrages der früheren Arbeitgeberin nach § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB (Transformation) durch die Bestimmung des § 613a Abs. 1 Satz 3 BGB ausgeschlossen.

[Quelle: PM des Bundesarbeitsgerichts vom 07.07.2010]

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. Juli 2010 – 4 AZR 1023/08 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 24. Oktober 2008 – 3 Sa 54/08 –

§ 613 a BGB

1) Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Sind diese Rechte und Pflichten durch Rechtsnormen eines Tarifvertrags oder durch eine Betriebsvereinbarung geregelt, so werden sie Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres nach dem Zeitpunkt des Übergangs zum Nachteil des Arbeitnehmers geändert werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Rechte und Pflichten bei dem neuen Inhaber durch Rechtsnormen eines anderen Tarifvertrags oder durch eine andere Betriebsvereinbarung geregelt werden. Vor Ablauf der Frist nach Satz 2 können die Rechte und Pflichten geändert werden, wenn der Tarifvertrag oder die Betriebsvereinbarung nicht mehr gilt oder bei fehlender beiderseitiger Tarifgebundenheit im Geltungsbereich eines anderen Tarifvertrags dessen Anwendung zwischen dem neuen Inhaber und dem Arbeitnehmer vereinbart wird.

2) …