Schließung einer Krankenkasse – arbeitsrechtliche Folgen
Eine Betriebskrankenkasse kann nach § 153 Sozialgesetzbuch V (SGB V) von der Aufsichtsbehörde geschlossen werden. In diesem Fall ist denjenigen Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis nicht durch ordentliche Kündigung beendet werden kann, beim Landesverband der Betriebskrankenkassen oder einer anderen Betriebskrankenkasse eine ihrer bisherigen Dienststellung vergleichbare, zumutbare Stellung anzubieten (§ 155 Abs. 4 Satz 9, § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V). Für Beschäftigte von Betriebskrankenkassen, deren Arbeitsverhältnis ordentlich gekündigt werden kann, gilt diese Regelung nicht. Nach § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V enden die Vertragsverhältnisse der Beschäftigten, „die nicht nach Absatz 3 untergebracht werden“, mit dem Tag der Schließung der Kasse.
In den ersten vier – von etwa 280 – Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht hat der Zweite Senat des Gerichts den Klagen – wie zuvor die Landesarbeitsgerichte – stattgegeben. Den beiden Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung nicht beendet werden konnte, war eine zumutbare Stellung beim Landesverband oder einer anderen Betriebskrankenkasse nicht angeboten worden. Ihre Arbeitsverhältnisse haben aus diesem Grunde am Tag der Schließung nicht geendet. § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V ist dahin zu verstehen, dass die gesetzliche Anordnung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Angebot einer zumutbaren Stellung im Sinne von § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V voraussetzt.
Auch die beiden Arbeitsverhältnisse, die durch ordentliche Kündigung beendet werden konnten, haben nicht mit dem Tag der Schließung geendet. Eine an Wortlaut, Entstehungsgeschichte und gesetzgeberischem Zweck orientierte Auslegung der einschlägigen Vorschriften ergibt, dass die gesetzliche Anordnung in § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V – da den betreffenden Arbeitnehmern eine zumutbare Stellung bei einer anderen Betriebskrankenkasse zuvor nicht angeboten worden sein muss – für solche Arbeitsverhältnisse nicht gilt. Sie unterliegen allein den Regelungen des Kündigungsschutzrechts.
Die vorsorglich erklärten (außer-)ordentlichen Kündigungen waren in allen vier Fällen rechtsunwirksam. Bei Ablauf der Kündigungsfristen lagen dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer entgegengestanden hätten, nicht vor.
[Quelle: PM des Bundesarbeitsgericht vom 21.11.2013]
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. November 2013 – 2 AZR 474/12 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. April 2012 – 5 Sa 2555/11 –
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. November 2013 – 2 AZR 495/12 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 31. Mai 2012 – 1 Sa 55/11 –
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. November 2013 – 2 AZR 598/12 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Mai 2012 – 1 Sa 2/12 –
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. November 2013 – 2 AZR 966/12 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 7. September 2012 – 6 Sa 138/12