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Kündigung und Religionsfreiheit – „Jesus hat sie lieb“.

eingetragen von Thilo Schwirtz am April 15th, 2011
Das Landesarbeitsgericht Hamm war der Auffassung, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten  gerechtfertigt sei. Der mit 6 Stunden im Call-Center der Beklagten teilzeitbeschäftigte Kläger habe sich arbeitsvertragswidrig verhalten, indem er trotz einer ausdrücklich erteilten Anweisung der Beklagten nicht habe darauf verzichten wollen, sich am Ende eines jeden Verkaufsvorgangs von den Gesprächspartnern mit den Worten
„Jesus hat Sie lieb, vielen Dank für Ihren Einkauf bei QVC und einen schönen Tag“ zu verabschieden.
Das Berufungsgericht hat auf das Spannungsfeld zwischen Glaubensfreiheit und unternehmerischer Betätigungsfreiheit hingewiesen und die Grundsätze aufgezählt, die im Rahmen dieses Abwägungsprozesses anzustellen seien.

In tatsächlicher Hinsicht hat es sodann festgestellt, dass der tiefgläubige Kläger in nicht ausreichendem Maße hat darlegen können, warum er in innere Nöte gekommen wäre, hätte er im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit bei der Beklagten darauf verzichtet, die ansonsten bei der Beklagten übliche Grußformel um die Worte „Jesus hat Sie lieb“ zu ergänzen. Nach Auffassung der Berufungskammer muss ein Arbeitnehmer, der sich darauf beruft, dass die Befolgung einer Arbeitsanweisung ihn in seiner Glaubensfreiheit beeinträchtigt, nachvollziehbar darlegen, dass er ohne innere Not nicht von einer aus seiner Sicht zwingenden Verhaltensregel absehen könne. Für das Berufungsgericht war in diesem Zusammenhang von Bedeutung, dass der Kläger der Beklagten anlässlich eines nachfolgenden Streitverfahrens angeboten hatte, im Rahmen einer sogenannten Prozessbeschäftigung für die Beklagten tätig zu werden – und sich zugleich für diese Beschäftigung verpflichtet hatte, auf die Ergänzung der Grußformel zu verzichten.

Gegen diese Entscheidung des Arbeitsgerichts richtet sich die Berufung der Arbeitgeberin.

[Quelle: PM des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 20.04.2011]

LAG Hamm zu Aktenzeichen: 4 Sa 2230/10, vormals Arbeitsgerichts Bochum vom 08.07.2010 zu Aktenzeichen 4 Ca 734/10

Art 4 Grundgesetz
1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.
3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.