Im Reinigungsgewerbe kein Lohn für arbeitsfreie Zwischenzeiten
Nach dem allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk vom 04.10.2003 ist die zwischen dem Ende der Reinigung des einen Objekts und dem Beginn der Reinigung im Folgeobjekt liegende arbeitsfreie Zeit – sogenannte Zwischenzeit – regelmäßig nicht zu vergüten.
Die Klägerin ist seit Mitte 2008 als Innenreinigerin bei einem schleswig-holsteinischen Reinigungsunternehmen beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag für das Gebäudereinigerhandwerk Anwendung (RTV). Die Klägerin wird in verschiedenen Reinigungsobjekten sowohl vormittags als auch nachmittags eingesetzt. Die einzelnen Arbeitseinsätze reihen sich nicht nahtlos aneinander, sodass zwischen den Arbeitseinsätzen unterschiedlich lange, teilweise bis zu vier Stunden Leerlaufzeiten entstehen, die die Klägerin oft zu Hause verbringt. Die Fahrtzeiten zwischen den einzelnen Reinigungsobjekten werden von der Beklagten vergütet, nicht hingegen die arbeitsfreie sonstige Zwischenzeit. Die Klägerin hat gemeint, dass sie auch für die arbeitsfreien Zwischenzeiten einen tariflichen Lohnanspruch habe. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht haben die hierauf gerichtete Lohnklage abgewiesen (LAG Schleswig-Holstein, Urteil v. 21.03.2012, Aktenzeichen 3 Sa 440/11).
Zur Begründung hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass gemäß § 4 RTV das Tarifentgelt nur für die wirklich geleistete Arbeitszeit gezahlt werde. § 3 RTV lege wiederum fest, dass die zu vergütende Arbeitszeit regelmäßig an der Arbeitsstelle beginne und ende und darüber hinaus nur die zwischen Beginn und Ende der Arbeitszeit aufgewendete Wegezeit als Arbeitszeit gelte. Aus dem Wortlaut und der Auslegung der Tarifnorm sowie der dazugehörigen Erläuterung ergebe sich, dass nach dem Willen der Tarifvertragsparteien neben der reinen Arbeitszeit nur „Wegezeiten“, das heißt Fahrtzeiten, und nicht sonstige arbeitsfreie Zwischenzeiten als Arbeitszeit zu vergüten seien. Dagegen spreche auch nicht, dass die Klägerin die kaum individuell gestaltbaren Zwischenzeiten oftmals nicht sinnvoll nutzen könne. Denn maßgeblich sei nur der im Wortlaut der Tarifnorm zum Ausdruck gekommene Wille der Tarifvertragsparteien. Zudem sei ein Tarifvertrag immer ein ausgehandeltes Gesamtergebnis, für dessen Erzielung beide Tarifvertragsparteien Kompromisse eingingen.
Das Landesarbeitsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.
[Quelle: PM des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 15.05.2012]