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Fristlose Kündigung einer Bahnmitarbeiterin wegen „Gefälligkeits-Quittung“

eingetragen von Thilo Schwirtz am August 10th, 2010

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat am 08.07.2010  über die fristlose Kündigung gegenüber einer Bahnbeschäftigten verhandelt. Die Arbeitnehmerin hatte ihr 40jähriges Dienstjubiläum gefeiert, im Anschluss daran dem Arbeitgeber eine von einer Catering-Firma erhaltene „Gefälligkeits-„Quittung über einen Betrag von 250,00 EUR für Bewirtungskosten vorgelegt und sich den Betrag erstatten lassen, während sich die Bewirtungskosten in Wirklichkeit nur auf rund 90,00 EUR beliefen. Beim Arbeitgeber bestand eine Regelung, wonach aus Anlass des 40jährigen Dienstjubiläums nachgewiesene Bewirtungskosten bis zur Höhe von 250,00 EUR erstattet werden.

Das Landesarbeitsgericht verwies darauf, dass es sich um eine strafrechtlich relevante grobe Pflichtwidrigkeit handele, so dass ein Kündigungsgrund „an sich“ vorliege; im Rahmen der im Einzelfall anzustellenden Interessenabwägung seien die konkret für und gegen die Kündigung sprechenden Gründe abzuwägen. Nach der erfolgten Rechtsprechungsänderung durch das Bundesarbeitsgericht im sogenannten Pfandbon-Fall müsse davon ausgegangen werden, dass der langjährigen und unbeanstandeten Betriebszugehörigkeit eine sehr hohe Bedeutung zukomme und dass der damit erworbene Vertrauensbestand durch eine einmalige Verfehlung nicht in jedem Falle aufgebraucht werde. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiterin die Pflichtwidrigkeit – anders als die Kassiererin im Pfandbon-Fall – nicht im Rahmen ihrer Kerntätigkeit, sondern nur „bei Gelegenheit“ dieser begangen habe. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiterin – anders als die Kassiererin im Pfandbon-Urteil – ihre Pflichtwidrigkeit bei der Anhörung durch den Arbeitgeber sofort eingeräumt habe. Zu Lasten der Beschäftigten sei demgegenüber allerdings gewichtig in Rechnung zu stellen, dass es sich bei dem zu Unrecht erhaltenen Betrag um keine „Geringfügigkeit“ handele und dass sie durch die Einreichung einer „Gefälligkeits-“Quittung ganz bewusst und geplant eine betrügerische Handlung vorgenommen habe, was auf einen erheblichen Unrechtswillen hindeute.

Das Landesarbeitsgericht hat den Parteien vorgeschlagen, sich vergleichsweise dahin zu einigen, dass das Arbeitsverhältnis durch die seinerzeitige fristlose Kündigung aufgelöst worden war und dass die Klägerin nunmehr, nach Ablauf von mehr als einem Jahr, wieder eingestellt werden soll.

Den Parteien wurde eine Frist von vier Wochen eingeräumt, sich über diesen Vorschlag zu erklären. Falls die Parteien dem Vorschlag nicht zustimmen, wird das Landesarbeitsgericht eine Entscheidung verkünden.

[Quelle: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Landes Pressemitteilung Nr. 18/10 vom 08.07.2010]

Az.: 2 Sa 509/10

§ 626 BGB -Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund-
1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat am 16.09.2010 seine Entscheidung über die fristlose Kündigung gegenüber einer Bahnbeschäftigten verkündet. Danach ist die Kündigung einer langjährig beschäftigten Bahnmitarbeiterin trotz Betrugshandlung im Umfange von rund 160,00 € unwirksam. Weiter Informationen finden Sie unter:

https://www.rechtsanwalt-schwirtz.de/2010/09/16