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Diskriminierung eines Nachhilfelehrers?

eingetragen von Thilo Schwirtz am Mai 19th, 2011

Das Landesarbeitsgericht Köln hat in einem jetzt veröffentlichten Urteil die Berufung eines Mannes zurückgewiesen, der auf Entschädigung wegen einer Benachteiligung aus Gründen des Geschlechts (§ 15 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) klagte. Der Mann, der schon während seines Studiums als Nachhilfelehrer gearbeitet hatte, hatte sich auf folgende Internet-Anzeige beworben:

Kurzinfo weibliche Hausaufgabenbetreuung gesucht

Dauer der Beschäftigung: 2 x pro Woche ca. 4 Std.

Jobbeschreibung: Hausaufgabenbetreuung bei einer 12-jährigen Gymnasiastin sowie 9-jähriger Grundschülerin

Anforderungen: nettes Wesen und Lateinkenntnisse

Das Arbeitsgericht Köln hatte in erster Instanz die Klage abgewiesen und dieses u. a. damit begründet, die Entscheidung, die Hausaufgabenbetreuung von Mädchen nur einer Frau zu übertragen, sei wegen des in Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz geschützten Erziehungsrechts der Eltern zu respektieren. Der Kläger hatte in seiner Berufung dagegen eingewandt, mit der gleichen Argumentation müsste es dann auch Eltern erlaubt sein, Lehrer eines bestimmten Geschlechts in öffentlichen Schulen abzulehnen. Das Landesarbeitsgericht ließ diese Fragen offen und entschied, dass eine Benachteiligung schon deshalb nicht erfolgt sei, weil die Stelle schon besetzt war, als die Bewerbung des Klägers einging.

[Quelle: PM des Landesarbeitsgericht Köln vom 08.05.2011]

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 01.10.2010 – 4 Sa 796/10 –

§ 15 AGG (Entschädigung und Schadensersatz)
1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.