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Die Ablehnung eines Intensivpflegers für den Dienst in einem katholischen Krankenhaus allein wegen fehlender Religionszugehörigkeit stellt eine Diskriminierung dar.

eingetragen von Thilo Schwirtz am Januar 3rd, 2013

Ein in Trägerschaft der  katholischen Kirche stehendes Krankenhaus wies im September 2011 die Bewerbung eines objektiv geeigneten Bewerbers für eine Stelle als Intensivpfleger zurück,  weil dieser nicht Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist. Der Bewerber fühlte sich diskriminiert und klagte vor dem Arbeitsgericht  Aachen auf eine Entschädigungszahlung in Höhe von 3 Bruttomonatsgehältern, die er bei dem Krankenhaus verdient hätte.

Das angerufene Arbeitsgericht Aachen (2 Ca 4226/11) sprach dem Kläger die geltend gemachte Entschädigung zu, wenn auch nicht in voller Höhe. Das Gericht stellte fest: Weist ein Krankenhaus in kirchlicher Trägerschaft die Bewerbung eines Krankenpflegers allein mit der Begründung zurück, er sei nicht Mitglied einer Religionsgemeinschaft,  stellt dies eine Diskriminierung im Sinne des AGG dar und löst eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG aus.

Die Religionsgemeinschaft kann sich insoweit nicht auf ihren verfassungsrechtlichen Sonderstatus berufen, wenn sie allein auf die formelle Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft abstellt. Nach ihren eigenen Vorgaben in § 3 der Grundordnung des kirchlichen Dienstes darf sie nur bei der Besetzung von Stellen im  pastoralen, katechetischen sowie in der Regel im erzieherischen Bereich und bei leitenden Aufgaben die Mitgliedschaft in der katholischen Kirche verlangen. Bei allen übrigen Stellen reicht es aus, dass der Bewerber sicher stellt, den besonderen Auftrag glaubwürdig zu erfüllen. Nach dem Wortlaut der Grundordnung ergibt sich dies aus der fachlichen Tüchtigkeit, der gewissenhaften Erfüllung der übertragen Aufgaben und der Zustimmung des Bewerbers zu den Zielen der Einrichtung.

Nach § 15 Abs. 2 AGG kann eine Entschädigung wegen Diskriminierung im Einstellungsverfahren bis zu drei Bruttomonatsgehälter betragen. Die Kammer sah sich im vorliegenden Fall veranlasst, die Entschädigung auf etwa ein Bruttogehalt zu reduzieren, da die  Schwere des Verstoßes wegen der schwierigen und weitgehend ungeklärten Rechtslage als gering einzustufen war.

[Quelle: PM des Landesarbeitsgerichts Köln vom 14.12.2012]

§ 15 AGG (Entschädigung und Schadensersatz)
1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.