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BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 9.10.2012, 3 AZR 533/10

eingetragen von Thilo Schwirtz am April 2nd, 2013

Teilwiderruf einer Unterstützungskassenversorgung

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 4. August 2010 – 11 Sa 459/09 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Betriebsrente zu zahlen.
2
Der 1944 geborene Kläger war vom 1. September 1958 bis zum 31. Januar 2005 bei den Rechtsvorgängerinnen der Beklagten beschäftigt. Zunächst war er für die F AG tätig. Diese hatte ihm eine Versorgungszusage über Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gemäß der Satzung und den Richtlinien des Unterstützungsvereins der Firma F vom 27. April 1962 (im Folgenden: Satzung 1962 und Richtlinien 1962) erteilt. Nach der Satzung 1962 und den Richtlinien 1962 war ein Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen ausgeschlossen.
3
§§ 2, 6 und 11 der Satzung 1962 lauten:
„§ 2
Mitglieder des Vereins
Mitglieder des Vereins können die Betriebsmitglieder werden, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres im Dienst der Firma eine 10-jährige Dienstzeit zurückgelegt haben. …
§ 6
Mitgliederversammlungen
Aufgabe der Mitgliederversammlung ist die Wahl der von ihr zu bestimmenden Ausschußmitglieder (…), der Widerruf der Wahl … und die Entlastung des Vorstandes und des Ausschusses.
… Eine Mitgliederversammlung ist auch dann einzuberufen, wenn besondere Gründe im Interesse des Vereins dies erfordern …
§ 11
Gewährung der Unterstützung
Über die Gewährung, Art und Weise und Höhe der Unterstützungen und der sonstigen Leistungen des Vereins beschließt der Ausschuß Richtlinien.
Eine Änderung der Richtlinien erfolgt durch den Ausschuß; diese bedarf des einstimmigen Beschlusses des Ausschusses. Änderungen sind den Mitgliedern in Form eines achttägigen Aushanges an der Firmentafel oder in sonst geeigneter Weise bekanntzugeben. …“
4
§ 11 der Satzung 1962 idF vom 4. Oktober 1990 lautet:
§ 11 Gewährung der Unterstützung
3.
Eine Änderung der Richtlinien erfolgt durch den Ausschuß; diese bedarf des einstimmigen Beschlusses des Ausschusses. Änderungen sind den Mitgliedern durch Aushang oder Rundschreiben bekanntzugeben. …“
5
Die §§ 3 und 4 der Richtlinien 1962 haben folgenden Wortlaut:
„§ 3
Wartezeit
1.
Alters- und Invalidenunterstützung, Witwen- und Waisenunterstützung darf der Unterstützungsverein nur bewilligen, wenn der Arbeiter oder Angestellte das 28. Lebensjahr vollendet und dem Unternehmen mindestens 10 Jahre fortlaufend angehört hat. …
§ 4
Alters- und Invaliden-Unterstützung
3.
Als Unterstützungsleistung (Alters- und Invalidenunterstützung) kann bewilligt werden:
a)
Ein Grundbetrag für die ersten 10 Dienstjahre in Höhe von 10 % des während des letzten Jahres vor Eintritt des Unterstützungsfalles durchschnittlich bezogenen Monatseinkommens, wobei Mehrverdienst für Überarbeit und Sondervergütung außer Ansatz bleiben.
b)
Ein Steigerungsbetrag für jedes vollendete weitere Dienstjahr in Höhe von 1 % des durchschnittlichen Monatseinkommens. Dabei gilt das Dienstjahr vollendet, wenn der Betriebsangehörige bis zum Eintritt des Unterstützungsfalles mindestens neun Monate im Unternehmen tätig war.
c)
Die laufende Unterstützung darf 40 % des anrechnungsfähigen Monatseinkommens nicht übersteigen.
…“
6
Am 26. September 1978 schlossen die F AG und der Gesamtbetriebsrat die Betriebsvereinbarung „Unterstützungsverein der F – Änderung der Satzung und Richtlinien“ (im Folgenden: GBV 1978) ab. In der GBV 1978 heißt es ua.:
„…
3.
Nachdem zwischen den Sozialversicherten-Renten langjähriger Mitarbeiter und dem Netto-Einkommen heute etwa eine Versorgungslücke von 10 % besteht, soll diese bei langjährigen Mitarbeitern geschlossen werden.
Die Regelungen hierzu sind folgende:
3.1
Wartezeit:
10 Jahre
nach dem 25. Lebensjahr gerechnet
3.2
Versorgungsfähige Dienstjahre: Ab dem 25. Lebensjahr
3.3
Höhe der monatlichen Leistung:
Für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit ab dem 25. Lebensjahr
1/3 % des durchschnittlichen Brutto-Monatseinkommens des letzten Jahres.
Höchstbetrag: 10 % nach 30 versorgungsfähigen Dienstjahren.
7.
Die Neuregelung der Versorgungsordnung tritt am 1. Januar 1979 in Kraft.
9.
Änderungen der Richtlinien, welche das Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrates berühren, bedürfen dessen Zustimmung durch eine ergänzende Betriebsvereinbarung.
10.
Die Vereinbarung kann mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres gekündigt werden. Bis zum Abschluß einer neuen Betriebsvereinbarung behält diese ihre Gültigkeit.“
7
Diese Änderungen wurden mit der Neufassung der Satzung und der Richtlinien vom 10. November 1978(im Folgenden: RL 1978) umgesetzt und den Mitarbeitern durch ein Rundschreiben des Vorstandes des Unterstützungsvereins der F vom 1. März 1979 im Anschluss an eine Mitgliederversammlung und Betriebsversammlung bekannt gegeben. Am 23. Juni 1981 vereinbarten der Vorstand der F AG und der Gesamtbetriebsrat im „1. Nachtrag zur Betriebsvereinbarung vom 26.9.1978“ eine Änderung der Nr. 6 GBV 1978 (Übergangsregelung).
8
Mit einem an den Gesamtbetriebsrat der F AG, den Sprecherausschuss der leitenden Angestellten der F AG, den Vorstand des Unterstützungsvereins der F und alle Arbeitnehmer der F AG gerichteten Schreiben vom 25. September 1991 kündigte die F AG „die Betriebsvereinbarung vom 26.09.1978 sowie 1. Nachtrag vom 23.06.1981“ sowie die „Satzung und Richtlinien für die Gewährung laufender Unterstützungen des Unterstützungsvereins der F“ zum 31. Dezember 1991. Zugleich widerrief sie die „zugesagten Leistungen für alle zukunftsbedingten Zuwächse“ nach dem 31. Dezember 1991 „dem Grunde und der Höhe nach, da die Geschäftsgrundlage für weitere Leistungszuwächse weggefallen“ sei.
9
Im Schreiben vom 25. September 1991 heißt es weiter:
„…
Mit der Kündigung und dem Widerruf
werden alle nach Ablauf des 31.12.1991 noch verfallbaren Anwartschaften widerrufen und fallen ersatzlos weg;
fallen alle Zuwächse aufgrund von Betriebszugehörigkeitszeiten und Lohn- und Gehaltsveränderungen nach dem 31.12.1991 der zu diesem Zeitpunkt unverfallbaren Versorgungsanwartschaften weg. Der erreichte Besitzstand der unverfallbaren Versorgungsanwartschaften aus den bis zum 31.12.1991 zurückgelegten Betriebszugehörigkeitszeiten bleibt nach den derzeit gültigen Versorgungsrichtlinien in analoger Anwendung von § 2 BetrAVG erhalten. Die Besitzstandsregelung vom 23.06.1981 bleibt unberührt.
Das Versorgungswerk wird für neu eintretende Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung geschlossen.
Wir schlagen vor, daß über eine Weiterführung der betrieblichen Altersversorgung eine neue Betriebsvereinbarung geschlossen wird, die der veränderten Situation entspricht. Gleichzeitig sollen notwendige Anpassungen der Versorgungsregelungen an Veränderungen aufgrund gesetzlicher Maßnahmen und höchstrichterlicher Rechtsprechung vereinbart werden.
…“
10
Dieses Schreiben wurde nicht an die einzelnen Mitarbeiter übersandt. Unter den Parteien ist streitig, ob das Schreiben am „Schwarzen Brett“ im Unternehmen der F AG ausgehängt wurde.
11
Der Gesamtbetriebsrat widersprach mit Schreiben vom 11. Dezember 1991 der Kündigung und dem Widerruf. Mit Schreiben vom 13. Juli 1992 wandte er sich erneut an die Arbeitgeberin. Dieses Schreiben hat folgenden Inhalt:
„…
Von mehreren Arbeitnehmern, die einen Aufhebungsvertrag abgeschlossen haben, haben wir erfahren, daß Sie bei der Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft nur die Betriebszugehörigkeit bis zum 31.12.1991 berücksichtigen. Sie gehen also offensichtlich davon aus, daß durch die Kündigung der Betriebsvereinbarung und durch den Widerruf der Versorgungszusage die Regelung über die betriebliche Altersversorgung wirksam geändert werden konnte.
Wie wir schon mehrfach betont haben – und worin wir auch durch eine Stellungnahme unseres Sachverständigen bestärkt worden sind -, teilen wir diesen Standpunkt nicht. Wir sind vielmehr der Auffassung, daß die bestehende Regelung solange weitergilt, bis sie durch eine unter Beteiligung des Betriebsrates zustande gekommene Neuregelung abgelöst wird. Das ist bis heute nicht erfolgt. Der Betriebsrat ist zu Verhandlungen hierüber – ohne damit die Voraussetzungen eines Widerrufsrechts anzuerkennen – bereit.
Wir bitten, uns mitzuteilen, ob Sie diesen Rechtsstandpunkt akzeptieren. Falls nicht, sehen wir uns gezwungen, die Frage einer gerichtlichen Klärung zuzuführen.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß wir dieses Schreiben durch Aushang am Schwarzen Brett bekannt machen, da in der Belegschaft eine Verunsicherung über den augenblicklichen Sachstand entstanden ist.“
12
Im Jahr 1993 fusionierte die F AG mit der M AG zur D AG.
13
Am 5. Mai 1993 fand eine Mitgliederversammlung des Unterstützungsvereins der F in der Kantine der F AG statt. In der Niederschrift über die Mitgliederversammlung heißt es ua.:
„Teilnehmer
Ausschußmitglieder:
Herr M
Vorsitzender
Herr R
Stellvertreter
Herr S
Personalwesen
Vereinsmitglieder: 310 Mitarbeiter anwesend
Herr M eröffnete die Mitgliederversammlung um 11.00 Uhr, begrüßte die Anwesenden und dankte für deren Erscheinen. Die Tagesordnung war allen Mitgliedern rechtzeitig persönlich zugesandt worden. Es lagen keine Änderungswünsche vor.
Die Tagesordnung wurde wie folgt erledigt:
1.
Rechnungslegung des Ausschusses durch den 1. Vorsitzenden für 1992 (§ 8 der Satzung)
2.
Entlastung des Vorstandes und des Ausschusses für 1992
3.
Wahl eines Ausschußmitgliedes für gewerbliche Mitarbeiter und von je einem Ersatzmitglied für die Angestellten und gewerbliche Mitarbeiter.
4.
Vorstellung von Vorstand und Ausschuß des Unterstützungsvereins
5.
Rückblick über den vergangenen Zeitraum bis zur letzten Versammlung am 23.09.1987
6.
Schließung des Versorgungswerkes zum 31.12.1991
Es folgte eine ausführliche Begründung durch Herrn M, die bisherige betriebliche Altersversorgung ersatzlos einzustellen. Die wirtschaftliche Notlage des Trägerunternehmens rechtfertigte die Kündigung und den Widerruf für alle zukunftsbedingten Zuwächse ab dem 31.12.1991, dem Grunde und der Höhe nach, unter Einbezug der zum 31.12.1991 noch verfallbaren Anwartschaften.
Herr M führte ferner aus, daß es Ziel des Vorstandes der D AG war, die Unterdeckung des Kassenvermögens des Unterstützungsvereins durch finanzielle Unterstützung des Pensionssicherungsvereins zu verringern. Der Pensionssicherungsverein lehnte dies jedoch ab, da seiner Ansicht nach durch das Eintreten des Mehrheitsaktionärs, Herrn E, und den Banken eine wirtschaftliche Notlage nicht mehr gegeben war und ein Konkurs bzw. eine ähnlich gelagerte Form der Zahlungsunfähigkeit abgewendet werden konnte. Die Schließung des Versorgungswerkes, verbunden mit dem Widerruf künftiger Zuwächse, reduzierte die Unterdeckung der Unterstützungskasse von DM 29 Mio. auf 23,9 Mio.
Herr R, Betriebsratsvorsitzender, informierte die anwesenden Mitglieder, daß der Gesamtbetriebsrat der D AG zur Schließung des Versorgungswerkes eine abweichende Rechtsansicht vertrete und dagegen beim Arbeitsgericht München ein Beschlußverfahren eingeleitet habe.
7.
Verschiedenes
Nachdem keine weiteren Wortmeldungen erfolgten, schloß Herr M um 11.30 Uhr die Versammlung.“
14
Die Tagesordnung der Mitgliederversammlung war – entgegen den Angaben in der Niederschrift über die Mitgliederversammlung – den einzelnen Mitgliedern nicht persönlich übersandt worden.
15
Mit Beschluss vom 28. Oktober 1993 stellte das Arbeitsgericht München in dem Verfahren – 7 BV 100/93 – rechtskräftig fest, dass die Betriebsvereinbarung vom 26. September 1978 mit der hierzu vereinbarten Änderung durch den 1. Nachtrag vom 23. Juni 1981 aufgrund der vereinbarten Nachwirkung über den 31. Dezember 1991 hinaus fortgilt. Unter II. 3. der Gründe hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass „über die zwischen den Beteiligten streitige Frage, inwieweit der Widerruf der zugesagten Rentenleistungen für alle zukunftsbedingten Zuwächse wirksam ist“, nicht zu entscheiden war. Zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung über die betriebliche Altersversorgung oder zu einem Einigungsstellenverfahren kam es nicht.
16
Am 30. Juni 1994 wurde nach Ablehnung eines von der D AG beantragten Vergleichsverfahrens das Anschlusskonkursverfahren über deren Vermögen eröffnet. Am 30. Juli 1994 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers infolge eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB auf die neu gegründete D GmbH über. Aus dieser entstanden im Jahr 1997 durch Spaltung die D P GmbH und die D G GmbH. Bei dieser war der Kläger zuletzt beschäftigt. Die D G GmbH ist inzwischen durch Umwandlung erloschen. Rechtsnachfolgerin ist die D P GmbH, die nunmehrige Beklagte.
17
Der Kläger bezieht seit dem 1. Februar 2005 eine gesetzliche Altersrente für schwerbehinderte Menschen iHv. monatlich 1.575,33 Euro und vom Pensionssicherungsverein aG (im Folgenden: PSV aG) aufgrund des Konkurses der D AG eine Altersversorgungsleistung iHv. monatlich 333,10 Euro brutto.
18
Mit seiner am 23. Dezember 2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger von der Beklagten die Zahlung einer Betriebsrente in Höhe der Differenz zwischen der ihm vom PSV aG als bis zum 30. Juni 1994 erdient monatlich gezahlten und der ihm seiner Auffassung nach aufgrund der RL 1978 iHv. monatlich 431,25 Euro brutto zustehenden Betriebsrente, mithin iHv. monatlich 98,15 Euro brutto verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, er habe bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft auch für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. Juli 1994 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis am 31. Januar 2005 erworben. Die F AG habe die Versorgungszusage nicht wirksam widerrufen. Das Widerrufs-/Kündigungsschreiben sei ihm nicht zugegangen. Es sei den Arbeitnehmern weder zugeschickt noch durch einen Aushang bekannt gemacht worden. Die von der Beklagten angeführten Indiztatsachen rechtfertigten nicht den Schluss auf eine Bekanntgabe des Widerrufs der Versorgungszusage. Der Widerruf sei auch in der Sache nicht gerechtfertigt. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der D AG habe festgestanden, dass die Sanierungsbemühungen gescheitert seien. Hierdurch sei das Widerrufsrecht entfallen. Im Übrigen bestünden seine Betriebsrentenansprüche bereits deshalb ungekürzt fort, weil die GBV 1978 sowohl wegen der unter Nr. 9 getroffenen Vereinbarung als auch kraft Gesetzes nachwirke.
19
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1.
an ihn rückständige Betriebsrente für die Zeit von Februar 2005 bis November 2005 iHv. 980,15 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. Dezember 2005 zu zahlen,
2.
an ihn rückständige Betriebsrente für die Zeit von Dezember 2005 bis März 2006 iHv. 392,60 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 1. April 2006 zu zahlen,
3.
an ihn für die Zeit ab April 2006 monatlich eine Betriebsrente iHv. derzeit 98,15 Euro zu zahlen, die nach den gesetzlichen Vorschriften jeweils zu dynamisieren ist.
20
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Teilwiderruf der Versorgungszusage sei wirksam. Bei der vorliegenden Unterstützungskassenversorgung habe für den Widerruf ein Schreiben an den Betriebsrat genügt. Auf die tatsächliche Kenntniserlangung der einzelnen Versorgungsberechtigten komme es nicht an. Jedenfalls reiche eine im Unternehmen übliche Bekanntgabe des Widerrufs und die Möglichkeit der Kenntnisnahme aus. Der Kläger habe von dem Widerrufsschreiben vom 25. September 1991 Kenntnis nehmen können. Das Widerrufsschreiben sei zwar nicht an die Arbeitnehmer persönlich übersandt worden, jedoch am „Schwarzen Brett“ ausgehängt worden. Zwar könne sie einen unmittelbaren Nachweis für einen Aushang des Schreibens nicht führen, als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Versorgungsschuldnerin verfüge sie nicht über die Unterlagen; zudem sei es zu einem Wasserschaden im Archiv der F AG gekommen; die Tatsache, dass das Widerrufsschreiben vom 25. September 1991 am „Schwarzen Brett“ ausgehängt worden sei, ergebe sich jedoch aus einer Reihe von Indizien:
21
Schreiben, die an alle Mitarbeiter gerichtet gewesen seien, seien generell von der Personalabteilung am „Schwarzen Brett“ ausgehängt worden. Der Personalleiter habe hiermit einen Mitarbeiter der Personalabteilung beauftragt. Wenn ein vom Vorstand unterzeichnetes Schreiben an alle Mitarbeiter gerichtet gewesen sei, sei auf diese Weise der Aushang organisatorisch sichergestellt worden. Der damalige Personalleiter der F AG könne sich zwar nicht konkret daran erinnern, welcher Aushang am „Schwarzen Brett“ zu welchem Zeitpunkt erfolgt sei. Er sei sich jedoch sicher, dass durch die Organisation seiner Abteilung gewährleistet gewesen sei, dass ein Schreiben des Vorstandes, das an alle Mitarbeiter gerichtet gewesen sei, auch ordnungsgemäß ausgehängt wurde.
22
Das Schreiben des Gesamtbetriebsrats vom 13. Juli 1992, dessen Aushang dieser angekündigt habe, dokumentiere eine Unsicherheit in der Belegschaft wegen des Widerrufs der Versorgungszusage. Eine Verunsicherung der Belegschaft ohne Kenntnis der Position der F AG sei nicht denkbar. Damit belege bereits dieses Schreiben, dass der Widerruf der Altersversorgung im Unternehmen allgemein bekannt gewesen sei. Dies wiederum lasse nur den Schluss zu, dass eine allgemeine Bekanntgabe des Teilwiderrufs durch die F AG stattgefunden habe.
23
Es komme hinzu, dass der Betriebsrat auf den regelmäßig einzuberufenden Betriebsversammlungen über die bedeutende Frage des Schicksals der betrieblichen Altersversorgung habe berichten müssen. Dieses Thema sei deshalb zwangsläufig Gegenstand von Betriebsversammlungen gewesen. Auch sei davon auszugehen, dass der Betriebsrat in diesem Zusammenhang über das Beschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht München berichtet habe.
24
Zudem belege das Protokoll vom 10. Mai 1993 über die Mitgliederversammlung der Unterstützungskasse vom 5. Mai 1993, dass der Vorstandsvorsitzende M die Schließung des Versorgungswerks zum 31. Dezember 1991 mit der wirtschaftlichen Lage des Trägerunternehmens begründet habe. Aus dem Protokoll der Mitgliederversammlung ergebe sich auch, dass die Tagesordnung allen Mitgliedern rechtzeitig persönlich bekannt gemacht worden sei. Die Tagesordnung sei zwar den Mitgliedern nicht persönlich übersandt worden, jedoch zusammen mit der Einladung am „Schwarzen Brett“ ausgehängt worden. Da der Kläger Mitglied der Unterstützungskasse gewesen sei, habe er die Gelegenheit gehabt, sich auf der Mitgliederversammlung der Unterstützungskasse entsprechend zu informieren.
25
Ein weiteres Indiz dafür, dass die Widerrufserklärung vom 25. September 1991 im Unternehmen allgemein bekannt gewesen sei, folge aus dem Umstand, dass ausgeschiedene Mitarbeiter eine Bescheinigung über ihre unverfallbaren Anwartschaften erhalten hätten unter Hinweis darauf, dass das Versorgungswerk „bekanntlich geschlossen worden“ sei. Keiner der Mitarbeiter, die ein solches Schreiben erhalten hätten, habe hiergegen rechtliche Schritte eingeleitet.
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Die Voraussetzungen für den Widerruf lägen vor. Die F AG habe sich zum Zeitpunkt des Widerrufs in einer sehr bedrängten wirtschaftlichen Situation befunden. Sie habe triftige Gründe für einen Eingriff in die erdiente Dynamik und die noch nicht erdienten, dienstzeitabhängigen Zuwächse gehabt.
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Der Widerruf der Versorgungszusage habe nicht dem Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats unterlegen. Die F AG habe alle Leistungen widerrufen, die nicht insolvenzgesichert gewesen seien und damit den gesetzlichen Höchstrahmen ausgeschöpft. Darüber hinaus habe es nichts zu verteilen gegeben. Die Klageforderung könne nicht auf eine Nachwirkung der GBV 1978 gestützt werden. Sie habe die Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung nicht normativ geregelt. Die Bedeutung der GBV 1978 erschöpfe sich in der Zustimmung des Gesamtbetriebsrats zu der beabsichtigten Änderung der Richtlinien. Sie enthalte lediglich schuldrechtliche Verpflichtungen und besage auch nur, dass Änderungen der Richtlinien nicht durch eine Regelungsabrede getroffen werden könnten, sondern des Abschlusses einer Betriebsvereinbarung bedürften. Die Betriebsvereinbarung enthalte keine die Mitbestimmung erweiternde Regelung, sondern setze ein Mitbestimmungsrecht des Gesamtbetriebsrats voraus. Sie lasse das Recht der Beklagten unangetastet, bei vollständiger Reduzierung des Gesamtvolumens die Leistungen mitbestimmungsfrei zu widerrufen.
28
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Auf die Revision der Beklagten hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 9. Dezember 2008 (- 3 AZR 385/07 -) das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 4. August 2010 (- 11 Sa 459/09 -) die Berufung der Beklagten erneut zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

29
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das arbeitsgerichtliche Urteil zu Recht zurückgewiesen. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung rückständiger Betriebsrente für die Zeit von Februar 2005 bis März 2006 in Höhe von 1.372,75 Euro brutto nebst der eingeklagten Zinsen sowie Anspruch auf Zahlung künftiger Betriebsrente für die Zeit ab April 2006 in Höhe von monatlich 98,15 Euro brutto.
30
A. Im vorliegenden Revisionsverfahren war nur noch zu klären, ob die Beklagte die ihr zustehende individualrechtliche Befugnis zum Teilwiderruf der Unterstützungskassenversorgung ordnungsgemäß ausgeübt hat und, sofern dies der Fall sein sollte, ob hinreichende Gründe für den Teilwiderruf des Versorgungsversprechens vorgelegen haben. Alle anderen die Wirksamkeit des Teilwiderrufs betreffenden Fragen hat der Senat durch Urteil vom 9. Dezember 2008 (- 3 AZR 385/07 -), mit welchem das Urteil des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen wurde, bereits entschieden. Danach ist der Kläger Inhaber des Teils des Versorgungsanspruchs geblieben, den er in der Zeit vom 1. Juli 1994 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Januar 2005 erworben hat. Die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der D AG muss für den nach Konkurseröffnung erdienten und nicht vom Insolvenzschutz erfassten Teil des Versorgungsanspruchs einstehen, sofern die F AG die Unterstützungskassenversorgung nicht wirksam widerrufen hat. Nur auf diesen Teil bezieht sich die Klage (BAG 9. Dezember 2008 – 3 AZR 385/07 – Rn. 19). Dem Widerruf steht die GBV 1978 nicht entgegen. Diese hat mit normativer Wirkung lediglich punktuell den Inhalt der durch die Unterstützungskasse abzuwickelnden betrieblichen Altersversorgung geändert, allerdings nicht das Recht des Arbeitgebers beseitigt, die zugesagte Unterstützungskassenversorgung unter Beachtung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit zu widerrufen (BAG 9. Dezember 2008 – 3 AZR 385/07 – Rn. 22 ff.). Die F AG benötigte für den mit der Teilkündigung der GBV 1978 sowie des 1. Nachtrags vom 23. Juni 1981 verbundenen Teilwiderruf der Versorgungszusage nicht die Zustimmung des Gesamtbetriebsrats. Ebenso wenig ist eine den Widerruf ausschließende gesetzliche Nachwirkung der GBV 1978 eingetreten. Auch die in Nr. 10 der GBV 1978 vereinbarte Nachwirkung steht dem individualrechtlichen Widerruf nicht entgegen (BAG 9. Dezember 2008 – 3 AZR 385/07 – Rn. 26 ff.).
31
B. Der Kläger hat auch für die Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1994 bis zum 31. Januar 2005 eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft nach den RL 1978 iVm. der GBV 1978 erworben. Die F AG hat die dem Kläger erteilte Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach den RL 1978 nicht wirksam widerrufen.
32
I. Die F AG hat mit Schreiben vom 25. September 1991 die dem Kläger zugesagten Unterstützungskassenleistungen nicht vollständig, sondern nur zum Teil widerrufen. Sie hat die „zugesagten Leistungen für alle zukunftsbedingten Zuwächse“ nach dem 31. Dezember 1991 dem Grunde und der Höhe nach widerrufen und zugleich darauf hingewiesen, dass zwar alle Zuwächse aufgrund von Betriebszugehörigkeitszeiten und Lohn- und Gehaltsveränderungen nach dem 31. Dezember 1991 der zu diesem Zeitpunkt unverfallbaren Versorgungsanwartschaften verfallen, der erreichte Besitzstand der unverfallbaren Versorgungsanwartschaften aus den bis zum 31. Dezember 1991 zurückgelegten Betriebszugehörigkeitszeiten jedoch nach den zu der Zeit gültigen Versorgungsrichtlinien in analoger Anwendung von § 2 BetrAVG erhalten bleibe. Da die Anwartschaft des Klägers am 31. Dezember 1991 bereits unverfallbar war, führte der Widerruf der Versorgungsleistungen in seinem Fall nicht zu einem Eingriff in den erdienten Teilbetrag, sondern nur zu einem Eingriff in die erdiente Dynamik und die noch nicht erdienten dienstzeitabhängigen Zuwächse.
33
II. Die F AG hat die zugesagte Unterstützungskassenversorgung nicht wirksam widerrufen. Sie hat ihre individualrechtliche Befugnis zum Teilwiderruf der Unterstützungskassenversorgung nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Der Kläger hatte nicht die Möglichkeit der Kenntnisnahme der von der F AG abgegebenen Teilwiderrufserklärung.
34
1. Entgegen der Rechtsansicht des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei dem Teilwiderruf der Versorgungszusage durch die F AG nicht um die Geltendmachung des Rechtsmissbrauchseinwands, auf den nicht in jedem Fall die Regeln für empfangsbedürftige Willenserklärungen anzuwenden sind (gegen eine Anwendbarkeit der Regeln für empfangsbedürftige Willenserklärungen auf den Widerruf wegen Treuebruchs vgl. BGH 13. Dezember 1999 – II ZR 152/98 – zu II 1 der Gründe, AP BetrAVG § 7 Widerruf Nr. 22; für eine Anwendbarkeit der Regeln für empfangsbedürftige Willenserklärungen auf den Widerruf wegen wirtschaftlicher Notlage vgl. BAG 25. Januar 2000 – 3 AZR 871/98 – zu II 1 a der Gründe), sondern um eine rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärung. Die F AG hat ihren Widerruf weder auf einen Treuebruch des Klägers noch auf eine Störung der Geschäftsgrundlage gestützt, die unabhängig von der Erklärung eines Widerrufs ein Recht auf Anpassung der Versorgungszusage geben würde. Die F AG hat vielmehr vom dem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht, das ihr aufgrund des in der Satzung und den Richtlinien der Unterstützungskasse enthaltenen Ausschlusses des Rechtsanspruchs auf Leistungen der Unterstützungskasse nach ständiger, durch das Bundesverfassungsgericht gebilligter Rechtsprechung des Senats zusteht (vgl. BAG 9. Dezember 2008 – 3 AZR 384/07 – Rn. 30, AP BetrAVG § 9 Nr. 22 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 47).
35
2. Rechtsgestaltende empfangsbedürftige Willenserklärungen bedürfen nach § 130 BGB des Zugangs. Nach § 130 Abs. 1 BGB wird eine unter Abwesenden abgegebene empfangsbedürftige Willenserklärung in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Empfänger zugeht. Zugegangen ist eine Willenserklärung nach dieser Bestimmung dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BAG 11. November 1992 – 2 AZR 328/92 – zu III 1 der Gründe, AP BGB § 130 Nr. 18 = EzA BGB § 130 Nr. 24). Allerdings war die F AG nicht verpflichtet, den Teilwiderruf der Unterstützungskassenversorgung dem Kläger persönlich mitzuteilen. Der Teilwiderruf der zugesagten Unterstützungskassenleistung musste dem Kläger demnach nicht persönlich zugehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats reicht es im Fall der Änderung von Versorgungsrichtlinien einer Unterstützungskasse aus, wenn diese Änderungen durch den Versorgungsschuldner im Betrieb oder Unternehmen allgemein bekannt gemacht werden. Es genügt, dass der betroffene Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, von der Änderung Kenntnis zu nehmen. Eine tatsächliche Kenntnisnahme ist nicht erforderlich (vgl. BAG 14. Dezember 1993 – 3 AZR 618/93 – zu II 3 der Gründe, BAGE 75, 196). An die Verlautbarung des Teilwiderrufs einer Unterstützungskassenversorgung sind keine höheren Anforderungen zu stellen (BAG 9. Dezember 2008 – 3 AZR 384/07 – Rn. 41, AP BetrAVG § 9 Nr. 22 = EzA BetrAVG § 1 Ablösung Nr. 47).
36
3. Danach hat die F AG die dem Kläger zugesagte Unterstützungskassenversorgung nicht wirksam widerrufen.
37
a) Unter den Parteien ist unstreitig, dass das Widerrufsschreiben vom 25. September 1991 entgegen seiner Adressierung nicht an die einzelnen Mitarbeiter persönlich zugestellt wurde. Ein Zugang nach § 130 Abs. 1 BGB liegt demnach nicht vor.
38
b) Die Beklagte hat auch nicht bewiesen, dass die F AG den Teilwiderruf der Unterstützungskassenversorgung in allgemeiner Form im Unternehmen oder Betrieb in einer Weise bekannt gemacht hat, dass die betroffenen Arbeitnehmer – mithin auch der Kläger – die Möglichkeit zur Kenntnisnahme hatten. Insbesondere hat die Beklagte nicht den Nachweis erbracht, dass die F AG die Widerrufserklärung vom 25. September 1991 am „Schwarzen Brett“ ausgehängt hatte.
39
aa) Die Beklagte hat insoweit selbst eingeräumt, sie könne einen unmittelbaren Nachweis für einen Aushang des Schreibens nicht führen. Als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Versorgungsschuldnerin verfüge sie nicht über die Unterlagen; zudem sei es zu einem Wasserschaden im Archiv der F AG gekommen, weshalb Unterlagen, die einen Aushang des Schreibens belegen könnten, auch nicht mehr auffindbar seien.
40
bb) Das Landesarbeitsgericht ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die von der Beklagten für den behaupteten Aushang des Schreibens vom 25. September 1991 am „Schwarzen Brett“ vorgetragenen Indiztatsachen weder im Einzelnen noch bei einer Gesamtbetrachtung eine hinreichende Beweiskraft für den Schluss auf die Haupttatsache haben.
41
(1) Der Tatrichter ist bei einem auf Indizien gestützten Beweis grundsätzlich frei in der Beurteilung, welche Beweiskraft er den Indizien im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst und stellt die den Indizien zukommenden Wahrscheinlichkeitsgrade und somit die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen fest. Er unterliegt dabei – abgesehen von den allgemeinen Beweisverwertungsverboten – keinen rechtlichen Einschränkungen für die Berücksichtigung von Tatsachen, die eine häufigere Wahrscheinlichkeit für die eigentlich zu beweisende Haupttatsache aufweisen und damit eine Indizwirkung entfalten können (BGH 13. Juli 2004 – VI ZR 136/03 – zu II 1 b cc (3) (3.1) der Gründe, NJW 2004, 3423). Revisionsrechtlich ist seine Beweiswürdigung gemäß § 286 ZPO nur darauf überprüfbar, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist, ob sie gegen Denkgesetze, Erfahrungssätze oder andere Rechtssätze verstößt und ob alle vernünftigerweise in Betracht kommenden Umstände widerspruchsfrei beachtet worden sind (BGH 13. Juli 2004 – VI ZR 136/03 – aaO; BAG 27. Januar 2011 – 8 AZR 483/09 – Rn. 26, AP AGG § 3 Nr. 6 = EzA BGB 2002 § 611a Nr. 7).
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(2) Diesen Anforderungen genügt das Berufungsurteil.
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(a) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht angenommen hat, aufgrund der von der Beklagten behaupteten Übung, Schreiben, die an alle Mitarbeiter gerichtet gewesen seien, seien stets von der Personalabteilung am „Schwarzen Brett“ ausgehängt worden, könne nicht darauf geschlossen werden, dass auch das Widerrufsschreiben vom 25. September 1991 am „Schwarzen Brett“ ausgehängt wurde. Es ist ohne Weiteres denkbar, dass eine übliche Handhabung im Einzelfall unterbleibt.
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(b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht dem Schreiben des Gesamtbetriebsrats vom 13. Juli 1992 weder im Hinblick auf den von der Beklagten behaupteten Aushang des Widerrufsschreibens vom 25. September 1991 noch im Hinblick auf eine allgemeine Bekanntmachung des Widerrufsschreibens im Unternehmen oder Betrieb der F AG in sonstiger Weise die notwendige Beweiskraft zuerkannt hat. Dass in der Belegschaft eine Verunsicherung bestanden hat, belegt – wie das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgeführt hat – nämlich nicht, dass der Teilwiderruf der Unterstützungskassenversorgung von der Beklagten allgemein verlautbart worden war. Das Landesarbeitsgericht weist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hin, dass die Verunsicherung innerhalb der Belegschaft insofern nachvollziehbar erscheine, als bekannt gewesen sein dürfte, dass der Betriebsrat bzw. der Gesamtbetriebsrat sich mit dem Arbeitgeber in einer Diskussion über kollektive Änderungen im Versorgungswerk befunden hat und die Arbeitnehmer deshalb über den Umfang etwaiger Änderungen im Unklaren waren.
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(c) Ebenso wenig begegnet es revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht den turnusmäßig durchgeführten Betriebsversammlungen, selbst wenn die Unterstützungskassenversorgung dort thematisiert worden sein sollte, keine Indizwirkung für den Schluss auf eine allgemeine Bekanntgabe des Teilwiderrufs der Unterstützungskassenversorgung durch die F AG beigemessen hat. Zum einen hat die Beklagte nicht behauptet, dass das Widerrufsschreiben vom 25. September 1991 ausdrücklich Gegenstand der Präsentation und Erörterung im Rahmen von Betriebsversammlungen gewesen sei. Zum anderen verkennt die Beklagte, dass es nicht Sache des Betriebsrats war, den Teilwiderruf der Unterstützungskassenversorgung durch die F AG gegenüber den Mitarbeitern zu verlautbaren. Die Bekanntmachung des Teilwiderrufs oblag allein der F AG. Der Betriebsrat war weder Bote noch Vertreter der F AG. Wenn der Widerruf der Versorgungsleistungen Gesprächsgegenstand von Betriebsversammlungen gewesen sein sollte, so könnte hieraus allenfalls der Schluss gezogen werden, dass die Mitarbeiter im Nachhinein von dritter Stelle von einer Schließung des Versorgungswerks, einer Kündigung der GBV 1978 durch die F AG und einem Widerruf der Versorgungsleistungen erfahren haben; einen Schluss darauf, dass der Teilwiderruf den Arbeitnehmern bereits zuvor von der F AG in einer Art und Weise bekannt gemacht worden war, die den Mitarbeitern die Möglichkeit der Kenntnisnahme des genauen Inhalts der Widerrufserklärung eröffnete, erlauben etwaige Gespräche und Diskussionen über einen Widerruf auf Betriebsversammlungen nicht.
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(d) Daran ändert auch das vor dem Arbeitsgericht München durchgeführte Beschlussverfahren nichts. Selbst wenn den Mitarbeitern bekannt gewesen sein sollte, dass der Gesamtbetriebsrat ein derartiges Verfahren einleiten wollte und im Jahr 1993 eingeleitet hat mit dem Ziel, nicht nur die Kündigung der GBV 1978, sondern auch den im Schreiben vom 25. September 1991 ausgesprochenen Widerruf der Versorgungsleistungen zu bekämpfen, so folgt daraus – wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat – nicht, dass die F AG den individualrechtlichen Widerruf in einer Weise verlautbart hatte, dass die betroffenen Arbeitnehmer hiervon konkret Kenntnis nehmen konnten. Es ist vielmehr denkbar, dass die Mitarbeiter erst im Zusammenhang mit dem Beschlussverfahren von einem Widerruf der Versorgungsleistungen durch die F AG – in welchem Umfang auch immer – erfahren haben.
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(e) Es ist auch nicht zu bestanden, dass das Landesarbeitsgericht den Geschehnissen auf der Mitgliederversammlung der Unterstützungskasse am 5. Mai 1993 keine hinreichende Beweiskraft im Hinblick auf eine zuvor erfolgte allgemeine Bekanntgabe der Widerrufserklärung im Unternehmen bzw. Betrieb der F AG beigemessen hat. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht maßgeblich darauf abgestellt, dass durch das Protokoll der Mitgliederversammlung schon nicht hinreichend belegt werde, ob und in welchem Umfang das Widerrufsschreiben vom 25. September 1991 überhaupt Gegenstand der Erörterung war oder ob lediglich der gegenüber dem Gesamtbetriebsrat erfolgte Widerruf, mit dem der Umfang der Kündigung der GBV 1978 konkretisiert wurde, näher begründet wurde. Für Letzteres spricht, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dass nach dem vorgelegten Protokoll der damalige Betriebsratsvorsitzende R lediglich „zur Schließung des Versorgungswerkes“ eine abweichende Rechtsansicht mitgeteilt und darauf hingewiesen hatte, dass beim Arbeitsgericht München deswegen ein Beschlussverfahren eingeleitet worden sei.
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(f) Ferner begegnet es keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht auch den Umstand für unerheblich gehalten hat, dass ausgeschiedene Mitarbeiter, denen eine Bescheinigung über ihre unverfallbaren Anwartschaften unter Hinweis darauf erteilt worden war, das Versorgungswerk sei „bekanntlich geschlossen worden“, hiergegen keine rechtlichen Schritte unternommen hatten. Zum einen hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass der Hinweis „dass das Versorgungswerk bekanntlich geschlossen worden“ sei, von den Betroffenen ohne Weiteres dahin verstanden werden konnte, dass sie hiervon nicht betroffen waren, weil die Schließung des Versorgungswerks nur für nach dem 31. Dezember 1991 eintretende Mitarbeiter Bedeutung haben sollte. Zum anderen kann aus dem Umstand, dass ein ausgeschiedener Arbeitnehmer sich gegen die Feststellung einer geringeren als der von ihm erworbenen unverfallbaren Anwartschaft nicht zur Wehr gesetzt hat, nicht geschlossen werden, er und auch andere Beschäftigte hätten bereits zuvor vom Teilwiderruf der Versorgungszusage Kenntnis gehabt. Davon abgesehen kann ein Untätigbleiben dieser vormaligen Arbeitnehmer der F AG seinen Grund auch darin haben, dass der Gesamtbetriebsrat es übernommen hatte, durch Verhandlungen mit der Arbeitgeberin und ggf. Einleitung eines Beschlussverfahrens eine wirksame Schließung des Versorgungswerks und die Kürzung der Versorgungsleistungen zu verhindern.
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(g) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, lassen die von der Beklagten vorgetragenen Indiztatsachen auch in ihrer Gesamtheit nicht mit hinreichender Gewissheit darauf schließen, dass das Schreiben vom 25. September 1991 am „Schwarzen Brett“ ausgehängt wurde. Ganz überwiegend konnte die Beklagte mit diesen Indiztatsachen nur belegen, dass die Mitarbeiter zeitlich nachfolgend – im Wesentlichen von dritter Seite – über eine Schließung des Versorgungswerks, die Kündigung der GBV 1978 und einen wie auch immer gearteten Widerruf der Versorgungsleistungen durch die F AG informiert wurden; eine solche nachträgliche Information besagt aber nichts darüber, ob der Teilwiderruf der Unterstützungskassenleistungen von der F AG tatsächlich im Unternehmen allgemein bekannt gemacht worden war.
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cc) Eine ordnungsgemäße allgemeine Bekanntgabe des Teilwiderrufs der Unterstützungskassenleistungen ist auch nicht auf der Mitgliederversammlung der Unterstützungskasse am 5. Mai 1993 erfolgt. Es kann offenbleiben, ob zu der Mitgliederversammlung unter Angabe des Tagesordnungspunktes „Schließung des Versorgungswerkes zum 31.12.1991“ durch Aushang am „Schwarzen Brett“ eingeladen wurde. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob Herr M namens der F AG auf der Mitgliederversammlung den Teilwiderruf der Unterstützungskassenleistung erklärt hat. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre der Teilwiderruf der Unterstützungskassenversorgung nicht wirksam.
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Erklärt der Arbeitgeber den Widerruf oder den Teilwiderruf einer Unterstützungskassenleistung nicht persönlich gegenüber jedem betroffenen Arbeitnehmer, sondern wählt er den Weg der allgemeinen Bekanntgabe im Unternehmen oder Betrieb, so muss er sicherstellen, dass die betroffenen Arbeitnehmer ohne Weiteres, dh. unmittelbar die Möglichkeit der Kenntnisnahme haben. Er muss demnach seine Widerrufserklärung dort anbringen, wo die Arbeitnehmer üblicherweise mit entsprechenden Erklärungen des Arbeitgebers rechnen müssen. Diese Voraussetzungen erfüllt die Mitgliederversammlung der Unterstützungskasse der F AG nicht. Die Mitglieder der Unterstützungskasse mussten nicht damit rechnen, dass die F AG auf einer Mitgliederversammlung der Unterstützungskasse einen (Teil-)Widerruf der Unterstützungskassenversorgung erklären würde.
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Nach § 6 Abs. 1 der Satzung der Unterstützungskasse ist die Aufgabe der Mitgliederversammlung die Wahl der von ihr zu bestimmenden Ausschussmitglieder, der Widerruf der Wahl und die Entlastung des Vorstandes und des Ausschusses. Darüber hinaus ist nach § 6 Abs. 2 der Satzung eine Mitgliederversammlung einzuberufen, wenn besondere Gründe im Interesse des Vereins dies erfordern. Zu diesen besonderen Gründen im Interesse des Vereins gehörte es nicht, der F AG die Möglichkeit zu geben, im Rahmen einer Mitgliederversammlung einen (Teil-)Widerruf der Leistungen der Unterstützungskasse zu erklären.
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Dies gilt auch dann, wenn die Mitglieder unter Angabe des Tagesordnungspunktes „Schließung des Versorgungswerkes zum 31.12.1991“ zur Mitgliederversammlung eingeladen worden sein sollten. Zum einen konnten sie diesen Tagesordnungspunkt so verstehen, dass es lediglich um die Schließung des Versorgungswerks für ab dem 1. Januar 1992 neu eintretende Mitarbeiter ging; zum anderen mussten sie auch nicht damit rechnen, dass die F AG auf der Mitgliederversammlung einen Widerruf oder Teilwiderruf der Versorgungszusage erklären würde. Insoweit konnten sie darauf vertrauen, dass wesentliche Änderungen ihrer Versorgungsbedingungen – ebenso wie eine Änderung der Richtlinien (vgl. § 11 Nr. 3 der Satzung 1962 idF vom 4. Oktober 1990) – durch Aushang oder Rundschreiben bekannt gegeben würden.
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Dem steht das Urteil des Senats vom 10. März 1992 (- 3 AZR 221/91 – zu B I der Gründe, BAGE 70, 26)nicht entgegen. Zwar kann danach nicht nur der Arbeitgeber, sondern auch die Unterstützungskasse selbst die Leistungen widerrufen; auch wird ein Widerruf seitens der Unterstützungskasse dem Arbeitgeber zugerechnet. Vorliegend hat die Unterstützungskasse jedoch unstreitig keinen Widerruf erklärt, sondern allein die F AG.
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III. Mangels wirksamen Widerrufs der Leistungen durch die F AG hat der Kläger auch für die Beschäftigungszeit vom 1. Juli 1994 bis zum 31. Januar 2005 eine unverfallbare Anwartschaft auf Versorgungsleistungen nach der Satzung und den RL 1978 sowie der GBV 1978 und dem Nachtrag zur Betriebsvereinbarung vom 23. Juni 1981 erworben. Ihm stehen deshalb die der Höhe nach unstreitigen streitgegenständlichen Versorgungsansprüche zu.
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IV. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.
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C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Gräfl
Schlewing
Spinner
Wischnath
Möller