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| Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Die zulässige Klage ist begründet. |
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| I. Die Klage ist in der Fassung des Berufungsantrages zulässig. Entgegen der Auffassung der Revision bestehen keine prozessualen Bedenken gegen die erst in der Berufungsinstanz erfolgte Umstellung der zuvor nur teilweise bezifferten Klage und des gestellten Feststellungsantrages auf einen nunmehr umfassenden bezifferten Leistungsantrag. Damit hat der Kläger den zuvor mit der Feststellungsklage allgemein geltend gemachten Anspruch lediglich konkret beziffert. Der Klagegrund hat sich nicht geändert (vgl. BAG 10. Juni 2009 – 4 AZR 194/08 – Rn. 16, mit Verweis auf BGH 16. Mai 2001 – XII ZR 199/98 – Rn. 6 mwN). |
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| II. Die Klage ist begründet. |
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| Der Kläger kann die Zahlung des Ortszuschlags der Stufe 2 für Verheirate für den Zeitraum November 2005 bis einschließlich Oktober 2009 aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel iVm. §§ 21, 24 TVK, § 29 BAT-O in der geltend gemachten Höhe von zuletzt 4.746,72 Euro verlangen. |
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| 1. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Anspruch des Klägers auf Zahlung des Ortszuschlags der Stufe 2 für Verheiratete nach §§ 21, 24 TVK iVm. § 29 BAT-O aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit nach § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1 TVG deshalb nicht besteht, weil die Tarifbestimmungen zum Ortszuschlag vom DBV zum 30. September 2005 wirksam gekündigt worden sind und das Arbeitsverhältnis der Parteien erst im Nachwirkungszeitraum begründet worden ist (dazu BAG 7. November 2001 – 4 AZR 703/00 – BAGE 99, 283). Entgegen der Auffassung der Revision finden die genannten Tarifregelungen zum Ortszuschlag auf das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel selbst dann Anwendung, wenn sie nur nachwirken. In Anwendung der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifregelungen zum Ortszuschlag steht deshalb dem Kläger, der seit dem 21. Oktober 2005 verheiratet ist, der geltend gemachte Ortszuschlag der Stufe 2 für verheiratete Angestellte gemäß §§ 21, 24 TVK iVm. § 29 BAT-O für den Streitzeitraum zu. |
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| a) Die Bezugnahmeklausel in § 3 des Arbeitsvertrages vom 15. September 2005 erfasst den TVK einschließlich der aufgrund der Teilkündigung von Juni 2005 ab 1. Oktober 2005 nur noch nachwirkenden §§ 21, 24 TVK iVm. § 29 BAT-O. |
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| aa) Nachwirkende Tarifverträge können arbeitsvertraglich wirksam in Bezug genommen werden (ua. BAG 18. September 2012 – 9 AZR 1/11 – Rn. 18; 9. Mai 2007 – 4 AZR 319/06 – Rn. 32 mwN; 20. September 2006 – 10 AZR 715/05 – Rn. 25; 29. Januar 1975 – 4 AZR 218/74 – BAGE 27, 22). Ob die Parteien nachwirkende Tarifverträge oder nachwirkende Tarifvertragsbestimmungen einbezogen haben, ist durch Auslegung der Bezugnahmeklausel nach den allgemeinen Regeln zu ermitteln (BAG 9. Mai 2007 – 4 AZR 319/06 – Rn. 32 mwN). |
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| bb) Die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, deren Auslegung vom Senat ohne Einschränkung überprüft werden kann (zum Maßstab BAG 6. Juli 2011 – 4 AZR 706/09 – Rn. 21 mwN, BAGE 138, 269), enthält eine zeitdynamische Bezugnahme auf den TVK „in der jeweils geltenden Fassung und den ihn ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen“. Zum anwendbaren TVK gehören auch die nachwirkenden Tarifbestimmungen der §§ 21, 24 TVK. |
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| (1) Nach § 4 Abs. 5 TVG „gelten“ im Nachwirkungsstadium die Rechtsnormen des Tarifvertrages weiter. Inhaltlich beschränkt sich deren Geltung in diesem Zeitraum darauf, dass der Zustand der Tarifnormen bis zum Abschluss einer anderen Abmachung erhalten bleibt (BAG 10. März 2004 – 4 AZR 140/03 – zu I 1 b der Gründe), dh. sie wirken kraft Gesetzes unmittelbar, aber nicht mehr zwingend. |
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| (2) Die Parteien haben im Arbeitsvertrag den gesamten TVK – in dessen jeweils geltender Fassung – in Bezug genommen und keine Ausnahmen für bestimmte Tarifregelungen, insbesondere für nur noch nachwirkende Regelungen, vorgesehen. Sie haben zudem diese Bezugnahme des TVK beim Abschluss des Arbeitsvertrages am 15. September 2005 vereinbart, also zu einem Zeitpunkt, als bereits Teile dieses Tarifvertrages gekündigt waren. Eine Einschränkung der vereinbarten Bezugnahme auf die ungekündigten Teile des Tarifvertrages lässt sich dem Wortlaut der Klausel nicht einmal in Ansätzen entnehmen. |
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| cc) Die Tarifvertragsparteien haben eine Nachwirkung der §§ 21, 24 TVK nicht ausgeschlossen. |
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| (1) Nach § 4 Abs. 5 TVG gelten nach Ablauf eines Tarifvertrages dessen Rechtsnormen unmittelbar weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden. Die Tarifvertragsparteien können die Nachwirkung jedoch wirksam ausschließen (vgl. BAG 11. Januar 2011 – 1 AZR 310/09 – Rn. 14; 16. August 1990 – 8 AZR 439/89 – BAGE 65, 359; 18. September 1974 – 4 AZR 536/73 -; 8. Mai 1974 – 4 AZR 288/73 -). Der Ausschluss kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (BAG 16. Mai 2012 – 4 AZR 366/10 – Rn. 33; 8. Oktober 1997 – 4 AZR 87/96 – BAGE 86, 366). |
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| (2) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich ein Ausschluss der Nachwirkung der §§ 21, 24 TVK nicht aus § 59 Abs. 2 TVK. |
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| (a) In § 59 TVK – Inkrafttreten und Laufzeit – heißt es: |
| „(1) Dieser Tarifvertrag tritt am 1. Januar 1972 in Kraft. Er kann mit einer Frist von sechs Monaten zum 31. Dezember eines jeden Jahres schriftlich gekündigt werden. Abweichend von Satz 2 können die §§ 15, 21, 23, 26 und 36 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 2 mit einer Frist von drei Kalendermonaten zum Ende eines Kalendermonats schriftlich gekündigt werden. |
| | (2) Darüber hinaus können § 3 Abs. 3, die Protokollnotiz zu § 3 Abs. 3, die Protokollnotiz zu § 16, die Protokollnotiz zu § 21 und die Protokollnotiz Nr. 2 zu den Absätzen 2 und 7 von § 22 mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalenderjahres insgesamt schriftlich gekündigt werden. Die Kündigung ist erstmalig möglich zum 31. Dezember 2001. Im Falle der Kündigung ist die Nachwirkung ausgeschlossen. Teilzeitarbeitsverhältnisse, die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung bereits auf der Grundlage der in diesem Absatz genannten Vorschriften abgeschlossen worden sind, bleiben unter Fortgeltung dieser Vorschriften bestehen. |
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| (b) Der Nachwirkungsausschluss in § 59 Abs. 2 Satz 3 TVK erfasst Kündigungen nach § 59 Abs. 1 TVK nicht. Die besondere Kündigungsmöglichkeit nach § 59 Abs. 1 TVK ist in dieser Tarifbestimmung abschließend geregelt und enthält keinen Ausschluss der Nachwirkung. Das ergibt sich nicht nur aus der tariflichen Systematik mit der Trennung der verschiedenen Kündigungsmöglichkeiten in den unterschiedlichen Absätzen, sondern bereits aus dem Wortlaut des § 59 Abs. 2 Satz 1 TVK („Darüber hinaus können … gekündigt werden“). Nur auf eine Kündigung der in § 59 Abs. 2 Satz 1 TVK genannten Bestimmungen beziehen sich die weiteren Regelungen in diesem Absatz und damit auch der Nachwirkungsausschluss des § 59 Abs. 2 Satz 3 TVK. |
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| b) Der geltend gemachte Ortszuschlag der Stufe 2 ergibt sich aus dem anwendbaren § 29 BAT-O iVm. §§ 21, 24 TVK. |
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| aa) § 21 TVK bestimmt die Zusammensetzung der Vergütung der Musiker, die aus drei Teilen – Grundvergütung, Ortszuschlag und Tätigkeitszulage – besteht. Die Grundvergütung (§ 23 TVK) und die Tätigkeitszulage (§ 26 TVK) gestaltet der TVK eigenständig aus. Diese Vergütungsbestandteile können nach § 59 Abs. 1 TVK sogar eigenständig – und nicht nur „im Paket“ des § 21 TVK – gekündigt werden. Für den Ortszuschlag enthält der TVK in § 24 TVK eine punktuelle Verweisung auf die jeweils maßgebenden Bestimmungen des BAT und damit zugleich auf den BAT-O, regelt aber noch selbst die Tarifklasse des Ortszuschlags nach § 24 Satz 2 TVK eigenständig in dessen Anlage 2 (Vergütungsordnung). Nach § 29 BAT-O gehören zur Stufe 2 die „verheirateten Angestellten“. |
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| Mit dieser Verweisungstechnik („Baukastensystem“) haben die Tarifvertragsparteien des TVK verschiedene Vergütungselemente unter punktueller Anleihe an ein externes Normenwerk zu einem eigenständigen, aus drei Elementen bestehenden Regelwerk miteinander verknüpft und im TVK zu einer eigenständigen Vergütungsregelung verschmolzen. Dabei haben sie für den Ortszuschlag die für die unter den BAT/BAT-O fallenden Angestellten des öffentlichen Dienstes maßgebenden Bestimmungen in das Tarifwerk TVK inkorporiert und diesen – in Anlehnung an die familienbezogene Struktur des § 29 BAT/BAT-O – zu einem Bestandteil der eigenen tariflichen Gesamtvergütung gemacht (vgl. zu diesem Aspekt BAG 10. Juni 2009 – 4 AZR 194/08 – Rn. 40). Die in § 24 TVK enthaltene Maßgabe zur Tarifklasse des Ortszuschlags aus der Vergütungsordnung (Anlage 2) und die damit nur punktuelle Inbezugnahme „fremder“ Tarifvertragsregelungen verdeutlicht die Eigenständigkeit der tariflichen Vergütungsregelung und deren Bestandteil „Ortszuschlag“. |
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| bb) Gegen die Zulässigkeit einer solchen Verweisung auf Bestimmungen eines anderen Tarifvertrages bestehen keine rechtlichen Bedenken (vgl. zu den Anforderungen BAG 22. Februar 2012 – 4 AZR 8/10 – Rn. 20 mwN; 29. August 2001 – 4 AZR 332/00 – BAGE 99, 10). |
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| cc) Damit wird im Entscheidungsfall die letzte, aktuelle Fassung des Ortszuschlags nach dem BAT-O in den § 24 TVK inkorporiert. Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es deshalb auch keiner ergänzenden Tarifauslegung vor dem Hintergrund der Tarifsukzession im öffentlichen Dienst und der Ablösung des BAT-O durch den TVöD. |
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| (1) Der TVK nimmt allein auf den Entgeltbestandteil „Ortszuschlag“ des BAT/BAT-O in seiner jeweiligen Ausgestaltung, nicht aber auf das Entgeltsystem des BAT/BAT-O in seiner Gesamtheit Bezug. Die Tarifvertragsparteien wollten durch die Verweisung eine konkrete Regelung (§ 29 BAT/BAT-O – Ortszuschlag) des BAT/BAT-O in ihr tarifliches Vergütungssystem inkorporieren. Wird der Ortszuschlag im verwiesenen Tarifvertrag nicht mehr dynamisiert oder fortgeführt, verbleibt es bei der letzten gültigen Fassung. |
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| (2) Die Formulierung in § 24 Satz 1 TVK erfasst nicht die den BAT/BAT-O ersetzenden Tarifverträge. Eine Verweisung auf solche – ersetzenden – Tarifwerke fehlt, die Verweisung ist dementsprechend nicht „inhaltsdynamisch“ ausgestaltet worden (vgl. zu diesem Aspekt für eine vertragliche Bezugnahmeklausel: BAG 10. Juni 2009 – 4 AZR 194/08 – Rn. 38). Es obliegt deshalb den Tarifvertragsparteien, ggf. für eine Nachfolgeregelung zu sorgen und die tarifliche Vergütung und deren Bestandteile ggf. anzupassen oder neu zu gestalten. |
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| (3) Darüber hinaus übersieht die Beklagte, dass die hier betroffenen Teile des TVK sich aufgrund der Kündigung zum 30. September 2005 zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des TVöD in der Nachwirkung befanden und sich deshalb die im Nachwirkungszeitraum erfolgten Änderungen der in Bezug genommenen Tarifregelungen nicht mehr auswirken konnten (vgl. BAG 10. März 2004 – 4 AZR 140/03 – zu I 1 b der Gründe mwN). |
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| dd) Im Übrigen bestätigen die Regelungen des TV Einmalzahlung das vorstehende Ergebnis. |
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| (1) § 5 TV Einmalzahlung lautet: |
| „Familienbezogene Bestandteile |
| | | | Soweit eine Erhöhung des Ortszuschlages in der Zeit bis zum 31. Oktober 2009 wegen der nach § 29 BAT zu berücksichtigenden Tatbestände nicht erfolgt ist, erhält der Musiker zur Erfüllung der entsprechenden Ansprüche eine Einmalzahlung, die der tariflichen Berücksichtigung dieser Umstände in den jeweiligen Monaten der Vergütungszahlung entspricht. Die Einmalzahlung wird spätestens im Monat Februar 2010 jeweils von dem Arbeitgeber ausgezahlt, bei dem die genannten Ansprüche jeweils begründet waren. Soweit der Musiker aus einem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, erfolgt die Zahlung auf Antrag des Musikers.“ |
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| (2) Aus dem Wortlaut dieser Tarifbestimmung wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien bei Abschluss des TV Einmalzahlung offensichtlich davon ausgegangen sind, Ansprüche auf Zahlung von Ortszuschlag einschließlich der ehe- und familienbezogenen Bestandteile könnten in Anlehnung an § 29 BAT-O trotz Kündigung des § 21 TVK im Nachwirkungszeitraum entstehen. Sie haben zur Erfüllung solcher, bisher unerfüllter Ansprüche die Form einer Einmalzahlung aus Vereinfachungsgründen gewählt. |
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| 2. Der Anspruch des Klägers ist nicht nach § 52 TVK verfallen. |
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| a) Nach § 52 TVK verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Musiker schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht eine einmalige Geltendmachung des Anspruchs aus, um die Ausschlussfrist auch für später fällig werdende Leistungen „unwirksam“ zu machen. Nach § 28 Abs. 1 TVK ist die Vergütung am Fünfzehnten eines jeden Monats für den laufenden Monat fällig. |
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| b) Der Kläger hat die Ausschlussfrist für die ab seinem Beschäftigungsbeginn im November 2005 entstandenen Ansprüche auf einen erhöhten Ortszuschlag gewahrt. Mit Schreiben vom 12. März 2006 hat er seine Ansprüche auf „Ortszuschlag für Verheiratete“ nach Art und Umfang hinreichend präzise bezeichnet und innerhalb der sechsmonatigen Ausschlussfrist geltend gemacht. |
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| 3. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB. |
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| III. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen. |
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