BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 29.4.2015, 7 AZR 310/13
Befristung – Vertretung – Rechtsmissbrauch
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg – Kammern Mannheim – vom 14. August 2012 – 14 Sa 53/12 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.
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Der Kläger wurde von der beklagten Stadt in der Zeit vom 1. November 1998 bis zum 31. August 2013 aufgrund von zehn befristeten Arbeitsverträgen als stellvertretender Leiter der Küche des städtischen Alten- und Pflegeheims beschäftigt. In der Küche waren 5,2 Vollzeitkräfte beschäftigt; andere Küchen betrieb die Beklagte nicht. Der Kläger vertrat jeweils die stellvertretende Küchenleiterin S, die in dieser Zeit infolge der Geburt von drei Kindern wegen schwangerschaftsbedingter Erkrankung, Mutterschutz, Erziehungsurlaubs bzw. Elternzeit und Sonderurlaubs ausfiel. Die Laufzeiten der mit dem Kläger abgeschlossenen befristeten Verträge entsprachen der jeweils zu prognostizierenden Arbeitsverhinderung bzw. der bewilligten Freistellung von Frau S. Der letzte Arbeitsvertrag vom 4. Mai 2011 war für die Zeit vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2013 abgeschlossen. Vor dem Abschluss dieses Arbeitsvertrags hatte die Beklagte Frau S unter Bezugnahme auf § 28 TVöD antragsgemäß Sonderurlaub zur Betreuung ihrer drei Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren für die Zeit vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2013 gewährt.
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Mit der am 1. Dezember 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 7. Dezember 2011 zugestellten Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam. Sie sei nicht durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt. Bei Abschluss des letzten befristeten Arbeitsvertrags habe die Beklagte nicht mehr mit der Rückkehr von Frau S an ihren Arbeitsplatz rechnen können. Die Befristung sei zudem rechtsmissbräuchlich. Frau S habe kein Anspruch auf Gewährung von Sonderurlaub zugestanden. Außerdem habe die Beklagte nicht geprüft, ob Frau S nach einer etwaigen Rückkehr auf einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt werden könne.
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Der Kläger hat beantragt
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht aufgrund der Befristung zum 31. August 2013 beendet ist, sondern als unbefristetes Arbeitsverhältnis über die Befristung hinaus fortbesteht,
2.
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger über den Ablauf der Befristung hinaus zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei sachlich gerechtfertigt. Sie habe davon ausgehen müssen, dass Frau S nach Ablauf des Sonderurlaubs ihre Arbeit wieder aufnehmen werde. Die Befristung sei nicht rechtsmissbräuchlich, da für den Kläger nur ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf bestanden habe.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der Befristung am 31. August 2013 geendet. Der als Hilfsantrag zu verstehende Weiterbeschäftigungsantrag fällt damit nicht zur Entscheidung an.
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I. Der als Befristungskontrollantrag auszulegende, zulässige Klageantrag zu 1. ist unbegründet.
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1. Der Antrag zu 1. ist zulässig.
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a) Der Feststellungsantrag ist als Befristungskontrollantrag nach § 17 Satz 1 TzBfG zu verstehen. Der Kläger macht geltend, die Befristung seines Arbeitsverhältnisses sei unwirksam. Aus der Datumsangabe „31. August 2013“ ergibt sich, dass der Kläger sich allein gegen die zuletzt mit Arbeitsvertrag vom 4. Mai 2011 vereinbarte Befristung zum 31. August 2013 wendet.
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Soweit der Kläger nach dem Antragswortlaut die Feststellung begehrt, dass sein Arbeitsverhältnis „als unbefristetes Arbeitsverhältnis über die Befristung hinaus fortbesteht“, handelt es sich nicht um eine allgemeine Feststellungklage iSv. § 256 ZPO, die eines besonderen Feststellungsinteresses bedürfte. Vielmehr ergibt die Auslegung des Klageantrags, dass der Kläger kein von der Befristungskontrolle getrenntes Klagebegehren verfolgt, sondern im Rahmen des Befristungskontrollantrags lediglich die Rechtsfolge klargestellt wissen will, die sich nach seiner Auffassung bei einer unwirksamen Befristung seines Arbeitsverhältnisses ergibt.
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b) Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig. Das Feststellungsinteresse für den Befristungskontrollantrag ergibt sich schon aus der Regelung in § 17 Satz 1 TzBfG, wonach die Unwirksamkeit der Befristung innerhalb einer dreiwöchigen Klagefrist durch Erhebung einer Feststellungsklage geltend zu machen ist (BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 451/11 – Rn. 10). Dem steht nicht entgegen, dass die Klage 20 Monate vor dem Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit erhoben wurde. An der alsbaldigen Klärung der Frage, ob eine Befristung wirksam ist, besteht in der Regel bereits vor dem vereinbarten Vertragsende ein rechtliches Interesse der Parteien. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich der Arbeitgeber – wie im Streitfall – auf die Wirksamkeit der Befristung beruft (vgl. BAG 23. Juni 2010 – 7 AZR 1021/08 – Rn. 12).
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2. Der Befristungskontrollantrag ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat aufgrund der Befristung am 31. August 2013 geendet. Die Befristung ist wirksam. Sie ist nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG iVm. § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt. Sie erweist sich nicht als rechtsmissbräuchlich.
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a) Die Befristung zum 31. August 2013 gilt nicht bereits nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Mit seiner am 7. Dezember 2011 erhobenen Klage hat der Kläger die Frist des § 17 Satz 1 TzBfG für die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung gewahrt. Die Klage kann schon vor dem Ablauf der vereinbarten Frist erhoben werden (BAG 23. Juni 2010 – 7 AZR 1021/08 – Rn. 12; 13. Oktober 2004 – 7 AZR 654/03 – zu I 1 der Gründe; 10. März 2004 – 7 AZR 402/03 – zu I der Gründe, BAGE 110, 38).
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b) Die Befristungsabrede im Arbeitsvertrag vom 4. Mai 2011 ist durch den Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG iVm. § 21 Abs. 1 BEEG gerechtfertigt.
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aa) Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vor, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird. Der Sachgrund der Vertretung wird durch § 21 Abs. 1 BEEG konkretisiert (vgl. zur Vorgängerregelung in § 21 BErzGG: BAG 19. Februar 2014 – 7 AZR 260/12 – Rn. 27; 12. Januar 2011 – 7 AZR 194/09 – Rn. 13). Danach liegt ein sachlicher Grund, der die Befristung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigt, ua. dann vor, wenn ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers oder einer anderen Arbeitnehmerin für die Dauer des Beschäftigungsverbots nach dem Mutterschutzgesetz, einer Elternzeit oder einer auf Tarifvertrag oder einzelvertraglicher Vereinbarung beruhenden Arbeitsfreistellung zur Betreuung eines Kindes eingestellt wird.
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Der Grund für die Befristung liegt in Vertretungsfällen darin, dass der Arbeitgeber bereits zu einem vorübergehend ausfallenden Mitarbeiter in einem Rechtsverhältnis steht und mit der Rückkehr dieses Mitarbeiters rechnet. Damit besteht für die Wahrnehmung der an sich dem ausfallenden Mitarbeiter obliegenden Arbeitsaufgaben durch eine Vertretungskraft von vornherein nur ein zeitlich begrenztes Bedürfnis. Teil des Sachgrunds ist daher eine Prognose des Arbeitgebers über den voraussichtlichen Wegfall des Vertretungsbedarfs durch die Rückkehr des zu vertretenden Mitarbeiters. Der Sachgrund der Vertretung setzt des Weiteren einen Kausalzusammenhang zwischen dem zeitweiligen Ausfall des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters voraus. Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers muss wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgen, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Mitarbeiters entsteht. Es muss sich deshalb aus den Umständen bei Vertragsschluss ergeben, dass der Bedarf für die Beschäftigung des Vertreters auf die Abwesenheit des zeitweilig ausfallenden Arbeitnehmers zurückzuführen ist. Die Anforderungen an den Kausalzusammenhang und seine Darlegung durch den Arbeitgeber richten sich dabei nach der Form der Vertretung. Geht es um eine unmittelbare Vertretung, hat der Arbeitgeber darzulegen, dass der Vertreter nach dem Arbeitsvertrag Aufgaben wahrzunehmen hat, die zuvor dem vorübergehend abwesenden Arbeitnehmer übertragen waren (vgl. BAG 10. Oktober 2012 – 7 AZR 462/11 – Rn. 15 ff.). Unerheblich ist es, ob im Zeitpunkt des Ablaufs des befristeten Vertrags eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitspatz für den Vertreter besteht (vgl. BAG 19. Februar 2014 – 7 AZR 260/12 – Rn. 30).
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bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die im Arbeitsvertrag vom 4. Mai 2011 vereinbarte Befristung durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt.
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(1) Der Kläger wurde zur Vertretung der Frau S für die Dauer ihres Sonderurlaubs eingestellt und vertrat sie unmittelbar. Bei diesem Sonderurlaub handelte es sich um eine Arbeitsfreistellung zur Kinderbetreuung iSv. § 21 Abs. 1 BEEG. Der Sonderurlaub wurde Frau S zur Betreuung ihrer drei minderjährigen Kinder gewährt. Es kommt zur Rechtfertigung der mit dem Kläger vereinbarten Befristung nicht darauf an, ob Frau S ein Anspruch auf Gewährung von Sonderurlaub nach § 28 TVöD zustand. Wäre das nicht der Fall gewesen, hätte die Arbeitsfreistellung auf einer einzelvertraglichen Vereinbarung beruht. Diese kann nach § 21 Abs. 1 BEEG die Befristung des Arbeitsvertrags mit einer Vertretungskraft ebenso rechtfertigen wie eine auf Tarifvertrag beruhende Arbeitsfreistellung.
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(2) Die Beklagte durfte bei Abschluss des Arbeitsvertrags am 4. Mai 2011 davon ausgehen, dass Frau S am 1. September 2013 ihre Tätigkeit als stellvertretende Küchenleiterin wieder aufnehmen werde.
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(a) Entsteht der Vertretungsbedarf durch Krankheit, Urlaub oder Freistellung, kann der Arbeitgeber nach der ständigen Rechtsprechung des Senats regelmäßig damit rechnen, dass der Vertretene seine arbeitsvertraglichen Pflichten künftig wieder erfüllen wird. Die Stammkraft hat einen arbeitsvertraglichen Anspruch darauf, nach Wegfall des Verhinderungsgrunds die vertraglich vereinbarte Tätigkeit wieder aufzunehmen. Der Arbeitgeber muss daher davon ausgehen, dass der Vertretene diesen Anspruch nach Beendigung der Krankheit, Beurlaubung oder Freistellung geltend machen wird. Besondere Ausführungen dazu, dass mit der Rückkehr des Vertretenen zu rechnen ist, sind in diesen Fällen regelmäßig nicht veranlasst. Nur wenn der Arbeitgeber aufgrund ihm vorliegender Informationen erhebliche Zweifel daran haben muss, dass der zu vertretende Arbeitnehmer überhaupt wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird, kann dies dafür sprechen, dass der Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben ist. Dann kann die Befristung unwirksam sein. Dies setzt in der Regel voraus, dass der zu vertretende Arbeitnehmer dem Arbeitgeber bereits vor dem Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags mit dem Vertreter verbindlich erklärt hat, er werde die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Ansonsten darf und muss der Arbeitgeber mit dessen Rückkehr an den Arbeitsplatz rechnen (BAG 11. Februar 2015 – 7 AZR 113/13 – Rn. 16; 16. Januar 2013 – 7 AZR 661/11 – Rn. 21, BAGE 144, 193; 25. März 2009 – 7 AZR 34/08 – Rn. 12; 2. Juli 2003 – 7 AZR 529/02 – zu I 2 a der Gründe, BAGE 107, 18). Dies gilt auch dann, wenn der Vertreter bereits längere Zeit auf der Grundlage befristeter Arbeitsverträge zur Vertretung desselben Arbeitnehmers beschäftigt wurde. Die Anforderungen an die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses anzustellende Prognose sind nicht mit zunehmender Anzahl einzelner befristeter Verträge zu verschärfen (ausf. BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 783/10 – Rn. 16 ff.).
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(b) Danach durfte und musste die Beklagte bei Vereinbarung der Befristung davon ausgehen, dass Frau S nach Beendigung des Sonderurlaubs am 31. August 2013 an ihren Arbeitsplatz zurückkehren werde. Frau S hatte nicht verbindlich erklärt, die Arbeit nicht wieder aufzunehmen. Sie hatte vielmehr mit dem erneuten Antrag auf Bewilligung von Sonderurlaub ihr Interesse an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bekundet. Der Rückkehrprognose standen weder die Dauer der Abwesenheit der Frau S noch ihre wiederholte Inanspruchnahme von Sonderurlaub entgegen, zumal der Betreuungsbedarf der Kinder mit deren Heranwachsen abnimmt.
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c) Die streitgegenständliche Befristung ist auch nicht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam.
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aa) Die Gerichte dürfen sich bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrunds beschränken (BAG 12. November 2014 – 7 AZR 891/12 – Rn. 27). Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen (EuGH 26. Januar 2012 – C-586/10 – [Kücük] Rn. 40). Diese zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen (grundlegend BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 38, BAGE 142, 308 und – 7 AZR 783/10 – Rn. 33).
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(1) Die Prüfung, ob der Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgegriffen hat, verlangt eine Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. EuGH 26. Januar 2012 – C-586/10 – [Kücük] Rn. 40, 43, 51, 55; BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 40, BAGE 142, 308). Von besonderer Bedeutung sind die Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie die Anzahl der Vertragsverlängerungen. Ferner ist der Umstand zu berücksichtigen, ob der Arbeitnehmer stets auf demselben Arbeitsplatz mit denselben Aufgaben beschäftigt wurde oder ob es sich um wechselnde, ganz unterschiedliche Aufgaben handelt. Bei zunehmender Anzahl befristeter Verträge und Dauer der befristeten Beschäftigung eines Arbeitnehmers kann es eine missbräuchliche Ausnutzung der dem Arbeitgeber an sich rechtlich eröffneten Befristungsmöglichkeit darstellen, wenn er gegenüber einem bereits langjährig beschäftigten Arbeitnehmer trotz der tatsächlich vorhandenen Möglichkeit einer dauerhaften Einstellung immer wieder auf befristete Verträge zurückgreift (BAG 19. Februar 2014 – 7 AZR 260/12 – Rn. 36 mwN). Zu berücksichtigen ist außerdem, ob die Laufzeit der Verträge zeitlich hinter dem prognostizierten Vertretungsbedarf zurückbleibt (BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 46, aaO). Bei der Gesamtwürdigung können daneben weitere Gesichtspunkte eine Rolle spielen. Zu denken ist dabei insbesondere an die Zahl und Dauer von Unterbrechungen zwischen den befristeten Verträgen (BAG 10. Juli 2013 – 7 AZR 761/11 – Rn. 27) sowie an branchenspezifische Besonderheiten, etwa bei Saisonbetrieben. Auch können bei der Gesamtbeurteilung grundrechtlich gewährleistete Freiheiten von Bedeutung sein (BAG 24. September 2014 – 7 AZR 987/12 – Rn. 38; 19. Februar 2014 – 7 AZR 260/12 – Rn. 36).
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(2) Zur Bestimmung der Schwelle einer rechtsmissbräuchlichen Gestaltung von Sachgrundbefristungen kann an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG angeknüpft werden. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Zumindest regelmäßig besteht hiernach bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrunds kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Werden diese Grenzen jedoch alternativ oder insbesondere kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, in deren Rahmen es Sache des Arbeitnehmers ist, noch weitere für einen Missbrauch sprechende Umstände vorzutragen. Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder insbesondere kumulativ in gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber regelmäßig die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften. Der Senat hat bei einer Dauer von insgesamt sieben Jahren und neun Monaten bei vier befristeten Arbeitsverträgen sowie keinen weiteren – vom Arbeitnehmer vorzutragenden – Umständen keine Anhaltspunkte für einen Missbrauch gesehen (BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 783/10 -), während er bei einer Gesamtdauer von mehr als elf Jahren und einer Anzahl von 13 Befristungen sowie einer gleichbleibenden Beschäftigung zur Deckung eines ständigen Vertretungsbedarfs davon ausgegangen ist, die rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit der Befristung sei indiziert, könne aber vom Arbeitgeber noch widerlegt werden (BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 49, BAGE 142, 308).
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bb) Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen, dass sich die Befristung nicht als rechtsmissbräuchlich erweist. Die missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung ist zwar aufgrund der Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses von fast 15 Jahren und der Anzahl von zehn befristeten Verträgen indiziert. Die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bestimmte Höchstdauer von zwei Jahren wurde hierdurch in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, die Anzahl der Vertragsverlängerungen übersteigt die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannte Grenze erheblich. Aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls ist die Annahme des Gestaltungsmissbrauchs jedoch widerlegt. Für die Beschäftigung des Klägers bestand zu keinem Zeitpunkt ein dauerhafter Bedarf.
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Der Kläger wurde ausschließlich zur Vertretung der stellvertretenden Küchenleiterin S eingestellt und vertrat diese unmittelbar. Allein der Ausfall dieser Stammkraft begründete einen befristeten Beschäftigungsbedarf für die Dauer der Inanspruchnahme von Mutterschutz, Erziehungsurlaub bzw. Elternzeit und Sonderurlaub auf deren Arbeitsplatz als stellvertretende Küchenleiterin. Die Beklagte betrieb nur eine Küche, in der sie 5,2 Vollzeitkräfte beschäftigte. Sie verfügte damit nicht über weitere Stellen für stellvertretende Küchenleiter. Ein ständiger und dauerhafter Vertretungsbedarf für stellvertretende Küchenleiter bestand daher nicht. Der Vertretungsbedarf existierte nur für die Zeit, in der Frau S verhindert war, den einzigen bei der Beklagten vorhandenen Arbeitsplatz als stellvertretende Küchenleiterin einzunehmen. Entgegen der Ansicht des Klägers war die Beklagte nicht verpflichtet, die dauerhafte Beschäftigung des Klägers als stellvertretender Küchenleiter durch Versetzung der Frau S zu ermöglichen. Eine Pflicht zur Versetzung der Stammkraft besteht nicht. Andernfalls müsste der Arbeitgeber eine andere Stelle für die Stammkraft freihalten und könnte daher auf dieser Stelle Arbeitnehmer nur befristet beschäftigen, oder er müsste eine zusätzliche Stelle schaffen, auf der die Stammkraft beschäftigt werden könnte. Hierzu ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet.
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Da stets nur eine befristete Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger bestand, entsprach die Verlängerung der befristeten Arbeitsverträge dem tatsächlichen Bedarf der Beklagten. Die Verlängerung der befristeten Arbeitsverträge war zur Deckung dieses zeitlich begrenzten Beschäftigungsbedarfs erforderlich. Das steht der Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs entgegen (vgl. EuGH 26. Januar 2012 – C-586/10 – [Kücük] Rn. 34; 3. Juli 2014 – C-362/13 ua. – [Fiamingo ua.] Rn. 71; BAG 18. Juli 2012 – 7 AZR 443/09 – Rn. 45, BAGE 142, 308). Der bloße Umstand, dass der Arbeitgeber gezwungen ist, wiederholt oder sogar dauerhaft auf befristete Arbeitsverträge zurückzugreifen, begründet noch nicht das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs (EuGH 26. Januar 2012 – C-586/10 – [Kücük] Rn. 50). Das gilt vor allem auch dann, wenn die Befristung – wie hier – auf § 21 Abs. 1 BEEG beruht. Diese Regelung dient dem sozialpolitischen Ziel, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. Sie stellt in Konkretisierung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG klar, dass der Arbeitgeber Ausfallzeiten, die durch Mutterschutz, Elternzeit und Sonderurlaub zur Kinderbetreuung bedingt sind, durch die befristete Einstellung einer Vertretungskraft überbrücken kann. Das kann – insbesondere bei der Betreuung mehrerer Kinder – zu längeren Vertretungszeiten führen.
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Auch aus der hohen Anzahl der befristeten Verträge ergibt sich kein Gestaltungsmissbrauch. Diese beruht darauf, dass Frau S wegen der Geburt von drei Kindern mehrfach Mutterschutz, Erziehungsurlaub und Elternzeit sowie im Anschluss daran Sonderurlaub in Anspruch genommen hat. Die Arbeitsverträge mit dem Kläger wurden jeweils anlässlich des Mutterschutzes, des Erziehungsurlaubs und der Elternzeit sowie des Sonderurlaubs geschlossen. Ihre Laufzeit entsprach jeweils der Dauer der Verhinderung.
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II. Der Antrag des Klägers auf Weiterbeschäftigung fällt nicht zur Entscheidung an. Dieser Antrag ist ersichtlich als uneigentlicher Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem Befristungskontrollantrag gestellt. Diese innerprozessuale Bedingung ist nicht eingetreten.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Gräfl
Kiel
M. Rennpferdt
Busch
Donath