BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 29.4.2015, 7 AZR 123/13
Betriebsratsmitglied – Vergütungsfortzahlung für die Dauer erforderlicher Betriebsratstätigkeit – umsatzabhängiger Jahresbonus – Ermittlung des hypothetischen Bonus
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts München vom 16. Januar 2013 – 11 Sa 858/12 – im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe von 9.405,72 Euro nebst Zinsen abgewiesen wurde.
Die Sache wird insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über einen umsatzabhängigen Bonus für das Fiskaljahr 2011.
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Der Kläger ist bei der Beklagten als Vertriebsmitarbeiter beschäftigt und im Segment Enterprise & Partner Group (EPG) eingesetzt. Zu seiner Vergütung, die sich nach dem Compensation Plan S 7 richtet, gehört ein sogenannter RBI-Bonus (Revenue Based Incentive), der einmal jährlich gezahlt wird und sich aus der Zielvergütung und dem Grad der Erreichung des vereinbarten Umsatzziels errechnet.
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Der Kläger ist Vorsitzender des Betriebsrats am Standort W. Im Fiskaljahr 2011 (1. Juli 2010 bis 30. Juni 2011) wandte er durchschnittlich 25,5 % seiner Arbeitszeit für Betriebsratstätigkeit auf. Die Beklagte zahlte an den Kläger für das Fiskaljahr 2011 einen RBI-Bonus in Höhe von insgesamt 97.229,28 Euro brutto. Dieser Betrag setzt sich nach der Berechnung der Beklagten aus einem Teilbetrag in Höhe von 82.618,15 Euro brutto für den Anteil an der Gesamtarbeitszeit, den der Kläger für seine Arbeitstätigkeit aufgewandt hatte, und einem Teilbetrag in Höhe von 14.611,13 Euro brutto für den Anteil an der Gesamtarbeitszeit, der auf Betriebsratstätigkeit entfallen war, zusammen. Bei der Berechnung des auf die Arbeitsleistung bezogenen Teilbetrags ging die Beklagte von einem Zielerreichungsgrad des Klägers von 179 % aus. Zur Berechnung dieses Zielerreichungsgrads reduzierte die Beklagte das mit dem Kläger vereinbarte Umsatzziel um 25,5 %. Bei der Berechnung des auf die Betriebsratstätigkeit bezogenen Teilbetrags ging die Beklagte von einem Zielerreichungsgrad von 120,4 % aus. Dabei handelt es sich um den durchschnittlichen Zielerreichungsgrad der nach dem Compensation Plan S 7 zu vergütenden Arbeitnehmer des Segments EPG im Fiskaljahr 2011. Bei Zugrundelegung eines Zielerreichungsgrads von 179 % auch für diesen Teilbetrag hätte sich ein um 9.405,72 Euro höherer RBI-Bonus errechnet.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der Berechnung des RBI-Bonus sei insgesamt der Zielerreichungsgrad von 179 % zugrunde zu legen. Das ergebe sich aus dem Lohnausfallprinzip. Er hätte diesen Zielerreichungsgrad ohne Arbeitsbefreiung zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben im Fiskaljahr 2011 erreicht. Die Berechnung des Bonus unter Rückgriff auf eine Vergleichsgruppe benachteilige ihn wegen seiner Betriebsratstätigkeit.
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Der Kläger hat – soweit für die Revision von Belang – beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 9.405,72 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab dem 22. September 2011 zu bezahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, sie habe bei der Berechnung des auf die Betriebsratsarbeit entfallenden Bonusanteils auf den Zielerreichungsgrad vergleichbarer Arbeitnehmer abstellen dürfen, da nicht ermittelbar sei, welchen Zielerreichungsgrad der Kläger erreicht hätte, wenn er nicht zur Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben von seiner beruflichen Tätigkeit befreit gewesen wäre, sondern in dieser Zeit gearbeitet hätte. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger einen Zielerreichungsgrad von 179 % erreicht hätte, da der Umsatz – unstreitig – nicht nur von der Arbeitsleistung, sondern von zahlreichen weiteren Faktoren abhänge und deshalb keine Proportionalität zwischen Zeitaufwand und Umsatz bestehe.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, soweit der Kläger die Zahlung eines restlichen RBI-Bonus in Höhe von 9.405,72 Euro brutto nebst Zinsen begehrt hat. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers insoweit zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte die auf Zahlung des restlichen RBI-Bonus gerichtete Klage nicht abgewiesen werden. Auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob die Klage begründet ist. Das führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, soweit das Landesarbeitsgericht über den auf Zahlung des restlichen RBI-Bonus gerichteten Klageantrag entschieden hat.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat den Klageantrag mit der Begründung abgewiesen, die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des RBI-Bonus entspreche § 37 Abs. 2 BetrVG. Diese Würdigung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
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1. Nach § 37 Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
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a) § 37 Abs. 2 BetrVG begründet keinen eigenständigen Vergütungsanspruch, sondern sichert den Entgeltanspruch des Betriebsratsmitglieds aus § 611 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag sowie dem ggf. anzuwendenden Tarifvertrag, indem er dem Arbeitgeber den Einwand des nicht erfüllten Vertrags nimmt (BAG 8. September 2010 – 7 AZR 513/09 – Rn. 18). Das Verbot der Entgeltminderung soll die Bereitschaft des Arbeitnehmers zur Übernahme eines Betriebsratsamts fördern, indem es ihm die Befürchtung nimmt, Einkommenseinbußen durch die Wahrnehmung eines Ehrenamts zu erleiden. Diese Vorschrift, die für alle Betriebsratsmitglieder unabhängig von einer etwaigen Freistellung nach § 38 BetrVG gilt (BAG 18. Februar 2014 – 3 AZR 568/12 – Rn. 26; 18. September 1991 – 7 AZR 41/90 – zu I der Gründe, BAGE 68, 292), konkretisiert hinsichtlich der Vergütung das allgemeine Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG (BAG 28. Juni 1995 – 7 AZR 1001/94 – zu III 2 der Gründe, BAGE 80, 230).
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b) Das Verbot der Minderung des Arbeitsentgelts bedeutet, dass dem Betriebsratsmitglied das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen ist, das es verdient hätte, wenn es keine Betriebsratstätigkeit geleistet, sondern gearbeitet hätte (vgl. BAG 28. Juni 1995 – 7 AZR 1001/94 – zu III 1 der Gründe, BAGE 80, 230; 31. Juli 1986 – 6 AZR 298/84 – zu 3 a der Gründe). Zum Arbeitsentgelt iSv. § 37 Abs. 2 BetrVG gehören alle Vergütungsbestandteile, nicht dagegen Aufwendungsersatz (BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 514/03 – zu 1 a der Gründe; 5. April 2000 – 7 AZR 213/99 – zu 1 der Gründe; 16. August 1995 – 7 AZR 103/95 – zu 1 a und b der Gründe; 13. Juli 1994 – 7 AZR 477/93 – zu 1 b der Gründe, BAGE 77, 195).
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Das Arbeitsentgelt ist nach dem Lohnausfallprinzip fortzuzahlen (BAG 23. Juni 2004 – 7 AZR 514/03 – zu 1 a der Gründe; 16. August 1995 – 7 AZR 103/95 – zu 1 a der Gründe; 13. Juli 1994 – 7 AZR 477/93 – zu 1 b der Gründe, BAGE 77, 195). Die Berechnung der geschuldeten Vergütung nach dem Lohnausfallprinzip erfordert eine hypothetische Betrachtung, welches Arbeitsentgelt das Betriebsratsmitglied ohne die Arbeitsbefreiung verdient hätte. Zur Berechnung der hypothetischen Vergütung ist die Methode zu wählen, die dem Lohnausfallprinzip am besten gerecht wird (BAG 22. Oktober 1980 – 5 AZR 438/78 – zu II 3 der Gründe). Dabei sind die Besonderheiten des jeweiligen Vergütungsbestandteils zu berücksichtigen. Gegebenenfalls ist bei schwankenden Bezügen eine Schätzung nach den Grundsätzen des § 287 Abs. 2 ZPO vorzunehmen (vgl. BAG 5. Juni 1985 – 5 AZR 459/83 – zu I 1 c der Gründe).
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2. Danach hält die Begründung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht erkannt, dass der RBI-Bonus zu der nach § 37 Abs. 2 BetrVG fortzuzahlenden Vergütung gehört und dass die Berechnung nach dem Lohnausfallprinzip vorzunehmen ist. Es hat aber rechtsfehlerhaft angenommen, die von der Beklagten vorgenommene Berechnung des RBI-Bonus entspreche dem Lohnausfallprinzip.
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a) Das Landesarbeitsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der RBI-Bonus zu der nach § 37 Abs. 2 BetrVG fortzuzahlenden Vergütung gehört. Der RBI-Bonus richtet sich nach dem Grad der Erreichung des vereinbarten Umsatzziels. Da der erzielte Umsatz auch von der Arbeitsleistung abhängt, stellt der RBI-Bonus eine (zusätzliche) Gegenleistung für die geleistete Arbeit dar. Dem steht nicht entgegen, dass zwischen Zeitaufwand und Umsatzhöhe keine Proportionalität besteht (vgl. zur Umsatzprovision BAG 5. Juni 1985 – 5 AZR 459/83 – zu I 1 c der Gründe).
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b) Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass für die Berechnung des RBI-Bonus das Lohnausfallprinzip maßgebend ist. Die Regelung des § 37 Abs. 4 BetrVG findet insoweit keine Anwendung. Nach § 37 Abs. 4 Satz 1 und Satz 2 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Betriebsratsmitgliedern nicht geringer bemessen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Diese Vorschrift betrifft einen anderen Sachverhalt als § 37 Abs. 2 BetrVG. Während § 37 Abs. 2 BetrVG die Fortzahlung des – vereinbarten – Arbeitsentgelts für die Dauer der Arbeitsbefreiung zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben regelt, gewährt § 37 Abs. 4 BetrVG einem Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf Erhöhung seines Entgelts in dem Umfang, in dem das Entgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung steigt (vgl. BAG 16. Januar 2008 – 7 AZR 887/06 – Rn. 15; 19. Januar 2005 – 7 AZR 208/04 – zu I 2 a der Gründe). Im Streitfall geht es um die Berechnung des mit dem Kläger vereinbarten RBI-Bonus und nicht um eine Anpassung seiner Vergütung an die Vergütungsentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer.
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c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die von der Beklagten gewählte Methode zur Berechnung des RBI-Bonus werde dem Lohnausfallprinzip gerecht, hält jedoch einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
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aa) Nach der Berechnungsmethode der Beklagten setzt sich der dem Kläger gewährte RBI-Bonus aus zwei Teilbeträgen zusammen. Ein Teilbetrag wurde für den Anteil an der Gesamtarbeitszeit errechnet, den der Kläger für Arbeitstätigkeit aufgewandt hat, ein weiterer Teilbetrag wurde für den Anteil an der Gesamtarbeitszeit ermittelt, der auf die Betriebsratstätigkeit entfallen ist.
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bb) Diese Berechnungsmethode entspricht nicht dem Lohnausfallprinzip. Sie lässt unberücksichtigt, dass es sich bei dem RBI-Bonus um einen einheitlichen, auf das Fiskaljahr bezogenen Entgeltbestandteil handelt, der einheitlich zu ermitteln ist. Der Bezugszeitraum des streitgegenständlichen RBI-Bonus ist das Fiskaljahr 2011. Daher ist der Berechnung des RBI-Bonus der Zielerreichungsgrad zugrunde zu legen, den der Kläger hypothetisch im Fiskaljahr 2011 ohne die Arbeitsbefreiung zur Wahrnehmung von Betriebsratsaufgaben erreicht hätte. Dieser hypothetische Zielerreichungsgrad ergibt sich nicht aus der von der Beklagten vorgenommenen Aufteilung in den auf die Arbeitsleistung und den auf die Betriebsratstätigkeit entfallenden Anteil. Bei der Berechnung des auf die Arbeitstätigkeit entfallenden Bonusanteils hat die Beklagte das für eine Vollzeittätigkeit vereinbarte Umsatzziel im Umfang des auf die Betriebsratstätigkeit entfallenden Zeitanteils reduziert. Dabei bleibt unberücksichtigt, dass die Erreichung des Umsatzziels nicht nur vom Umfang der Arbeitsleistung, sondern auch von anderen Faktoren abhängig ist. Zur Berechnung des auf die Betriebsratstätigkeit entfallenden Bonusanteils hat die Beklagte ausschließlich den durchschnittlichen Zielerreichungsgrad der Vergleichsgruppe herangezogen. Dabei bleibt außer Betracht, dass die Höhe des erzielten Umsatzes auch von der persönlichen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers abhängt. Die Berechnungsmethode der Beklagten berücksichtigt daher nicht, dass der Kläger während des Fiskaljahrs 2011 durchgängig sowohl Arbeitsleistungen erbracht als auch Betriebsratsaufgaben wahrgenommen hat und dass die Erfüllung des Zielerreichungsgrads nicht nur von der Arbeitsleistung, sondern auch von anderen Faktoren bestimmt wird. Die Berechnungsmethode der Beklagten orientiert sich deshalb nicht ausreichend an den für die Umsatzerzielung maßgebenden Umständen und kann deshalb zur Ermittlung des hypothetischen Zielerreichungsgrads nicht herangezogen werden.
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II. Der Rechtsfehler führt hinsichtlich der Abweisung der auf Zahlung des restlichen RBI-Bonus gerichteten Klage zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Der Senat kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht abschließend entscheiden, ob der Kläger die begehrte restliche Bonuszahlung beanspruchen kann. Das Landesarbeitsgericht hat nicht festgestellt, welchen Zielerreichungsgrad der Kläger im Fiskaljahr 2011 ohne Arbeitsbefreiung zur Wahrnehmung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben erreicht hätte und welcher RBI-Bonus sich bei Berücksichtigung dieses Zielerreichungsgrads errechnet.
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1. Das Landesarbeitsgericht wird festzustellen haben, welchen Zielerreichungsgrad der Kläger im Fiskaljahr 2011 erreicht hätte, wenn er nicht zur Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeit zu 25,5 % seiner Gesamtarbeitszeit von der beruflichen Tätigkeit befreit gewesen wäre.
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a) Da es um die Feststellung eines hypothetischen Sachverhalts geht, kann diese Feststellung in der Regel nur aufgrund von Hilfstatsachen, die in Verbindung mit Erfahrungsregeln einen indiziellen Schluss auf einen bestimmten Geschehensablauf zulassen, getroffen werden (vgl. BAG 3. Dezember 1997 – 7 AZR 490/93 – zu I 2 und 3 der Gründe; 29. Juni 1988 – 7 AZR 651/87 – zu II der Gründe). Nach der Feststellung entsprechender Hilfstatsachen kann das Landesarbeitsgericht ggf. nach § 287 Abs. 2 ZPO unter Berücksichtigung aller Umstände eine Schätzung vornehmen.
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b) Für die Ermittlung des hypothetischen Zielerreichungsgrads des Klägers im Fiskaljahr 2011 könnten verschiedene noch festzustellende Hilfstatsachen von Bedeutung sein.
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aa) Das gilt zunächst für den Zielerreichungsgrad, den der Kläger im Fiskaljahr 2011 auf der Grundlage des vereinbarten – nicht um 25,5 % reduzierten – Umsatzziels tatsächlich erreicht hat. Dieser Zielerreichungsgrad ist der Berechnung des Bonus mindestens zugrunde zu legen.
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bb) Für die Annahme, der Kläger hätte ohne die Arbeitsbefreiung einen höheren als den tatsächlich erreichten Umsatz und damit einen höheren Zielerreichungsgrad erzielt, spricht der Umstand, dass der Umsatz und damit der Zielerreichungsgrad auch von dem Umfang der Arbeitsleistung des Klägers abhängt. Damit steht allerdings weder fest, dass der Kläger im Fiskaljahr 2011 ohne die Arbeitsbefreiung einen höheren Umsatz erreicht hätte, noch kann daraus geschlossen werden, dass der Kläger einen Zielerreichungsgrad von 179 % erreicht hätte. Einer solchen Annahme steht entgegen, dass der Umsatz nicht nur von der Arbeitsleistung, sondern auch von anderen Faktoren abhängt. Ob überhaupt ein zusätzlicher Umsatz möglich gewesen wäre und, wenn ja, welcher zusätzliche Umsatz im Fiskaljahr 2011 zu erwarten gewesen wäre, wenn der Kläger keine Betriebsratsaufgaben wahrgenommen, sondern stattdessen gearbeitet hätte, könnte sich aus konkreten, von den Parteien vorzutragenden, für den Umsatz maßgeblichen Umständen wie zB aus der Kundenstruktur, Vertragslaufzeiten, Vertragsverhandlungen etc. ergeben. Ggf. könnte von den Parteien dargelegt werden, welche weiteren Geschäfte der Kläger im Bezugszeitraum ohne die Betriebsratstätigkeit hätte abschließen können oder ob aufgrund der Gegebenheiten im Verkaufsgebiet keine weiteren Umsätze zu erwarten gewesen wären.
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cc) Ein Indiz für die hypothetische Zielerreichung des Klägers könnte sich auch aus einem Vergleich des vom Kläger in den Jahren vor der Übernahme des Betriebsratsamts durchschnittlich erfüllten Zielerreichungsgrads und des durchschnittlichen Zielerreichungsgrads der Vergleichsgruppe in dieser Zeit ergeben. Wäre der Zielerreichungsgrad des Klägers in der Vergangenheit höher gewesen als derjenige der Vergleichsgruppe, könnte dies ein Indiz dafür sein, dass der Kläger auch im Fiskaljahr 2011 einen entsprechend höheren Zielerreichungsgrad als die Vergleichsgruppe und damit einen höheren Wert als 120,4 % erreicht hätte.
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dd) Schließlich könnte als weiterer Gesichtspunkt für die Feststellung des hypothetischen Zielerreichungsgrads auch der vom Landesarbeitsgericht Berlin (28. Juni 1996 – 6 Sa 37/96 -) gewählte Weg in Betracht kommen. Das Landesarbeitsgericht Berlin hat zur Ermittlung der hypothetischen Zielerreichung aufgrund einer Schätzung angenommen, nur der Teil des Umsatzes beruhe auf der Tätigkeit des Betriebsratsmitglieds, der dem Verhältnis der Personalkosten des Vertriebs zu den Gesamtvertriebskosten entspreche (zustimmend Gaul BB 1998, 101; Fitting 27. Aufl. § 37 Rn. 64; DKKW-Wedde 14. Aufl. § 37 Rn. 51).
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ee) Von weiteren Hinweisen zur möglichen Ermittlung des hypothetischen Zielerreichungsgrads wird abgesehen.
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2. Das Landesarbeitsgericht wird des Weiteren festzustellen haben, welcher Bonusanspruch sich unter Berücksichtigung des von ihm festgestellten hypothetischen Zielerreichungsgrads errechnet.
Gräfl
Kiel
M. Rennpferdt
Busch
Donath