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BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 24.8.2011, 4 AZR 565/09

eingetragen von Thilo Schwirtz am Januar 9th, 2012

Eingruppierung als Oberarzt nach dem TV-Ärzte/VKA – medizinische Verantwortung für einen Teilbereich – Unterstellung von anderem medizinischen Personal als von Fachärzten

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 9. Juni 2009 – 12 Sa 263/08 – aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

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Die Parteien streiten über die Eingruppierung der Klägerin als Oberärztin nach der Entgeltgruppe III(Oberärztin/Oberarzt) des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17. August 2006 (TV-Ärzte/VKA).
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Die Klägerin, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, ist seit dem 15. November 2001 in einer Klinik des Beklagten in H, einem Institut für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, als Ärztin beschäftigt. In der Klinik bestehen vier Bereiche, davon drei Stationen und der Bereich der Tageskliniken. Innerhalb dieses Bereichs bestehen vier Tageskliniken, die sich in H, R, S sowie in B befinden. Die Klägerin ist in der letztgenannten Klinik tätig, bei der es sich um eine teilstationäre Einrichtung handelt. Dort sind insgesamt etwa zwölf Arbeitnehmer beschäftigt, darunter zwei Lehrer, zwei Pädagogen, ein Psychologe mit Bachelor-Abschluss, eine Psychotherapeutin in Ausbildung sowie ein approbierter Psychotherapeut. Für den Bereich der Tageskliniken ist Frau Dr. S als Oberärztin zuständig, die die Tageskliniken einmal monatlich besuchen soll.
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Bereits mit Schreiben vom 19. August 2003 teilte der Beklagte der Klägerin ua. mit:
„nach Abschluss des Auswahlverfahrens freuen wir uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie die Ärztliche Leitung der Tagesklinik B übertragen bekommen.
Die Dienstaufnahme in B erfolgt mit Inbetriebnahme der Tagesklinik, voraussichtlich im November 2004.“
4
Die Klägerin leitet die Tagesklinik seit dem 1. November 2004 und trägt den Titel „Oberärztin“. In der für sie maßgebenden „Stellenbeschreibung Fachärztlich-therapeutische Leitung und stellvertretende Therapeutische Leitung der Tageskliniken“ heißt es ua.:
„Die therapeutische Leitung der Tageskliniken liegt bei den jeweils zuständigen Fachärztinnen für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, die Stellvertretende Therapeutische Leitung für alle nicht spezifisch ärztlich-medizinischen Aufgabenfelder liegt durch Delegation durch den jeweiligen bereichsleitenden Arzt/Ärztlicher Direktor bei den jeweils zuständigen Diplom-Psychologen/Psychologischen Psychotherapeuten.“
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Der Beklagte wendet seit Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA am 1. August 2006 diesen Tarifvertrag auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis an. Die Klägerin wird nach der Entgeltgruppe II TV-Ärzte/VKA vergütet. In einem Schreiben vom 12. April 2007 teilte der Beklagte der Klägerin ua. mit:
„Ihre Funktion als verantwortliche Ärztin der Tagesklinik B
Zahlung einer tariflichen Zulage
Sehr geehrte Frau V,
Sie sind als verantwortliche Ärztin der Tagesklinik B eingesetzt. Unter Zugrundelegung der Vorgaben der §§ 19 und 20 des TV-Ärzte/VKA wird Ihnen für die Dauer dieser Tätigkeit ein um eine Stufe erhöhtes Entgelt der Ihnen jeweils zustehenden Vergütung gewährt.
Die Zahlung der höheren Entgeltstufe erfolgt ab dem 01.08.2006 und ist befristet für die Dauer der Übernahme dieser Funktion.
Neben Ihrer originären Tätigkeit als ärztliche Leitung der Tagesklinik versehen Sie auch Aufgaben einer Vor- und Nachschaltambulanz im Rahmen einer persönlichen Ermächtigung. Da diese Aufgabe nicht im Rahmen der tarifrechtlichen wöchentlichen Arbeitszeit zu erledigen ist, wird Ihnen ab 01.04.2007 eine monatliche Überstundenpauschale von 8,00 Stunden … gewährt.“
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Mit einem Schreiben aus dem Monat Mai 2007 widersprach die Klägerin erfolglos ihrer Eingruppierung.
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Die Klägerin hat mit ihrer Klage die Auffassung vertreten, sie sei als Oberärztin tätig und daher nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA zu vergüten. Die Tagesklinik sei ein selbständiger Teilbereich der Klinik, für den ihr vom Arbeitgeber ausdrücklich die medizinische Verantwortung übertragen worden sei.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
dass festgestellt wird, dass der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 1. April 2007 nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA zu vergüten.
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Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Klägerin trage nicht die medizinische Verantwortung iSd. der Tarifvorschrift, da sich ihre Verantwortung nicht deutlich gegenüber der von Fachärztinnen heraushebe. Bei der Tagesklinik handele es sich nicht um einen selbständigen Funktionsbereich. Wie sich aus dem Organigramm der Klinik ergebe, seien die Tageskliniken und Ambulanzen lediglich insgesamt ein eigener Bereich. Es fehle auch an einer ausdrücklichen Übertragung der medizinischen Verantwortung. Allein die Weisungsbefugnis gegenüber dem approbierten Psychologen reiche für die Annahme der medizinischen Verantwortung nicht aus.
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Das Arbeitsgericht hat – soweit für die Revision von Bedeutung – der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte die Klageabweisung weiter. Die Klägerin begehrt die Zurückweisung der Revision des Beklagten.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung rechtsfehlerhaft zurückgewiesen. Da es für eine abschließende Entscheidung an den erforderlichen Tatsachenfeststellungen des Landesarbeitsgerichts fehlt, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
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I. Das Landesarbeitsgericht hat – kurz zusammengefasst – der Klage mit der Begründung stattgegeben, der Klägerin sei die medizinische Verantwortung für die Tagesklinik als selbständigen Teilbereich im Tarifsinne durch den Beklagten übertragen worden. Die Leitung der Tagesklinik sei als ein einheitlicher Arbeitsvorgang anzusehen. Die Klägerin trage auch die erforderliche medizinische Verantwortung, weil ihr ua. ein approbierter Psychotherapeut unterstellt sei.
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II. Mit dieser Begründung konnte der Klage nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht hat das Tatbestandsmerkmal der Übertragung der „medizinischen Verantwortung für einen selbstständigen Teilbereich“ nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei behandelt. Der Senat kann jedoch in der Sache nicht selbst entscheiden, weil der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist.
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1. Auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist nach ihrem übereinstimmenden Vorbringen der TV-Ärzte/VKA anzuwenden. Damit sind für die Eingruppierung der Klägerin nachstehende Tarifbestimmungen des TV-Ärzte/VKA maßgebend:
„§ 15
Allgemeine Eingruppierungsregelungen
(1)
Die Eingruppierung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des § 16. Die Ärztin/ Der Arzt erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/ er eingruppiert ist.
(2)
Die Ärztin/ Der Arzt ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.
Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. …
Protokollerklärungen zu § 15 Abs. 2
1.
Arbeitsvorgänge sind Arbeitsleistungen (einschließlich Zusammenhangsarbeiten), die, bezogen auf den Aufgabenkreis der Ärztin/ des Arztes, zu einem bei natürlicher Betrachtung abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen (z.B. Erstellung eines EKG). Jeder einzelne Arbeitsvorgang ist als solcher zu bewerten und darf dabei hinsichtlich der Anforderungen zeitlich nicht aufgespalten werden.
§ 16
Eingruppierung
Ärztinnen und Ärzte sind wie folgt eingruppiert:
c)
Entgeltgruppe III:
Oberärztin/Oberarzt
Protokollerklärung zu Buchst. c:
Oberärztin/ Oberarzt ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, der/ dem die medizinische Verantwortung für selbstständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.
…“
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2. Nach Maßgabe der vorstehenden Tarifbestimmungen kann nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Berufung des Beklagten nicht deshalb zurückgewiesen werden, weil der Klägerin die medizinische Verantwortung für einen selbständigen Teilbereich durch den Arbeitgeber übertragen worden wäre. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts ist nicht in allen Punkten rechtsfehlerfrei.
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a) Das Landesarbeitsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass die für die Eingruppierung maßgebende Tätigkeit der Klägerin ihre Beschäftigung als Leiterin der Tagesklinik ist und es sich dabei um einen einheitlichen Arbeitsvorgang handelt. Alle Einzelaufgaben der Klägerin einschließlich ihrer fachärztlichen Tätigkeit dienen einem einheitlichen Arbeitsergebnis, der therapeutischen Leitung der Tagesklinik, die ihr als allein zuständiger Fachärztin obliegt (vgl. auch BAG 9. Dezember 2009 – 4 AZR 836/08 – Rn. 16 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 5; zur Leitung einer Ambulanz 20. April 2011 – 4 AZR 241/09 – Rn. 20). Das belegt auch die maßgebende Stellenbeschreibung. Zu den Aufgabenbereichen der Klägerin gehören danach ua. die „Leitung des diagnostisch-therapeutischen Gesamtprozesses einschließlich aller alltäglichen Abläufe“ in der Tagesklinik, die „Leitung und Koordination der Zusammenarbeit nach innen … und nach außen“ sowie die „Gesamtverantwortung für Weiterentwicklung und Umsetzung therapeutischer Konzepte“. Diese ärztliche Tätigkeit der Leitung der Tagesklinik ist auch nach tatsächlichen Gesichtspunkten nicht weiter aufteilbar (vgl. BAG 20. April 2011 – 4 AZR 247/09 – Rn. 17 mwN) und einheitlich zu bewerten (BAG 9. Dezember 2009 – 4 AZR 836/08 – aaO). Selbst wenn die von der Klägerin darüber hinaus ausgeübte Tätigkeit einer Vor- und Nachschaltambulanz mit acht Stunden in der Woche einen eigenständigen Arbeitsvorgang bilden sollte, wäre die Leitung der Tagesklinik nach § 15 Abs. 2 Satz 2 TV-Ärzte/VKA maßgebend, weil dieser Arbeitsvorgang weit mehr als mindestens die Hälfte der Arbeitszeit ausmacht.
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b) Mit dem Landesarbeitsgericht ist weiterhin davon auszugehen, dass es sich bei der Tagesklinik in B um einen selbständigen Teilbereich im tariflichen Sinne handelt.
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aa) Die Auslegung des Begriffs des selbständigen Teilbereichs ergibt unter besonderer Berücksichtigung des Wortlautes und des tariflichen Gesamtzusammenhangs, dass ein selbständiger Teilbereich einer Klinik oder Abteilung im tariflichen Sinne regelmäßig eine organisatorisch abgrenzbare Einheit innerhalb der übergeordneten Einrichtung einer Klinik oder Abteilung ist, der eine bestimmte Aufgabe mit eigener Zielsetzung sowie eigener medizinischer Verantwortungsstruktur zugewiesen ist und die über eine eigene räumliche, personelle und sachlich-technische Ausstattung verfügt (BAG 20. April 2011 – 4 AZR 241/09 – Rn. 23; ausf. 9. Dezember 2009 – 4 AZR 568/08 – Rn. 28 ff., AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 9). Ein Teilbereich muss nicht notwendig – wie ein Funktionsbereich – einem speziellen ärztlichen Fachgebiet zugeordnet sein. Der Begriff weist wie derjenige der Klinik oder der Abteilung keinen Bezug zur fachlichen Spezialisierung auf, auch wenn ein solcher in der Praxis häufig gegeben sein dürfte. Deshalb ist es entgegen der Auffassung der Revision auch nicht zwingend erforderlich, dass ein Teilbereich einem Funktionsbereich qualitativ gleichwertig sein muss. Die Anforderung einer gewissen organisatorischen Verselbständigung wird in der Regel durch eine zumindest auf einen nicht unerheblichen Zeitraum, zumeist jedoch auf unbestimmte Dauer ausgerichtete Ausstattung mit eigenem nichtärztlichen und ärztlichen Personal erfüllt. Es muss sich um eine Organisationseinheit handeln, der eine eigenständige Verantwortungsstruktur zugewiesen werden kann und zugewiesen worden ist. Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein solcher Teilbereich im tariflichen Sinne über eine bestimmte Mindestgröße verfügen muss und nicht auf der untersten organisatorischen Hierarchieebene angesiedelt sein kann, was jedoch durch die Anforderung einer organisatorischen Selbständigkeit und die Anbindung an das Merkmal der „medizinischen Verantwortung“ in der Regel auch ausgeschlossen sein wird (BAG 17. November 2010 – 4 AZR 188/09 – Rn. 26 mwN, NZA-RR 2011, 304; 9. Dezember 2009 – 4 AZR 568/08 – Rn. 30 bis 32, aaO).
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bb) Nach diesen Maßstäben konnte das Landesarbeitsgericht davon ausgehen, es handele sich bei der Tagesklinik um einen selbständigen Teilbereich. Die räumliche und organisatorische Verselbständigung ergibt sich bereits aus der Entfernung von etwa 20 Kilometern zum Klinikum des Beklagten in H und dem der Tagesklinik ausschließlich zugewiesenen Personal von zwölf Beschäftigten. Ihre Organisation wird nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts eigenständig „vor Ort“ vorgenommen und dort findet auch die Personaleinsatzplanung statt. Weiterhin verfügt die Tagesklinik über ein eigenes Budget und einen eigenen Patientenstamm, der ausschließlich dort behandelt und nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts von der Tagesklinik selbst „akquiriert“ wird. Das genügt zur Erfüllung der tariflichen Anforderungen.
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Entgegen der Rüge der Revision hat das Landesarbeitsgericht auch nicht offengelassen, ob es sich vorliegend um einen Funktions- oder Teilbereich handelt. Das Landesarbeitsgericht führt zunächst – und in Übereinstimmung mit der späteren Rechtsprechung des Senats (grdl. 9. Dezember 2009 – 4 AZR 495/08 – Rn. 33, BAGE 132, 365) – aus, dass der Begriff des Funktionsbereichs von den Tarifvertragsparteien in dem Sinne gebraucht worden ist, der den schon früher von ihnen als Tarifvertragsparteien vereinbarten Regelungen der Vergütungsordnung zum BAT (vgl. VergGr. Ib Fallgr. 10 iVm. Protokollnotiz Nr. 5) zugrunde lag. Danach sind Funktionsbereiche medizinisch definiert, dh. sie sind Untergliederungen eines Fachgebietes der Medizin, die wissenschaftlich anerkannte Spezialgebiete erfassen. Die nachfolgenden Ausführungen des Berufungsgerichts betreffen ersichtlich den Begriff des Teilbereichs, den das Landesarbeitsgericht erkennbar seiner Subsumtion zugrunde legt. Das Erfordernis der „Untergliederung eines Fachgebietes“ wird nicht mehr erwähnt.
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c) Von den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht getragen ist jedoch dessen weitere Annahme, der Klägerin sei „die medizinische Verantwortung“ für diesen Teilbereich übertragen worden.
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aa) Einem Vergütungsanspruch der Klägerin nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA steht allerdings nicht bereits entgegen, dass es an einer Übertragung durch den Arbeitgeber fehlen würde. Die ärztliche Leitung der Tagesklinik ist der Klägerin ausdrücklich übertragen worden.
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(1) Dabei kann es dahinstehen, ob nicht bereits durch das Schreiben des Beklagten vom 19. August 2003, welches vom Leiter des Wirtschafts- und Verwaltungsdienstes, der Leiterin des pädagogisch-pflegerischen Dienstes und der damaligen leitenden Ärztin unterzeichnet worden ist, der Klägerin die medizinische Verantwortung durch den Krankenhausträger vertreten durch die nach § 5 Abs. 1 der Betriebssatzung für die Krankenhäuser des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (idF der Bekanntmachung vom 26. Januar 1996, GV. NW. S. 84) zu bildende Betriebsleitung übertragen wurde.
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(2) Selbst wenn eine dahingehende Vollmacht der konkret handelnden Personen tatsächlich nicht bestanden haben sollte, muss sich der Beklagte die Übertragung der Tagesklinikleitung in dem Schreiben vom 19. August 2003 – ebenso wie die nachfolgende Bestätigung im Schreiben vom 12. April 2007, welche der kaufmännische Direktor der Klinik unterschrieben hatte -, nach den Grundsätzen der Duldungs- und vor allem der Anscheinsvollmacht, nach der dem Vertretenen die mangelnde Sorgfalt und Nachlässigkeit in seinen eigenen Angelegenheiten angelastet werden kann, gleichwohl zurechnen lassen. Die Kliniken sind arbeitsvertragsrechtlich keine Freiräume. Wenn Arbeitgeber bestimmte leitende Mitarbeiter aus der objektivierbaren und berechtigten Sicht der Arbeitnehmer mit Vertretungsmacht ausstatten, müssen sie sich das vertragsrechtlich zurechnen lassen. Dem entspricht, dass eine Ärztin dann, wenn ihr wie vorliegend von der Klinikleitung eine bestimmte Aufgabe übertragen wird, im Regelfall davon ausgehen darf und muss, dass die Klinikleitung hierzu vom Arbeitgeber befugt ist. Andernfalls würde ihr zugemutet, jeweils zu prüfen, ob es eine vom Arbeitgeber erlassene Zuständigkeitsvorschrift gibt und ob diese durch die Klinikleitung eingehalten worden ist (vgl. ua. BAG 23. Februar 2011 – 4 AZR 336/09 – Rn. 43, ZTR 2011, 543; 22. September 2010 – 4 AZR 166/09 – Rn. 25 f., GesR 2011, 314; 7. Juli 2010 – 4 AZR 862/08 – Rn. 52 f., KRS 10.043).
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Aber auch dann, wenn nach den oben dargestellten Grundsätzen dem Arbeitgeber die Übertragung einer medizinischen Verantwortung für einen Teil- oder Funktionsbereich einer Klinik oder Abteilung nicht zuzurechnen wäre, könnte er sich hierauf nicht berufen, wenn er die bisherige Zuordnung von Aufgaben trotz einer durch die Überleitung in das neue Tarifsystem veranlassten Überprüfung unbeanstandet lässt. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber die Tätigkeit als solche weiter ausüben lässt, weil er der Auffassung ist, sie erfülle nicht das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA (st. Rspr., vgl. dazu ausf. BAG 22. September 2010 – 4 AZR 166/09 – Rn. 16 bis 27, GesR 2011, 314). Diese Voraussetzungen sind im hier zu entscheidenden Rechtsstreit gegeben.
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(3) Sollte der Beklagte mit seinem Vorbringen, es fehle vorliegend an einer „Übertragung durch den Krankenhausträger“ der Auffassung sein, es könne nur das zuständige Organ des Beklagten die medizinische Verantwortung „ausdrücklich übertragen“, weil die Tarifbestimmung ein rechtsgeschäftliches Vertretungsverbot enthalte, ist dies unzutreffend. Die Tarifvertragsparteien haben mit dem behandelten Tatbestandsmerkmal keine von allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen abweichende besondere Anforderung an die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder rechtsgeschäftsähnlichen Handlungen aufgestellt (BAG 9. Dezember 2009 – 4 AZR 495/08 – Rn. 56, BAGE 132, 365; weiterhin etwa 15. Dezember 2010 – 4 AZR 170/09 – Rn. 20, ZTR 2011, 418).
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bb) Das Landesarbeitsgericht konnte allerdings aufgrund seiner Feststellungen bisher nicht davon ausgehen, der Klägerin sei die „medizinische Verantwortung“ für den selbständigen Teilbereich übertragen worden.
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(1) Aus der Struktur der Regelung in § 16 TV-Ärzte/VKA folgt, dass die den Oberärztinnen (im Hinblick auf die klagende Partei wird im Folgenden ausschließlich die weibliche Form benutzt) im Tarifsinne obliegende „medizinische“ Verantwortung über die allgemeine „ärztliche“ Verantwortung einer Assistenzärztin und einer Fachärztin deutlich hinausgeht. Dabei wird an die tatsächliche krankenhausinterne Organisations- und Verantwortungsstruktur angeknüpft. Kliniken sind arbeitsteilig organisiert und weisen zahlreiche spezialisierte und fragmentierte Diagnose-, Behandlungs- und Pflegeabläufe mit einer abgestuften Verantwortungsstruktur der handelnden Personen auf. Dem entspricht die tarifliche Einordnung der medizinischen Verantwortung von Oberärztinnen, die in § 16 TV-Ärzte/VKA innerhalb der Struktur der Entgeltgruppen nach „unten“ und nach „oben“ in ein von den Tarifvertragsparteien als angemessen angesehenes Verhältnis gesetzt wird. Von der Übertragung einer medizinischen Verantwortung im Tarifsinne kann demnach grundsätzlich nur dann gesprochen werden, wenn sich das Aufsichts- und – eingeschränkte – Weisungsrecht auch auf Fachärztinnen der Entgeltgruppe II TV-Ärzte/VKA erstreckt und andererseits die Verantwortung für den Bereich ungeteilt ist(grdl. und ausf. BAG 9. Dezember 2009 – 4 AZR 836/08 – Rn. 24 ff., AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 5; weiterhin 7. Juli 2010 – 4 AZR 862/08 – Rn. 26 ff., KRS 10.043; 20. April 2011 – 4 AZR 247/09 – Rn. 27).
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(2) Daraus ergibt sich allerdings noch nicht zwingend, dass die Annahme der Übertragung einer medizinischen Verantwortung iSd. § 16 Buchst. c TV-Ärzte/VKA schon deshalb ausscheidet, weil der Klägerin keine Fachärztin unterstellt ist.
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(a) Durch das Kriterium der Unterstellung einer Fachärztin soll die „medizinische Verantwortung“ für einen Teilbereich der Klinik von der sonstigen ärztlichen und speziell fachärztlichen Verantwortung abgegrenzt werden. Dabei ist die Unterstellung einer Fachärztin prinzipiell geeignet, das tariflich vorausgesetzte – herausgehobene – Maß an medizinischer Verantwortung als erfüllt anzusehen. Hieraus ist jedoch nicht zwingend zu folgern, dass die Unterstellung mindestens einer Fachärztin notwendig die einzige Möglichkeit der Annahme einer entsprechenden Verantwortungsstruktur ist. In Ausnahmefällen ist es möglich, den tariflichen Begriff auch durch die Unterstellung von anderem medizinischen Personal als von Fachärztinnen zu erfüllen (ausf. BAG 20. April 2011 – 4 AZR 241/09 – Rn. 29 ff.). Dies kann im besonderen Einzelfall auch dazu führen, dass durch die Unterstellung eines approbierten Psychotherapeuten die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit mit einem Maß an Verantwortung verbunden ist, die es als möglich erscheinen lässt, dass sie die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales einer Oberärztin im Tarifsinne erfüllt, weil ihr ein mit einer Fachärztin nach den genannten Kriterien vergleichbar herausgehoben eingesetzter und qualifizierter Beschäftigter unterstellt ist (ausf. BAG 20. April 2011 – 4 AZR 241/09 – Rn. 34 ff.).
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(b) Anhand der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Senat in der Sache indes nicht abschließend entscheiden. Das Landesarbeitsgericht hat lediglich festgestellt, dass in der Tagesklinik, die die Klägerin leitet, ein approbierter Psychotherapeut tätig ist. Die Leitungstätigkeit sowie der Inhalt der Stellenbeschreibung der Klägerin, die nach ihrem unwidersprochenen Vorbringen ihre auszuübende Tätigkeit wiedergibt, sprechen zunächst dafür, dass ihr ein Aufsichts- und zumindest eingeschränktes Weisungsrecht gegenüber dem in der Tagesklinik tätigen approbierten Psychotherapeuten zukommt. Anhand der Feststellungen kann der Senat aber nicht beurteilen, ob dem approbierten Psychotherapeuten eine einem Facharzt vergleichbare Tätigkeit und Stellung innerhalb der Tagesklinik zukommt. Nach der Rechtsprechung des Senats übt ein in die Entgeltgruppe II TV-Ärzte/VKA eingruppierter Facharzt seine Aufsichts- und Weisungsbefugnis gegenüber den in seinem Bereich tätigen Assistenzärzten und Ärzten in der Weiterbildung aus (BAG 7. Juli 2010 – 4 AZR 863/08 – Rn. 33, ZTR 2011, 27; 9. Dezember 2009 – 4 AZR 836/08 – Rn. 26, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 5). Die Stellung eines der Klägerin unterstellten approbierten Psychotherapeuten müsste mit dieser vergleichbar sein, wobei es insbesondere – aber auch nicht nur – auf die entsprechenden Aufsichts- und Weisungsbefugnisse ankommt. Dabei ist schon offen, wie die Organisationsstruktur innerhalb der Tagesklinik und namentlich die Aufsichts- und Weisungsbefugnisse des approbierten Psychotherapeuten ausgestaltet sind. Es ist nicht auszuschließen, dass dieser Beschäftigte eine entsprechende Stellung in Bezug auf die beiden in der Tagesklinik beschäftigten Lehrer und Pädagogen hat. Es fehlt aber an einem Vorbringen, über welche Qualifikationen diese Personen verfügen, welche Aufgaben sie wahrnehmen sowie weiterhin, ob und welche Beschäftigte dem approbierten Psychotherapeuten im Tarifsinne unterstellt sind. Auch hier bedarf es weiterer Feststellungen und den Parteien ist unter dem Gesichtspunkt ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs Gelegenheit zu einem ergänzenden Vortrag zu geben.
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(3) Weiterhin ergibt sich aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht, dass der Klägerin die ungeteilte medizinische Verantwortung für einen Teilbereich im Tarifsinne übertragen worden ist. Dies wäre nicht der Fall, wenn Frau Dr. S Oberärztin im Tarifsinne für die Tageskliniken wäre, weil ihr die – alleinige – medizinische Verantwortung über einen Teilbereich der vier Tageskliniken übertragen worden ist. Ob dies der Fall ist, kann nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Vorbringen der Parteien nicht abschließend beurteilt werden.
33
(a) Aus dem Umstand, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht vorgetragen hat, „Oberärztin für den Bereich der Tageskliniken ist Frau Dr. S, der die medizinische Verantwortung für den Bereich der Tageskliniken übertragen worden ist“ und dem weiteren Vorbringen, diese werde nach der Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA vergütet, ist vorliegend noch nicht der rechtliche Schluss möglich, dieser Beschäftigten obliege die medizinische Verantwortung auch für die Tagesklinik B.
34
(b) Es ist bei dem nicht näher konkretisierten Vortrag des Beklagten hinsichtlich der Übertragung der medizinischen Verantwortung in der Tätigkeit als Bereichsleitung bereits offen, ob es sich dabei um diejenige medizinische Verantwortung handelt, die der Senat erst in seinen später ergangenen grundlegenden Entscheidungen vom 9. Dezember 2009 (wN oben unter (2) (a)) näher konkretisiert hat.
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(c) Zudem ersetzt ein solches pauschales Vorbringen jedenfalls dann nicht die von den Tarifvertragsparteien geforderte Erfüllung des Tätigkeitsmerkmales, wenn nicht zu erkennen ist, ob es auf der Grundlage einer Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der entsprechenden Vergütungsgruppe erfolgt ist (dazu BAG 25. August 2010 – 4 AZR 23/09 – Rn. 36, NZA-RR 2011, 368) und sich aus dem weiteren Vorbringen der Parteien Zweifel daran ergeben.
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Hiervon ist jedoch nach den derzeitigen Feststellungen auszugehen. Nach den eigenen Vorgaben des Beklagten hat Frau Dr. S als die Bereichsleitung lediglich einmal im Monat – nicht näher beschriebene – bereichsärztliche Aufgaben wahrzunehmen. Zudem hat der Beklagte selber vorgetragen, Frau Dr. S habe im Jahre 2008 lediglich achtmal die Tagesklinik aufgesucht, während es nach dem Vorbringen der Klägerin sogar nur viermal der Fall gewesen sein soll. Eine Ausübung medizinischer Verantwortung iSd. Entgeltgruppe III TV-Ärzte/VKA für alle Tageskliniken ist daher zumindest nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Ebenso steht einer Stellung von Frau Dr. S als Oberärztin im Tarifsinne entgegen, dass sie in der betreffenden Tagesklinik nach dem bisher unwidersprochenen Vortrag der Klägerin keine medizinischen Aufgaben wahrnimmt und bei ihren Besuchen lediglich strukturelle und organisatorische Themen zwischen ihr und der Klägerin besprochen wurden. Offen ist zudem, ob Frau Dr. S das für eine Oberarztstellung erforderliche „Aufsichts- und – teilweise eingeschränkte – Weisungsrecht hinsichtlich des medizinischen Personals“ auch gegenüber der Klägerin zusteht.
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(4) Soweit im Tatbestand des Berufungsurteils ausgeführt wird, Frau Dr. S sei „Oberärztin für den Bereich der Tageskliniken“, handelt es sich daher nicht um eine den Senat bindende Tatsachenfeststellung iSv. § 559 Abs. 2 ZPO, sondern – wenn überhaupt – um eine nicht durch die erforderlichen Tatsachenfeststellungen gedeckte und deshalb zumindest derzeit unzutreffende Rechtsauffassung (vgl. BAG 18. November 2009 – 4 AZR 491/08 – Rn. 21, BAGE 132, 268).
Bepler
Winter
Treber
Valentien
J. Ratayczak