BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 21.7.2015, 9 AZR 418/14
Arbeitnehmerweiterbildung – Jedermannzugänglichkeit
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 27. Februar 2014 – 16 Sa 777/13 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten der Revision – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach dem Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung – Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen (AWbG) vom 6. November 1984.
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Unter dem 18. Oktober 2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, er habe im laufenden Jahr 2011 seinen Bildungsurlaub nach dem AWbG noch nicht in Anspruch genommen. Er beabsichtige im folgenden Jahr die Zusammenfassung der Ansprüche und mache daher die Übertragung von fünf Tagen Bildungsurlaub in das Jahr 2012 geltend.
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Mit Schreiben vom 25. Juni 2012 lud die IG Metall, Verwaltungsstelle H, den Kläger zu einem Seminar mit dem Thema „Weimarer Demokratie und faschistische Diktatur – Arbeitergeschichte im 20. Jahrhundert – Der Kampf um soziale Rechte“ für die Zeit vom 2. bis zum 14. September 2012 ein. In der Seminarausschreibung hieß es hierzu ua.:
„Das Seminar wendet sich an interessierte Arbeitnehmer(innen) und Betriebsräte. Empfehlenswert ist der vorherige Besuch der Seminarreihe ‚Leben und Arbeiten: Interessenvertretung in Betrieb und Gesellschaft‘ sowie des Seminars ‚Die Entstehung der Arbeiterbewegung als Lernprozess‘ …“
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Der Themenplan lautete wie folgt:
„…
Inhalte
Sonntag
Anreise, Abendessen, Begrüßung und Informationen zum Haus
Montag
V
Vorstellungsrunde und organisatorische Hinweise
Darstellung des Seminarprogramms und Vereinbarungen über den Seminarablauf, Einstieg ins Thema
N
Erfolge und Niederlagen in der organisierten Arbeiterschaft in der Novemberrevolution 1918
Dienstag
V
Der Kampf um das Betriebsrätegesetz 1920
N
Das erste Betriebsrätegesetz und die Realität betrieblicher Interessenvertretung im Vergleich mit dem BetrVG 2001
Mittwoch
V
Der Beitrag des Betriebsrätegesetzes zur Demokratisierung der Gesellschaft am Beispiel der Reaktion auf den Kapp-Putsch
N
Die Entwicklung von Arbeitsrecht und Betriebsverfassung bis 1933
Donnerstag
V
Die Gegner der demokratischen Republik und der Kampf um ihre Verteidigung
N
Weltwirtschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit und staatliche Krisenpolitik
Freitag
V
Das Betriebsrätegesetz als Instrument zur Krisenbewältigung im Vergleich zum BetrVG (Möglichkeiten der Krisenbewältigung mit dem BetrVG heute im Vergleich zum Betriebsrätegesetz von 1920)
N
Das Betriebsrätegesetz als untaugliches Mittel im Abwehrkampf gegen den Aufstieg der NS-Bewegung
Samstag
V
Sozialgesetzgebung im Vergleich zu heute
Rückblick auf die Woche, Ausblick auf die kommende Woche
Montag
V
Die Zerschlagung der Weimarer Betriebsverfassung und der Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten
N
Betriebsverfassung im ‚Dritten Reich‘: die Deutsche Arbeitsfront als antidemokratisches Herrschaftsinstrument
Dienstag
V
‚Betriebsführer‘ und ‚Gefolgschaft‘ als Beispiele für nationalsozialistische Volksgemeinschaftspolitik
N
Tarifordnungen unter diktatorischen Bedingungen
Mittwoch
V
Staatliche Wirtschaftspolitik und Kriegsvorbereitung
N
Arbeitspolitik in der Kriegswirtschaft – Zwangsarbeit
Donnerstag
V
Widerstand und Emigration: Konzepte für die betriebliche Interessenvertretung nach 1945
N
Auswirkungen der Erfahrungen aus Weimarer Republik und NS auf die Betriebsverfassung der Bundesrepublik
Freitag
V
Aus der Geschichte gelernt: Betriebsvereinbarungen gegen Diskriminierung und Ungleichbehandlung
Abreise“
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Unter dem 26. April 2010 wurde das das Seminar veranstaltende IG Metall-Bildungszentrum Berlin durch die Bezirksregierung Detmold als Einrichtung der Arbeitnehmerweiterbildung nach §§ 10 ff. AWbG anerkannt. Mit Schreiben vom 2. Juli 2012 an die Beklagte „im Haus“ erklärte der Kläger die Inanspruchnahme von Bildungsurlaub in der Zeit vom 2. bis zum 14. September 2012. Mit Schreiben vom 11. Juli 2012 lehnte die Beklagte die Freistellung des Klägers mit der Begründung ab, es sei nicht erkennbar, dass es sich um ein Seminar handele, welches jedermann zugänglich sei. Mit Schreiben vom 12. Juli 2012 übersandte der Kläger der Beklagten „im Hause“ die „Jedermannerklärung“ der IG Metall-Verwaltungsstelle H für dieses Seminar. Mit Schreiben vom 13. Juli 2012, das der Beklagten am 19. Juli 2012 zuging, erklärte der Kläger, er werde trotz der Weigerung der Beklagten am Seminar teilnehmen. Mit Schreiben vom 18. Juli 2012 teilte der Kläger der Beklagten mit, der Betriebsratsvorsitzende habe ihm mitgeteilt, ein an ihn adressiertes Schreiben der Personalabteilung sei beim Betriebsratsvorsitzenden eingegangen. Danach habe er erfahren, dass die Beklagte wegen Fehlens der „Jedermannerklärung“ den Bildungsurlaub ablehne. Diese sei der Beklagten aber per Fax noch fristgerecht am 13. Juli 2012 und als Kopie mit der Hauspost zugegangen. Mit Schreiben vom 27. Juli 2012 bescheinigte die IG Metall-Verwaltungsstelle H dem Kläger Folgendes:
„Hiermit bescheinigen wir, dass bei Teilnahme an Seminaren der IG Metall der Teilnehmer sich bewerben muss und erst nach dieser Bewerbung bekommen diese Interessenten eine Einladung bzw. einen Bescheid, dass sie auf der Warteliste des Seminars stehen.
Es ist also nicht der Fall, dass die IG Metall sich Mitglieder aussucht, und diese dann zu einem Seminar einlädt.“
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Für dieses Seminar wurde im Bildungsprogramm 2012 der IG Metall, einsehbar in allen IG Metall-Verwaltungsstellen, sowie im Internet auf der Webseite des Bildungszentrums geworben.
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Das Seminar fand montags bis freitags von 8:30 Uhr bis 10:00 Uhr, 10:15 Uhr bis 12:30 Uhr, 14:30 Uhr bis 15:45 Uhr und 16:00 Uhr bis 17:00 Uhr statt. Die Kosten für ein zweiwöchiges Seminar beliefen sich im Bildungszentrum Berlin im Jahre 2012 auf insgesamt 2.741,40 Euro, wovon 840,00 Euro auf die Übernachtung und 540,00 Euro auf die Verpflegung entfielen. Dies ergibt einschließlich der Mehrwertsteuer einen Betrag in Höhe von 1.541,40 Euro. Hinzu kamen steuerfreie Seminarkosten in Höhe von 1.200,00 Euro.
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Die Beklagte kürzte die Vergütung des Klägers für den Monat September 2012 wegen seiner Teilnahme an der Bildungsveranstaltung in Höhe von 1.458,90 Euro brutto. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2012 machte die IG Metall für den Kläger gegenüber der Beklagten dessen Zahlungsanspruch erfolglos geltend. Der Entgeltausfall für September 2012 wurde dem Kläger von der IG Metall erstattet.
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Mit seiner am 12. November 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger seinen Vergütungsanspruch gegenüber der Beklagten gerichtlich geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, er habe für die Zeit der Seminarteilnahme Anspruch auf Entgeltfortzahlung gemäß § 7 AWbG.
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Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.458,90 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Oktober 2012 zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen des AWbG seien nicht erfüllt. Insbesondere sei die Weiterbildungsmaßnahme nicht jedermann zugänglich gewesen.
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Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Die Beklagte verfolgt mit der Revision ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Aufgrund der festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht abschließend darüber befinden, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger für die Zeit seiner Teilnahme an dem Seminar „Weimarer Demokratie und faschistische Diktatur – Arbeitergeschichte im 20. Jahrhundert – Der Kampf um soziale Rechte“ Vergütung zu zahlen.
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I. Die allgemeinen und formellen Voraussetzungen des Anspruchs auf Fortzahlung von Arbeitsentgelt gemäß § 7 AWbG sind erfüllt.
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1. Der Kläger war Arbeitnehmer (§ 2 Satz 1 AWbG). Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestand seit mehreren Jahren. Die Wartezeit des § 3 Abs. 3 AWbG von sechs Monaten war damit bei Antragstellung im Juli 2012 erfüllt. Der Kläger durfte entgegen der Auffassung der Beklagten auch zwei Wochen Weiterbildung in Anspruch nehmen. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AWbG kann der jährliche Anspruch von fünf Arbeitstagen für zwei Kalenderjahre zusammengefasst werden. Mit Schreiben vom 18. Oktober 2011 hatte der Kläger gegenüber der Beklagten die Übertragung seines Bildungsurlaubsanspruchs aus dem Jahr 2011 in das Jahr 2012 erklärt.
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2. Das IG Metall-Bildungszentrum Berlin war auch eine anerkannte Einrichtung der Arbeitnehmerweiterbildung gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 AWbG. Das ist zwischen den Parteien unstreitig. Die nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 AWbG notwendige tägliche Mindestunterrichtsdauer von sechs Stunden war ebenso erfüllt. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dauerte der Unterricht täglich acht Unterrichtsstunden, mindestens aber sechs Unterrichtsstunden mit Einheiten von jeweils 45 Minuten. Der Kläger teilte der Beklagten die Inanspruchnahme und den Zeitraum der Arbeitnehmerweiterbildung auch mindestens sechs Wochen vor deren Beginn schriftlich unter Beifügung der Unterlagen mit (§ 5 Abs. 1 AWbG). Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts beantragte der Kläger im Juni 2012 seine Teilnahme.
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3. Es kann nicht festgestellt werden, ob dem Zahlungsanspruch entgegensteht, dass die Beklagte die Freistellung des Klägers zur Seminarteilnahme mit Schreiben vom 11. Juli 2012 mit der Begründung verweigerte, das Seminar sei nicht für jedermann zugänglich.
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a) § 1 Abs. 1 AWbG verpflichtet den Arbeitgeber, den anspruchsberechtigten Arbeitnehmer von der Arbeitspflicht freizustellen. Die Freistellungspflicht ist ferner aus § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 7, § 4 sowie aus § 5 Abs. 3 und Abs. 4 AWbG zu ersehen. Der Weiterbildungsanspruch ist damit ein gesetzlich begründeter Freistellungsanspruch. Erfüllt der Arbeitgeber den gesetzlichen Freistellungsanspruch, ist er nach § 7 Satz 1 AWbG zur Entgeltfortzahlung verpflichtet. Erfolgt keine Freistellung, besteht grundsätzlich auch kein Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers, wenn er gleichwohl an der Veranstaltung teilnimmt. Hiervon regelt § 5 Abs. 4 Satz 1 iVm. Satz 3 AWbG eine Ausnahme. Danach hat der Arbeitnehmer auch Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn der Arbeitgeber die Freistellung aus anderen als den in § 5 Abs. 2 AWbG genannten Gründen verweigert und der Arbeitnehmer ihm seine „Gleichwohl-Teilnahme“ innerhalb einer Woche seit Mitteilung der Verweigerung schriftlich mitteilt.
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b) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts verweigerte die Beklagte die Freistellung mit Schreiben vom 11. Juli 2012, da nicht erkennbar sei, dass die Veranstaltung für jedermann zugänglich sei. Das sind andere als die in § 5 Abs. 2 AWbG genannten betrieblichen Gründe. Mit dem am 19. Juli 2012 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 13. Juli 2012 erklärte der Kläger sodann gegenüber der Beklagten, dass er gemäß § 5 Abs. 4 AWbG gleichwohl an der Bildungsveranstaltung teilnehmen werde („Gleichwohl-Teilnahme“). Es fehlen allerdings Feststellungen des Landesarbeitsgerichts dazu, wann das Schreiben der Beklagten vom 11. Juli 2012 dem Kläger zuging. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zwar sei der Zugang dieses Schreibens von den Parteien nicht mitgeteilt worden, er dürfte dieses Schreiben aber über den Betriebsrat erhalten haben und somit von dessen Inhalt nicht vor dem 12. Juli 2012 Kenntnis erlangt haben. Damit vermutet das Landesarbeitsgericht lediglich einen Zugang an den Kläger nicht vor dem 12. Juli 2012. Tatsachen hat es hierzu nicht festgestellt. Auch unterstellt es zu Unrecht, die Einhaltung der Wochenfrist sei zwischen den Parteien unstreitig. Tatsächlich haben die Parteien hierzu nichts vorgetragen. Dies deutet darauf hin, dass sie diese Anspruchsvoraussetzung für den Zahlungsanspruch übersehen haben. Das Revisionsgericht kann deshalb nicht prüfen, ob der Kläger die Wochenfrist des § 5 Abs. 4 Satz 1 AWbG wahrte. Hierzu muss das Berufungsgericht noch aufklären, ob dem Kläger das Schreiben der Beklagten vom 11. Juli 2012 am selben Tag zugegangen war. Es kann nicht der normale Postlauf unterstellt werden, da das Schreiben auch betriebsintern versandt worden sein kann. So sind auch der Antrag des Klägers vom 2. Juli 2012 und seine Erklärung über die „Gleichwohl-Teilnahme“ betriebsintern verschickt worden. Aus dem Schreiben des Klägers vom 18. Juli 2012 an die Personalabteilung der Beklagten kann nicht geschlossen werden, dass ihm das Schreiben der Beklagten vom 11. Juli 2012 frühestens am 12. Juli 2012 zugegangen war. Zwar beruft sich der Kläger in seinem Schreiben darauf, dass ein an ihn gerichtetes Schreiben der Beklagten über die Ablehnung der Weiterbildung beim Betriebsratsvorsitzenden eingegangen sei. Es fehlen aber Feststellungen dazu, dass es sich um das Schreiben der Beklagten vom 11. Juli 2012 handelt, ob die Beklagte das an den Kläger gerichtete Schreiben dem Betriebsrat nur zusätzlich zur Kenntnis übersandte und ob eine mögliche Alleinversendung an den Betriebsrat auf Veranlassung des Klägers erfolgte. Diese nachzuholende Aufklärung durch das Landesarbeitsgericht ist auch entscheidungserheblich. Denn die Zahlungsklage wäre nur bei Einhaltung der Wochenfrist des § 5 Abs. 4 Satz 1 AWbG begründet.
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4. Das Landesarbeitsgericht hat im Übrigen zu Recht angenommen, dass es sich um eine politische Arbeitnehmerweiterbildung iSv. § 1 Abs. 4 AWbG handelte.
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a) Eine Veranstaltung dient dann dem Ziel der politischen Weiterbildung, wenn das Verständnis der Arbeitnehmer für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge verbessert sowie die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf gefördert werden soll. Dazu ist erforderlich, dass nach dem didaktischen Konzept der Veranstaltung sowie der zeitlichen und sachlichen Ausrichtung der einzelnen Lerneinheiten das Erreichen dieses Ziels uneingeschränkt ermöglicht wird (BAG 19. Mai 1998 – 9 AZR 395/97 – zu I 1 der Gründe; 9. Mai 1995 – 9 AZR 185/94 – zu III 1 der Gründe, BAGE 80, 94; 15. Juni 1993 – 9 AZR 411/89 – zu 3 a der Gründe).
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b) Das Tatbestandsmerkmal „dient der politischen Weiterbildung“ (§ 1 Abs. 2 AWbG) ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Da bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe den Tatsacheninstanzen nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ein Beurteilungsspielraum zukommt, unterliegt die Anwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs in der Revisionsinstanz nur einer eingeschränkten Überprüfung. Es kann nur geprüft werden, ob das Landesarbeitsgericht vom zutreffenden Rechtsbegriff ausgegangen ist, ob es diesen bei der Subsumtion beibehalten hat, ob ihm bei seiner Anwendung Verstöße gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze unterlaufen sind und ob es alle entscheidungserheblichen Tatumstände berücksichtigt hat (BAG 17. November 1998 – 9 AZR 503/97 – zu I 3 b der Gründe).
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c) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das sich insoweit die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu eigen gemacht hat, hält diesem Prüfungsmaßstab stand. Danach befasste sich der Themenplan im Sinne einer politischen Weiterbildung mit der Weimarer Demokratie, deren Bedeutung und Auswirkung auf Arbeitnehmerrechte und ihrem Scheitern durch Aufstieg der faschistischen Diktatur. Es ist deshalb revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht angenommen hat, die Themen dienten der Verbesserung und Förderung des Verständnisses der Arbeitnehmer für die gesellschaftlichen, sozialen und politischen Zusammenhänge auf den Gebieten der Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Sozialpolitik.
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Das Landesarbeitsgericht hat in diesem Zusammenhang allerdings zu Unrecht geprüft, ob es sich um eine den Tatbestand der politischen Weiterbildung ausschließende Spezialschulung für Betriebsräte handelte. Das ist keine Frage der politischen Weiterbildung, sondern der Allgemeinzugänglichkeit der Veranstaltung (BAG 9. Juni 1998 – 9 AZR 466/97 – zu II 2 b bb der Gründe).
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5. Entgegen der Auffassung der Revision war die Weiterbildungsmaßnahme auch allen Arbeitnehmern zugänglich (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 AWbG).
26
a) Der Verwaltungsakt über die Anerkennung einer Bildungsstätte entfaltet insoweit weder Tatbestandswirkung noch begründet er eine Vermutung dafür, dass Veranstaltungen dieser Bildungseinrichtung für jedermann zugänglich sind. Die Zugänglichkeit für jedermann gehört zu den Tatbestandsmerkmalen des Entgeltfortzahlungsanspruchs. Ihre Voraussetzungen sind von demjenigen, der den Anspruch geltend macht, darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen (BAG 16. August 1990 – 8 AZR 654/88 – zu III 3 b aa der Gründe, BAGE 65, 352).
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b) Zugänglich iSd. § 9 Abs. 1 Nr. 3 AWbG ist eine Bildungsveranstaltung, wenn sie mindestens dem in § 2 AWbG genannten Personenkreis (Arbeitnehmer, in Heimarbeit Beschäftigte sowie ihnen Gleichgestellte, arbeitnehmerähnliche Personen) offensteht.
28
c) Die Revision rügt zu Unrecht, die Einladung sei nicht genügend bekannt gemacht worden und deshalb nur für Gewerkschaftsmitglieder zugänglich gewesen.
29
aa) Wendet sich die Veranstaltung nur an Gewerkschaftsmitglieder, ist sie nicht für jedermann zugänglich. Zur Begründung der Jedermannzugänglichkeit genügt nicht der Hinweis im Bildungsprogramm des Trägers, dass die Veranstaltung auch anderen Personen als Gewerkschaftsmitgliedern offensteht. Er muss außerdem so verlautbart sein, dass auch nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer davon Kenntnis nehmen können (BAG 9. November 1993 – 9 AZR 9/92 – zu II 3 a der Gründe, BAGE 75, 58).
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bb) Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
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(1) Das Seminar wendete sich ausdrücklich an „interessierte Arbeitnehmer(innen)“ und nicht nur an Gewerkschaftsmitglieder. Hiervon hätten auch nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer Kenntnis nehmen können. Das Bildungsprogramm der IG Metall ist für jedermann im Internet zugänglich. Hierbei handelt es sich mittlerweile um ein anerkanntes und gebräuchliches Informationsmedium, welches eine allgemein zugängliche Kenntnisnahmemöglichkeit gewährleistet.
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(2) Die Bildungsveranstaltung war entgegen ihrer Ausschreibung auch nicht deshalb nur für Gewerkschaftsmitglieder zugänglich, weil die IG Metall-Verwaltungsstelle H dem Kläger in einem Schreiben vom 27. Juli 2012 mitteilte, der „Teilnehmer“ müsse sich „bewerben“. Daran sollte sich kein Auswahlverfahren nur zugunsten von Gewerkschaftsmitgliedern anschließen. Es wurde damit nur der Tatsache Rechnung getragen, dass die Anzahl der Anmeldenden die Teilnehmerkapazität hätte überschreiten können. Nicht nachvollziehbar ist das Argument der Beklagten, aus der „Du-Form“ der an den Kläger gerichteten Schreiben sei herzuleiten, es würden nur Gewerkschaftsmitglieder angesprochen. Die allgemein zugängliche Seminarausschreibung und der Themenplan enthielten diese „Du-Form“ nicht.
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d) Der Zugänglichkeit für jedermann steht nicht entgegen, dass das Seminar als geeignet iSv. § 37 Abs. 7 BetrVG gekennzeichnet war und dieses politische Themen im Kontext mit dem Betriebsrätegesetz und der Betriebsverfassung behandelte.
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Soweit die Revision geltend macht, es habe sich um eine unzulässige Funktionärsschulung gehandelt, betrifft dies nicht die vermittelten Bildungsinhalte, sondern die Allgemeinzugänglichkeit der Veranstaltung. Grundsätzlich sind alle Themen, die sich mit der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb befassen, geeignet, Gegenstand der Arbeitnehmerweiterbildung zu sein. Die Zugänglichkeit für jedermann wurde auch nicht durch den in das Programm aufgenommenen Hinweis auf eine Anerkennung der Veranstaltung für Betriebsräte nach § 37 Abs. 7 BetrVG aufgehoben. Die Veranstaltung war weder als Spezialschulung für Betriebsräte ausgeschrieben, noch wurden betriebsverfassungsrechtliche Fragen im engeren Sinne behandelt. Im Übrigen sind grundsätzlich alle Themen, die sich mit der Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb befassen, geeignet, Gegenstand der Arbeitnehmerweiterbildung zu sein. Diese bezweckt nicht nur die Information über gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge, sondern soll insbesondere auch den Einzelnen befähigen, sein soziales Umfeld mitzugestalten. Hierzu gehört auch die Mitwirkung in Arbeitnehmervertretungen. Eine gesellschaftspolitische Weiterbildung kann deshalb auch Kenntnisse vermitteln, die gleichzeitig Inhalt von Betriebsräteschulungen nach § 37 Abs. 6 oder Abs. 7 BetrVG sind (vgl. zu § 3 BFG BAG 9. Juni 1998 – 9 AZR 468/97 – zu II 2 b bb der Gründe).
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e) Ebenso wenig stellen die Gesamtkosten für das zweiwöchige Seminar ein die Jedermannzugänglichkeit ausschließendes Hindernis dar. Entgegen der Ansicht der Revision sind die Kosten für die hotelmäßige Unterbringung und Verpflegung in Höhe von 1.541,40 Euro und die Seminarkosten in Höhe von 1.200,00 Euro keine für Arbeitnehmer mit Durchschnittsverdienst unzumutbare Kostenhürde. Grundsätzlich hat jeder Arbeitnehmer die Kosten einer Bildungsveranstaltung selbst zu tragen. Die Bildungseinrichtungen sind nicht verpflichtet, die Kosten für die Lehrmaterialien und Referenten sowie für die Unterbringung und Verpflegung der Teilnehmer selbst aufzubringen. Ob ein Arbeitnehmer das Weiterbildungsangebot eines Veranstalters annimmt, unterliegt seiner freien Entscheidung. Dazu hat jeder Arbeitnehmer die Möglichkeit, aus den vielfältigen, preislich höher oder niedriger gestalteten Angeboten auszuwählen. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen, diese Wahlfreiheit zu beschränken. Der Träger einer Weiterbildungsveranstaltung ist nicht verpflichtet, diese kostenfrei anzubieten.
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Entgegen der Auffassung der Revision kann der individuelle Gewerkschaftsbeitrag eines Teilnehmers kein Kriterium für die eine Jedermannzugänglichkeit ausschließende Kostenbelastung sein. Der Gewerkschaftsbeitrag ist schon nach seinem Zweck keine Ratenzahlung für die Kosten künftiger Seminare. Er ist Beitrag für den gesamten Aufgabenbereich der Gewerkschaft. Ob im Einzelfall ein besonders hoher Beitrag interessierte nicht gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmer von einer Teilnahme abschrecken kann und deshalb die Zugänglichkeit für jedermann zu verneinen ist, kann dahinstehen. Der Streitfall bietet zur Erörterung dieser Frage keinen Anlass (vgl. BAG 9. Juni 1998 – 9 AZR 466/97 – zu II 2 c cc der Gründe).
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f) Auch der Umstand, dass der Kläger ein Aufbauseminar besucht hat, steht der Jedermannzugänglichkeit der Veranstaltung nicht entgegen. Die Teilnahme war nicht vom vorherigen Besuch der Seminarreihe „Leben und Arbeiten: Interessenvertretung in Betrieb und Gesellschaft“ sowie des Seminars „Die Entstehung der Arbeiterbewegung als Lernprozess“ abhängig gemacht worden. Deren vorherige Teilnahme war nur empfohlen worden. Deshalb war nicht zu prüfen, ob auch diese Grundseminare jedermann zugänglich waren (vgl. BAG 2. Dezember 1997 – 9 AZR 584/96 – zu I 2 a ff der Gründe).
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6. Die Beklagte rügt in der Revision zu Unrecht, das Landesarbeitsgericht habe ihren Vortrag in der Klageerwiderung vom 4. Februar 2013, die Bildungsveranstaltung sei nicht vom IG Metall-Bildungszentrum Berlin durchgeführt worden, übergangen. Eine Veranstaltung wird dann von einem anerkannten Träger der Weiterbildung durchgeführt, wenn die betreffende Einrichtung bestimmenden Einfluss darauf ausübt, ob die Veranstaltung stattfindet, wie sie inhaltlich gestaltet wird, wer unterrichtet und wer teilnimmt (BAG 16. August 1990 – 8 AZR 220/88 – zu II 2 c bb der Gründe, BAGE 65, 347). Das hat die Beklagte nicht bestritten. Sie hat vorgetragen, es sei „im Grundsatz unstrittig“, dass die IG Metall das Seminar durchgeführt habe. Der Kläger habe lediglich nicht dargelegt, dass die Veranstaltung im IG Metall-Bildungszentrum Berlin tatsächlich von einem anerkannten Träger der Weiterbildung durchgeführt worden sei. Damit hat sie nur die Anerkennung bestritten, die aber im weiteren Verlauf des Verfahrens unstreitig gestellt worden ist.
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II. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Kläger auch aktivlegitimiert. Die IG Metall erstattete dem Kläger zwar den Entgeltausfall. Sie leistete aber nicht mit dem Willen, die Entgeltfortzahlungspflicht der Beklagten gemäß § 267 Abs. 1 Satz 1, § 362 Abs. 1 BGB zu erfüllen. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass einem Fremdtilgungswillen bereits das Schreiben der IG Metall vom 2. Oktober 2012 entgegensteht. Sie machte dort für den Kläger gegenüber der Beklagten dessen Entgeltfortzahlungsanspruch geltend.
Brühler
Suckow
Krasshöfer
Pielenz
M. Dipper