BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 18.12.2014, 2 AZR 265/14
Außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung – Meinungsfreiheit – Äußerungen eines Angestellten im Öffentlichen Dienst über Vertreter seines Arbeitgebers während eines Wahlkampfes
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 26. November 2013 – 7 Sa 444/12 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung und über einen Auflösungsantrag des beklagten Landkreises.
2
Die Klägerin ist Dipl.-Verwaltungswirtin. Sie war bei dem beklagten Landkreis seit Oktober 2010 als Angestellte beschäftigt. Ihr war die Leitung der Erhebungsstelle Zensus übertragen. Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund arbeitsvertraglicher Verweisung der TVöD-VKA Anwendung.
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Am 22. April 2012 fand die Wahl des Landrats statt. Der Amtsinhaber stellte sich zur Wiederwahl. Die parteilose Klägerin kandidierte ebenfalls. Sie warb mit einem Flyer für sich. In diesem stellte sie die „Säulen“ ihrer Politik vor, als welche sie „Transparenz in der Verwaltung“, „Bürgernahe Politik“ und „Jugend, Familien und Senioren“ bezeichnete. Zum Punkt „Transparenz in der Verwaltung“ hieß es in dem Flyer:
„Wie der jüngste Umweltskandal in [B.] und der Subventionsbetrug am [Rathaus in C.] beweist, deckt der amtierende Landrat sogar die Betrügereien im Kreis. Ich stehe für eine transparente Politik, die Gesetze einhält und die Pflichtaufgaben des Landkreises überprüft.“
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Der Flyer lag einem lokalen Anzeigenblatt bei, das am 18. April 2012 mit einer Auflage von 28.700 verteilt wurde.
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Nach Beteiligung des Personalrats kündigte der beklagte Landkreis das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 21. April 2012 außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2012. Er warf der Klägerin üble Nachrede und Beleidigung seines Repräsentanten vor.
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Gegen die Kündigung hat die Klägerin rechtzeitig die vorliegende Klage erhoben. Sie hat gemeint, es sei weder ein Grund für die außerordentliche noch für die ordentliche Kündigung gegeben. Sie habe sich nicht im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses geäußert, sondern als Kandidatin im Wahlkampf. Ihr Flyer werde missverstanden. Es sei ihr nicht darum gegangen, den amtierenden Landrat persönlich zu diffamieren, einer Straftat zu bezichtigen oder gar zu beleidigen. Sie habe vielmehr zum Ausdruck bringen wollen, dass der Landrat im Hinblick auf den Umweltskandal in B. und die Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Sanierung des Rathauses in C. nichts unternommen habe und stattdessen transparenter und in der Öffentlichkeit aktiver mit diesem Thema hätte umgehen müssen. Das sei von der Meinungsfreiheit gedeckt. Im Übrigen habe sie nur Vorwürfe wiederholt, die zuvor in der Presse erhoben worden seien. Die Klägerin hat zudem die Personalratsbeteiligung als fehlerhaft gerügt.
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Sie hat beantragt
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose Kündigung noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 21. April 2012 aufgelöst wurde;
2.
den beklagten Landkreis zu verurteilen, sie als Sachbearbeiterin zu den Bedingungen des Arbeitsvertrags vom 27. September 2010 bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens weiter zu beschäftigten.
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Der beklagte Landkreis hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2012 gegen Zahlung einer in das Ermessen des Gerichts gestellten Abfindung aufzulösen.
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Er hat die Kündigung für wirksam gehalten. Die Klägerin habe dem Landrat wider besseres Wissen unterstellt, dieser decke Betrügereien, sei also aktiv am Vertuschen von Straftaten beteiligt und erfülle damit den Straftatbestand der Strafvereitelung. Die Unterstellung krimineller Machenschaften sei eine von der Meinungsfreiheit nicht gedeckte grobe Beleidigung und üble Nachrede. Der Landrat müsse dies auch im Wahlkampf nicht hinnehmen. Solche Vorwürfe habe es in der Presse nicht gegeben. Der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Zumindest sei das Arbeitsverhältnis nach § 9 KSchG aufzulösen. Der Betriebsfrieden sei nachhaltig gestört. Schon früher habe es wegen einer Konkurrentenklage Spannungen mit der Klägerin gegeben. Diese müsse sich außerdem das Verhalten ihres Vaters zurechnen lassen. Der habe die Landratswahl angefochten. Seine verbalen Ausfälle gegen den Kreiswahlleiter und die Mitarbeiter des Kreiswahlbüros zeigten deutlich, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit auch mit der Klägerin nicht mehr möglich sei.
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Die Klägerin hat beantragt, den Auflösungsantrag abzuweisen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben, den Auflösungsantrag des Beklagten hat es abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der beklagte Landkreis die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat richtig entschieden.
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I. Die fristlose Kündigung hat das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB.
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1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dabei ist zunächst zu untersuchen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“ und damit typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar war oder nicht (BAG 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13 – Rn. 39; 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 16).
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2. Als wichtiger Grund kann neben der Verletzung vertraglicher Hauptpflichten auch die schuldhafte Verletzung von Nebenpflichten „an sich“ geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen (BAG 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13 – Rn. 40; 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 19). Zu diesen Nebenpflichten zählt insbesondere die Pflicht der Arbeitsvertragsparteien zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des jeweils anderen Teils (§ 241 Abs. 2 BGB). Danach hat der Arbeitnehmer seine Arbeitspflichten so zu erfüllen und die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitgebers so zu wahren, wie dies von ihm unter Berücksichtigung seiner Stellung und Tätigkeit im Betrieb, seiner eigenen Interessen und der Interessen der anderen Arbeitnehmer des Betriebs nach Treu und Glauben verlangt werden kann (BAG 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13 – aaO; 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13 – aaO mwN).
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3. Eine in diesem Sinne erhebliche Pflichtverletzung stellen ua. grobe Beleidigungen des Arbeitgebers oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen dar (BAG 27. September 2012 – 2 AZR 646/11 – Rn. 22; 7. Juli 2011 – 2 AZR 355/10 – Rn. 14, BAGE 138, 312). Entsprechendes gilt, wenn der Arbeitnehmer bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen über seinen Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen aufstellt, insbesondere dann, wenn die Erklärungen den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen (BAG 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13 – Rn. 41; 27. September 2012 – 2 AZR 646/11 – aaO).
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a) Ein Arbeitnehmer kann sich für bewusst falsche Tatsachenbehauptungen nicht auf sein Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Solche Behauptungen sind vom Schutzbereich des Grundrechts nicht umfasst (BVerfG 25. Oktober 2012 – 1 BvR 901/11 – Rn. 19). Anderes gilt für Äußerungen, die nicht Tatsachenbehauptungen, sondern ein Werturteil enthalten. Sie fallen in den Schutzbereich des Rechts auf Meinungsfreiheit. Dasselbe gilt für Äußerungen, in denen sich Tatsachen und Meinungen vermengen, sofern sie durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind (BVerfG 25. Oktober 2012 – 1 BvR 901/11 – Rn. 18; 8. Mai 2007 – 1 BvR 193/05 – Rn. 21). Darauf kann sich auch ein Arbeitnehmer berufen. Mit der Bedeutung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit wäre es unvereinbar, wenn es in der betrieblichen Arbeitswelt nicht oder nur eingeschränkt anwendbar wäre (BAG 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13 – Rn. 42; 24. November 2005 – 2 AZR 584/04 – Rn. 24 mwN). Der Grundrechtsschutz besteht dabei unabhängig davon, welches Medium der Arbeitnehmer für seine Meinungsäußerung nutzt und ob diese rational oder emotional, begründet oder unbegründet ist. Vom Grundrecht der Meinungsfreiheit umfasste Äußerungen verlieren den sich daraus ergebenden Schutz selbst dann nicht, wenn sie scharf oder überzogen geäußert werden (vgl. BVerfG 28. November 2011 – 1 BvR 917/09 – Rn. 18 mwN).
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b) Das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG ist allerdings nicht schrankenlos gewährleistet. Es ist gemäß Art. 5 Abs. 2 GG durch die allgemeinen Gesetze und das Recht der persönlichen Ehre beschränkt. Mit diesen muss es in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden (BVerfG 13. Februar 1996 – 1 BvR 262/91 – zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 94, 1; 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 – [Lüth] zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 7, 198; BAG 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13 – Rn. 42; 29. August 2013 – 2 AZR 419/12 – Rn. 35). Auch § 241 Abs. 2 BGB gehört zu den allgemeinen, das Grundrecht auf Meinungsfreiheit beschränkenden Gesetzen. Zwischen der Meinungsfreiheit und dem beschränkenden Gesetz findet demnach eine Wechselwirkung statt. Die Reichweite der Pflicht zur vertraglichen Rücksichtnahme muss ihrerseits unter Beachtung der Bedeutung des Grundrechts bestimmt, der Meinungsfreiheit muss dabei also die ihr gebührende Beachtung geschenkt werden – und umgekehrt (vgl. BVerfG 13. Februar 1996 – 1 BvR 262/91 – aaO; 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 – [Lüth] aaO).
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aa) Im Rahmen der Abwägung fällt die Richtigkeit des Tatsachengehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (BVerfG 25. Oktober 2012 – 1 BvR 901/11 – Rn. 19; 13. Februar 1996 – 1 BvR 262/91 – zu B II 2 der Gründe, BVerfGE 94, 1). Handelt es sich bei einem Werturteil um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, dann spricht die Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede (BVerfG 22. Juni 1982 – 1 BvR 1376/79 – zu B II 1 a der Gründe, BVerfGE 61, 1; 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 – [Lüth] zu B II 4 der Gründe, BVerfGE 7, 198).
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bb) Erweist sich das in einer Äußerung enthaltene Werturteil als Formalbeleidigung oder Schmähkritik, muss die Meinungsfreiheit regelmäßig zurücktreten (BVerfG 8. Mai 2007 – 1 BvR 193/05 – Rn. 23; 10. Oktober 1995 – 1 BvR 1476/91 ua. – zu C III 2 der Gründe, BVerfGE 93, 266). Allerdings macht auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik eine Erklärung für sich genommen noch nicht zur Schmähung. Dafür muss hinzutreten, das bei der Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht, die diese jenseits polemischer und überspitzter Kritik in erster Linie herabsetzen soll (vgl. BVerfG 10. Oktober 1995 – 1 BvR 1476/91 ua. – aaO; BAG 29. August 2013 – 2 AZR 419/12 – Rn. 36; 7. Juli 2011 – 2 AZR 355/10 – Rn. 17, BAGE 138, 312; BGH 30. Mai 2000 – VI ZR 276/99 – zu II 4 a der Gründe).
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4. Danach ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin habe ihre Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB nicht verletzt, nicht zu beanstanden. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, bei den Äußerungen der Klägerin in dem Wahl-Werbeflyer habe es sich um eine vom Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützte Meinungsäußerung gehandelt. Diese habe die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten und gehe, da sie im Wahlkampf erfolgt sei, der Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber dem beklagten Landkreis vor.
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a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, die Aussagen der Klägerin in dem am 18. April 2012 verteilten Flyer stellten nicht schon deshalb keine Vertragspflichtverletzung dar, weil sie außerdienstlich und überdies im Wahlkampf gefallen seien. Die Klägerin hat die Amtswahrnehmung des Landrats kritisiert. Das berührt unmittelbar die Belange auch des beklagten Landkreises.
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b) Das vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegte Verständnis der Äußerungen in dem Flyer ist nicht zu beanstanden. Das Gericht hat angenommen, die Wahlwerbung sei nicht zwingend dahin zu verstehen, die Klägerin habe dem amtierenden Landrat kriminelles Verhalten vorgeworfen. Ebenso gut sei eine mildere, politische Deutung möglich. Danach habe die Klägerin dem Landrat den Vorwurf gemacht, bei Betrügereien im Landkreis das Licht der Öffentlichkeit zu scheuen und damit demokratische Kontrolle zu behindern. Insofern handele es sich um eine Meinungsäußerung, die dem Schutzbereich von Art. 5 Abs. 1 GG unterfalle. Die dagegen vom beklagten Landkreis vorgebrachten Einwände greifen nicht durch.
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aa) Ob der Sinn einer Meinungsäußerung vom Berufungsgericht zutreffend erfasst worden ist, ist vom Revisionsgericht uneingeschränkt zu überprüfen (BAG 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13 – Rn. 47; 7. Juli 2011 – 2 AZR 355/10 – Rn. 15, BAGE 138, 312).
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(1) Für die Ermittlung des Aussagegehalts einer schriftlichen Äußerung ist darauf abzustellen, wie sie vom Empfänger verstanden werden muss. Dabei ist eine isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils regelmäßig nicht ausreichend. Vielmehr sind der sprachliche Kontext und die sonstigen erkennbaren Begleitumstände zu berücksichtigen (BAG 7. Juli 2011 – 2 AZR 355/10 – Rn. 15, BAGE 138, 312; vgl. auch BGH 30. Mai 2000 – VI ZR 276/99 – zu II 3 der Gründe). Maßgeblich für die Deutung einer Äußerung ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden noch das subjektive Verständnis des von ihr Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums hat (BVerfG 25. Oktober 2012 – 1 BvR 901/11 – Rn. 20; 12. Mai 2009 – 1 BvR 2272/04 – Rn. 31). Mehrdeutige Äußerungen dürfen wegen eines möglichen Inhalts nicht zu nachteiligen Folgen führen, ohne dass eine Deutung, die zu einem von der Meinungsfreiheit gedeckten Ergebnis führen würde, mit schlüssigen, überzeugenden Gründen ausgeschlossen worden ist (BVerfG 12. Mai 2009 – 1 BvR 2272/04 – aaO mwN; BAG 31. Juli 2014 – 2 AZR 505/13 – Rn. 46).
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(2) Während für Werturteile die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage kennzeichnend ist, werden Tatsachenbehauptungen durch die objektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit charakterisiert (BAG 29. August 2013 – 2 AZR 419/12 – Rn. 40). Anders als Werturteile sind Tatsachenbehauptungen daher grundsätzlich dem Beweis zugänglich (BVerfG 8. Mai 2007 – 1 BvR 193/05 – Rn. 21; 13. April 1994 – 1 BvR 23/94 – zu B II 1 b der Gründe, BVerfGE 90, 241). Gilt für Meinungsäußerungen, insbesondere im öffentlichen Meinungskampf, bei der Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit und dem Rechtsgut, in dessen Interesse sie durch ein allgemeines Gesetz eingeschränkt werden kann, eine Vermutung zu Gunsten der freien Rede, gilt dies für Tatsachenbehauptungen nicht in gleicher Weise (BVerfG 24. Juli 2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 – Rn. 18 mwN). Ob eine Äußerung ihrem Schwerpunkt nach als Meinungsäußerung oder als Tatsachenbehauptung anzusehen ist, beurteilt sich nach dem Gesamtkontext, in dem sie steht (BVerfG 24. Juli 2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 – aaO). Die isolierte Betrachtung eines umstrittenen Äußerungsteils wird den Anforderungen an eine zuverlässige Sinnermittlung regelmäßig nicht gerecht (BVerfG 24. Juli 2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 – aaO). Auch eine Trennung der tatsächlichen und der wertenden Bestandteile einer Äußerung ist nur zulässig, wenn dadurch ihr Sinn nicht verfälscht wird (BVerfG 24. Juli 2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 – aaO). Wo dies der Fall wäre, muss die Äußerung im Interesse eines wirksamen Grundrechtschutzes insgesamt als Meinungsäußerung angesehen werden. Anderenfalls drohte eine wesentliche Verkürzung des Grundrechtschutzes (BVerfG 24. Juli 2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 – aaO mwN).
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(3) In der Verwendung eines Rechtsbegriffs liegt nur dann eine Tatsachenbehauptung, wenn die Beurteilung nicht als bloße Rechtsauffassung kenntlich gemacht ist, sondern beim Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten, in die Wertung eingebetteten tatsächlichen Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind. Dabei kommt es auch hier entscheidend auf den Zusammenhang an, in dem der Rechtsbegriff verwendet wird (BVerfG 8. Mai 2007 – 1 BvR 193/05 – Rn. 28; BGH 27. April 1999 – VI ZR 174/97 – zu II 2 a der Gründe; 22. Juni 1982 – VI ZR 255/80 – zu 2 b der Gründe).
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bb) Danach enthält die Annahme des Landesarbeitsgerichts, es sei ein – verglichen mit der Deutung des Beklagten – milderes, nämlich politisches Verständnis der Äußerung der Klägerin ohne Weiteres möglich, keinen Rechtsfehler. Das Landesarbeitsgericht hat den möglichen Aussagegehalt der fraglichen Äußerung nach ihrem Kontext beurteilt und dabei berücksichtigt, dass es sich um eine Äußerung im Rahmen von Wahlwerbung, also als Teil der politischen Auseinandersetzung mit einem Gegenkandidaten handelte. Die Aussage über dessen Amtswahrnehmung war in das eigene „Drei-Säulen-Programm“ der Klägerin eingebettet. Mit der Formulierung, der amtierende Landrat „decke“ Betrügereien im Landkreis, war deshalb nicht notwendigerweise der Vorwurf verbunden, der Landrat habe sich selbst – etwa der Strafvereitelung – strafbar gemacht. Ebenso gut lässt sich die Äußerung dahin verstehen, der Landrat habe politisch nicht genügend zur Aufklärung der aufgeführten – angeblichen – Missstände unternommen. Diese Deutung liegt angesichts der von der Klägerin an gleicher Stelle hervorgehobenen Bedeutung von Transparenz im Verwaltungshandeln sogar näher. Daran ändern der Fettdruck und die farbige Gestaltung des Flyers unter Nutzung von Fotomaterial nichts. Der Vorwurf wiegt politisch schwer genug, um als ein aus Sicht der Klägerin maßgebliches und gestalterisch zu unterstreichendes Argument in der Auseinandersetzung mit ihrem Gegenkandidaten betont zu werden.
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cc) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht in der Äußerung der Klägerin über den amtierenden Landrat ihrem Schwerpunkt nach ein Werturteil gesehen, und nicht eine dem Wahrheits- oder Unwahrheitsbeweis zugängliche Tatsachenbehauptung.
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(1) Der Vorwurf, nicht genug zur Aufklärung – vermeintlicher – Betrügereien im öffentlichen Bereich getan zu haben, umschreibt kein spezifisches, einem objektiven Wahrheitsbeweis zugängliches Verhalten (für den Begriff „decken“ als Teil der Passage: „Besonders gefährlich sind die …, die [Herr] F.G. deckt“ ebenso EGMR 17. April 2014 – 5709/09 – Rn. 50). Der Vorwurf kann im vorliegenden Zusammenhang vielmehr schon das Unterlassen höherer Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts oder auch nur mangelndes Interesse daran zum Gegenstand haben. Die Gründe dafür, schon in bloßer Passivität politisch ein „Decken“ von Missständen zu erblicken, können unterschiedlich sein und hängen erkennbar von der subjektiven Einschätzung des Betrachters ab. Der Vorwurf, etwas zu „decken“, bringt daher vor allem die Meinung zum Ausdruck, der Betreffende habe nicht alles von ihm zu Fordernde zur Aufklärung unternommen. Ob eine solche Wertung berechtigt erscheint, ist eine Frage des Dafürhaltens und Meinens ohne konkret fassbaren Tatsachenkern.
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(2) Dies gilt auch dann, wenn man in die Auslegung einbezieht, dass die Klägerin dem Landrat vorgeworfen hat, „Betrügereien“ im Landkreis zu decken, wie der jüngste „Umweltskandal“ in B. und der „Subventionsbetrug“ am Rathaus in C. bewiesen. Aus der Bezugnahme auf die solcherart umschriebenen Vorgänge ergibt sich zwar erst die Relevanz des Vorwurfs. Hätte die Klägerin neutraler von bloßen „Vorgängen“ gesprochen, hätte der Vorhalt, nicht genug zu deren Aufklärung getan zu haben, nicht das gleiche Gewicht gehabt. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht aber auch in der Verwendung dieser Begriffe keine dem Beweis zugänglichen Tatsachenbehauptungen gesehen. Die Ausdrücke „Umweltskandal“ und „Betrügereien“ sind dafür zu unbestimmt. Der Terminus „Subventionsbetrug“ ist zwar ein Rechtsbegriff, der den Straftatbestand des § 264 StGB bezeichnet. Ein verständiger Leser verknüpft mit seiner Verwendung in dem Wahl-Werbeflyer der Klägerin aber nicht die Vorstellung von konkreten, strafrechtlich relevanten Vorgängen, die einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich wären. Die von der Klägerin verwendeten Formulierungen dienten im Rahmen des Wahlkampfs ersichtlich als pointierte Schlagworte zur Beschreibung der von ihr ausgemachten Missstände, um die Leser ggf. dazu zu animieren, sich über die fraglichen Vorgänge selbst näher zu unterrichten. Soweit die Klägerin von „Subventionsbetrug“ spricht, ist damit erkennbar allenfalls eine pauschale Umschreibung gemeint, ohne dass diese einen fassbaren Tatsachenkern zum Gegenstand hätte. Es kommt daher nicht darauf an, ob es, wie der Beklagte im Revisionsverfahren geltend gemacht hat, „unstreitig“ feststeht, dass es „derartige Straftaten“ weder in B. noch in C. gegeben habe. Das Landesarbeitsgericht hat im Übrigen eine solche Feststellung nicht getroffen; einen Antrag nach § 320 Abs. 1 ZPO hat der Beklagte nicht gestellt, eine zulässige Verfahrensrüge hat er nicht erhoben.
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(3) Der Ausdruck, die genannten Vorgänge „bewiesen“, dass der amtierende Landrat Betrügereien im Landkreis decke, ändert nichts am Charakter der Aussage als Meinungsäußerung. „Beweisen“ steht im gegebenen Zusammenhang für „belegen“ oder „zeigen“. Die Klägerin erklärt damit, sie halte das von ihr kritisierte Verhalten des Landrats durch die angesprochenen Vorfälle für belegt oder erwiesen. Ob dies gerechtfertigt ist, ist erneut eine Frage des Dafürhaltens und Meinens, ohne dass konkret fassbare Tatsachen behauptet würden. Selbst im Rechtssinne erfordert die Frage, ob etwas „bewiesen“ ist, eine wertende Betrachtung. In einem nicht juristischen Kontext wie hier liegt erst recht ein wertender Gebrauch nahe (vgl. zu den Begriffen „absichtlich“ und „bewusst“ BVerfG 24. Juli 2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 – Rn. 19).
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(4) Ein anderes Verständnis verlangt auch nicht die anschließende Formulierung, die Klägerin stehe für eine transparente Politik, die „Gesetze einhält und die Pflichtaufgaben des Landkreises überprüft“. Damit wird dem bisherigen Landrat nicht implizit und zwingend vorgeworfen, die Gesetze verletzt zu haben. Ebenso gut lässt sich die Aussage dahin verstehen, die Klägerin wolle hervorheben, dass sie als Landrätin möglichen Gesetzesverstößen konsequenter und transparenter nachgehe. Auch dies ergibt sich nicht zuletzt aus dem Zusammenhang der Äußerung mit der von ihr so bezeichneten Säule ihrer Politik „Transparenz in der Verwaltung“.
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dd) Das Landesarbeitsgericht hat die an die Öffentlichkeit gerichteten schriftlichen Aussagen der Klägerin zu Recht aus der objektiven Sicht eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums ausgelegt. Entgegen der Auffassung des beklagten Landkreises kommt es nicht darauf an, ob der Flyer überwiegend politisch interessierte oder desinteressierte Empfänger erreichte und ob diese um den Erhalt der Informationen gebeten hatten oder nicht. Die von dem Beklagten angestellten Schlussfolgerungen sind überdies nicht zwingend. Gerade ein nur flüchtiger, politisch desinteressierter und möglicherweise außerhalb des Wahlkampfgebiets ansässiger Leser des Flyers wird dessen Aussagen kaum auf einen konkreten Tatsachenkern bezogen haben.
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c) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht der Meinungsfreiheit der Klägerin Vorrang vor ihrer Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Beklagten eingeräumt.
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aa) Allerdings kann es die vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme nach § 241 Abs. 2 BGB gebieten, dass es ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes unterlässt, die Amtswahrnehmung von Repräsentanten seines Arbeitgebers in der Öffentlichkeit herabzuwürdigen. Unter welchen Voraussetzungen dies anzunehmen ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Die Klägerin hat ihre Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des beklagten Landkreises deshalb nicht verletzt, weil deren Reichweite ihrerseits unter Beachtung der Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit bestimmt werden muss.
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bb) Bei der Würdigung der fraglichen Erklärungen fällt entscheidend ins Gewicht, dass es sich um Äußerungen der Klägerin über einen Gegenkandidaten im laufenden Wahlkampf gehandelt hat. Ein Wahlbewerber muss sich in einer solchen Situation ggf. auch überzogener Kritik stellen. Die Grenzen zulässiger Kritik sind gegenüber einem Politiker weiter gefasst als gegenüber einer Privatperson (zu Art. 10 Abs. 1 EMRK vgl. EGMR 17. April 2014 – 5709/09 – Rn. 41). Auch als Beschäftigte des betroffenen Landkreises durfte die Klägerin für das Amt des Landrats kandidieren und sich im Rahmen ihrer Wahlwerbung mit der Amtsausübung des seinerseits kandidierenden Landrats auseinandersetzen. Durch ihre Kandidatur und ihre öffentlichen Äußerungen setzte sich die Klägerin gleichermaßen selbst der kritischen Überprüfung aus (vgl. zu diesem Kriterium EGMR 17. April 2014 – 5709/09 – Rn. 39). In einem öffentlichen Wahlkampf ist auch ein Arbeitnehmer nicht darauf verwiesen, Kritik an der Amtsausübung eines Gegenkandidaten, der zugleich Repräsentant seines Arbeitgebers ist, zunächst nur intern zu äußern. Es geht gerade um den öffentlichen Meinungskampf, in dessen Rahmen ansonsten zu beachtende vertragliche Pflichten zur Rücksichtnahme, soweit im Interesse der Meinungsfreiheit erforderlich, zurücktreten müssen. Die Klägerin war als Leiterin der Erhebungsstelle Zensus nicht unmittelbar persönlich für den amtierenden Landrat tätig. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob von ihr anderenfalls eine weitergehende Zurückhaltung auch in einem öffentlichen Wahlkampf hätte verlangt werden können.
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cc) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Grenzen zur Schmähkritik seien nicht überschritten. Bei den Äußerungen der Klägerin stand nicht die persönliche Diffamierung des amtierenden Landrats im Vordergrund. Die Klägerin hat nach dem vom Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegten Verständnis ihrer Erklärungen nicht dem Landrat selbst „kriminelle Machenschaften“ unterstellt. Sie hat vielmehr, wenn auch in zugespitzter Form, Kritik an dessen Amtswahrnehmung geübt und damit ein bereits zuvor in der Öffentlichkeit diskutiertes Thema aufgegriffen (vgl. bspw. die Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe vom 2. November 2011 als Anlage zum Schriftsatz der Klägerin vom 28. Januar 2013: „Das Landratsamt verharmlost … und blockiert…“). Es ging – entgegen der Auffassung des Beklagten – um eine politische Frage von öffentlichem Interesse (vgl. zu diesem Kriterium EGMR 17. April 2014 – 5709/09 – Rn. 42), hier das Erfordernis transparenten Verwaltungshandelns.
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dd) Die Klägerin hat die Kritik an der Amtswahrnehmung ihres Gegenkandidaten nicht ins Blaue hinein erhoben. An einem solchen Beitrag bestünde auch im politischen Wahlkampf kein anerkennenswertes Interesse. Sie hat sich vielmehr darauf berufen, in der Presse veröffentlichte Berichte und öffentlich diskutierte Vorgänge aufgegriffen zu haben. Ihrer kritischen Bewertung der Amtsausübung des Landrats lag damit zumindest die Tatsache zugrunde, dass die Vorgänge in B. und C. und die Rolle des Landratsamts in der Öffentlichkeit als aufklärungsbedürftig angesehen worden waren. Der beklagte Landkreis mag zwar zutreffend geltend gemacht haben, der Landrat sei in der Presse nicht „krimineller Machenschaften“ bezichtigt worden. Ein solcher Aussagegehalt kommt aber – wie ausgeführt – auch dem Flyer der Klägerin nicht zu. Handelt es sich stattdessen um ein Werturteil – hier über die Amtsausübung des Landrats – und bei diesem um einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, spricht eine Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede (BVerfG 22. Juni 1982 – 1 BvR 1376/79 – zu B II 1 a der Gründe, BVerfGE 61, 1; 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 – [Lüth] zu B II 4 der Gründe, BVerfGE 7, 198). Sie beschränkt sich entgegen der Auffassung des Beklagten nicht auf spontane, mündliche Äußerungen. Vielmehr schützt Art. 5 Abs. 1 GG die freie Meinungsäußerung „in Wort, Schrift und Bild“ (vgl. BVerfG 15. Januar 1958 – 1 BvR 400/51 – [Lüth] aaO: ua. schriftlicher Boykottaufruf; 24. Juli 2013 – 1 BvR 444/13, 1 BvR 527/13 -: Veröffentlichung eines „Denkzettels“ im Internet). Bei einer spontanen, mündlichen Erklärung mag außerdem die mögliche Unbedachtheit einer gewählten Formulierung zu berücksichtigen sein.
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ee) Die Äußerung der Klägerin ging nach Form und Zeitpunkt nicht über das in einem Wahlkampf hinzunehmende Maß hinaus.
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(1) Der beklagte Landkreis hat geltend gemacht, die Klägerin habe offensichtlich um jeden Preis potentielle Wähler für sich gewinnen wollen. Dabei lässt er außer Acht, dass sie dies nicht durch eine persönliche Diffamierung des amtierenden Landrats, sondern durch eine politische Stellungnahme zu dessen Amtswahrnehmung versucht hat. Dass sie damit zugleich beabsichtigt haben dürfte, die Wähler gegen den amtierenden Landrat und für sich selbst einzunehmen, ist nicht zu missbilligender Zweck eines Wahlkampfs.
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(2) Ob der Vorgang anders zu beurteilen wäre, wenn die Klägerin zur Unterstützung ihrer Äußerungen ihren Dienst beim Beklagten in die Waagschale geworfen und den Lesern zB das Vorhandensein darauf beruhender besonderer Einblicke in die Zusammenhänge suggeriert hätte, bedarf keiner Entscheidung. Ein Hinweis auf ihre Beschäftigung bei dem beklagten Landkreis war dem Flyer nicht zu entnehmen.
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(3) Dass der Flyer über das Gebiet des beklagten Landkreises hinaus verbreitet worden wäre, ist vom Landesarbeitsgericht weder festgestellt worden, noch würde dies ein anderes Ergebnis rechtfertigen. Das Anzeigenblatt, dem der Flyer beigelegt war, ist jedenfalls auch in dem Gebiet des beklagten Landkreises verteilt worden. Die Klägerin musste von dieser Möglichkeit seiner Verbreitung nicht deshalb absehen, weil das Blatt einen über den Landkreis hinausreichenden Einzugsbereich hatte.
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(4) Soweit der Beklagte geltend gemacht hat, die Klägerin habe bewusst einen so späten Zeitpunkt für die Veröffentlichung gewählt, dass dem amtierenden Landrat vor der Wahl keine Reaktion mehr möglich gewesen sei, ist dies bereits unschlüssig. Das Anzeigenblatt wurde am 18. April 2012 verteilt, die Landratswahl fand am 22. April 2012 statt.
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II. Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 KSchG. Die Klägerin hat – wie ausgeführt – ihre Vertragspflichten nicht verletzt.
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III. Den Auflösungsantrag des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zu Recht abgewiesen. Der beklagte Landkreis hat keine Umstände dargelegt, die einer weiteren gedeihlichen Zusammenarbeit der Parteien nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG entgegenstünden. Weder genügen frühere Spannungen aufgrund einer Konkurrentenklage als Auflösungsgrund, noch ist ersichtlich, warum sich die Klägerin ein Verhalten ihres Vaters zurechnen lassen müsste.
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IV. Der Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Das Kündigungsschutzverfahren ist rechtskräftig abgeschlossen.
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V. Als unterlegene Partei hat der beklagte Landkreis gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Kreft
Berger
Rachor
F. Löllgen
Gerschermann