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BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 17.9.2013, 3 AZR 686/11

eingetragen von Thilo Schwirtz am Januar 2nd, 2014

Betriebliche Altersversorgung – Überführung in ein geändertes Versorgungssystem – Ausschluss von Arbeitnehmern, die bereits das 63. Lebensjahr vollendet haben – Verbot der Diskriminierung wegen des Alters

Tenor

 

 

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 26. Mai 2011 – 21 Sa 123/10 – wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

 

Tatbestand

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Die Parteien streiten darüber, nach welchen Regelungen sich die betriebliche Altersversorgung des Klägers bestimmt.
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Der im Juli 1944 geborene Kläger war vom 1. April 1980 bis zum 31. Januar 2010 bei der Beklagten beschäftigt. Vom 1. Februar 2010 bis zum 30. April 2010 erhielt er ein betriebliches Übergangsgeld. Seit dem 1. Mai 2010 zahlt die Beklagte dem Kläger eine monatliche Betriebsrente nach der Versorgungsordnung der Daimler AG und der Daimler Unterstützungskasse GmbH vom 26. November 1992 in der zuletzt geltenden Fassung (VersO-DBR). Nach der VersO-DBR wird die Betriebsrente auch bei einer vorgezogenen Inanspruchnahme mit Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Abschläge gewährt.
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Am 1. Januar 2009 traten bei der Beklagten die „Gesamtbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung – Daimler Vorsorge Kapital“ (GBV-DVK) sowie die „Gesamtbetriebsvereinbarung zur Überleitung auf das Daimler Vorsorge Kapital“ (GBV-DVK-Überleitung) vom 16. Oktober 2008 in Kraft. Die GBV-DVK sieht die Gewährung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aus sog. Versorgungskonten der Mitarbeiter auf der Grundlage von Jahresbausteinen vor. Der bei Eintritt des Versorgungsfalls erreichte Stand des Versorgungskontos ist das Versorgungsguthaben, das als Einmalkapital, in Raten oder – unter bestimmten Voraussetzungen – als monatliche Rente an den Versorgungsberechtigten ausgezahlt wird. Die GBV-DVK gilt für Beschäftigte, deren Eintritt in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zum Unternehmen entweder nach dem 31. Dezember 2006 liegt (Nr. 2.2.1 Satz 1 GBV-DVK) oder die vor dem 1. Januar 2007 bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zum Unternehmen gestanden haben und die aufgrund einer gesonderten Betriebsvereinbarung zur Überleitung auf das Daimler Vorsorge Kapital in diese Betriebsvereinbarung einbezogen werden (Nr. 2.2.1 Satz 2 GBV-DVK). Die GBV-DVK-Überleitung regelt die Überführung der nach der VersO-DBR erworbenen Versorgungsanwartschaften in das System der GBV-DVK durch die Gutschrift eines sog. Startbausteins. Die Höhe des Startbausteins wird dadurch ermittelt, dass der Kapitalwert der mit Vollendung des 63. Lebensjahres – unter Zugrundelegung der Verhältnisse am 31. Dezember 2006 – nach der VersO-DBR erreichbaren Rente errechnet, um einen Dynamisierungszuschlag angehoben und von diesem sog. Zielwert das Versorgungsguthaben, das der Arbeitnehmer – unter Zugrundelegung der Verhältnisse am 31. Dezember 2006 – bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres nach der GBV-DVK erreichen kann, in Abzug gebracht wird (Nr. 3.2 GBV-DVK-Überleitung). Nr. 2 der GBV-DVK-Überleitung enthält folgende Regelung:
Geltungsbereich
Diese Gesamtbetriebsvereinbarung gilt für Beschäftigte, die aufgrund eines vor dem 01.01.2007 zum Unternehmen unbefristet begründeten Arbeitsverhältnisses zum Kreis der Versorgungsanwärter nach der Altregelung zählen, sofern das Arbeitsverhältnis zum Unternehmen im Zeitpunkt des Inkrafttretens am 01.01.2009 besteht.
Ausgenommen sind Beschäftigte, die vor dem 01.01.1946 geboren sind, sowie alle Beschäftigten, die am 31.12.2008 in der Arbeits- oder Freistellungsphase der Altersteilzeit sind bzw. im Rahmen des Schichterjahres freigestellt sind.“
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Der Kläger hat geltend gemacht, der Ausschluss der vor dem 1. Januar 1946 geborenen Beschäftigten vom Geltungsbereich der GBV-DVK-Überleitung und damit von der Anwendung der GBV-DVK bewirke eine Benachteiligung wegen des Alters, die sachlich nicht gerechtfertigt sei. Der von der Beklagten gewählte Stichtag sei nicht angemessen.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm Versorgungsguthaben ab Mai 2010 nach den Bestimmungen der Gesamtbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung – Daimler Vorsorge Kapital (DVK) – vom 16. Oktober 2008 zu gewähren.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, dem Kläger ab dem 1. Mai 2010 eine betriebliche Altersversorgung nach der GBV-DVK und der GBV-DVK-Überleitung vom 16. Oktober 2008 zu gewähren.
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I. Die Klage ist in der gebotenen Auslegung zulässig.
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1. Der Klageantrag ist nach seinem Wortlaut zwar auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten gerichtet, dem Kläger ab Mai 2010 ein Versorgungsguthaben nach den Bestimmungen der Gesamtbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung – Daimler Vorsorge Kapital (DVK) – vom 16. Oktober 2008 zu gewähren. Aus der Klagebegründung ergibt sich jedoch, dass der Kläger verlangt, seine nach der VersO-DBR erworbenen Versorgungsanwartschaften in das zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene System der GBV-DVK zu überführen und ihm ab dem 1. Mai 2010 eine betriebliche Altersversorgung nach den Bestimmungen der GBV-DVK zu gewähren. Es geht ihm daher um die Feststellung, dass die Beklagte ihm ab dem 1. Mai 2010 eine betriebliche Altersversorgung nach den Regelungen der GBV-DVK und der GBV-DVK-Überleitung vom 16. Oktober 2008 zu gewähren hat.
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2. Für diesen Antrag besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendige Feststellungsinteresse. Die Beklagte bestreitet die Verpflichtung zur Versorgung des Klägers nach den Vorschriften der GBV-DVK. Der Vorrang der Leistungsklage greift nicht, da die Feststellungsklage eine sachgemäße, einfache Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte ermöglicht und prozesswirtschaftliche Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. etwa BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 13 mwN).
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II. Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung nach der GBV-DVK und der GBV-DVK-Überleitung vom 16. Oktober 2008. Die Geltung der beiden Betriebsvereinbarungen ist nach Nr. 2.2.1 Satz 2 GBV-DVK iVm. Nr. 2 Satz 2 Alt. 1 GBV-DVK-Überleitung für den Kläger ausgeschlossen. Die Ausschlussregelung ist entgegen der Ansicht des Klägers wirksam.
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1. Der Kläger fällt nicht unter den persönlichen Geltungsbereich der GBV-DVK und der GBV-DVK-Überleitung. Da er bereits vor dem 1. Januar 2007 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Beklagten gestanden hat, wäre die GBV-DVK für ihn nur anwendbar, wenn er aufgrund der GBV-DVK-Überleitung in den Geltungsbereich der GBV-DVK einbezogen wäre (Nr. 2.2.1 Satz 2 GBV-DVK). Dies ist nach Nr. 2 Satz 2 GBV-DVK-Überleitung nicht der Fall. Zwar zählte der Kläger aufgrund seines vor dem 1. Januar 2007 begründeten Arbeitsverhältnisses zum Kreis der Versorgungsanwärter nach der VersO-DBR und sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten bestand am 1. Januar 2009 noch; nach Nr. 2 Satz 2 Alt. 1 GBV-DVK-Überleitung ist der Kläger jedoch vom Geltungsbereich der GBV-DVK-Überleitung ausgenommen, da er vor dem 1. Januar 1946 geboren wurde.
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2. Die Regelung in Nr. 2 Satz 2 Alt. 1 GBV-DVK-Überleitung ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
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a) Der Ausschluss von vor dem 1. Januar 1946 geborenen Beschäftigten aus dem Geltungsbereich der GBV-DVK-Überleitung und – infolgedessen – aus dem Geltungsbereich der GBV-DVK bewirkt keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters iSd. §§ 1, 3 Abs. 1 und § 7 AGG.
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aa) Nach § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Bestimmungen in Betriebsvereinbarungen, die gegen dieses Benachteiligungsverbot verstoßen, sind nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam (BAG 13. Oktober 2009 – 9 AZR 722/08 – Rn. 46, BAGE 132, 210). Der Begriff der Benachteiligung bestimmt sich nach § 3 AGG. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde (BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 24; 11. Dezember 2012 – 3 AZR 634/10 – Rn. 17).
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bb) Es kann dahinstehen, ob – wie vom Kläger behauptet – die vor dem 1. Januar 1946 geborenen Beschäftigten der Beklagten durch den Ausschluss von der Anwendung der GBV-DVK-Überleitung und der GBV-DVK benachteiligt werden, da ihre nach der VersO-DBR zu zahlende Betriebsrente geringer ausfällt. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre die darin liegende unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt.
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(1) Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein. § 10 Satz 3 AGG enthält eine Aufzählung von Tatbeständen, wonach derartige unterschiedliche Behandlungen insbesondere gerechtfertigt sein können. Nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG ist dies der Fall bei der Festsetzung von Altersgrenzen bei betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente. Indem der Gesetzgeber den in Nr. 4 geregelten Tatbestand in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet hat, hat er zum Ausdruck gebracht, dass die Festsetzung von Altersgrenzen für den Zugang zu betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit und damit auch zur betrieblichen Altersversorgung und für den Bezug von Altersrente grundsätzlich als ein von einem legitimen Ziel getragenes Mittel iSv. § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG zulässig sein soll. Da eine solche Altersgrenze in der jeweiligen Versorgungsregelung festzusetzen ist, muss die konkret gewählte Altersgrenze iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen sein (BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 26).
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(2) § 10 AGG dient der Umsetzung von Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG L 303 S. 16, im Folgenden: Richtlinie 2000/78/EG) in das nationale Recht. Die Bestimmung ist mit Unionsrecht vereinbar (vgl. BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 27 ff.; 11. August 2009 – 3 AZR 23/08 – Rn. 37 ff., BAGE 131, 298).
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(a) Nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Für den Bereich der Versorgung im Alter enthält Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG eine Spezialregelung. Danach können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt. Die Mitgliedstaaten sind demnach, soweit es um diese Systeme geht, bei der Umsetzung in nationales Recht nicht verpflichtet, die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG einzuhalten. Die Festsetzung von Altersgrenzen in den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit ist somit unionsrechtlich in der Regel zulässig. Damit werden Hindernisse, die der Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung entgegenstehen können, beseitigt(BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 28; 11. August 2009 – 3 AZR 23/08 – Rn. 40, BAGE 131, 298).
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(b) Diesen Vorgaben genügt § 10 AGG. Es kann offenbleiben, ob Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG eine Verhältnismäßigkeitsprüfung der für die Mitgliedschaft in einem System der betrieblichen Altersversorgung oder den Bezug von Altersrente bestimmten Altersgrenze erfordert (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 7. Februar 2013 in der Rechtssache – C-476/11 – [HK Danmark]). Sollte dies der Fall sein, hätte der nationale Gesetzgeber Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG nahezu unverändert in das nationale Recht übernommen. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre der Gesetzgeber, indem er die Nr. 4 in die Rechtfertigungsgründe des § 10 Satz 3 AGG eingeordnet und somit § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG für anwendbar erklärt hat, sogar über die Anforderungen des Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG hinausgegangen. Zwar findet sich im Gesetzestext die in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG enthaltene Einschränkung „solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt“, nicht wieder. Das bedeutet aber nicht, dass § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG hinter Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zurückbliebe. Ausweislich der Entstehungsgeschichte der Vorschrift darf nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers die Festsetzung von Altersgrenzen nicht zu einer Benachteiligung wegen des Geschlechts oder wegen eines anderen in § 1 AGG genannten Grundes führen (BT-Drucks. 16/1780 S. 36). Dies ergibt sich auch daraus, dass eine Regelung, die zu einer Diskriminierung wegen des Geschlechts führt, nicht iSv. § 10 Satz 2 AGG angemessen sein kann. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass der nationale Gesetzgeber davon abgesehen hat, konkrete Altersgrenzen für die Teilnahme an einer betrieblichen Altersversorgung oder die Aufnahme in ein Versorgungswerk selbst zu bestimmen. Der Gesetzgeber muss die wegen eines sozialpolitischen Ziels für geboten erachtete Ungleichbehandlung nicht im Detail selbst regeln, sondern kann Gestaltungs- und Beurteilungsspielräume einräumen (vgl. EuGH 16. Oktober 2007 – C-411/05 – [Palacios de la Villa] Rn. 68, 74, Slg. 2007, I-8531; BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 29 mwN).
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(3) Das vom nationalen Gesetzgeber verfolgte Ziel der Förderung der betrieblichen Altersversorgung ist ein legitimes Ziel iSd. § 10 Satz 1 AGG. Um dieses Ziel zu fördern, hat der Gesetzgeber mit § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG zur Gestaltung der betrieblichen Altersversorgung in Versorgungsordnungen das Mittel der Festsetzung von Altersgrenzen für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrenten zur Verfügung gestellt. Von dieser Möglichkeit können grundsätzlich auch die Betriebsparteien bei der Schaffung von Versorgungsregelungen Gebrauch machen. Allerdings muss die konkret festgelegte Altersgrenze nach § 10 Satz 2 AGG angemessen sein. Dies ist vorliegend der Fall.
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(a) Den Betriebsparteien steht – ebenso wie dem Arbeitgeber – bei freiwilligen zusätzlichen Leistungen, zu denen auch Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zählen, ein von den Gerichten zu respektierender Gestaltungs- und Ermessensspielraum zu (vgl. BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 31; 18. September 2001 – 3 AZR 656/00 – zu 2 a der Gründe, BAGE 99, 53). Dies ist der Bereitschaft des Arbeitgebers geschuldet, sich freiwillig zu einer von ihm zu finanzierenden betrieblichen Zusatzversorgung zu verpflichten. Durch die Festlegung der Voraussetzungen für die Aufnahme in ein betriebliches System der Altersversorgung wird zudem der Dotierungsrahmen des Arbeitgebers bestimmt. Diese Gestaltungsfreiheit eröffnet den Betriebsparteien grundsätzlich die Möglichkeit, als Voraussetzung für den Erwerb eines Versorgungsanspruchs eine Mindestbetriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung oder eine Höchstaltersgrenze zu bestimmen(vgl. BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 31 ff.). Allerdings dürfen die Betriebsparteien bei der Festlegung einer Höchstaltersgrenze als Voraussetzung für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung die berechtigten Belange der betroffenen Arbeitnehmer nicht außer Acht lassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die betriebliche Altersversorgung nicht nur Versorgungs-, sondern auch Entgeltcharakter hat (vgl. BAG 12. Februar 2013 – 3 AZR 100/11 – Rn. 32).
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(b) Danach ist der Ausschluss der vor dem 1. Januar 1946 geborenen Beschäftigten von der Geltung der GBV-DVK und der GBV-DVK-Überleitung nach § 10 AGG gerechtfertigt. Mit Leistungen der betrieblichen Altersversorgung soll in der Regel – zumindest auch – sowohl bereits erbrachte als auch künftige Betriebstreue entlohnt werden (vgl. etwa BAG 28. Oktober 2008 – 3 AZR 317/07 – Rn. 36, BAGE 128, 199; 25. Oktober 1994 – 3 AZR 279/94 – zu 4 der Gründe). Die Regelung in Nr. 2 Satz 2 Alt. 1 GBV-DVK-Überleitung schließt Beschäftigte vom Anwendungsbereich der GBV-DVK aus, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der GBV-DVK-Überleitung das 63. Lebensjahr vollendet haben. Bei diesen Mitarbeitern war im Hinblick auf die für sie geltende Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung von 65 Jahren (§ 235 Abs. 2 Satz 1 SGB VI) davon auszugehen, dass sie in der Regel ohnehin nur noch eine relativ kurze Betriebstreue bis zur Inanspruchnahme der Versorgungsleistungen erbringen konnten. Zudem scheiden nach dem vom Kläger nicht bestrittenen Vortrag der Beklagten ihre Mitarbeiter überwiegend spätestens mit Vollendung des 63. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis aus. Dies haben die Betriebsparteien bei den Regelungen zur Überführung der nach der VersO-DBR erworbenen Anwartschaften (Nr. 3.2 GBV-DVK-Überleitung) berücksichtigt, indem sie für die Ermittlung des Startbausteins auf die mit Vollendung des 63. Lebensjahres nach der VersO-DBR erreichbare Rente abgestellt haben. Die Betriebsparteien durften im Rahmen des ihnen zustehenden Beurteilungsspielraums und ihrer Einschätzungsprärogative hinsichtlich der tatsächlichen Voraussetzungen und Folgen der von ihnen gesetzten Regelungen (vgl. dazu nur BAG 18. Mai 2010 – 3 AZR 80/08 – Rn. 36; 16. Februar 2010 – 3 AZR 216/09 – Rn. 29 ff., BAGE 133, 158) daher davon ausgehen, dass die Arbeitnehmer, die das 63. Lebensjahr vollendet haben, typischerweise die Voraussetzungen für die vorgezogene Inanspruchnahme der gesetzlichen Altersrente nach § 236 Abs. 1 Satz 2 SGB VI erfüllen und damit auch die Betriebsrente nach der VersO-DBR vorzeitig (§ 6 BetrAVG) und abschlagsfrei in Anspruch nehmen (können). Die Interessen der von der Regelung in Nr. 2 Satz 2 Alt. 1 GBV-DVK-Überleitung betroffenen Arbeitnehmer werden zudem nicht unangemessen beeinträchtigt. Durch den Ausschluss aus dem Geltungsbereich der GBV-DVK werden die erworbenen Besitzstände der betroffenen Arbeitnehmer nicht angetastet. Nr. 2 Satz 2 GBV-DVK-Überleitung hat nicht zur Folge, dass in bereits nach der VersO-DBR erworbene Versorgungsanwartschaften der Beschäftigten eingegriffen wird. Die Arbeitnehmer, die mit Vollendung des 63. Lebensjahres die gesetzliche Rente vorgezogen in Anspruch nehmen, haben Anspruch auf die nach der VersO-DBR ohne Abschläge zu zahlende Betriebsrente. Die Mitarbeiter, die auch nach der Vollendung des 63. Lebensjahres im Unternehmen verbleiben, können weitere Zuwächse nach den Bestimmungen der VersO-DBR erwerben. Wenn diese Arbeitnehmer in den Geltungsbereich der GBV-DVK-Überleitung aufgenommen worden wären, hätten sie nur noch geringe Zuwächse nach der Neuregelung erdienen können. Es ist daher von dem Gestaltungsspielraum der Betriebsparteien gedeckt, dass sie diese Beschäftigten, die ihre Versorgungsansprüche bereits (nahezu) vollständig nach der VersO-DBR erdient hatten und denen bei Inkrafttreten der Neuregelung in der Regel allenfalls noch eine kurze Zeit der Betriebszugehörigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls verblieb, von der Überleitung ausgenommen haben. Damit haben die Betriebsparteien eine ausgewogene, die Interessen der Beklagten und der betroffenen Arbeitnehmer angemessen berücksichtigende Regelung getroffen.
25
b) Nr. 2 Satz 2 Alt. 1 GBV-DVK-Überleitung verstößt auch nicht gegen § 75 Abs. 1 BetrVG. Der auf den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG zurückzuführende betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz enthält nicht nur ein Überwachungsgebot, sondern verbietet zugleich Vereinbarungen, durch die Arbeitnehmer aufgrund der dort aufgeführten Merkmale benachteiligt werden. Der Gesetzgeber hat die in § 1 AGG geregelten Benachteiligungsverbote in § 75 Abs. 1 BetrVG übernommen. Ist – wie vorliegend – die unterschiedliche Behandlung der Betriebsangehörigen aus einem in § 1 AGG genannten Grund unter den im AGG normierten Voraussetzungen zulässig, ist auch der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt (vgl. dazu BAG 23. April 2013 – 1 AZR 25/12 – Rn. 13; 26. März 2013 – 1 AZR 813/11 – Rn. 21; 23. März 2010 – 1 AZR 832/08 – Rn. 14).
26
c) Der vom Kläger geltend gemachte Verstoß gegen das unionsrechtliche Entgeltgleichheitsgebot des Art. 157 AEUV (ex. Art. 141 EGV) scheidet schon deshalb aus, weil nicht ersichtlich und auch vom Kläger nicht dargelegt ist, dass der Ausschlusstatbestand der Nr. 2 Satz 2 Alt. 1 GBV-DVK-Überleitung eine zumindest mittelbare geschlechtsbezogene Diskriminierung bewirkt.
27
3. Der Senat kann über die Vereinbarkeit von § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG sowie Nr. 2 Satz 2 Alt. 1 GBV-DVK-Überleitung mit Unionsrecht selbst entscheiden. Ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht geboten. Die Auslegung des den Vorschriften des AGG zugrunde liegenden unionsrechtlichen Grundsatzes des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters einschließlich des Rückgriffs auf die Richtlinie 2000/78/EG zu dessen Konkretisierung ist durch die Entscheidungen des Gerichtshofs in der Rechtssache „Kücükdeveci“ (EuGH 19. Januar 2010 – C-555/07 – Slg. 2010, I-365) und in der Rechtssache „Prigge ua.“ (EuGH 13. September 2011 – C-447/09 -) geklärt, so dass eine Vorlagepflicht entfällt (vgl. EuGH 6. Oktober 1982 – C-283/81 – [C.I.L.F.I.T.] Slg. 1982, 3415). Einer Vorabentscheidung zur Auslegung von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG bedarf es ebenfalls nicht. Es kann dahinstehen, ob eine für die Mitgliedschaft in einem System der betrieblichen Altersversorgung oder den Bezug von Altersrente bestimmte Altersgrenze nach den Vorgaben in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten muss oder ob es einer Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht bedarf (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 7. Februar 2013 in der Rechtssache – C-476/11 – [HK Danmark]); denn die Altersgrenze von 63 Jahren in Nr. 2 Satz 2 Alt. 1 GBV-DVK-Überleitung ist entsprechend den Anforderungen des § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG angemessen und verhältnismäßig. Ob eine Diskriminierung wegen des Alters iSd. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG sachlich gerechtfertigt ist, ist von den nationalen Gerichten zu prüfen (vgl. EuGH 5. März 2009 – C-388/07 – [Age Concern England] Rn. 47, Slg. 2009, I-1569).
28
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
    Gräfl
    Schlewing
    Ahrendt
    Busch
    Becker