BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 17.2.2015, 1 AZR 599/13
Änderungsvorbehalt – Ablösung von allgemeinen Arbeitsbedingungen durch Betriebsvereinbarung
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 10. April 2013 – 5 Sa 1393/11 – aufgehoben.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 12. Oktober 2011 – 3 Ca 2350/10 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über das Fortbestehen von Leistungen im Krankheitsfall.
2
Der im Jahr 1951 geborene Kläger war seit dem 18. August 1980 zunächst befristet für sechs Monate bei der ehemaligen Deutschen Postgewerkschaft (DPG) als Sekretär des Bezirksvorstands beschäftigt. Mit Wirkung vom 18. Februar 1981 wurde er in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Nr. 3 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 13. März 1981 lautet:
„Auf das Arbeitsverhältnis finden die Bestimmungen der Tarifregelung der Beschäftigten der Deutschen Postgewerkschaft in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung.“
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Bei der im Arbeitsvertrag genannten Tarifregelung handelte es sich um allgemeine Arbeitsbedingungen der DPG. Diese wurden von einer Personalkommission erarbeitet und – soweit sie nicht Gegenstand von Betriebsvereinbarungen waren – vom Hauptvorstand der DPG beschlossen. In die Beratungen der Personalkommission war der Gesamtbetriebsrat eingebunden. Über deren Beratungsstand wurden die Arbeitnehmer in Betriebsversammlungen regelmäßig informiert.
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Nach den bei Begründung des Arbeitsverhältnisses des Klägers für die ständig Beschäftigten der DPG geltenden Tarifregelungen (§ 1 Satz 1 Buchst. b TR DPG) hatten die nicht krankenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer Ansprüche auf Beihilfen und Unterstützungen nach den für den öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen (§ 17 TR DPG).
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Die Beklagte entstand im Jahr 2001 durch Verschmelzung von fünf Gewerkschaften. In einer zuvor von diesen mit ihren Gesamtbetriebsräten im Juni 2000 abgeschlossenen „Grundsatzvereinbarung zur Gründung und Aufbau von ver.di“ heißt es:
„1.
…
Die allgemeinen Anstellungsbedingungen und -regelungen der fünf Gewerkschaften gelten jeweils für die aus ihrem ursprünglichen Geltungsbereich stammenden Beschäftigten über den Zeitpunkt der Verschmelzung hinaus solange fort, bis sie durch neue Vereinbarungen ersetzt werden.
Die Beteiligten dieser Vereinbarung sind sich dabei einig in dem Bestreben, einvernehmlich neue einheitliche allgemeine Anstellungsbedingungen für alle Beschäftigten zu schaffen.
Solche Regelungen, die üblicherweise tariflich normiert sind, können vor dem 30.06.2003 nicht ohne die Zustimmung der jeweils anderen Betriebspartei (Gesamtbetriebsrat und Bundesvorstand von ver.di) vereinbart werden; die Zustimmung kann nicht ersetzt werden. … Anstellungsbedingungen, die nicht einvernehmlich zustande gekommen sind, können frühestens am 1.7.2004 in Kraft treten. Jede/r Beschäftigte hat die Möglichkeit, bis zum 31.12.2007 seine/ihre bisherigen Vergütungsregelungen … beizubehalten.
2.
Zusätzlich werden Besitzstandszusagen auch über den Zeitpunkt der Ablösung der gegenwärtig geltenden Anstellungsbedingungen hinaus gegeben. …“
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Am 20./21. Juni 2000 beschloss die DPG eine Aktualisierung ihrer Tarifregelung. In einem mit „Anhang II Rechtsstandswahrungen“ überschriebenen Abschnitt war für die bis zum 31. August 1995 eingestellten Beschäftigten die bisher in § 17 TR DPG enthaltene Regelung aufgeführt.
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Nach einer zwischen der Beklagten und ihrem Gesamtbetriebsrat im Dezember 2007 abgeschlossenen „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Ablösung von Regelungen der Gründungsgewerkschaften (GBV Ablösung) sollte § 17 Anhang II TR DPG mit Inkrafttreten der Allgemeinen Arbeitsbedingungen ver.di (AAB) außer Kraft treten. In einer dazu angebrachten Fußnote verpflichtete sich die Beklagte, eine Gruppenversicherung über die abgeschafften Leistungen abzuschließen. Bis zu diesem Zeitpunkt sollten diese noch wie bisher gewährt werden, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2008. Zum 1. Januar 2008 traten die AAB der Beklagten sowie die „Gesamtbetriebsvereinbarung über die Gewährung von Beihilfen für zahnärztliche Leistungen sowie Unterstützung bei anderen medizinischen Aufwendungen an die Beschäftigten von ver.di“ (GBV Beihilfe/Unterstützung 2008) in Kraft. Gegenstand dieser Vereinbarung ist die Gewährung von finanziellen Unterstützungen bei zahnärztlichen Leistungen und in besonderen Härtefällen. Am 1. Juli 2008 trat die „Verhandelte Gesamtbetriebsvereinbarung zur Umstellung der Krankenversicherungsverhältnisse“ (GBV Umstellung) in Kraft. Danach werden den Beschäftigten Mehrbelastungen aus der Umstellung des Krankenversicherungsschutzes über 300,00 Euro monatlich hinaus als Bruttobetrag mit dem laufenden Entgelt erstattet. Die Beklagte gewährte die in § 17 Anhang II TR DPG enthaltenen Leistungen bis zum 31. Juli 2008 weiter.
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Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nach der Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses am 30. April 2011.
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Der Kläger hat gemeint, die im Arbeitsvertrag enthaltene Bezugnahmeklausel lasse eine Verschlechterung der in der Tarifregelung begründeten Ansprüche nicht zu. Bei der Tarifregelung handele es sich nicht um ein betriebsvereinbarungsoffenes Regelwerk. Mit einer Verschlechterung seiner bei Begründung des Arbeitsverhältnisses bestehenden krankenversicherungsrechtlichen Stellung habe er nicht rechnen müssen. Die Übernahme der ihm durch den Wechsel seines Krankenversicherungstarifs entstehenden Mehrkosten sei unzumutbar. Er habe für die Beibehaltung seines Krankenversicherungsniveaus bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses monatlich bis zu 262,28 Euro aufzuwenden.
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Der Kläger hat beantragt
1.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm über den 1. September 2008 (richtig: 31. Juli 2008) hinaus als Arbeitnehmer bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses Beihilfe und Unterstützung nach den im öffentlichen Dienst geltenden Beihilfevorschriften und Unterstützungsgrundsätzen gem. der vormals bestehenden Regelung nach § 17 des Anhangs II der Tarifregelung der DPG vom 20. Juni 2000 zu gewähren;
2.
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm über den Zeitpunkt des Renteneintritts hinaus Beihilfe und Unterstützung nach den im öffentlichen Dienst geltenden Beihilfevorschriften und Unterstützungsgrundsätzen gem. der vormals bestehenden Regelung nach § 17 des Anhangs II der Tarifregelung der DPG vom 20. Juni 2000 zu gewähren;
3.
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 1. August 2008 hinaus alle Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten, die über eine monatliche Eigenbelastung in Höhe der Hälfte der Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungskosten einer Beihilfe-Ergänzungsversicherung nach Beitragsgruppe B1 der Postbeamtenkrankenkasse für Beamte mit Beihilfeberechtigung nach den im öffentlichen Dienst geltenden Beihilfevorschriften und Unterstützungsgrundsätzen hinausgehen;
4.
höchst hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm monatlich einen Zuschuss zu seiner Krankenversicherung bei der Postbeamtenkrankenkasse nach der Beitragsgruppe B3 rückwirkend in Höhe von monatlich 268,28 Euro für die Monate Januar bis Juni 2009, monatlich 257,25 Euro für die Monate Juli bis Dezember 2009 sowie monatlich 262,50 Euro ab Januar 2010 abzüglich des jeweiligen Arbeitgeberzuschusses KK nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtsanhängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
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Beide Vorinstanzen haben den Hauptanträgen entsprochen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet und führt unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zur Abweisung der zu 1. und 2. erhobenen Klageanträge. Die hilfsweise angebrachten Anträge zu 3. und 4. fallen dem Senat nicht zur Entscheidung an.
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A. Der zulässige Antrag zu 1. ist unbegründet.
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I. Der Antrag ist zulässig.
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1. Der Kläger möchte mit dem Antrag zu 1. die Verpflichtung der Beklagten festgestellt wissen, dass diese bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien am 30. April 2011 zur Gewährung von Leistungen nach § 17 Anhang II TR DPG verpflichtet ist.
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2. Für den so verstandenen Antrag besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Der Vorrang der Leistungsklage steht dem nicht entgegen. Das angestrebte Feststellungsurteil ist geeignet, den Konflikt der Parteien endgültig beizulegen und weitere Prozesse zwischen ihnen zu vermeiden. Es kann auch erwartet werden, dass die Beklagte einem gegen sie ergehenden Feststellungsurteil nachkommt und die sich daraus ergebenden Leistungsansprüche erfüllen wird (BAG 17. Juli 2012 – 1 AZR 476/11 – Rn. 14, BAGE 142, 294).
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II. Der Antrag zu 1. ist unbegründet. Die in der GBV Ablösung getroffene Regelung ist wirksam und hat den sich bis 31. Juli 2008 aus § 17 Anhang II TR DPG ergebenden Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Beihilfen und Unterstützungen zum 1. August 2008 beseitigt.
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1. Der Anspruch des Klägers auf Gewährung von Leistungen im Krankheitsfall richtete sich bis zum 31. Juli 2008 nach § 17 Anhang II TR DPG.
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a) Nach der in Nr. 3 des Arbeitsvertrags enthaltenen Bezugnahmeklausel gelten die Bestimmungen der Tarifregelungen für die Beschäftigten der DPG „in ihrer jeweils geltenden Fassung“. Zu diesen gehörte jedenfalls bis zum Inkrafttreten der durch Art. 1 Nr. 12 des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) mit Wirkung zum 1. Januar 2002 geänderten §§ 305 ff. BGB auch § 17 Anhang II TR DPG idF vom 20./21. Juni 2000. Dies steht zwischen den Parteien außer Streit.
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b) Die in § 17 Anhang II TR DPG enthaltene Regelung über Beihilfen und Unterstützungen galt auch über den 31. Dezember 2001 hinaus. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts enthält die in Nr. 3 des Arbeitsvertrags getroffene Vereinbarung keinen unzulässigen Änderungsvorbehalt iSd. § 308 Nr. 4 BGB, der zur Unwirksamkeit der Bezugnahmeklausel führte.
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aa) Nach dieser Vorschrift ist eine Abrede unwirksam, wenn sich ein Arbeitgeber einseitig das Recht vorbehält, eine versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, wenn nicht die Vereinbarung der Änderung oder Abweichung unter Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers für den Arbeitnehmer zumutbar ist. Von § 308 Nr. 4 BGB werden auch vorformulierte Bezugnahmeklauseln erfasst, die auf vom Arbeitgeber selbst formulierte allgemeine Arbeitsbedingungen in der jeweils geltenden Form verweisen. Ein solcher Änderungsvorbehalt stellt eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung iSd. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar. Zu den Grundelementen des Vertragsrechts zählt die Bindung der Parteien an die von ihnen abgeschlossenen Verträge (BAG 17. Juli 2012 – 1 AZR 476/11 – Rn. 26, BAGE 142, 294).
23
bb) Der Senat hat in den am 17. Juli 2012 entschiedenen Parallelverfahren die arbeitsvertraglichen Bezugnahmen auf die bei der DPG geltende Tarifregelung auch für die Zeit nach dem 31. Dezember 2001 für wirksam gehalten, weil die Jeweiligkeitsklausel nicht auf ein vom Arbeitgeber einseitig veränderbares Regelwerk gerichtet war. Die DPG war seit dem Inkrafttreten der bei ihr zuletzt geltenden Tarifregelung vom 20./21. Juni 2000 nicht mehr zu einer einseitigen Änderung ihrer Tarifregelung berechtigt. Nach Nr. 1 Unterabs. 4 Satz 1 der Grundsatzvereinbarung vom 28. Mai 2000 konnten solche Regelungen, die üblicherweise tariflich normiert sind, vor dem 30. Juni 2003 vom Bundesvorstand der Beklagten nicht ohne Zustimmung des Gesamtbetriebsrats geändert werden. Deshalb waren weder die DPG noch – nach Wirksamwerden ihrer Verschmelzung auf ver.di – die Beklagte nach Ablauf der für Allgemeine Geschäftsbedingungen in bestehenden Arbeitsverträgen geltenden Übergangsfrist zum 1. Januar 2003 (Art. 229 § 5 EGBGB) zu einer einseitigen Änderung der Tarifregelung befugt (BAG 17. Juli 2012 – 1 AZR 476/11 – Rn. 27, BAGE 142, 294). Dies gilt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch für die Zeit nach dem 30. Juni 2003, weil die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten bei ver.di nicht einseitig durch die Beklagte festgesetzt, sondern in kollektiven Verträgen zwischen deren Bundesvorstand und dem Gesamtbetriebsrat vereinbart werden (§ 73 Nr. 2 ver.di-Satzung).
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c) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die in Nr. 3 des Arbeitsvertrags vereinbarte Klausel enthalte einen unzulässigen Änderungsvorbehalt, weil für die Wirksamkeit einer Bezugnahmeklausel nicht das Bezugnahmeobjekt, sondern die Bezugnahmeklausel maßgeblich sei, ist unzutreffend. Sie entspricht insbesondere nicht der Rechtsprechung anderer Senate des Bundesarbeitsgerichts. Danach enthält eine Verweisungsklausel nur dann ein einseitiges Vertragsänderungsrecht des Arbeitgebers iSd. § 308 Nr. 4 BGB, wenn sie andere Regelungen in ihrer jeweiligen Fassung in Bezug nimmt, die der Arbeitgeber als solcher einseitig aufstellen oder ändern kann (so ausdrücklich BAG 14. Dezember 2011 – 5 AZR 457/10 – Rn. 20, BAGE 140, 148; ebenso BAG 15. Oktober 2013 – 3 AZR 294/11 – Rn. 39, BAGE 146, 200; 21. November 2012 – 4 AZR 85/11 – Rn. 43, BAGE 144, 36; 22. Juli 2010 – 6 AZR 847/07 – Rn. 18, BAGE 135, 163). Nichts anderes ergibt sich aus dem vom Landesarbeitsgericht zur Begründung der von ihm behaupteten Divergenz herangezogenen Urteil des Zehnten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 11. Februar 2009 (- 10 AZR 222/08 -). Darin hat der Zehnte Senat eine im Arbeitsvertrag enthaltene Bezugnahme auf die „jeweilige“ Fassung einer vom Arbeitgeber einseitig erlassenen Arbeits- und Sozialordnung und einen darin enthaltenen Änderungsvorbehalt bis zum Erlass eines neuen Regelwerks als ein nach § 308 Nr. 4 BGB unwirksames einseitiges Vertragsänderungsrecht erachtet (BAG 11. Februar 2009 – 10 AZR 222/08 – Rn. 23). Einen solchen Änderungsvorbehalt enthält die Tarifregelung der DPG hingegen nicht. Die Beklagte ist nicht berechtigt, diese einseitig zu ändern. Der Zehnte Senat ist im Übrigen von der Wirksamkeit der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeklausel auf das vom Arbeitgeber einseitig erlassene Regelwerk ausgegangen. Er hat auf deren Grundlage den streitigen Anspruch aus der vor Inkrafttreten der §§ 305 ff. BGB erlassenen Arbeits- und Sozialordnung bejaht und lediglich die nachfolgenden vom Arbeitgeber einseitig vorgenommenen Änderungen für unwirksam angesehen. Dies entspricht der Annahme des Senats in seinen Entscheidungen vom 17. Juli 2012, die in § 17 Anhang II TR DPG enthaltene Regelung über Beihilfen und Unterstützungen habe in ihrer vor dem 31. Dezember 2001 geltenden Fassung über diesen Zeitpunkt hinaus fortbestanden.
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d) Weitere rechtliche Bedenken gegen die Wirksamkeit der in Nr. 3 des Arbeitsvertrags enthaltenen Bezugnahmeklausel, die nicht bereits Gegenstand der Senatsentscheidungen vom 17. Juli 2012 waren, sind weder ersichtlich noch vom Kläger in der Revision geltend gemacht.
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2. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts war die in Nr. 3 des Arbeitsvertrags enthaltene Verweisungsklausel betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet.
27
a) Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer späteren betrieblichen Regelung den Vorrang einräumen. Dieser Vorbehalt kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen. Er ist sowohl bei einzelvertraglichen Abreden als auch bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich. Ein solcher Vorbehalt kann anzunehmen sein, wenn für die Arbeitnehmer erkennbar ist, dass die Leistung einer kollektiven, möglicherweise auch verschlechternden Veränderung zugänglich sein soll. Hiervon ist auszugehen, wenn die vertragliche Einheitsregelung in Abstimmung mit der jeweils zuständigen Arbeitnehmervertretung zustande gekommen ist oder wenn Änderungen in der Vergangenheit unter Beteiligung des Betriebsrats vorgenommen worden sind (BAG 17. Juli 2012 – 1 AZR 476/11 – Rn. 29, BAGE 142, 294). Dies legt bei dem Erklärungsempfänger die Folgerung nahe, dass die vom Arbeitgeber zu erbringenden Leistungen in Abstimmung mit dem Betriebsrat umgestaltet werden können (BAG 30. September 2014 – 3 AZR 998/12 – Rn. 51).
28
b) Diese Voraussetzungen liegen vor.
29
aa) Nach den vom Kläger nicht mit einer Gegenrüge angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war der Gesamtbetriebsrat der DPG an der Erarbeitung der jeweiligen Tarifregelungen vor der Beschlussfassung durch den Hauptvorstand beteiligt. Dessen Einbeziehung war auch für die Arbeitnehmer erkennbar. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht von seinem vorherigen Bestreiten Abstand genommen und die Information der Arbeitnehmer über die Arbeit von Vertretern des Gesamtbetriebsrats in der Personalkommission ausdrücklich zugestanden.
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bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts scheitert die Vereinbarung einer Betriebsvereinbarungsoffenheit nicht daran, dass die Einbeziehung des Gesamtbetriebsrats für den Kläger bei Vertragsschluss nicht erkennbar war. Jedenfalls bei dem Abschluss des unbefristeten Arbeitsvertrags vom 13. März 1981 war die bei der DPG bestehende Handhabung auch für den Kläger offenkundig.
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c) Es kann daher dahin stehen, ob sich die Betriebsvereinbarungsoffenheit des zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrags nicht bereits aus der Bezugnahme auf die Tarifregelung der DPG ergibt. Dieser waren im Anhang die im Bereich der allgemeinen Arbeitsbedingungen abgeschlossenen Gesamtbetriebsvereinbarungen beigefügt. Auch hieraus wird die Einbeziehung des Gesamtbetriebsrats bei deren Ausgestaltung erkennbar. Überdies spricht viel dafür, dass die bei Gewerkschaften angestellten Arbeitnehmer wegen der fehlenden tariflichen Regelungsmöglichkeit ihrer Arbeitsbedingungen ohnehin von deren genereller Betriebsvereinbarungsoffenheit ausgehen müssen. Ob diese in Bezug auf die in der Tarifregelung enthaltenen Arbeitsbedingungen nicht ohnehin konkludent vereinbart worden ist, muss der Senat nicht entscheiden.
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3. Die Betriebsparteien konnten in der GBV Ablösung die in § 17 Anhang II TR DPG enthaltenen Beihilfen und Unterstützungen im Krankheitsfall mit Wirkung vom 1. Januar 2008 beseitigen. Der Kläger hatte nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen bei Abschluss der GBV Ablösung keine geschützte Rechtsposition inne, die der Änderung seiner krankenversicherungsrechtlichen Stellung entgegenstand. Dass die Entscheidung des Berufungsgerichts insoweit auf einer unzutreffenden Anwendung der Rechtsätze aus den am 17. Juli 2012 entschiedenen Parallelverfahren oder einem sonst revisiblen Rechtsfehler beruht, ist nach dem zweitinstanzlich festgestellten Sachverhalt nicht ersichtlich. Auch der Kläger hat in der Revisionsinstanz diesbezüglich keine Einwände erhoben.
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B. Die Klage ist auch mit dem Antrag zu 2. unbegründet. Insoweit erweist sich die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts allerdings als Urteil ohne Gründe (§ 547 Nr. 6 ZPO), was der Senat auch ohne eine hierauf gestützte Rüge zu berücksichtigen hat. Es fehlt an jeglichen Erwägungen des Berufungsgerichts, aus welchen Gründen die Beklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zur Weitergewährung von Beihilfen und Unterstützungen iSd. § 17 Anhang II TR DPG verpflichtet gewesen sein soll. Die Abfassung von Entscheidungsgründen war nicht nach § 69 Abs. 2 ArbGG entbehrlich. Das Landesarbeitsgericht hat weder auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe Bezug genommen noch ist es dem Arbeitsgericht aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gefolgt. Einer hiernach gebotenen Zurückverweisung (§ 563 Abs. 1 ZPO) in Bezug auf den Antrag zu 2. bedarf es indes nicht, weil der Rechtsstreit insoweit zugunsten der Beklagten entscheidungsreif ist.
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Nach § 17 Anhang II TR DPG war die DPG und – nach deren Verschmelzung auf ver.di – die Beklagte nur zur Gewährung von Beihilfen und Unterstützungen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses verpflichtet. Die TR DPG galten nach ihrem § 1 Satz 1 Buchst. b lediglich für die Beschäftigten der DPG. Sie enthielten zwar in § 26 TR DPG auch Bestimmungen über Versorgungsleistungen, zu denen der Beihilfeanspruch aber nicht gehört (BAG 18. Mai 2010 – 3 AZR 373/08 – Rn. 27, BAGE 134, 269). Die Gewährung der in § 17 Anhang II TR DPG genannten Leistungen an ausgeschiedene Arbeitnehmer war daher von einem besonderen Geltungsgrund abhängig, dessen Vorliegen aber nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.
35
C. Über die hilfsweise angebrachten Feststellungsanträge war nicht zu entscheiden. Wie die Auslegung ergibt und der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt hat, sind sie nur für den Fall gestellt, dass auf die Unzulässigkeit der Hauptanträge erkannt wird.
Schmidt
K. Schmidt
Koch
Schwitzer
Benrath