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| Die Revision des Klägers ist unbegründet, die Revision der Beklagten begründet und führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. |
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| A. Die Revision des Klägers ist unbegründet. |
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| I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer monatlichen Rufbereitschaftsvergütung iHv. 235,00 Euro gemäß § 9 des zwischen der Beklagten und der IG-Metall abgeschlossenen MTV 2005. |
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| 1. Der MTV 2005 findet im Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Da der Arbeitsvertrag der Parteien vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts abgeschlossen wurde, ist die Bezugnahmeklausel aus Gründen des Vertrauensschutzes nach wie vor als Gleichstellungsabrede auszulegen (BAG 17. November 2010 – 4 AZR 127/09 – Rn. 31 mwN, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifverträge Nr. 85). Die arbeitsvertragliche Verweisung soll lediglich widerspiegeln, was tarifrechtlich gilt und die fehlende Mitgliedschaft des Arbeitnehmers in der tarifschließenden Gewerkschaft ersetzen. Die Bezugnahmeklausel erfasst daher über ihren reinen Wortlaut hinaus alle für die Beklagte als Arbeitgeberin fachlich und betrieblich einschlägigen Tarifverträge (vgl. BAG 14. Dezember 2005 – 10 AZR 296/05 – Rn. 19, AP TVG § 1 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 37 = EzA TVG § 3 Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 30). |
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| 2. Aus § 9 MTV 2005 folgt kein Anspruch des Klägers. Diese Tarifnorm sieht zwar vor, dass Beschäftigte, die nicht im Betrieb anwesend zu sein brauchen, sich aber für einen evtl. Einsatz bereithalten müssen, für diese Zeit eine Vergütung erhalten, überlässt aber die Regelung des anspruchsberechtigten Personenkreises, des Zeitraums und der Vergütung einer Betriebsvereinbarung. Tarifliche Ansprüche außerhalb dieser Betriebsvereinbarung bestehen deshalb nicht (vgl. BAG 27. Juni 2012 – 5 AZR 317/11 – Rn. 13, 14). |
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| II. Ein Anspruch auf Zahlung der monatlichen Rufbereitschaftspauschale folgt nicht aus der in Umsetzung von § 9 MTV 2005 abgeschlossenen BV 05/2006. Es kann dahinstehen, ob der Kläger in Fällen eines äußerst kurzfristigen Abrufs innerhalb der von ihm geschuldeten Abrufarbeit Rufbereitschaft im Rechtssinne leistete (zum Begriff, vgl. BAG 23. September 2010 – 6 AZR 330/09 – Rn. 14, AP TVG § 1 Tarifverträge: Arzt Nr. 19; 31. Januar 2002 – 6 AZR 214/00 – zu B I 2 der Gründe, EzA BGB § 611 Rufbereitschaft Nr. 2). Denn bei den vom Kläger zu leistenden Schichten handelte es sich nicht um Rufbereitschaft iSd. BV 05/2006. Seine Rufbereitschaft wurde nicht außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit bzw. zusätzlich zur regelmäßigen Arbeitszeit erbracht. Vielmehr dienten seine Einsätze der Erfüllung der von ihm geschuldeten Jahresarbeitszeit. Nur durch Leistung von Ausgleichsschichten erfüllte der Kläger seine regelmäßige Jahresarbeitszeit. |
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| B. Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat zwar Anspruch auf Vergütung der Pausenzeiten an Tagen, an denen er gearbeitet hat. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts lässt sich die Höhe dieses Anspruchs jedoch nicht abschließend beurteilen. Es bedarf weiterer tatsächlicher Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht. Dies führt insoweit zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 ZPO). |
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| I. Die Klage ist, soweit sie sich auf die Bezahlung der Schichtpausen bezieht, hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, denn sie ist für den streitbefangenen Zeitraum (Januar 2009 bis März 2010) als abschließende Gesamtklage zu verstehen. |
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| II. Der Kläger kann gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 MTV 2005 die Vergütung der Schichtpausen für Tage mit tatsächlicher Arbeitsleistung verlangen. Die Auslegung ergibt, dass auch diejenigen Arbeitnehmer, die im Conti-Schichtmodell wechselnd in Früh-, Spät- und Nachtschicht arbeiten, einen Anspruch auf Pausenvergütung haben. Das hat das zur Auslegung eines Firmentarifvertrags ohne allgemeine Bedeutung für die Rechtsordnung berufene Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. |
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| 1. Hierfür spricht zunächst der Wortlaut. Der Kläger arbeitet in Wechselschicht. Denn in der PC-Verschlussfertigung wird in drei Schichten (Früh-, Spät- und Nachtschicht) in regelmäßigem Wechsel gearbeitet. Soweit die Beklagte meint, der Kläger arbeite nicht in drei, sondern in fünf Schichten, verkennt sie, dass der MTV 2005 auf die konkret im Betrieb gefahrenen Schichten (Arbeitsschichten) abstellt und nicht darauf, in wie viele verschiedene Blöcke der einzelne Arbeitnehmer im Schichtplan eingeteilt ist. Bei der Freischicht und der Rufbereitschaftsschicht handelt es sich schon nicht um Arbeitsschichten. In einer Freischicht arbeitet ein Arbeitnehmer naturgemäß nicht. Während Arbeitnehmer, die nicht in einem Conti-Schichtmodell arbeiten, sondern in Wechselschicht an den Tagen Montag bis Freitag tätig sind, ihre „Freischichten“ – ohne dass dies im Dienstplan gesondert ausgewiesen werden müsste – regelmäßig samstags und sonntags haben, muss die Freischicht bei dem bei der Beklagten praktizierten Conti-Schichtsystem im Dienstplan gesondert ausgewiesen werden, insbesondere auch, um die Freischichten von den Rufbereitschaftsschichten abzugrenzen. Dies ändert indes nichts daran, dass der Kläger lediglich in drei und nicht in fünf verschiedenen Arbeitsschichten seine Arbeitsleistung erbringt. Wird der Kläger aus der Rufbereitschaft zur Arbeit herangezogen, leistet er diese in der Früh-, Spät- oder Nachtschicht, also in der Drei-Schicht-Wechselschicht. |
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| 2. Die Systematik des § 6 MTV 2005 steht diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Die Tatsache, dass der Anspruch auf Bezahlung der Pausen im Abs. 1 für die Drei-Schicht-Wechselschicht ausdrücklich geregelt ist, im Abs. 2 beim Begriff der Conti-Schicht hingegen nicht, stünde dem Anspruch systematisch nur dann entgegen, wenn sich Wechsel- und Conti-Schicht gegenseitig ausschlössen. Dies nimmt die Beklagte indes zu Unrecht an. |
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| a) Während der Begriff der Wechselschicht auf die individuelle Lage der Arbeitszeit eines einzelnen Arbeitnehmers abstellt, bringt der Begriff der Conti-Schicht zum Ausdruck, dass im Betrieb der Beklagten an allen Tagen der Woche zu jeder Tages- und Nachtzeit produziert wird. Die Schichtbezeichnungen in beiden Absätzen des § 6 MTV 2005 knüpfen deshalb an unterschiedliche Gegebenheiten an. Im Rahmen einer vollkontinuierlichen Arbeitszeit kann die Arbeitsleistung durch den einzelnen Arbeitnehmer sowohl in Wechselschicht als auch im Wege einer gleichbleibenden Lage der Arbeitszeit erbracht werden. Gleiches gilt für eine Tätigkeit in einem Arbeitszeitmodell, bei dem lediglich an den Tagen Montag bis Freitag gearbeitet wird. Es können teilkongruente Schnittmengen bestehen. Aus diesem Grunde hätte es auch systematisch keinen Sinn ergeben, die Pausenvergütung „vor die Klammer zu ziehen“. Diese soll im Rahmen eines Conti-Schichtmodells nämlich nicht generell, sondern nur denjenigen Arbeitnehmern zustehen, die in Drei-Schicht-Wechselschicht arbeiten. |
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| b) Auch die Tatsache, dass die in der Conti-Schicht eingesetzten Arbeitnehmer gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 6 MTV 2005 eine Zulage iHv. 6 % erhalten, spricht nicht dagegen, dass diese Mitarbeiter zusätzlich einen Anspruch auf Pausenvergütung haben. Während durch die Bezahlung der Pause die besonderen Belastungen der Drei-Schicht-Wechselschicht ausgeglichen werden sollen, dient die Zulage dem Ausgleich der besonderen mit einer Conti-Schicht verbundenen Belastungen. Demgemäß gebühren einem Arbeitnehmer, der im Rahmen der vollkontinuierlichen Arbeitszeit in Drei-Schicht-Wechselschicht arbeitet, beide Vorteile. Die Sichtweise der Beklagten lässt im Übrigen außer Acht, dass eine Zulage von 6 % des Stundenentgelts einen geringeren Geldwert darstellt als die Pausenvergütung für 30 Minuten je Schicht. |
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| c) Die Entstehungsgeschichte des MTV 2005 stützt die vom Landesarbeitsgericht gefundene Tarifauslegung. |
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| aa) Zum Zeitpunkt des ersten Entwurfs des MTV vom 30. November 2004 wurde bei der Beklagten bereits im Conti-Schichtsystem gearbeitet, wobei die Schichtpläne eine Einteilung des einzelnen Arbeitnehmers lediglich in vier und nicht in fünf verschiedenen Schichten vorsahen (Früh-, Spät-, Nacht- und Freischicht; eine Rufbereitschaftsschicht gab es noch nicht). Der Entwurf des MTV sah in § 5 Abs. 2 Nr. 7 vor, dass im Conti-Schichtbetrieb die Schichtpause von ½ Stunde Teil der regelmäßigen Arbeitszeit sein sollte. Darüber hinaus sah der Entwurf des MTV in § 5 Abs. 1 Satz 2 für die Wechselschicht vor, dass die Schichtpause bei 3/4 Schichten (dh. Drei-Schicht-Betrieb und Vier-Schicht-Betrieb) Teil der regelmäßigen Arbeitszeit sei. Die Tarifvertragsparteien gingen mithin davon aus, dass Wechselschicht auch dann vorliege, wenn der einzelne Arbeitnehmer in vier verschiedene „Schichten“ eingeteilt wird, was zum damaligen Zeitpunkt aber nur im Conti-Schichtmodell der Beklagten der Fall war. Würden sich Wechselschicht und Conti-Schicht gegenseitig ausschließen, wäre der Vier-Schicht-Betrieb nicht unter dem Oberbegriff Wechselschicht eingeordnet worden. |
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| bb) Dass der Entwurf des MTV vom 11. Januar 2005 in § 5 Abs. 2 unter der Überschrift „Contischicht“ keine Regelung zur Pausenvergütung mehr vorsah, stützt keine abweichende Auslegung. Immerhin könnten die Tarifvertragsparteien erkannt haben, dass die Regelung dann doppelt im MTV 2005 enthalten und mithin überflüssig wäre. |
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| cc) Für die Auslegung des Landesarbeitsgerichts spricht schließlich, dass der Verzicht auf die Pausenvergütung in der PC-Verschlussfertigung für die Laufzeit des SanTV 2006 in Nr. 3 der BV 08/2006 ausdrücklich geregelt war. Dessen hätte es nicht bedurft, wenn der MTV 2005 keinen Anspruch auf Pausenvergütung enthalten hätte. Im Übrigen sind Hinweise in Betriebsvereinbarungen für die Auslegung von Tarifverträgen ohne rechtliche Bedeutung. |
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| III. Der Anspruch auf Pausenvergütung besteht allerdings nur für die Tage, an denen der Kläger gearbeitet hat. § 3 Abs. 3 MTV 2005 bestimmt hinsichtlich des Zeitfaktors zulässigerweise (§ 4 Abs. 4 EFZG, § 13 Abs. 1 BUrlG), dass die gesetzlich oder vertraglich zu bezahlenden Tage, an denen keine Arbeitsleistung zu erbringen ist (zB Urlaub, Feiertage, Krankheit mit Entgeltfortzahlung, bezahlte Freistellung, Freischichten) der Entgeltabrechnung unabhängig von der tatsächlich im Betrieb geleisteten Zeit mit sieben Stunden zugrunde gelegt und auf die Wochenarbeitszeit angerechnet werden (vgl. BAG 24. März 2004 – 5 AZR 346/03 – BAGE 110, 90; 23. Januar 2001 – 9 AZR 4/00 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Holz Nr. 22 = EzA BUrlG § 11 Nr. 49). Das Landesarbeitsgericht wird deshalb aufzuklären haben, an welchen Tagen der Kläger tatsächlich gearbeitet hat. |
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| IV. Das Landesarbeitsgericht wird ferner zu prüfen haben, ob und inwieweit die Ansprüche des Klägers nach § 21 Abs. 2 MTV 2005 verfallen sind. |
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| 1. Ist die Anwendbarkeit eines Tarifvertrags – wie im Streitfall – unstreitig, ist die Einhaltung einer darin normierten tariflichen Ausschlussfrist materiell-rechtliche Voraussetzung für den Fortbestand des behaupteten Anspruchs. Ihre Nichteinhaltung ist eine Einwendung, die zu beachten ist, ohne dass sich der Anspruchsgegner auf die Verfallfrist beruft (BAG 27. Juni 2012 – 5 AZR 51/11 – Rn. 27 mwN). |
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| 2. Hinsichtlich des Bestehens und der Fälligkeit des geltend gemachten Zahlungsanspruchs wird das Landesarbeitsgericht ferner zu prüfen haben, ob, wann und inwieweit die Pausen zunächst als Zeitgutschrift in ein für den Kläger geführtes Jahresarbeitszeitkonto (vgl. §§ 4, 7 BV 02/2009) einzustellen waren, sowie ob und wann nach Ablauf des Ausgleichszeitraums ein Vergütungsanspruch entstanden ist. |
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