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| Die Revision ist unbegründet. Der Betrieb der Beklagten unterfällt dem betrieblichen Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen VTV, sodass die Beklagte nach § 15 VTV zur Erteilung von Auskünften und für den Fall ihrer Nichterteilung nach § 61 Abs. 2 ArbGG zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet ist. |
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| I. Ein Betrieb unterfällt nach § 1 Abs. 2 Abschnitt I VTV dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV, wenn er nach seiner durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung arbeitszeitlich überwiegend mit eigenem oder fremdem Material gewerblich Gerüste erstellt oder Gerüstmaterial bereitstellt. Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte oder auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es danach nicht an. Den Gerüstbauarbeiten sind diejenigen Nebenarbeiten zuzuordnen, die zu ihrer sachgerechten Ausführung notwendig sind (vgl. zu § 1 Abs. 2 VTV für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe: BAG 14. Dezember 2011 – 10 AZR 570/10 – Rn. 10 mwN). |
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| II. Die Beklagte hat im Streitzeitraum einen Betrieb des Gerüstbauerhandwerks betrieben. |
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| 1. Die von ihr geplanten und mit eigenem oder fremdem Personal erstellten Tribünen und Bühnen sind Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik und damit Gerüste iSv. § 1 Abs. 2 Abschnitt I VTV. |
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| a) „Gerüste“ sind nach dieser Norm alle Arten von Arbeits-, Schutz- und Traggerüsten, Fahrgerüste und Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik. Mobile Tribünen oder Bühnen werden zwar nicht ausdrücklich genannt, eine Beschränkung des betrieblichen Geltungsbereichs auf Betriebe, die „Baugerüste“ erstellen, ist dem Wortlaut aber nicht zu entnehmen. Der Einbezug „aller Arten“ der näher bezeichneten Gerüste sowie von „Sonderkonstruktionen der Rüsttechnik“ verdeutlicht, dass der Begriff des „Gerüsts“ umfassend zu verstehen ist und der Tarifvertrag mit seinem betrieblichen Geltungsbereich alle Betriebe erfasst, die mit Gerüstmaterial Gerüste und sonstige Konstruktionen erstellen. Zwar werden die tariflich im Einzelnen bezeichneten Gerüstformen überwiegend im Zusammenhang mit Bauarbeiten gebraucht (vgl. Dankert/Engelhardt Bautechnische Fachbegriffe von A – Z S. 61 ff.; Frick/Knöll Baukonstruktionslehre 2 32. Aufl. S. 733 ff.). Maßgebend für den Geltungsbereich des VTV ist aber die Art der Konstruktion unter Verwendung von Gerüstbauteilen, die einen relativ einfachen Auf- und Abbau und die mehrfache Verwendung für weiteren Gerüstbau ermöglicht (Rüsttechnik). |
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| b) Die von der Beklagten erstellten mobilen Tribünen werden mit Gerüstmaterial erstellt. Sie benötigen, um ihrem Zweck entsprechend genutzt werden zu können, eine stabile und sichere Unterkonstruktion. Diese wird wie bei Bau- oder Schutzgerüsten aus (Stahl-)Rohren und Verbindungselementen, eventuell auch im Modulsystem (vgl. Peter Lexikon Bautechnik 2. Aufl. Stichwort: Gerüstbauart; Frick/Knöll aaO)erstellt und schafft eine tragfähige Grundlage für den Aufenthalt von Menschen, die einer Veranstaltung stehend oder sitzend beiwohnen. Auf dieser mit Gerüstmaterial erstellten Unterkonstruktion wird eine Bestuhlung oder eine Plattform zum stehenden Aufenthalt montiert. Eine mobile Tribüne ermöglicht damit wie ein Arbeitsgerüst Menschen den Aufenthalt in einer erhöhten Position. Entsprechendes gilt für die mobilen Bühnen. Nach den auf den Gerüsten vorgenommenen Tätigkeiten differenziert der VTV nicht; dass eine mobile Bühne bzw. Tribüne die Veranstaltung und die Teilnahme an ihr, ein Baugerüst dagegen die Vornahme von Bauarbeiten ermöglicht, ist für den betrieblichen Geltungsbereich des VTV unerheblich. |
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| c) Nicht von Bedeutung für den betrieblichen Geltungsbereich des VTV ist auch, dass nach Vortrag der Beklagten die mobilen Bühnen und Tribünen speziell geplant und konzipiert werden. Der VTV differenziert nicht danach, ob Standardgerüste ohne spezielle Planung erstellt werden oder das Einrüsten komplexer Bauten eine spezielle Planung erfordert. Er bezieht Betriebe, die „Sonderkonstruktionen“ der Rüsttechnik erstellen und damit auch vorbereitende Planungsleistungen erbringen müssen, ausdrücklich in den betrieblichen Geltungsbereich ein. |
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| d) Der Bau mobiler Bühnen und Tribünen und die Bereitstellung des entsprechenden Materials ist auch nach dem Inhalt der erforderlichen Ausbildung dem Gerüstbauerhandwerk zuzuordnen. Nach § 4 Ziff. 19(Bauen von Gerüsten für besondere Anforderungen) der Verordnung über die Berufsausbildung zum Gerüstbauer/zur Gerüstbauerin vom 26. Mai 2000, in Kraft seit dem 1. August 2000 (BGBl. I S. 778), werden in der Ausbildung Fertigkeiten und Kenntnisse des Auf-, Um- und Abbaus von Bühnen und Tribünen vermittelt; der Bau und die Prüfung von Bühnen und Tribünen gehört auch zum Berufsbild der Meisterprüfung im Gerüstbauerhandwerk (§ 2 Abs. 2 Nr. 10 der Verordnung über das Meisterprüfungsberufsbild und über die Prüfungsanforderungen in den Teilen I und II der Meisterprüfung im Gerüstbauerhandwerk – Gerüstbauermeisterverordnung – vom 12. Dezember 2000, BGBl. I S. 1694). |
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| 2. Die Beklagte „erstellt“ nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung mit eigenem oder fremdem Material gewerblich Gerüste iSv. § 1 Abs. 2 Abschnitt I VTV. Nach ihrem Vortrag plant und konstruiert sie auftragsbezogen komplexe mobile Bühnen und Tribünen, überwacht den durch Subunternehmer, aber mit von ihr bereitgestelltem Material durchgeführten Aufbau und sorgt für die Abnahme. Damit leistet sie alle wesentlichen im Zusammenhang mit der Konstruktion und dem Aufbau zusammenhängenden Tätigkeiten; dass der von ihr überwachte Aufbau nicht durch eigene Arbeitnehmer, sondern durch Fremdpersonal vollzogen wird, führt nicht zu einer anderen tariflichen Bewertung ihrer betrieblichen Tätigkeit. Soweit die betriebliche Tätigkeit auch in der Vermietung von Tribünen besteht, unterfällt die Beklagte mit der gewerblichen Bereitstellung von Gerüstmaterial zur Erstellung von Tribünen nach § 1 Abs. 2 Abschnitt I Satz 3 VTV dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV. |
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| 3. Unerheblich ist, dass der Betrieb der Beklagten keinen jahreszeitlichen und/oder witterungsbedingten Einflüssen unterliegt. Der VTV setzt nach seinem betrieblichen Geltungsbereich kein bestimmtes Maß an Fluktuation der Mitarbeiter voraus. Ob ein Betrieb des Gerüstbauerhandwerks im Einzelfall jahreszeitliche Schwankungen bei den Beschäftigten hat, ist wie im Baugewerbe ohne Bedeutung. |
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| 4. Der Betrieb der Beklagten unterfällt keiner Ausnahmebestimmung von § 1 Abs. 2 Abschnitt III VTV. Die Beklagte hat nicht dargelegt, sie sei ein Betrieb des Baugewerbes oder des Maler- und Lackiererhandwerks. Sie ist auch nicht Händler iSv. § 1 Abs. 2 Abschnitt III VTV, da sie Tribünen nicht an- und verkauft, sondern allenfalls vermietet. |
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| III. Der Kläger hat nach § 15 VTV Anspruch auf Abgabe der ordnungsgemäßen Meldungen. Für den Fall der Nichterteilung der Auskünfte besteht, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nach § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung. Nach der Rechtsprechung des Senats ist diese regelmäßig mit 80 % der zu erwartenden Beitragssumme zu berechnen (BAG 24. Februar 2010 – 10 AZR 759/08 – Rn. 24 mwN, AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 319). Die Klägerin hat die Entschädigungssumme auf der Grundlage von acht bzw. neun Arbeitnehmern in den Jahren 2008 und 2009 berechnet. Gegen diese Berechnung wendet sich die Revision nicht mehr. |
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| IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. |
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Richters Beck ist abgelaufen. Mikosch |
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