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| Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für das Jahr 2009 Anspruch auf die sog. Wartezahlung nach § 4c des Tarifvertrags ERA-Anpassungsfonds für das Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen vom 18. Dezember 2003 idF vom 5. März 2004/2. Juni 2005 (im Folgenden: TV ERA-APF) hat, obwohl die Beklagte aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten ist. |
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| Der 1948 geborene Kläger ist seit April 1963 bei der Beklagten – einem bundesweit tätigen Telekommunikationsunternehmen – bzw. deren Rechtsvorgängerinnen gegen eine Vergütung von zuletzt 4.179,20 Euro brutto beschäftigt. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag des Klägers mit der T GmbH, einer Rechtsvorgängerin der Beklagten, vom 28. September 1992 ist ua. vereinbart: |
| | Weitere Vertragsgrundlagen |
| | Diesem Anstellungsvertrag liegen die Bestimmungen der Tarifverträge für Angestellte der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Tarifgebietes Nordrhein-Westfalen sowie die gesetzlichen und betrieblichen Bestimmungen in der jeweils gültigen Fassung zugrunde.“ |
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| Am 18. Dezember 2003 vereinbarten die IG Metall – Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen – und der Verband der Metall- und Elektroindustrie in Nordrhein-Westfalen das Entgeltrahmenabkommen (fortan: ERA) sowie begleitende Tarifverträge zu dessen Einführung. |
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| In dem zum 1. März 2004 in Kraft getretenen Tarifvertrag zur Einführung des Entgeltrahmenabkommens(im Folgenden: ERA-ETV) heißt es auszugsweise: |
| | | | Bis zum Beginn der Einführungsphase (Vorbereitungsphase) können die Betriebsparteien die sachlichen Voraussetzungen für die betriebliche Einführung des ERA schaffen. |
| | | In der Vorbereitungsphase kann das ERA nur mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien eingeführt werden. |
| | | Die Einführungsphase dauert vier Jahre. In dieser Phase soll der Arbeitgeber das ERA stichtagsbezogen im Betrieb einführen. Im Anschluss an die Einführungsphase gilt das ERA verbindlich für alle Betriebe. |
| | | Mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien kann das ERA betrieblich bis zu 12 Monate nach diesem Zeitpunkt eingeführt werden. |
| | | Das ERA ersetzt zum betrieblichen Einführungsstichtag die entsprechenden Bestimmungen der bestehenden Tarifverträge (§ 12 ERA). |
| | | | | § 5 Betriebliche Kostenneutralität |
| | Während eines Zeitraums von fünf Jahren nach Einführung des ERA im Betrieb soll sicher gestellt werden, dass durch ERA keine betrieblichen Mehrkosten entstehen, die die von den Tarifvertragsparteien im Durchschnitt des Tarifgebiets ermittelten 2,79 % übersteigen. |
| | Hierzu wird die bisherige betriebliche Lohn- und Gehaltssumme mit der neuen Entgeltsumme des Betriebes stichtagsbezogen verglichen. Bei der Berechnung werden in diesen fünf Jahren auch die jeweiligen Kosten für Heranführungen der Unterschreiter und Absicherungen der Überschreiter berücksichtigt. Mehrkosten über 2,79 % bzw. Einsparungen werden kompensiert. |
| | Die nachstehenden Bestimmungen konkretisieren den Rechenweg und beschreiben die Vorgehensweise und Instrumente zur Herstellung der Kostenneutralität. |
| | | | | | Im Falle von geringeren betrieblichen Kosten nach Nr. 1 sind die Einsparungen gemäß Nr. 4 in folgenden Schritten an die Beschäftigten weiterzugeben: |
| | | | Auszahlung des ERA-Anpassungsfonds an die Beschäftigten |
| | | | Ausgleich der verbleibenden Differenz durch Erhöhung der tariflichen Jahressonderzahlung. |
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| In einer Protokollnotiz zu § 2 Nr. 2 ERA-ETV ist festgehalten, dass Beginn und Ende der Einführungsphase bei Vereinbarung der letzten ERA-Strukturkomponente festgelegt werden. |
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| Der TV ERA-APF bestimmt ua.: |
| | | | | Der ERA-Anpassungsfonds dient der Sicherstellung eines gleitenden Übergangs vom heutigen Tarifsystem auf das ERA-Entgeltsystem für alle Beteiligten. Insbesondere sollen durch die vorübergehende Einbehaltung nicht ausgezahlter ERA-Strukturkomponenten und deren spätere Verwendung entweder |
| | | zum Ausgleich von betrieblichen Kosten, die eine bestimmte Schwelle überschreiten, |
| | | | | | zur unmittelbaren Auszahlung an die Beschäftigten/Auszubildenden nach der betrieblichen ERA-Einführung |
| | spätere Verwerfungen bei der Umstellung vermieden werden. |
| | | | Aufbau und Verwendung des ERA-Anpassungsfonds |
| | In den Lohnabkommen, Gehaltsabkommen und Ausbildungsvergütungsabkommen vom 23. Mai 2002 und 16. Februar 2004 wurden die Erhöhungen des Tarifvolumens jeweils auf zwei Komponenten verteilt. Eine Komponente dient der dauerhaften Erhöhung der Tabellenwerte der jeweiligen Entgelte (Löhne und Gehälter; ‚lineares Volumen’). Die andere Komponente (‚restliches Erhöhungsvolumen’) fließt in ERA-Strukturkomponenten, die in der ersten Tarifperiode ausgezahlt, in den folgenden Tarifperioden jedoch noch nicht fällig werden. |
| | In diesen Entgeltabkommen wurde eine Erhöhung des Tarifvolumens um zunächst insgesamt 4 %, ab 1. Juni 2003 um 3,1 %, ab 1. März 2004 um 2,2 % und ab 1. März 2005 um weitere 2,7 % vereinbart. Diese Erhöhungen wurden jeweils wie folgt auf die zwei Komponenten verteilt: |
| | Mit Wirkung ab 1. Juni 2002 wurden die Lohn-, Gehalts- und Ausbildungsvergütungstabellen um 3,1 % erhöht, mit Wirkung ab 1. Juni 2003 um weitere 2,6 %. Sodann wurden mit Wirkung ab 1. März 2004 die Entgelte um weitere 1,5 % erhöht, mit Wirkung ab 1. März 2005 um weitere 2,0 %. |
| | Das jeweilige restliche Erhöhungsvolumen von 0,9 %, 0,5 %, 0,7 % bzw. weiteren 0,7 % fließt in ERA-Strukturkomponenten und wird in der Tarifperiode, in der sie erstmals entstanden sind, zunächst ebenfalls ausgezahlt (s. § 4 Abs. 1a)); für die Verwendung der Folgebeträge gelten die in § 4 Abs. 1b) getroffenen Vereinbarungen. |
| | | | | | | ERA-Strukturkomponente und ERA-Anpassungsfonds |
| | Die in den o.a. Entgeltabkommen vereinbarten ERA-Strukturkomponenten werden wie folgt ermittelt und verwendet: |
| | | In der Tarifperiode, in der sie erstmals entstehen, werden die jeweiligen ERA-Strukturkomponenten individuell nach den Grundsätzen der Entgeltabkommen vom 23. Mai 2002 und 16. Februar 2004 als Teil der Vergütung ermittelt und zu den dort genannten Stichtagen zur Auszahlung an die Beschäftigten/Auszubildenden fällig. |
| | | In den jeweils folgenden Tarifperioden nach ihrer erstmaligen Begründung/Entstehung werden die jeweiligen ERA-Strukturkomponenten aus den vorhergehenden Tarifperioden zwar ebenfalls als Teil der Vergütung ermittelt, aber nicht ausgezahlt, sondern zunächst einbehalten und für die Monate bis einschließlich Februar 2006 nach Maßgabe des § 4 d) dem ERA-Anpassungsfonds zugeführt. |
| | | Die bei der betrieblichen ERA-Einführung in den ERA-Anpassungsfonds befindlichen Beträge müssen entweder zur Deckung betrieblicher Mehrkosten aus der ERA-Einführung oder zur Auszahlung an die Beschäftigten/Auszubildenden verwendet werden. |
| | | | | | Ist das ERA im Betrieb noch nicht eingeführt worden, werden ab März 2006 bis zur betrieblichen ERA-Einführung die ERA-Strukturkomponenten in Höhe von 2,79 % als Einmalzahlungen geleistet. Die Berechnung erfolgt entsprechend der Methode für die Auszahlung der ERA-Strukturkomponente aus den Entgeltabkommen vom 16. Februar 2004. |
| | | Die Betriebsparteien können stattdessen durch freiwillige Betriebsvereinbarung vereinbaren, dass auch diese weiteren ERA-Strukturkomponenten vorläufig nicht ausgezahlt, sondern dem ERA-Anpassungsfonds zugeführt werden, um sie ebenso wie die auf jeden Fall zuvor anfallenden, jedoch nicht ausgezahlten ERA-Strukturkomponenten zu verwenden. |
| | | In den der Auszahlungstarifperiode folgenden Tarifperioden werden die ERA-Strukturkomponenten pauschal (d.h. nicht individuell) zunächst wie folgt ermittelt: |
| | | | | | Sonderfall: Steht fest, dass das Entgeltrahmenabkommen betrieblich nicht eingeführt wird, findet eine Zuführung zu dem ERA-Anpassungsfonds nicht statt, vielmehr erhalten die Beschäftigten und Auszubildenden Einmalzahlungen in Höhe der vorstehend ansonsten für den Anpassungsfonds beschriebenen Zuführungen. |
| | | | | | Die auf dem ERA-Konto befindlichen Beträge sind eine Verbindlichkeit des Arbeitgebers aus tariflichen Entgelten, die in früheren Tarifperioden entstanden sind, aber nicht ausgezahlt wurden. Die Beträge dürfen nach diesen verbindlichen Vereinbarungen nur für die in § 2 genannten Zwecke verwendet werden. Demgemäß sind sie |
| | | | entweder zur Deckung betrieblicher Kosten im Rahmen der Regelungen zur betrieblichen Kostenneutralität, die im Einzelnen im Einführungstarifvertrag zum ERA geregelt sind, zu verwenden; hierbei dienen sie insbesondere der Deckung der Ausgleichsbeträge, die sog. Überschreitern für eine Übergangszeit zugesagt werden; |
| | | | oder, soweit die Beträge hierfür nicht verbraucht werden, sind sie an diejenigen Beschäftigten/Auszubildenden auszuzahlen, die zum Aufbau des ERA-Anpassungsfonds beigetragen haben. |
| | | Im Einzelnen gilt Folgendes: |
| | | Die Auszahlung ist in einer Betriebsvereinbarung zu regeln. |
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| In dem ERA-Verhandlungsergebnis VII (Fortschreibung der Ergänzungsvereinbarung zum ERA-Einführungstarifvertrag) vom 10. Oktober 2008 (fortan: Verhandlungsergebnis VII) heißt es unter Nr. 21: |
| „Gemäß § 2 Nr. 2 ERA-ETV gilt das ERA ab 1. März 2009 verbindlich in allen Betrieben. |
| | Mit Zustimmung der Tarifvertragsparteien kann das ERA betrieblich bis zu 12 Monate nach diesem Zeitpunkt eingeführt werden. |
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| Zu den ERA-Strukturkomponenten bestimmt § 7 des Abkommens vom 13. November 2008 über die Tarifgehälter in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (fortan: Abkommen 2008)ergänzend: |
| | Ist das ERA im Betrieb noch nicht eingeführt worden, sind seit März 2006 bis zur betrieblichen ERA-Einführung weitere Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten in Höhe von 2,79 % zu leisten (§ 4 c) TV ERA-APF). |
| | | Die Betriebsparteien können durch freiwillige Betriebsvereinbarung jeweils bis zu zwei Auszahlungszeitpunkte für die Auszahlung der Einmalzahlungen aus den ERA-Strukturkomponenten für Januar bis Dezember des jeweiligen Kalenderjahres festlegen. |
| | | Erfolgt keine einvernehmliche Festlegung, werden die ERA-Strukturkomponenten zum Auszahlungszeitpunkt der betrieblichen Sonderzahlung nach § 3 Nr. 2 TV 13. ME ausgezahlt. |
| | | Die Betriebsparteien können stattdessen auch vereinbaren, die ERA-Strukturkomponenten vorläufig ganz oder teilweise nicht auszuzahlen, sondern sie dem ERA-Anpassungsfonds zuzuführen. Das Vorliegen einer Kostenprognose bezüglich der Einführung von ERA ist hierfür nicht notwendige Voraussetzung. |
| | | Die Berechnung der auszuzahlenden Einmalzahlung bzw. der dem ERA-Anpassungsfonds zuzuführenden Beträge erfolgt auf Basis folgender Formel: |
| | | 2,79 % x von der Einmalzahlung bzw. Zuführung erfasste Monate des Jahres x Tarifeinkommen des Auszahlungsmonats. |
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| Die Beklagte trat zum 31. Dezember 2007 aus dem Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen aus und entschied, das ERA nicht einzuführen. Im Jahr 2008 zahlte sie dem Kläger eine ERA-Strukturkomponente iHv. 1.531,43 Euro brutto. Für das Jahr 2009 lehnte sie eine entsprechende Zahlung ab. |
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| Nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom 14. Januar 2010 hat der Kläger mit der am 23. Dezember 2010 eingereichten Klage für das Jahr 2009 eine Strukturkomponente entsprechend § 4c TV ERA-APF geltend gemacht und die Auffassung vertreten, eine solche Zahlung sei auch und erst recht zu leisten, wenn das ERA betrieblich nicht eingeführt werde. |
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| Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt, |
| die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.531,43 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen. |
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| Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, aufgrund ihres Verbandsaustritts weder zur Einführung von ERA noch zur Zahlung einer ERA-Strukturkomponente für das Jahr 2009 verpflichtet zu sein. |
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| Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. |
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| Im Laufe des Rechtsstreits hat die Beklagte mit der Industriegewerkschaft Metall, Bezirke Baden-Württemberg, Bayern, Berlin-Brandenburg-Sachsen, Küste, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie Nordrhein-Westfalen einen Haustarifvertrag zur Auszahlung des ERA-Anpassungsfonds geschlossen. Danach erhält jeder Anspruchsberechtigte eine Zahlung aus dem ERA-Anpassungsfonds iHv. 4.000,00 Euro brutto. |
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