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BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 13.3.2013, 7 AZR 334/11

eingetragen von Thilo Schwirtz am April 30th, 2013

BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 13.3.2013, 7 AZR 334/11

Wiedereinstellungsanspruch – AGB-Kontrolle

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Dezember 2010 – 5 Sa 446/10 – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch über einen Wiedereinstellungsanspruch.
2
Der Kläger war seit dem 1. August 1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. Im Zuge von Restrukturierungsmaßnahmen gliederte die Beklagte im Jahr 1999 ihr Breitbandkabelgeschäft aus und verkaufte es an die K D GmbH (KDG). Wie andere Arbeitnehmer auch wurde der Kläger von der Beklagten für eine Tätigkeit bei der KDG beurlaubt, mit der er gemäß Vertrag vom 11. September 1999 ein Arbeitsverhältnis ab dem 1. Oktober 1999 begründete. Zuletzt stand er in einem Arbeitsverhältnis mit der K D Vertrieb & Service GmbH & Co. KG (KDVS) und war am Standort T als Disponent beschäftigt.
3
Am 1. September 2003 schloss der Kläger mit der Beklagten einen Auflösungsvertrag zum 31. Dezember 2003. In dem Vertrag heißt es ua.:
„§ 2 Regelungen zum Rückkehrrecht
1.
Der Arbeitnehmer erhält in Zusammenhang mit dem bei der K Rheinland-Pfalz/Saarland GmbH & Co. KG bzw. deren Rechtsnachfolger bestehenden Arbeitsverhältnisses ein zeitlich begrenztes Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG, dessen Modalitäten sich abschließend aus der diesem Vertrag beigefügten Anlage 1, die Bestandteil dieses Vertrages ist, ergeben.
Anlage 1 zum Auflösungsvertrag
‚Regelungen zum Rückkehrrecht – Stand 1.7.2003 -’
1.
Die Deutsche Telekom AG räumt den Arbeitnehmern ein Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG ein
a.
innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),
b.
nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 18 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht).
2.
Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn
a.
das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird
oder
…“
4
Die Beklagte, mehrere Kabelgesellschaften – ua. die KDVS – und die Gewerkschaft ver.di trafen am 8. April 2005 eine sog. Schuldrechtliche Vereinbarung (SV). Sie lautet auszugsweise:
„Für die am 1. Oktober 2002 beurlaubten tariflichen Arbeitnehmer mit Herkunft aus der Deutschen Telekom AG, die durch die Restrukturierung der KDG/DeTeKS (inklusive der Regionalgesellschaften) und MSG zum 1. Oktober 2002 in die K D GmbH, K D Management GmbH & Co. KG, K Bayern GmbH & Co KG, K Berlin Brandenburg GmbH & Co. KG, K Hamburg/Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern GmbH & Co KG, K Niedersachsen/Bremen GmbH & Co., KG, K Rheinland-Pfalz/Saarland GmbH & Co. KG, K Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen GmbH & Co. KG, D Zentrale Dienste GmbH & Co KG, gewechselt sind und bei der heutigen K D GmbH, K D Vertrieb & Service GmbH & Co. KG (6 Regionen) sowie K D Breitband Services GmbH weiterbeschäftigt werden, wird in Zusammenhang mit den bei einer der genannten Gesellschaften bzw. deren Rechtsnachfolgern bestehenden Arbeitsverhältnissen ein befristetes Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG mit folgendem Inhalt vereinbart:
1.
Die Deutsche Telekom AG räumt den Arbeitnehmern einzelvertraglich ein Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG ein
a.
innerhalb eines Zeitraums von 24 Monaten (berechnet ab dem 1. Januar 2004) ohne das Vorliegen besonderer Gründe (allgemeines Rückkehrrecht),
b.
nach Ablauf des allgemeinen Rückkehrrechts für weitere 36 Monate ein Rückkehrrecht unter besonderen Bedingungen (besonderes Rückkehrrecht).
2.
Besondere Bedingungen (im Sinne des Absatzes 1.b) liegen vor, wenn
a.
das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Absatz 2 ff KSchG aus dringenden betrieblichen Gründen wirksam gekündigt wird
oder
3.
Der Arbeitnehmer kann von seinem Rückkehrrecht nach der Ziffer 1 frühestens 6 Monate nach Beginn des Rückkehrzeitraums für das allgemeine Rückkehrrecht Gebrauch machen. Es ist bei dem Rückkehrrecht nach Ziffern 1 a. und b. eine Ankündigungsfrist von 3 Monaten einzuhalten. Im Falle des besonderen Rückkehrrechts nach Ziffer 1 b. i.V.m. 2 a. findet eine Rückkehr jedoch erst nach Ablauf der für den Arbeitgeber (Kabelgesellschaft bzw. Rechtsnachfolger) geltenden jeweiligen individuellen Kündigungsfrist statt, soweit diese länger ist als die dreimonatige Ankündigungsfrist.
4.
Im Falle der Rückkehr finden ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen der jeweils geltenden Rationalisierungsschutz-Tarifverträge der Deutschen Telekom AG Anwendung. Der Arbeitnehmer wird hinsichtlich der zu vereinbarenden Arbeitsvertragsbedingungen und anzuwendenden tarifvertraglichen Regelungen so gestellt, als wäre er ohne Unterbrechung bei der Deutschen Telekom AG weiter beschäftigt worden.
5.
Das Rückkehrrecht besteht nicht, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung bzw. eines Aufhebungsvertrags beendet wird und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund verhaltensbedingter Gründe des Arbeitnehmers oder aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen erfolgt und ein eventueller Rechtsstreit nicht zu Gunsten des Arbeitnehmers entschieden hat.
6.
Derzeit noch von der Deutschen Telekom AG zu einer Kabelgesellschaft beurlaubte Arbeitnehmer erhalten ein Angebot zur Annahme dieser schuldrechtlichen Vereinbarung bei gleichzeitiger Beendigung der Beurlaubung sowie Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Deutschen Telekom AG.“
5
§ 5 Abs. 1 bis Abs. 3 des Tarifvertrags Rationalisierungsschutz und Beschäftigungssicherung (TV Ratio)zwischen der Beklagten und der Gewerkschaft ver.di idF vom 15. März 2004 lautet auszugsweise:
„(1)
Der nach den §§ 3 und 4 ausgewählte Arbeitnehmer erhält ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrags. Inhalt dieses Vertrags ist die Bereitschaft, eine Tätigkeit im Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento der Deutschen Telekom AG zu den in Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 (nebst Anlagen) genannten Bedingungen aufzunehmen. Im Übrigen bleibt das Arbeitsverhältnis unverändert. Für die Annahme des Änderungsvertrags wird dem Arbeitnehmer eine Frist von zwei Wochen eingeräumt. Nach Abschluss des Änderungsvertrags wird der Arbeitnehmer in Vivento versetzt.
(2)
Als Alternative zum Abschluss eines Änderungsvertrags kann der Arbeitnehmer einen Auflösungsvertrag mit Abfindungsregelung wählen. …
(3)
Lehnt der Arbeitnehmer die Angebote nach Absatz 1 und Absatz 2 ab, so erfolgt eine Kündigung unter Aufrechterhaltung des Vertragsangebots zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen nach Absatz 1. …“
6
Der Kläger und die Beklagte schlossen am 30. April 2005 einen „Vertrag zur Abänderung des Auflösungsvertrages in Zusammenhang mit der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.08.2002“. Dem Vertrag war als Anlage 1 die SV beigefügt. In ihm ist ua. geregelt:
„§ 1 Regelungen zum Rückkehrrecht
Die Parteien sind sich darüber einig, dass für das zeitlich begrenzte Rückkehrrecht zur Deutschen Telekom AG gemäß § 2 Abs. 1 des Auflösungsvertrages in Zusammenhang mit der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.08.2002 ab dem 01. Juni 2005 die in der Anlage 1, die Bestandteil dieses Vertrages ist, festgelegten Regelungen gelten. Die bisherigen Regelungen werden ohne Nachwirkung mit Ablauf des 31. Mai 2005 aufgehoben.
Darüber hinaus bleiben alle weiteren Regelungen des Auflösungsvertrages unverändert bestehen.
§ 2 Einverständniserklärung zur Personaldatenweitergabe
Herr K ist damit einverstanden, dass im Falle der Inanspruchnahme des Rückkehrrechtes die KD Vertrieb & Service GmbH & Co KG Rheinland-Pfalz/Saarland der Deutschen Telekom AG die Daten mit Bezug auf sein Arbeitsverhältnis offen legt sowie die entsprechenden Unterlagen zur Verfügung stellt, aus denen sich die Voraussetzungen für das und die Folgen aus dem geltend gemachten Rückkehrrecht ergeben. Im Falle der Rückkehr auf Grund Ziffer 2a der schuldrechtlichen Vereinbarung erfasst dies auch die soziale Rechtfertigung, Wirksamkeit und Zulässigkeit der Kündigung.
Die Deutsche Telekom AG gewährleistet bezüglich der ihr von der KD Vertrieb & Service GmbH & Co KG Rheinland-Pfalz/Saarland übermittelten personenbezogenen Daten die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der personenbezogenen Daten.“
7
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2008 kündigte die KDVS das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Juli 2009. Die Kündigung war Teil einer umfangreichen Restrukturierung im Bereich Technical Operations („M“), in deren Verlauf die KDVS, die KDG und die K D Breitband Services GmbH mit dem Konzernbetriebsrat am 12. November 2008 einen Interessenausgleich und Sozialplan schlossen. Mit am 22. Dezember 2008 der Beklagten übersandten Schreiben beanspruchte der Kläger ein Rückkehrrecht; die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 ab. Die vom Kläger gegen die KDVS erhobene Kündigungsschutz- und Weiterbeschäftigungsklage wurde rechtskräftig abgewiesen.
8
Mit seiner gegen die Beklagte erhobenen Klage(-erweiterung) hat der Kläger hauptsächlich eine tatsächliche Beschäftigung ab dem 1. August 2009 und hilfsweise die Verurteilung zur Abgabe einer Willenserklärung verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, ihm stehe ein Rückkehrrecht zur Beklagten aufgrund der SV zu. Dieses habe er fristgerecht geltend gemacht.
9
Der Kläger hat – soweit gegen die Beklagte gerichtet – beantragt,
1.
die Beklagte zu verurteilen, ihn aufgrund des Auflösungsvertrags vom 1. September 2003 und des Vertrags zur Abänderung des Auflösungsvertrags im Zusammenhang mit der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 8. August 2002, vom 30. April 2005 ab dem 1. August 2009 weiterzubeschäftigen;
2.
hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die Schuldrechtliche Vereinbarung vom 8. April 2005 dahingehend auslegt, dass der Antrag auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses gerichtet ist, die Beklagte zu verurteilen, sein Angebot vom 22. Dezember 2008 auf Abschluss eines Arbeitsverhältnisses anzunehmen.
10
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, dem Kläger stehe kein Rückkehrrecht zu. Er habe nicht bis 31. Dezember 2008 tatsächlich zu ihr zurückkehren können, weil er wegen der Kündigungsfrist noch bis 31. Juli 2009 an das Arbeitsverhältnis mit der KDVS gebunden gewesen sei. Jedenfalls sei das Erfordernis einer wirksamen Kündigung, die aus dringenden betrieblichen Gründen ausgesprochen worden sei, dh. die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG erfülle, nicht gewahrt. Der Kläger könne jedenfalls nur einen Vertragsschluss zu den Bedingungen einer Beschäftigung im Betrieb Vivento verlangen; als Disponent könne ihn die Beklagte nicht beschäftigen.
11
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit verkündetem Urteilstenor abgewiesen; das bei der Akte befindliche, mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehene Urteil ist nicht unterschrieben. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht – unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung – dem gegen die Beklagte gerichteten Hilfsantrag entsprochen und den Urteilstenor wie folgt gefasst:
„Die Beklagte wird verurteilt, das ihr vom Kläger gemäß der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 unterbreitete Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags für die Zeit ab dem 01.08.2009 (unbefristetes Arbeitsverhältnis gemäß den Arbeitsvertragsbedingungen und den tarifvertraglichen Regelungen, wie sie in Ziffer 4 der schuldrechtlichen Vereinbarung genannt werden) anzunehmen.“
12
Zu dem (Haupt-)Antrag auf Beschäftigung verhalten sich die Entscheidungsgründe des landesarbeitsgerichtlichen Urteils nicht. Die Beklagte begehrt mit ihrer ua. auf die Rüge einer Verletzung von § 313 Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gestützten Revision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

13
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil unterliegt keinen zu seiner Aufhebung führenden Verfahrensfehlern. Weder das Fehlen der Unterschrift des arbeitsgerichtlichen Urteils noch das Fehlen einer Begründung der Abweisung des hauptsächlichen Beschäftigungsantrags im Berufungsurteil sind revisionsrechtlich beachtlich. Der Urteilsausspruch ist entgegen der Ansicht der Beklagten nicht unbestimmt. Der in der Revisionsinstanz angefallene Antrag in der vom Landesarbeitsgericht tenorierten Fassung ist zulässig und begründet. Der Anspruch des Klägers auf Abgabe der begehrten Willenserklärung folgt aus § 1 des Änderungsvertrags der Parteien vom 30. April 2005 iVm. § 2 Nr. 1 ihres Vertrags vom 1. September 2003 und iVm. Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV.
14
A. Das angefochtene Berufungsurteil weist keine revisionsrechtlich relevanten Verfahrensfehler auf.
15
I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht in der Sache entschieden, obwohl das arbeitsgerichtliche Urteil aktenkundig nicht unterschrieben ist. Mit der Verkündung war das arbeitsgerichtliche Urteil in der Welt und konnte Gegenstand eines Berufungsverfahrens sein. Die fehlende Unterschrift begründet lediglich einen unbeachtlichen Verfahrensfehler.
16
1. Nach § 60 Abs. 4 Satz 1 ArbGG ist das arbeitsgerichtliche Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen vom Vorsitzenden zu unterschreiben. Das zwar vollständig abgefasste, jedoch nicht vom Vorsitzenden der Kammer unterschriebene Urteil ist verfahrensfehlerhaft; es ist ein nicht mit Gründen versehenes Urteil (vgl. ausf. GMP/Germelmann 7. Aufl. § 68 Rn. 3 mwN).
17
2. Der vom Landesarbeitsgericht nicht erkannte Verfahrensmangel führt nicht zu einem Rechtsfehler seiner Berufungsentscheidung. Im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren ist nach § 68 ArbGG eine Zurückverweisung wegen eines wesentlichen Mangels des erstinstanzlichen Verfahrens ausgeschlossen. Zu den Verfahrensmängeln, die eine Zurückverweisung nach § 68 ArbGG nicht zulassen, zählt auch der Fall eines nicht mit der Unterschrift des Kammervorsitzenden versehenen arbeitsgerichtlichen Urteils (vgl. Hauck/Biebl in Hauck/Helml/Biebl ArbGG 4. Aufl. § 68 Rn. 3 mwN).
18
II. Die Beklagte kann ihren Revisionsangriff nicht erfolgreich auf die – allerdings zutreffende – Rüge stützen, dass sich die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils nicht zu dem im Tatbestand wiedergegebenen Hauptantrag des Klägers auf (tatsächliche) Beschäftigung verhalten. Das Landesarbeitsgericht hat die gegen die Abweisung (auch) des Hauptantrags gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat den Hauptantrag damit zwar nicht übergangen (vgl. zu solch einer Konstellation zB BAG 29. Juni 2011 – 7 AZR 774/09 – Rn. 38 f., AP TzBfG § 14 Nr. 83 = EzA TzBfG § 14 Nr. 78), denn seine Befassung mit dem Hilfsantrag setzt eine solche mit dem Hauptantrag voraus. Es handelt sich aber insoweit um eine nicht mit Gründen versehene Entscheidung. Auf den absoluten Revisionsgrund des § 547 Nr. 6 ZPO kann sich die Beklagte dennoch nicht stützen, denn sie ist durch die Abweisung des Hauptantrags nicht beschwert. Sinn eines Rechtsmittelverfahrens ist es, dem Rechtsmittelkläger Gelegenheit zu geben, eine ihm ungünstige vorinstanzliche Entscheidung durch Inanspruchnahme einer weiteren Instanz überprüfen zu lassen (vgl. BAG 21. März 2012 – 5 AZR 320/11 – Rn. 11 mwN, NJW 2012, 3327). Die Abweisung des Hauptantrags ist für die Beklagte nicht ungünstig.
19
III. Das Landesarbeitsgericht hat den Hilfsantrag, dem es stattgegeben hat, zu Recht für bestimmt genug gehalten. Entgegen der Rüge der Revision verstößt das angefochtene Urteil nicht gegen § 313 Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
20
1. Nach § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO enthält ein verfahrensbeendendes Urteil eine Urteilsformel. Diese muss hinreichend deutlich gefasst sein. Das Erfordernis der – von Amts wegen zu prüfenden – Bestimmtheit des Urteilsausspruchs dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Der Umfang der materiellen Rechtskraft iSv. § 322 Abs. 1 ZPO und damit die Entscheidungswirkungen müssen festgestellt werden können. Bei diesen Feststellungen sind Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend heranzuziehen, wenn die Urteilsformel den Streitgegenstand und damit den Umfang der Rechtskraft nicht für sich gesehen erkennen lässt. Insbesondere bei einer Verurteilung zu einer Willenserklärung kann zur Ermittlung des Inhalts einer auslegungsbedürftigen Urteilsformel ein Rückgriff auf Tatbestand und Entscheidungsgründe erforderlich sein. Ein auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Urteilsspruch ist nur dann bestimmt, wenn er so gefasst ist, dass der Inhalt der nach § 894 Satz 1 ZPO fingierten Erklärung klar ist. Geht es um den Abschluss eines Arbeitsvertrags, muss die nach der speziellen Vollstreckungsregel des § 894 Satz 1 ZPO als abgegeben geltende Willenserklärung den für eine Vertragseinigung notwendigen Mindestinhalt (essentialia negotii) umfassen. Nach § 611 Abs. 1 BGB gehören hierzu die „versprochenen Dienste“, also Art und Beginn der Arbeitsleistung. Eine Einigung über weitere Inhalte ist nicht erforderlich, sofern klar ist, dass die Arbeitsleistung überhaupt vergütet werden soll. Der Umfang der Arbeitsleistung und die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich ggf. nach den üblichen Umständen; die Vergütung folgt ggf. aus § 612 BGB (vgl. zu all dem BAG 14. März 2012 – 7 AZR 147/11 – Rn. 19 mwN).
21
2. Hiernach ist die Entscheidungsformel im landesarbeitsgerichtlichen Urteil hinreichend bestimmt. Die Verurteilung zur Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Arbeitsvertrags benennt den Zeitpunkt des begehrten Vertragsschlusses („ab dem 01.08.2009“). Der Tenor ist dahin zu interpretieren, dass das Landesarbeitsgericht nicht – anders als von der Beklagten verstanden und mit der Revision beanstandet – das „klägerische Angebot in der Schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005“ sieht. Der Passus der Urteilsformel „… das ihr vom Kläger gemäß der schuldrechtlichen Vereinbarung vom 08.04.2005 unterbreitete Angebot auf Abschluss eines Arbeitsvertrags …“ zielt bei verständiger Würdigung nur auf eine überflüssige, aber verständliche Nennung der Rechtsgrundlage des Angebots. Der Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung in dem mit der Verurteilung zustande gekommenen Vertrag lässt sich ausreichend deutlich klären. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte handelt es sich um eine unbefristete Vollzeitbeschäftigung. Der Inhalt der Tätigkeit ist zwar nicht näher beschrieben. Unter Hinzuziehung von Tatbestand und Entscheidungsgründen ist aber deutlich, dass die tenorierte Willenserklärung eine Arbeitsleistung des Klägers als Disponent umfasst. In dieser Tätigkeit war der Kläger zuletzt bei der KDVS beschäftigt; dass er im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten andere Aufgaben geschuldet hätte, ist nicht ersichtlich. Die „weit gefasste“ Beschreibung der Tätigkeit als Disponent führt zu einem größeren Spielraum bei den arbeitgeberseitigen Weisungsrechten, nicht zu deren Unklarheit.
22
B. Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
23
I. Die Klage ist nicht schon deswegen teilweise unbegründet, weil die Verurteilung der Beklagten zur Abgabe der Annahmeerklärung zum 1. August 2009 (rück-)wirken soll. Die rückwirkende Begründung eines Arbeitsverhältnisses durch Urteil, die mit der Fiktion der Abgabe der Annahmeerklärung den Vertragsschluss bewirkt, ist zulässig (ausf. BAG 9. Februar 2011 – 7 AZR 91/10 – Rn. 25 ff. mwN, AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2). Mit der Geltendmachung seines Rückkehrrechts gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 22. Dezember 2008 hat der Kläger ein Angebot abgegeben.
24
II. Der Anspruch des Klägers auf Abgabe der begehrten Annahmeerklärung folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags der Parteien vom 30. April 2005 iVm. § 2 Nr. 1 des Vertrags vom 1. September 2003 und Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV.
25
1. Der Senat hat über die zu behandelnden Rechtsfragen großteils schon mit Urteil vom 9. Februar 2011 entschieden (- 7 AZR 91/10 – AP BGB § 307 Nr. 52 = EzA BGB 2002 § 311a Nr. 2) und unter Berücksichtigung der weiteren Argumente der Beklagten an den Ergebnissen in den Urteilen vom 19. Oktober 2011 (- 7 AZR 471/10 -, – 7 AZR 672/10 – AP BGB § 307 Nr. 58 = EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 10, – 7 AZR 33/11 – und – 7 AZR 743/10 -) sowie vom 13. Juni 2012(- 7 AZR 519/10 -, – 7 AZR 537/10 -, – 7 AZR 647/10 -, – 7 AZR 669/10 -, – 7 AZR 738/10 – und – 7 AZR 169/11 -) festgehalten. § 1 Abs. 1 Satz 1 des nach einem einheitlichen Muster geschlossenen Vertrags zwischen vormals beurlaubten Arbeitnehmern und der Beklagten vom 30. April 2005 iVm. § 2 Nr. 1 des ebenso mit mehreren Arbeitnehmern inhaltsgleich geschlossenen Vertrags vom 1. September 2003 und Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV begründen für die vertragsschließenden Arbeitnehmer ein sog. besonderes, bis 31. Dezember 2008 auszuübendes Rückkehrrecht in die Dienste der Beklagten, welches mit einer Klage auf Abgabe einer Annahme- oder einer Angebotserklärung geltend gemacht werden kann. Die benannten Regelungen des Rückkehrrechts enthalten Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB und unterliegen der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Wie die Auslegung von Nr. 2 Buchst. a SV ergibt, verlangt die Vorschrift nicht nur eine wirksame Kündigung; erforderlich ist darüber hinaus, dass die Kündigung unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochen wurde. Dieses in Nr. 2 Buchst. a SV begründete Erfordernis einer nicht nur wirksamen, sondern unter Einhaltung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG ausgesprochenen Kündigung ist unwirksam. Es benachteiligt den betroffenen Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Weder § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB noch § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB stehen der Inhalts- und Angemessenheitskontrolle entgegen. Das besondere Rückkehrrecht in Nr. 1 Buchst. b und Nr. 2 Buchst. a SV ist teilbar und kann ohne unzumutbare Härte für die Beklagte iSv. § 306 Abs. 3 BGB aufrechterhalten bleiben. Der wirksame Teil der Nr. 2 Buchst. a SV beschränkt sich auf die Voraussetzung einer – aus betrieblichen Gründen ausgesprochenen – „wirksamen Kündigung“. Erfüllt der Arbeitnehmer die Voraussetzungen des besonderen Rückkehrrechts in diesem Verständnis, hat er – von den Fällen eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen ihm und dem kündigenden Vertragsarbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung abgesehen – einen Anspruch auf (Wieder-)Einstellung bei der Beklagten und ist nicht auf einen Vertrag zu den Arbeitsbedingungen verwiesen, die im Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento gelten (ausf. zu all dem zB BAG 9. Februar 2011 – 7 AZR 91/10 -; zuletzt zB 13. Juni 2012 – 7 AZR 519/10 -).
26
2. Hiernach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht nach dem in der Revision noch angefallenen Antrag erkannt.
27
a) Die Anspruchsvoraussetzungen des besonderen Rückkehrrechts nach Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2 Buchst. a SV iVm. § 1 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags der Parteien vom 30. April 2005 sowie § 2 Nr. 1 des Vertrags vom 1. September 2003 sind erfüllt. Der Kläger ist ehemaliger Arbeitnehmer der Beklagten. Er stand zum 1. Oktober 2002 in einem Arbeitsverhältnis mit einer der sog. Kabelgesellschaften und war von der Beklagten beurlaubt. Die KDVS kündigte sein Arbeitsverhältnis mit ihr unter dem 9. Dezember 2008 „aus betriebsbedingten Gründen“. Der Kläger machte das besondere Rückkehrrecht mit der Beklagten am 22. Dezember 2008 übersandten Schreiben geltend. Die von der KDVS aus betrieblichen Gründen ausgesprochene Kündigung ist wirksam. Sie hat das Arbeitsverhältnis beendet. Die vom Kläger gegen die KDVS erhobene Kündigungsschutzklage ist rechtskräftig abgewiesen. Der Kläger musste entgegen der Ansicht der Beklagten nicht darlegen und beweisen, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 ff. KSchG erfüllt sind.
28
b) Für ein kollusives Zusammenwirken des Klägers mit der KDVS bei Ausspruch der Kündigung bestehen keine Anhaltspunkte. Dagegen sprechen schon der im Zusammenhang mit der Restrukturierungsmaßnahme geschlossene Interessenausgleich und Sozialplan.
29
c) Der Kläger ist nicht auf einen Vertrag zu den Arbeitsbedingungen verwiesen, die im Vermittlungs- und Qualifizierungsbetrieb Vivento gelten. Die von der Beklagten geltend gemachte Unmöglichkeit einer Beschäftigung des Klägers zu den Konditionen des begehrten Arbeitsvertrags („Disponent“) steht dem auf die Abgabe einer Willenserklärung gerichteten Klageanspruch nicht entgegen. Mit Rechtskraft der den Vertrag begründenden Annahmeerklärung steht der Vertragsmindestinhalt fest; die Abgabe einer solchen Erklärung ist der Beklagten nicht unmöglich. Allenfalls der – nicht (mehr) streitgegenständlichen – Beschäftigungsverpflichtung könnte die Beklagte mit dem Unmöglichkeitseinwand begegnen.
30
C. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Zwanziger
Kiel
Schmidt
R. Gmoser
Glock