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BUNDESARBEITSGERICHT Urteil vom 12.9.2013, 6 AZR 907/11

eingetragen von Thilo Schwirtz am Januar 2nd, 2014

Kein Ausschluss nicht angemeldeter Forderungen durch rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan

Tenor

 

 

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 15. September 2011 – 11 Sa 591/11 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

 

Tatbestand

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Die Parteien streiten darüber, ob nicht angemeldete „Equal-Pay-Forderungen“ durch Verzichtsfiktion in einem rechtskräftig bestätigten Insolvenzplan untergingen.
2
Der Kläger war in den Monaten Januar bis Mai 2007, im November und Dezember 2007 sowie im Januar 2008 aufgrund der Arbeitsverträge vom 16. Januar 2007 und 9. November 2007 als Leiharbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt. § 1 Nr. 1 der beiden Arbeitsverträge bestimmte, dass sich die Rechte und Pflichten der Parteien nach den Tarifverträgen zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e. V. und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) richteten.
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Mit Beschluss vom 1. September 2009 wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt K bestellt. Die Insolvenzgläubiger wurden aufgefordert, ihre Ansprüche bis 21. September 2009 anzumelden. Der Insolvenzverwalter legte einen Insolvenzplan vor. Nr. 1 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans (IV.) bildete zwei Gruppen. Gruppe 1 bestand aus Arbeitnehmern nach § 222 Abs. 3 Satz 1 InsO, Gruppe 2 aus nicht nachrangigen Insolvenzgläubigern nach § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO. Die bei Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans vorhandenen Vermögenswerte der Beklagten sollten nach Nr. 9.2 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans auf einen Treuhänder – den bisherigen Insolvenzverwalter – übertragen werden. In Nr. 14 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans war die Überwachung der Planerfüllung nach §§ 260 ff. InsO bis zur Beendigung der Tätigkeit des Treuhänders oder der Tätigkeit von Rechtsanwalt Klaas als bisherigem Insolvenzverwalter angeordnet. Für die Beendigung des Amts sollte der jeweils spätere Zeitpunkt maßgeblich sein. Den Gläubigern wurde keine feste Quote, sondern die höchstmögliche Befriedigung durch Verteilung der Gesamtmasse durch Übertragung auf den Treuhänder zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans unter Berücksichtigung der vorgehenden Rechte angeboten (IV. Nr. 4 des Insolvenzplans). Im gestaltenden Teil des Insolvenzplans war zudem auszugsweise geregelt:
„9. Übertragung diverser Rechte
9.1. Allgemeines
Gemäß § 259 InsO erhält der Schuldner mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens grundsätzlich das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen. Zur Entlastung des Schuldners, aber auch zur Sicherung der Gläubiger kann hiervon abgewichen werden. Der Insolvenzplan sieht in Abweichung zu § 259 InsO vor, dass die gesamte zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans vorhandene Masse an die Gläubiger durch Übertragung auf den Treuhänder übertragen wird, der dann die Verteilung an die Gläubiger vorzunehmen hat.
9.2. Übertragung des Vermögens entstanden bis zur Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans auf einen Treuhänder
… Der Treuhänder wird ermächtigt, Prozesse im Zusammenhang mit der Verwertung des Treuhandvermögens im eigenen Namen zu führen.
12. Behandlung bestrittener Forderungen
Die Insolvenzgläubiger bestrittener Forderungen müssen analog § 189 InsO innerhalb von zwei Wochen ab Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans gegenüber dem Insolvenzverwalter, der insoweit auch über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens hinaus als passiv legitimiert gilt, Feststellungsklage erheben, andernfalls wird insoweit ein Verzicht dieser Gläubiger fingiert.
13. Nicht angemeldete Forderungen
Gläubiger, die nicht bis zum Wirksamwerden des Insolvenzplans ihre Forderungen angemeldet haben, verlieren ihre Rechte. Mit der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans wird insoweit ein antizipierter Verzicht dieser Gläubiger fingiert.“
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Die Bestätigung des Insolvenzplans vom 27. August 2009 wurde rechtskräftig. Das Amtsgericht hob das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 19. Oktober 2009 auf. Der Beschluss ist jedenfalls seit 10. November 2009 rechtskräftig.
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Das Bundesarbeitsgericht erkannte mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 – BAGE 136, 302), dass die Tarifgemeinschaft CGZP nicht tariffähig ist. Mit Beschluss vom 23. Mai 2012 (- 1 AZB 58/11 – BAGE 141, 382) stellte es klar, dass die CGZP nie tariffähig war.
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Der Kläger nimmt die Beklagte mit seiner am 29. Dezember 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 3. Januar 2011 zugestellten Klage auf höhere Vergütung entsprechend einer Vergleichsperson im Entleihunternehmen („Equal-Pay-Zahlungen“) aus § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 AÜG idF vom 23. Dezember 2003 (aF) in Anspruch. Er erhebt Ansprüche auf Differenzvergütung, Überarbeits- und Feiertagszuschläge für im Einzelnen bezeichnete Arbeitsstunden sowie Urlaubsabgeltung in der Gesamthöhe von 9.845,52 Euro. Der Kläger hat behauptet, mit ihm vergleichbare Arbeitnehmer des Entleihunternehmens hätten während der Dauer seiner Beschäftigung bei der Beklagten über die an ihn geleisteten Beträge hinaus Zahlungen in dieser Höhe erhalten. Er hat die Auffassung vertreten, seine Forderungen unterfielen der Nachhaftung der beklagten Schuldnerin. Die Insolvenzordnung schließe Forderungen von „Nachzüglern“ nicht aus. Die Wiederauflebensklausel des § 255 Abs. 1 Satz 1 InsO sei analog anzuwenden. Die Ausschlussklausel in Nr. 13 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans sei unwirksam. Die antizipierte Verzichtsfiktion verstoße insbesondere gegen § 226 InsO, durch den geregelt sei, dass alle Gläubiger innerhalb einer Gläubigergruppe die gleichen Rechte haben müssten. Die „Equal-Pay-Forderungen“, die er bei rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans nicht gekannt habe und nicht habe kennen können, seien vom Insolvenzplan nicht erfasst. Die inzwischen eingefügte Möglichkeit eines Vollstreckungsschutzes nach § 259a InsO idF vom 7. Dezember 2011 (nF) zeige, dass Zwangsvollstreckungen grundsätzlich möglich seien.
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Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.845,52 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat behauptet, der Insolvenzplan sei umgesetzt worden. Sie habe ihr gesamtes Vermögen auf den Treuhänder übertragen. Die Beklagte hat gemeint, für die Aufnahme von Präklusionsklauseln habe bis zum Inkrafttreten der §§ 259a und 259b InsO durch die Insolvenzrechtsreform ein gewichtiges Bedürfnis bestanden. Wenn die Ausschlussklausel in Nr. 13 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans unwirksam sei, unterfielen die Forderungen des Klägers § 254 Abs. 1 Satz 1 und 3 InsO idF vom 5. Oktober 1994 (aF). Kein Beteiligter könne sich den Wirkungen eines Insolvenzplans entziehen, indem er am Verfahren nicht teilnehme. Eine Forderung, die vom gestaltenden Teil eines Insolvenzplans erfasst sei, bestehe nur als natürliche, unvollkommene Verbindlichkeit fort, deren Erfüllung möglich sei, aber nicht erzwungen werden könne. Die Beklagte sei bereits nicht passiv legitimiert, weil sie ihr gesamtes Aktivvermögen dem Treuhänder und damit den Gläubigern übertragen habe. § 255 Abs. 1 Satz 1 InsO sei schon deshalb nicht entsprechend anzuwenden, weil die Nichterfüllung vollständig erlassener Forderungen ausgeschlossen sei. Jedenfalls gelte § 256 Abs. 1 InsO. Auch die Höhe der Ansprüche sei nicht dargelegt. Der Kläger habe sich nicht auf Auskünfte des Entleihers nach § 13 AÜG gestützt. Er habe die Einsätze vergleichbarer Stammarbeitnehmer und deren Arbeitsentgelt nicht substantiiert vorgetragen.
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Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine objektive Klagehäufung weiter.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
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A. Die Klage ist zulässig. Sie ist auch hinsichtlich der Differenzvergütung, der Überarbeits- und der Feiertagszuschläge hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die geleisteten Arbeitsstunden sind benannt.
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B. Die Klage ist unbegründet. Sie ist zwar nicht mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung abzuweisen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat braucht nicht darüber zu entscheiden, ob die Schuldnerin ungeachtet der Regelung in Nr. 12 Abs. 2 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans passiv legitimiert ist (ebenfalls offengelassen von OLG Hamm 3. Dezember 2010 – 30 U 98/10, I-30 U 98/10 – zu II 2 der Gründe). Die Klage ist jedenfalls aus anderen Gründen unbegründet (zu der Frage der Passivlegitimation als Bestandteil der Prüfung, ob die Klage begründet ist, Zöller/Vollkommer ZPO 29. Aufl. Vor § 50 ZPO Rn. 18).
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I. Nach Nr. 12 Abs. 2 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans ist zweifelhaft, ob die Schuldnerin die richtige Beklagte ist.
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1. Die Regelung bestimmt, dass die Insolvenzgläubiger bestrittener Forderungen analog § 189 InsO innerhalb von zwei Wochen ab Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans gegenüber dem Insolvenzverwalter Feststellungsklage erheben müssen. Sonst wird ein Verzicht dieser Gläubiger fingiert. Für diese Klagen soll der Insolvenzverwalter auch über die Aufhebung des Insolvenzverfahrens hinaus als passiv legitimiert gelten.
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2. Damit will der Insolvenzplan trotz Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 258 Abs. 1 InsO) von § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO abweichen. Die Norm bestimmt, dass der Schuldner mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens das Recht zurückerhält, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen.
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3. Der Schuldner erhält dieses Recht mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens jedoch nur dann vorbehaltlos zurück, wenn der Insolvenzplan nicht die Planüberwachung nach §§ 260 ff. InsO vorsieht, wie sie hier angeordnet ist. § 259 Abs. 2 InsO enthält den Vorbehalt, dass die Vorschriften über die Überwachung der Planerfüllung unberührt bleiben (vgl. Uhlenbruck/Lüer 13. Aufl. § 259 InsO Rn. 1). Nach § 261 Abs. 1 InsO erfolgt die Überwachung durch den Insolvenzverwalter, der bis zur Aufhebung der Überwachung ebenso wie die Mitglieder des Gläubigerausschusses im Amt bleibt (vgl. MünchKommInsO/Stephan 2. Aufl. § 260 Rn. 11, § 261 Rn. 5). Durch die Verweisung auf § 22 Abs. 3 InsO werden dem Insolvenzverwalter während der Planüberwachung allerdings nur die Rechte eines vorläufigen Insolvenzverwalters eingeräumt. Kommt der Schuldner den Verpflichtungen aus dem Plan nach, beschränkt sich die Planüberwachung grundsätzlich auf die beobachtende Kontrolle (vgl. MünchKommInsO/Stephan 2. Aufl. § 261 Rn. 7).
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4. Ob der rechtskräftig bestätigte Insolvenzplan hier weiter gehende Rechte des bei der Planüberwachung tätigen treuhänderischen Insolvenzverwalters begründet und begründen kann, ist aus mehreren Gründen zweifelhaft.
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a) Fraglich ist bereits, ob die Regelung für bestrittene Forderungen in Nr. 12 Abs. 2 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans ergänzend auf Forderungen angewandt werden kann, die bei rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans unbekannt waren.
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aa) Die Gesetzesmaterialien gehen davon aus, dass ein Insolvenzplan „die privatautonome, den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Übereinkunft der mitspracheberechtigten Beteiligten über die Verwertung des haftenden Schuldnervermögens unter voller Garantie des Werts der Beteiligtenrechte“ ist(vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 91). Daraus schließt der Bundesgerichtshof, dass der Insolvenzplan kein Vergleich iSv. § 779 BGB ist, sondern ein spezifisch insolvenzrechtliches Instrument, mit dem die Gläubigergesamtheit ihre Befriedigung aus dem Schuldnervermögen organisiert. Entscheidende Argumente gegen eine Willensübereinkunft durch einen Vertrag im herkömmlichen Sinn sind nach dieser Sichtweise, dass die Gläubigergemeinschaft nicht aus freiem Willen zusammengefunden hat und der Wille einzelner Gläubiger nach §§ 244 ff. InsO durch Mehrheitsentscheidungen überwunden werden kann(vgl. BGH 6. Oktober 2005 – IX ZR 36/02 – Rn. 14 f., s. auch Rn. 13 zu abweichenden Literaturstimmen). Der nicht vollstreckbare Teil eines Insolvenzplans ist nach dieser Auffassung dennoch nicht objektiv – wie zB Allgemeine Geschäftsbedingungen – auszulegen. Maßgeblich ist das individuelle Verständnis derjenigen, die ihn beschlossen haben. Die Auslegung des nicht vollstreckbaren Teils des Insolvenzplans durch die Tatsachengerichte ist nur beschränkt revisibel (vgl. BGH 6. Oktober 2005 – IX ZR 36/02 – Rn. 16 f.).
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bb) Die Vorinstanzen haben Nr. 12 Abs. 2 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans nicht ausgelegt. Der Senat kann die Regelung jedoch selbst auslegen. Der Insolvenzplan befindet sich bei den Akten. Die Auslegungstatsachen stehen fest.
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cc) Gegen eine ergänzende Auslegung von IV. Nr. 12 Abs. 2 des Insolvenzplans dahin, dass die Regelung auch für Forderungen gilt, die bei rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans unbekannt waren, spricht unabhängig von der Wirksamkeit dieser Bestimmung, dass IV. Nr. 13 des Insolvenzplans den Fall nicht angemeldeter Forderungen ausdrücklich regelt. Danach verlieren Gläubiger, die ihre Forderungen nicht bis zum Wirksamwerden des Insolvenzplans angemeldet haben, ihre Rechte. Mit Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans wird ein Verzicht dieser Gläubiger fingiert. Nach dem ursprünglichen Regelungskonzept der Gläubigergemeinschaft war Nr. 12 Abs. 2 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans deshalb nicht planwidrig unvollständig. Die Bestimmung könnte allenfalls nachträglich durch eine – etwaige – Unwirksamkeit der Ausschlussklausel in Nr. 13 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans unvollständig geworden sein. Eine Ergänzung des Regelwerks kommt in Betracht, wenn die Parteien sie bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redlich Handelnde vereinbart hätten, wäre ihnen die Unvollständigkeit ihrer Regelung bekannt gewesen (vgl. für die ergänzende Vertragsauslegung BAG 10. Juli 2013 – 10 AZR 898/11 – Rn. 29 f.).
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b) In Rechtsprechung und Schrifttum ist zudem umstritten, in welchem Umfang durch den Insolvenzplan für die Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens weiter gehende Rechte des Insolvenzverwalters zulasten der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners begründet werden können.
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aa) Das Oberlandesgericht Düsseldorf nimmt an, der nach dem Insolvenzplan als Sachwalter handelnde Insolvenzverwalter sei auch nach Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch prozessführungsbefugt, sofern die Klage das im Insolvenzplan genannte Vermögen betreffe (vgl. 22. Dezember 2005 – I-7 U 148/05, 7 U 148/05 – zu B I der Gründe). Das Oberlandesgericht Celle geht demgegenüber mit Blick auf den Wortlaut des § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO, den Zweck des Insolvenzplanverfahrens und den Ausnahmecharakter der Regelung für die Insolvenzanfechtung in § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO davon aus, nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens gebe es keine vollständig oder teilweise fortdauernde Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des früheren Insolvenzverwalters. Ziel des Insolvenzplanverfahrens sei es, dem Schuldner wieder die uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zu übertragen (vgl. 20. November 2006 – 4 U 166/06 -; zust. MünchKommInsO/Huber 2. Aufl. § 259 Rn. 12). Auch der Bundesgerichtshof betont im Zusammenhang mit der Prozessführungsbefugnis des Insolvenzverwalters für Anfechtungsklagen den Ausnahmecharakter des § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO. Der Insolvenzverwalter dürfe auf der Grundlage eines Insolvenzplans nur Anfechtungsprozesse fortsetzen, die bei Aufhebung des Verfahrens bereits rechtshängig seien (vgl. 11. April 2013 – IX ZR 122/12 – Rn. 8; 10. Dezember 2009 – IX ZR 206/08 – Rn. 10).
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bb) Gegen die Ansicht des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird in der Literatur angeführt, vorbehaltlich der Zustimmungserfordernisse des § 263 InsO bleibe es auch im Rahmen der Überwachung der Planerfüllung nach § 259 Abs. 2, §§ 260 ff. InsO bei der freien Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Schuldners über die Gegenstände der früheren Insolvenzmasse (vgl. Uhlenbruck/Lüer 13. Aufl. § 259 InsO Rn. 13 f.; s. auch MünchKommInsO/Stephan 2. Aufl. § 260 Rn. 15, § 261 Rn. 5 f.). Selbst eine Ausweitung der Zustimmungspflicht des Insolvenzverwalters auf alle und nicht nur bestimmte Rechtsgeschäfte des Schuldners über § 263 Satz 1 InsO hinaus sei unzulässig. Sie beeinträchtige die Handlungsfreiheit, die der Schuldner mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens wieder erlangen solle, nachhaltig (vgl. Uhlenbruck/Lüer 13. Aufl. § 260 InsO Rn. 9 mwN).
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II. Der Senat braucht die Fragen der Auslegung von Nr. 12 Abs. 2 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans, des Umfangs der Befugnisse des früheren Insolvenzverwalters nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens sowie – damit verbunden – der Passivlegitimation der Schuldnerin nicht zu beantworten. Auch wenn die Schuldnerin passiv legitimiert sein sollte, wären die erhobenen Ansprüche auf Differenzvergütung, Überarbeits- und Feiertagszuschläge sowie Urlaubsabgeltung nicht durchsetzbar. Gläubiger sind als „Nachzügler“ mit Forderungen, die bei rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans unbekannt waren, nach dem gesetzlichen Regelungsprogramm der §§ 254 ff. InsO (aF und nF) zwar nicht ausgeschlossen. „Nachzügler“ müssen ihre Forderungen aber zunächst rechtskräftig durch das Prozessgericht feststellen lassen, bevor sie ihre Ansprüche durch Leistungsklage gegenüber dem Schuldner durchsetzen können. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Der Senat kann deshalb offenlassen, ob die geltend gemachten Ansprüche des Klägers überhaupt entstanden sind.
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1. Mit Rechtskraft der Bestätigung traten die im gestaltenden Teil des Insolvenzplans festgelegten Wirkungen für und gegen alle Beteiligten ein (§ 254 Abs. 1 Satz 1 InsO aF, heute inhaltsgleich § 254 Abs. 1 InsO nF). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger seine Forderungen bis zur Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans nicht geltend gemacht hatte. Nach § 254 Abs. 1 Satz 3 InsO aF (heute § 254b InsO nF) gilt ein Insolvenzplan auch für Insolvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben.
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2. Die Forderungen des Klägers können selbst dann nicht durchgesetzt werden, wenn die Ausschlussklausel in Nr. 13 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans unwirksam sein sollte, wie die Revision annimmt.
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a) Soweit die Forderungen als erlassen gelten oder ein sog. Verzicht auf sie fingiert wird, sind sie nicht erloschen, bestehen aber als natürliche, unvollkommene Verbindlichkeiten fort. Die Erfüllung dieser Naturalobligationen ist möglich, kann aber nicht erzwungen werden (vgl. BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 9; 19. Mai 2011 – IX ZR 222/08 – Rn. 8 mwN).
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b) Die Forderungen des Klägers waren nicht schon gesetzlich präkludiert. Die Insolvenzordnung sieht nicht vor, dass Ansprüche, die im Insolvenzverfahren nicht angemeldet wurden, nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr gegen den Insolvenzschuldner geltend gemacht werden können (vgl. BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 9; 19. Mai 2011 – IX ZR 222/08 – Rn. 8; aA Sächsisches LAG 22. November 2007 – 1 Sa 364/03 – zu B I 5 der Gründe). Nach § 254 Abs. 1 Satz 3 InsO aF (heute § 254b InsO nF) galt der Insolvenzplan auch für nicht angemeldete Forderungen (zu dem heutigen besonderen Vollstreckungsschutz und der besonderen Verjährungsfrist der §§ 259a und 259b InsO BT-Drucks. 17/5712 S. 37 zu Nr. 41). Das setzte voraus, dass die nicht angemeldeten Forderungen fortbestanden und weiter durchgesetzt werden konnten (vgl. BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 9; s. auch LAG Rheinland-Pfalz 12. Oktober 2006 – 4 Sa 281/06 – zu IV der Gründe; AG Leipzig 16. Dezember 2010 – 444 M 22550/10 – zu II der Gründe; Martini jurisPR-InsR 14/2011 Anm. 6).
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aa) Die Erfüllung von Insolvenzplänen und der ihnen zugrunde liegende Sanierungszweck können durch nachträglich erhobene Forderungen zwar gefährdet oder unmöglich werden. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Insolvenzplan vorsieht, dass eine bestimmte Summe Geldes unter den Insolvenzgläubigern verteilt wird. Dieses Problem hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung jedoch gesehen.
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(1) Die Kommission für Insolvenzrecht hatte im Ersten Bericht, Leitsätze 2.2.30 und 2.2.31, einen Vollstreckungsschutz zugunsten des Schuldners und eine Verjährungsfrist von längstens zwei Jahren nach rechtskräftiger Bestätigung des Reorganisationsplans vorgeschlagen (vgl. BT-Drucks. 17/5712 S. 37 zu Nr. 41). Die angesichts des Kommissionsberichts bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, das mit der Zulassung nachträglich erhobener Forderungen verbundene Risiko eines Scheiterns der Planerfüllung ohne Abhilfemöglichkeiten hinzunehmen, ist für die Gerichte bindend. Der völlige Verlust einer Forderung als Folge einer Ausschlussfrist ist ein erheblicher Eingriff in das Eigentumsrecht des Gläubigers aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Die Insolvenzforderung fällt in den Schutzbereich der Eigentumsfreiheit. Für den von der Verfassung erlaubten Eingriff in das Freiheitsrecht mit geeigneten, erforderlichen und angemessenen Mitteln ist nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage erforderlich (vgl. BVerfG 26. April 1995 – 1 BvL 19/94, 1 BvR 1454/94 – zu B I 3 der Gründe, BVerfGE 92, 262 zu § 14 Abs. 1 Satz 1 GesO; BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 10; weniger vorsichtig für eine Ausschlussklausel noch 19. Mai 2011 – IX ZR 222/08 – Rn. 10; dazu krit. Schrader jurisPR-PrivBauR 11/2011 Anm. 6; Smid jurisPR-InsR 18/2011 Anm. 2).
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(2) Diese verfassungsrechtlichen Anforderungen sprechen im Übrigen gegen die Zulässigkeit von Präklusionsklauseln für sog. Nachzügler in Insolvenzplänen, die über die gesetzlichen Regelungen der §§ 254 ff. InsO hinaus den Verlust von Ansprüchen fingieren, die dem Gläubiger bei rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans unbekannt waren (ebenso jedenfalls nach Neufassung der Insolvenzordnung mit Wirkung vom 1. März 2012 Küpper/Heinze ZInsO 2013, 471, 473 ff.; ähnlich zum alten Recht Schreiber/Flitsch BB 2005, 1173, 1176 f.; zweifelnd auch Bähr/Höpker Anm. EWiR 2012, 151, 152; aA zum alten Recht OLG Hamm 3. Dezember 2010 – 30 U 98/10, I-30 U 98/10 – zu II 1 c bis f der Gründe; Jacobi/Stapper NJ 2012, 265, 266; Martini jurisPR-InsR 16/2010 Anm. 2; Otte/Wiester NZI 2005, 70, 77 aE).
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(a) Mit dieser Beurteilung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Fünften Senats, die annimmt, dass Differenzvergütungsansprüche auf „Equal Pay“ in der Folge der CGZP-Entscheidungen des Ersten Senats grundsätzlich arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen unterfallen können (vgl. nur BAG 13. März 2013 – 5 AZR 954/11 – Rn. 33 ff.). Die Fälle einer vertraglich beiderseits vereinbarten Ausschlussfrist und einer Präklusionsklausel in einem Insolvenzplan sind nicht zu vergleichen, weil der Gläubiger unbekannter Forderungen keinen Einfluss auf die Ausschlussklausel im Insolvenzplan hat.
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(b) Die Frage der Wirksamkeit der Ausschlussklausel in Nr. 13 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans kann im Ergebnis auf sich beruhen. Auch das gesetzliche Regelungskonzept der §§ 254 ff. InsO (aF und nF) lässt eine stattgebende Entscheidung nicht zu.
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bb) Die jüngere Rechtsentwicklung macht deutlich, dass nicht angemeldete Forderungen auch nach der Annahme und Bestätigung des Insolvenzplans und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens gesetzlich nicht ausgeschlossen sind. Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen(ESUG) vom 7. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2582) traten mit Wirkung vom 1. März 2012 §§ 259a, 259b InsO in Kraft. Der Schuldner kann Vollstreckungsschutz beantragen, wenn die Durchführung des Plans durch nachträglich erhobene Forderungen gefährdet wird. Im Insolvenzverfahren nicht angemeldete Forderungen von Insolvenzgläubigern verjähren spätestens innerhalb eines Jahres nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans. Der Gesetzgeber hat damit die Vorschläge der Kommission für Insolvenzrecht nachträglich modifiziert aufgegriffen (vgl. BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 11). §§ 259a, 259b InsO setzen voraus, dass dem Planverfahren keine Ausschlusswirkung zukommt. Weiter gehenden Vorschlägen, eine materielle Ausschlussfrist für im Insolvenzverfahren nicht angemeldete Forderungen zu schaffen, ist der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung bewusst nicht gefolgt. Er geht davon aus, eine Ausschlussfrist müsse aus verfassungsrechtlichen Gründen die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung bei unverschuldeter Fristversäumnis vorsehen. Die vergleichbare Ausschlussfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 GesO habe zu zahlreichen und langwierigen Streitigkeiten über die Frage des Verschuldens bei Fristversäumnis geführt (vgl. BT-Drucks. 17/5712 S. 37 zu Nr. 41).
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c) Die – als entstanden unterstellten – Forderungen des Klägers lebten nicht entsprechend § 255 Abs. 1 Satz 1 InsO wieder auf. Es kann offenbleiben, ob der Kläger die Schuldnerin durch die Klage schriftlich mit mindestens zweiwöchiger Nachfrist mahnte (§ 255 Abs. 1 Satz 2 InsO). Eine Mahnung mit Fristsetzung war vor einer rechtskräftigen Feststellung der Forderungen durch das Prozessgericht jedenfalls verfrüht. Der Kläger führte auch keine vorläufige Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Berücksichtigung der Forderungen herbei (§ 256 Abs. 1 Satz 2 InsO).
37
aa) Der Senat kann unterstellen, dass die Voraussetzungen einer entsprechenden Anwendung des § 255 Abs. 1 InsO erfüllt sind. Wird zugunsten des Klägers angenommen, dass die vollständige Ausschlussklausel in Nr. 13 des gestaltenden Teils des Insolvenzplans unwirksam ist, steht nur noch ein teilweiser Erlass der Forderungen in Höhe des Betrags, der über die Quote hinausgeht, in Rede. Das vom Landesarbeitsgericht und von der Beklagten aufgeworfene Problem, dass die Nichterfüllung vollständig erlassener Forderungen denknotwendig ausgeschlossen sei (vgl. Bähr/Höpker Anm. EWiR 2012, 151, 152; MünchKommInsO/Huber 2. Aufl. § 255 Rn. 13), stellt sich dann nicht. Die streitgegenständlichen Forderungen auf Differenzvergütung, Überarbeits- und Feiertagszuschlag sind, wenn sie überhaupt entstanden sind, mit der Leistung der Dienste in den betreffenden Monaten der Jahre 2007 und 2008 entstanden. Sie wurden nach der Leistung der Dienste fällig (§ 614 Satz 2 BGB). Die Urlaubsabgeltungsansprüche aus § 7 Abs. 4 BUrlG entstanden mit Beendigung der beiden Arbeitsverhältnisse am 31. Mai 2007 und 31. Januar 2008. Sie wurden zugleich fällig. Alle vier Anspruchsarten wurden damit – ihre Entstehung unterstellt – vor Insolvenzeröffnung am 1. September 2009 fällig.
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bb) Die beklagte Schuldnerin kann sich jedenfalls auf die Ausnahmevorschrift des § 256 Abs. 1 InsO berufen. Danach ist ein Rückstand nicht anzunehmen, wenn der Schuldner eine bestrittene Forderung bis zu ihrer endgültigen Feststellung durch das Prozessgericht nur im Umfang der Entscheidung des Insolvenzgerichts über das Stimmrecht oder die vorläufige Berücksichtigung der Forderung begleicht.
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(1) § 256 Abs. 1 InsO ist auf erst nach Annahme und Bestätigung des Insolvenzplans erhobene Forderungen entsprechend anwendbar (vgl. BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 15; Uhlenbruck/Lüer 13. Aufl. § 256 InsO Rn. 4). Die Bestimmung gilt unmittelbar für im Prüfungstermin bestrittene Forderungen, die nicht zur Tabelle festgestellt worden sind. Auch Gläubiger, die sich am Insolvenzverfahren nicht beteiligt haben, können sich nicht auf eine Tabelleneintragung stützen. Ihre Forderungen sind durch den Insolvenzverwalter, den Schuldner und die übrigen Insolvenzgläubiger nicht geprüft worden (§ 176 InsO). „Streitig“ ist die wegen einer unterbliebenen Anmeldung nicht festgestellte Forderung dann, wenn sie vom Schuldner bestritten wird. Nach Annahme und Bestätigung des Plans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens kommt es dagegen auf ein Bestreiten des Insolvenzverwalters und der anderen Insolvenzgläubiger nicht mehr an. Eine Prüfung und Feststellung von Forderungen durch sie ist nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr möglich (vgl. BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 15; s. auch 15. Juli 2010 – IX ZB 65/10 – Rn. 16).
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(2) Die Beklagte hat die streitgegenständlichen Forderungen während des arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits bestritten. Eine Entscheidung des Insolvenzgerichts über die vorläufige Berücksichtigung der Forderungen wurde nicht getroffen.
41
(3) Die Beklagte musste selbst dann, wenn der Kläger mit der Klage den Erfordernissen einer Mahnung und ausreichenden Nachfrist iSv. § 255 Abs. 1 Satz 2 InsO genügt haben sollte, keine vorläufige Entscheidung des Insolvenzgerichts über die Berücksichtigung der Forderungen beantragen, um die Rechtsfolgen der Wiederauflebensklausel des § 255 Abs. 1 InsO zu vermeiden.
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(a) § 256 Abs. 1 Satz 2 InsO begründet ein Antragsrecht, aber keine Antragspflicht für den Schuldner. Die Norm regelt die Rechtsfolgen eines nicht gestellten Antrags nicht. Zusammenhang und Zweck der Regelungen der Insolvenzordnung über das Wiederaufleben nicht plangemäß erfüllter Forderungen lassen eine ergänzende Auslegung der §§ 255, 256 InsO ebenfalls nicht zu (vgl. BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 18).
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(b) Anderes galt vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung (vgl. BGH 7. Dezember 1995 – IX ZR 250/94 – zu II 1 b bb der Gründe mwN). §§ 255, 256 InsO sind §§ 9, 97 VerglO nachgebildet (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 213 zu §§ 302, 303 RegE-InsO). § 97 Abs. 2 VerglO, der in Teilen in § 256 Abs. 1 InsO überführt wurde, wurde als Schutzvorschrift zugunsten des Schuldners verstanden. Sie ermöglichte es ihm, sich den Verzugsfolgen zu entziehen, indem er den vorläufig festgesetzten Betrag leistete. Es war deshalb seine Aufgabe, eine Entscheidung des Vergleichsgerichts nach § 97 Abs. 1 VerglO herbeizuführen, um sich diesen Vorteil zu sichern. Stellte er keinen Antrag, galt § 9 Abs. 1 VerglO. Die Nichterfüllung des Vergleichs innerhalb der gesetzten Nachfrist führte dazu, dass die Forderung wieder auflebte. Der Schuldner sollte nicht davon profitieren, dass er eine Forderung nicht in das von ihm nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 VerglO einzureichende Gläubigerverzeichnis aufgenommen hatte (vgl. BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 19).
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(c) Diese Rechtsprechung muss jedoch im Gesamtzusammenhang des Vergleichsverfahrens nach der Vergleichsordnung gesehen werden. Das Vergleichsverfahren unterschied sich teils deutlich vom Insolvenzplanverfahren nach der Insolvenzordnung. Nach der Vergleichsordnung konnte nur der Schuldner die Eröffnung des Vergleichsverfahrens beantragen (§ 2 VerglO) und einen Vergleichsvorschlag vorlegen(§ 3 VerglO). Die Vergleichsgläubiger mussten mindestens 35 vH ihrer Forderungen erhalten (§ 7 Abs. 1 Satz 2 VerglO). Die Eröffnung des Vergleichsverfahrens war bei verschiedenen Verhaltensweisen des Schuldners nach §§ 17, 18 VerglO abzulehnen. Vor diesem Hintergrund lag es nahe, die Vorschriften der §§ 9, 97 VerglO über das Wiederaufleben nicht erfüllter Forderungen danach auszulegen, ob sich der Schuldner die „Wohltat“ des Vergleichs verdient hatte oder nicht (vgl. näher BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 20).
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(d) Der Gedanke, dass der Vergleich eine Vergünstigung für den Schuldner ist und daher nur „würdige“ Schuldner zum Abschluss eines Vergleichs zugelassen werden können, wurde für die Insolvenzordnung ausdrücklich aufgegeben (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 194). Ein Insolvenzplan kann auch ohne oder gegen den Willen des Schuldners zustande kommen. Das Planverfahren ist Teil des Insolvenzverfahrens, das auch auf Antrag eines Gläubigers eröffnet werden kann (§ 13 Abs. 1 Satz 2 InsO). Vorlageberechtigt ist neben dem Schuldner auch der Insolvenzverwalter, der von der Gläubigerversammlung beauftragt werden kann, einen Insolvenzplan auszuarbeiten (§ 218 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 InsO). Der Plan, der nach den gesetzlichen Regelungen zustande kommt, kann von allen Vorschriften über die Zwangsverwertung und Verteilung in der Insolvenz abweichende Regelungen treffen (vgl. §§ 221 ff. InsO). Er soll ein universelles Instrument der Masseverwertung sein (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 90; BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 21).
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(e) Nach den in der Insolvenzordnung ausgedrückten gesetzgeberischen Vorstellungen kommt es nicht mehr wesentlich darauf an, ob der Schuldner den Vergleich „verdient“ hat. Entscheidend sind die Interessen der Gesamtheit der Insolvenzgläubiger. Ihrer Befriedigung dient auch das Planverfahren (§ 1 Satz 1 Alt. 2 InsO). Eine Vergleichslösung, die von den am Verfahren beteiligten Insolvenzgläubigern gebilligt wurde, soll möglichst nicht durch einen Gläubiger infrage gestellt werden können, dessen Forderung weder vom Insolvenzverwalter noch von den stimmberechtigten Gläubigern geprüft werden konnte und die nicht zur Tabelle festgestellt ist. Eine Gleichbehandlung aller Gläubiger ist am ehesten dadurch zu erreichen, dass der Gläubiger, der seine Forderung erst nachträglich geltend macht, selbst tätig werden muss, wenn er aufgrund einer vorläufigen Entscheidung des Insolvenzgerichts nach § 256 Abs. 1 Satz 2 InsO vorab befriedigt werden will. Die Erfüllung des von den Gläubigern angenommenen und vom Insolvenzgericht bestätigten Insolvenzplans ist auf diese Weise weniger gefährdet, als würde verlangt, dass der Schuldner unverzüglich tätig wird (vgl. BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 22 mwN zu der Kontroverse).
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(f) Der Kläger kann die erhobenen Ansprüche nicht durchsetzen, weil sie nicht rechtskräftig festgestellt sind.
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(aa) Ist eine Forderung nicht zur Tabelle festgestellt und hat das Insolvenzgericht auch keine Entscheidung über das Stimmrecht oder die vorläufige Berücksichtigung der Forderung nach § 256 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO getroffen, kann der Gläubiger einer vom Schuldner bestrittenen Forderung erst dann wirksam eine Frist nach § 255 Abs. 1 Satz 2 InsO setzen, wenn seine Forderung vom Prozessgericht rechtskräftig festgestellt worden ist. Frühere Fristsetzungen sind wirkungslos (vgl. BGH 10. Mai 2012 – IX ZR 206/11 – Rn. 23).
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(bb) Entsprechendes gilt für Gläubiger, deren Forderungen bei rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans unbekannt sind. Solange der Gläubiger keine Feststellungsklage erhoben und sie nicht fristgerecht entsprechend § 189 InsO nachgewiesen hat, kann der Schuldner nicht analog § 255 Abs. 1 InsO mit der Erfüllung des Plans in Rückstand geraten. Sobald die Feststellungsklage entsprechend § 189 InsO fristgerecht nachgewiesen ist, kann sich der Schuldner durch Zahlungen entsprechend § 256 InsO vor Nachteilen schützen. Gegebenenfalls ist auf Antrag des Schuldners in Analogie zu § 256 Abs. 1 Satz 2 InsO festzustellen, in welchem Umfang die bestrittene Forderung vorläufig zu berücksichtigen ist(vgl. BGH 15. Juli 2010 – IX ZB 65/10 – Rn. 16). Dadurch wird dem (Schutz-)Zweck einer nicht mehr möglichen Tabellenfeststellungsklage genügt. Der Gläubiger einer zunächst unbekannten Forderung kann seinen Anspruch deswegen nicht unmittelbar im Weg der Leistungsklage gegenüber dem Schuldner durchsetzen. Aus diesem Grund scheidet auch eine Auslegung der Leistungsklage als Feststellungsklage oder eine Umdeutung aus.
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C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
    Fischermeier
    Gallner
    Richterin am Bundesarbeitsgericht Spelge ist

verhindert, ihre Unterschrift beizufügen.

Fischermeier

    Wollensak
    Lorenz