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| A. Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung. |
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| Die Arbeitgeberin betreibt ein Unternehmen der Touristikbranche mit Reisebüros im gesamten Bundesgebiet. Auf der Grundlage zweier Zuordnungstarifverträge vom 11. Februar 2002 waren die Betriebsstätten der Arbeitgeberin in den Bereichen „Privatkundengeschäft“ und „Business Travel“ sowie „Touristik und Incentive“ besonderen Wahlregionen zugeordnet, in denen jeweils ein Betriebsrat errichtet wurde. Die Zuordnungstarifverträge wurden von der Arbeitgeberin im Januar 2008 gekündigt. Die regulären Betriebsratswahlen im Jahr 2010 erfolgten wieder auf der Grundlage der Organisationsvorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes. |
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| Die Arbeitgeberin ist tarifgebunden. Für sie gilt der zwischen der DRV-Tarifgemeinschaft und ver.di abgeschlossene Gehaltstarifvertrag vom 26. August 2008 (GTV 2008). Nach § 3 II Nr. 1 Unterabs. 1 bis 3 GTV 2008 werden bestimmten Beschäftigtengruppen unter den dort benannten Voraussetzungen Leistungszulagen gewährt. Arbeitgeber und Betriebsrat können durch freiwillige Betriebsvereinbarung ein von den tariflichen Vorgaben abweichendes Beurteilungsschema regeln (§ 3 II Nr. 1 Unterabs. 4 GTV 2008). |
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| Die Arbeitgeberin und der bei ihr bis zum Frühjahr 2010 errichtete Spartengesamtbetriebsrat schlossen auf der Grundlage des Gehaltstarifvertrags vom 6. Juni 2005 eine Betriebsvereinbarung über die Gewährung der tariflichen Leistungszulagen ab, deren Geltung am 31. Dezember 2008 endete. Am 21. Januar 2009 vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat Privatkundengeschäft Region Mitte eine Betriebsvereinbarung zur Umsetzung von § 3 II GTV 2008 (BV GTV 2008), deren Laufzeit zuletzt bis zum 31. Dezember 2012 verlängert worden ist. |
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| Der Spartengesamtbetriebsrat hat die Auffassung vertreten, die BV GTV 2008 sei unwirksam, da die Einzelbetriebsräte für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung nach § 3 II Nr. 1 Unterabs. 4 GTV 2008 nicht zuständig seien. |
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| Der Spartengesamtbetriebsrat hat beantragt |
| festzustellen, dass die Betriebsvereinbarung zur Umsetzung des § 3 II des Gehaltstarifvertrags vom 26. August 2008 des Betriebs der Region Mitte keine Anwendung findet. |
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| Der Betriebsrat Privatkundengeschäft Region Mitte und die Arbeitgeberin haben die Abweisung des Antrags beantragt. |
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| Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Spartengesamtbetriebsrats entsprochen. Hiergegen haben sich die vom Betriebsrat Privatkundengeschäft Region Mitte und der Arbeitgeberin eingelegten Beschwerden gerichtet. In der Beschwerdeinstanz ist das Verfahren vom Gesamtbetriebsrat anstelle des antragstellenden Spartengesamtbetriebsrats fortgeführt worden. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerden zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Betriebsrats Privatkundengeschäft Region Mitte. |
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| B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht zur neuen Anhörung(§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann über den Antrag des Gesamtbetriebsrats keine eigene Sachentscheidung treffen, da nicht alle am Verfahren Beteiligten angehört worden sind. |
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| I. Der Antrag ist wirksam erhoben. |
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| Es kann dahin stehen, ob das Verfahren durch den ursprünglich antragstellenden Spartengesamtbetriebsrat wirksam eingeleitet worden ist. Selbst wenn dessen Errichtung nichtig gewesen wäre, was der Betriebsrat Privatkundengeschäft Region Mitte in der Rechtsbeschwerdeinstanz erstmals einwendet, hätte dies zur Folge, dass der Antrag von einer nicht beteiligtenfähigen Stelle iSd. § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG erhoben worden wäre, die nicht selbst Träger eigener betriebsverfassungsrechtlicher Rechte sein kann. Ein solcher Antrag wäre zwar grundsätzlich als unzulässig abzuweisen. Das gilt jedoch nicht, wenn im Verfahren unmittelbar oder mittelbar über die Nichtigkeit der Errichtung des Spartengesamtbetriebsrats gestritten wird. In einem solchen Verfahren ist dieser als bestehend zu behandeln und damit beteiligtenfähig (vgl. BAG 27. Juli 2011 – 7 ABR 61/10 – Rn. 21, EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 8). Daneben hat der Senat im Fall der Doppelrelevanz rechtlich bedeutsamer Umstände sowohl für die Zulässigkeit als auch für die Begründetheit eines Antrags das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen angenommen, um eine der Rechtskraft fähige Sachentscheidung zu ermöglichen. Dies ist der Fall, wenn eine Person, Vereinigung oder Stelle iSd. § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG behauptet, mit rechtlichen Befugnissen ausgestattet zu sein. Stehen ihr diese zu, steht damit zugleich ihre Beteiligtenfähigkeit fest (BAG 19. September 2009 – 1 ABR 53/05 – Rn. 19, BAGE 119, 279). Eine solche Doppelrelevanz besteht auch in Bezug auf den vom Spartengesamtbetriebsrat erhobenen Antrag. Dieser hat geltend gemacht, Träger des Beteiligungsrechts aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu sein, aus dem die Zuständigkeit für den Abschluss der nach § 3 II GTV zulässigen Betriebsvereinbarung folgt. Nicht anderes gölte, wenn es sich bei dem Gesamtbetriebsrat nicht um den Funktionsnachfolger des Spartengesamtbetriebsrats handeln würde. Der seit dem Frühjahr 2010 bei der Arbeitgeberin gebildete Gesamtbetriebsrat hat das Beschwerdeverfahren als Antragsteller fortgeführt und damit die gesamte bisherige Prozessführung des Spartengesamtbetriebsrats zumindest konkludent genehmigt. Die hierin liegende Antragsänderung war zulässig, weil sich die Arbeitgeberin und der Betriebsrat Privatkundengeschäft Region Mitte auf den Antragstellerwechsel rügelos eingelassen haben, so dass ihre Zustimmung nach § 87 Abs. 2 Satz 3, § 81 Abs. 3 Satz 2 ArbGG als erteilt gilt (BAG 13. Dezember 2011 – 1 ABR 2/10 – Rn. 14, NZA 2012, 571). |
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| II. Der Antrag bedarf der Auslegung. |
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| Nach seinem Wortlaut ist er nicht auf die Feststellung eines zwischen dem nunmehrigen Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeberin bestehenden Rechtsverhältnisses, sondern auf die fehlende Anwendbarkeit der vom Betriebsrat Privatkundengeschäft Region Mitte abgeschlossenen Betriebsvereinbarung (BV GTV 2008) gerichtet. In diesem eingeschränkten Sinne haben die Vorinstanzen den Antrag zwar verstanden, doch kann ein solcher Antrag nicht Gegenstand eines Feststellungsbegehrens nach § 256 ZPO sein. Ein derartiges Antragsverständnis wird auch dem erkennbaren Anliegen des Gesamtbetriebsrats nicht gerecht. Diesem geht es nicht um die Feststellung der Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung, an deren Abschluss er nicht beteiligt war. Sein Begehren ist vielmehr auf die Klärung der betriebsverfassungsrechtlichen Zuständigkeit für den Abschluss einer von § 3 II Nr. 1 Unterabs. 4 GTV 2008 zugelassenen Betriebsvereinbarung gerichtet. Das folgt offenkundig aus seinen Ausführungen in der Antragsschrift, in der er auf seine originäre Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG für die Gewährung der Leistungszulage hinweist. Diese originäre Zuständigkeit beansprucht er nicht nur gegenüber dem Betriebsrat Privatkundengeschäft Region Mitte, sondern gegenüber allen im Unternehmen errichteten Einzelbetriebsräten. |
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| III. Der Senat kann über den so verstandenen Antrag nicht entscheiden, da die Vorinstanzen nicht alle am Verfahren beteiligten Stellen angehört haben und dies in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht mehr nachgeholt werden konnte. |
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| 1. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im Einzelfall am Verfahren beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG 5. Oktober 2010 – 1 ABR 31/09 – Rn. 9, BAGE 135, 377). Dies ist von Amts wegen noch in der Rechtsbeschwerdeinstanz zu prüfen. Ist die Anhörung eines Verfahrensbeteiligten in den Tatsacheninstanzen unterblieben, stellt dies einen Verfahrensfehler dar. Einer darauf gestützten Zurückverweisung bedarf es indes nicht, wenn eine bisher unterbliebene Anhörung in der Rechtsbeschwerdeinstanz nachgeholt wird und der Beteiligte Gelegenheit erhält, sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zum Verfahren zu äußern. Kann das Rechtsbeschwerdegericht allerdings den Kreis der anzuhörenden Personen oder Stellen auf der Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen nicht bestimmen, hat es dessen Entscheidung aufzuheben und das Verfahren zur Nachholung einer möglichen Anhörung zurückzuverweisen. |
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| 2. Die Vorinstanzen haben neben dem Gesamtbetriebsrat nur den Betriebsrat Privatkundengeschäft Region Mitte sowie die Arbeitgeberin nach § 83 Abs. 3 ArbGG angehört. Von der Entscheidung im vorliegenden Verfahren sind jedoch alle im Unternehmen der Arbeitgeberin errichteten Betriebsräte betroffen. Wird dem Antrag des Gesamtbetriebsrats entsprochen, steht fest, dass nur dieser und nicht die Einzelbetriebsräte für den Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung für die Einführung und Anwendung eines von § 3 II Nr. 1 Unterabs. 1 bis 3 GTV 2008 abweichenden Beurteilungsschemas zuständig ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Antrag des Gesamtbetriebsrats – wie von den Vorinstanzen angenommen – auf die Unwirksamkeit der vom Betriebsrat Privatkundengeschäft Region Mitte abgeschlossenen Betriebsvereinbarung gerichtet ist oder weitergehend auf die Feststellung der Zuständigkeit für den Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 3 II Nr. 1 Unterabs. 4 GTV 2008. |
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| Über die Unternehmensstruktur der Arbeitgeberin und die bei ihr errichteten Betriebsräte hat aber weder das Landesarbeitsgericht Feststellungen getroffen noch haben die Beteiligten hierzu verwertbaren Vortrag gehalten. Der Senat hat die ihm in der Rechtsbeschwerdeinstanz von der Arbeitgeberin benannten Einzelbetriebsräte im Bereich Privatkundengeschäft von Amts wegen als Beteiligte nach § 83 Abs. 3 ArbGG angehört. Auf die durch das weitere schriftsätzliche Vorbringen veranlasste Nachfrage des Senats haben die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat eingeräumt, dass im Unternehmen der Arbeitgeberin noch weitere Betriebsräte gebildet sind, die von der Entscheidung im vorliegenden Verfahren betroffen sein könnten. Dies betrifft zunächst die im Bereich „Business Travel“ errichteten Arbeitnehmervertretungen. Die dort beschäftigten Arbeitnehmer werden vom Geltungsbereich des GTV 2008 erfasst. Dies spricht dafür, dass auch die Betriebsräte dieses Bereichs von einer Entscheidung über die Zuständigkeit für den Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung nach § 3 II Nr. 1 Unterabs. 4 GTV 2008 unmittelbar in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung betroffen sein können. Entgegen der Auffassung des Gesamtbetriebsrats entfällt die Anhörungspflicht nicht schon deshalb, weil im Bereich „Business Travel“ zwischen den Arbeitnehmervertretungen kein Streit über die Verteilung der für die Leistungszulage zur Verfügung stehenden Mittel besteht. Maßgeblich für die Stellung als Beteiligter ist die unmittelbare rechtliche Betroffenheit von der gerichtlichen Entscheidung. Das Landesarbeitsgericht wird daher vor einer erneuten Sachentscheidung aufzuklären haben, welche Betriebsräte neben den bisher im Verfahren beteiligten Arbeitnehmervertretungen bestehen und – sofern sie von der Entscheidung im vorliegenden Verfahren betroffen sein können – ggf. ihre Anhörung veranlassen. |
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| Aufgrund fehlender Feststellungen der Vorinstanzen kann auch nicht beurteilt werden, ob auf Arbeitgeberseite ein weiterer Rechtsträger nach § 83 Abs. 3 ArbGG anzuhören ist. Der Zuordnungstarifvertrag vom 11. Februar 2002 für den Bereich „Privatkundengeschäft“ ist gemeinsam von der Arbeitgeberin und der „A-Reisen e.G.“ abgeschlossen worden. Sofern dieser Rechtsträger mit der Arbeitgeberin einen Gemeinschaftsbetrieb iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrVG errichtet hat, der in den fachlichen Geltungsbereich des GTV 2008 fällt, wäre auch dieser Rechtsträger von einer Entscheidung im vorliegenden Verfahren betroffen. Auch seine Anhörung wird das Beschwerdegericht ggf. nachzuholen haben. |
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