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BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 17.2.2015, 1 ABR 45/13

eingetragen von Thilo Schwirtz am Dezember 21st, 2015

Personalgestellung – Mitbestimmung des Betriebsrats

Leitsätze

Die Beendigung des Einsatzes eines zur Arbeitsleistung gestellten Arbeitnehmers infolge der Kündigung des ihn betreffenden Personalüberlassungsvertrags durch den Einsatzarbeitgeber ist keine Versetzung iSv. § 95 Abs. 3 BetrVG. Sie unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats des Einsatzbetriebs nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 30. Januar 2013 – 2 TaBV 33/12 – aufgehoben.
Die Anschlussbeschwerde des Betriebsrats wird zurückgewiesen.
Gründe

1
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat des Einsatzbetriebs mitzubestimmen hat, wenn ein gestellter Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes in der Folge der Kündigung des Gestellungsvertrags zum Gestellungsträger zurückkehrt.
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Die Arbeitgeberin ist ein privatrechtlich organisiertes Unternehmen. Ihr sind Aufgaben der Freien Hansestadt Bremen im Bereich der ambulanten Drogenhilfe übertragen. Dazu schloss die Freie Hansestadt mit der Arbeitgeberin am 28. Februar 2005 einen Personalüberlassungsvertrag, nach dem sie dieser den beim Amt für Soziale Dienste im Bereich Drogenhilfe tätigen Herrn G zur Arbeitsleistung zur Verfügung stellt. In dem Überlassungsvertrag ist ua. geregelt, dass Herr G während seiner Gestellung an die Arbeitgeberin deren Weisungsrecht unterliegt, der Vertrag entsprechend der Kündigungsfristen des Arbeitsvertrags gekündigt werden kann und im Übrigen „zum gleichen Zeitpunkt“ endet, „in dem das Arbeitsverhältnis mit der Freien Hansestadt Bremen aus rentenversicherungsrechtlichen Gründen (Rente wegen Erwerbsminderung bzw. Altersrente) oder wegen Kündigung durch Herrn G endet“. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 kündigte die Arbeitgeberin den Personalüberlassungsvertrag zum 30. April 2010. Dem bei ihr bestehenden Betriebsrat, der im Hinblick auf die tatsächlichen Folgen der Vertragskündigung ein Beteiligungsrecht reklamiert hatte, teilte sie mit, dass sie kein Mitbestimmungsverfahren veranlassen werde. Anfang 2010 wurde Herr G in den Betriebsrat gewählt. Er ist von der Arbeitgeberin auch noch nach dem 30. April 2010 weiterbeschäftigt worden. Mit Ablauf des 31. Dezember 2012 hat sein Arbeitsverhältnis mit der Freien Hansestadt Bremen geendet. Die Arbeitgeberin beschäftigt noch mindestens vier weitere bei der Freien Hansestadt Bremen angestellte Arbeitnehmer im Wege von Personalgestellungen.
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Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, der praktische Vollzug der Kündigung des den Arbeitnehmer G betreffenden Personalüberlassungsvertrags sei eine seiner Mitbestimmung unterliegende Versetzung. Der gestellte Mitarbeiter werde aus dem Betrieb der Arbeitgeberin ausgegliedert und in den Betrieb seiner Vertragsarbeitgeberin (wieder) eingegliedert. Wie bei einer betriebsübergreifenden Versetzung sei er daher als der Betriebsrat des abgebenden Betriebs nach §§ 99 ff. BetrVG zu beteiligen.
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Der Betriebsrat hat – soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Bedeutung – sinngemäß beantragt

festzustellen, dass er bei der Versetzung von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes, die im Betrieb der Arbeitgeberin tätig sind, auch dann nach § 99 BetrVG mitzubestimmen hat, wenn die von der beabsichtigten Versetzung betroffenen Arbeitnehmer ohne seine Zustimmung in eine Dienststelle des Vertragsarbeitgebers zurückversetzt werden sollen.
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Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, in den Folgen der Kündigung des Personalüberlassungsvertrags liege keine personelle Maßnahme iSd. § 99 BetrVG.
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Das Arbeitsgericht hat dem bei ihm allein erhobenen Antrag des Betriebsrats auf Feststellung, dass er „im Hinblick auf die sich aus der Kündigung des Personalüberlassungsvertrages für den Mitarbeiter der Beteiligten zu 2., Herrn G, ergebende Versetzung nach §§ 99, 103 BetrVG mitzubestimmen hat“, entsprochen. Hiergegen hat die Arbeitgeberin Beschwerde eingelegt. Der Vorsitzende der Beschwerdekammer hat dem Betriebsrat mit Beschluss vom 8. März 2011 „Gelegenheit gegeben, binnen eines Monats schriftsätzlich“ zur Beschwerdebegründung der Arbeitgeberin „Stellung zu nehmen“; antragsgemäß hat er mit Beschluss vom 13. April 2011 die „Beschwerdeerwiderungsfrist bis zum 19. Mai 2011 einschließlich“ verlängert. In dem am 19. Mai 2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Betriebsrat einen Antrag auf Zurückweisung der Beschwerde angekündigt. Im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Dezember 2012 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats mit Schriftsatz vom 28. September 2012 ausgeführt, dass noch nicht klar sei, ob der neu gewählte Betriebsrat „die weitere Durchführung des Verfahrens auf der Basis eines entsprechend geänderten Antrags wünscht“. Er hat außerdem um einen richterlichen Hinweis gebeten, ob ein geänderter Antrag auf Feststellung, dass der Betriebsrat bei Versetzungen von Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes, die im Betrieb der Arbeitgeberin tätig sind, nach § 99 BetrVG mitzubestimmen hat, zulässig wäre. Die Arbeitgeberin hat das Verfahren mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2012 für erledigt erklärt; dem hat sich der Betriebsrat nicht angeschlossen. Mit Schriftsatz vom 20. November 2012 hat er mitgeteilt, „das vorliegende Verfahren mit dem im Schriftsatz vom 28.09.12 in Aussicht gestellten geänderten Antrag weiterzuführen“ und eine Begründung hierfür gegeben. Das Landesarbeitsgericht hat dem zuletzt gestellten Antrag entsprochen, dessen Zurückweisung die Arbeitgeberin mit ihrer Rechtsbeschwerde begehrt.
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B. Die zulässige Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem zuletzt vom Betriebsrat zur Entscheidung gestellten Feststellungsbegehren zu Unrecht stattgegeben. Zwar ist die hierin liegende Anschlussbeschwerde wirksam eingelegt worden. Der zulässige Feststellungsantrag ist aber unbegründet.
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I. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats ist die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin zulässig; insbesondere ist sie ordnungsgemäß begründet.
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1. Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG muss die Rechtsbeschwerdebegründung angeben, inwieweit die Abänderung des angefochtenen Beschlusses beantragt wird, welche Bestimmungen verletzt sein sollen und worin die Verletzung bestehen soll. Dazu hat sie den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzuzeigen, dass Gegenstand und Richtung ihres Angriffs erkennbar sind. Dies erfordert eine Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Der Rechtsbeschwerdeführer muss darlegen, warum er die Begründung des Beschwerdegerichts für unrichtig hält (BAG 11. September 2013 – 7 ABR 29/12 – Rn. 13 mwN).
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2. Dem wird das Rechtsmittel der Arbeitgeberin gerecht. Es beanstandet unter näherer Begründung, dass das Landearbeitsgericht über den zuletzt vom Betriebsrat angebrachten Antrag in der Sache entschieden und die hierin liegende Anschlussbeschwerde nicht als unzulässig verworfen hat. Im Hinblick auf diese Rüge musste sich die Rechtsbeschwerdebegründung nicht mit den Erwägungen zur Zulässigkeit und Begründetheit des beschiedenen Feststellungsbegehrens befassen. Es genügt, wenn ein Rechtsfehler gerügt wird. Dann ist für den gesamten davon betroffenen Verfahrensgegenstand die Rechtsfehlerkontrolle des Rechtsbeschwerdegerichts eröffnet.
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II. Das Landesarbeitsgericht hat dem Feststellungsantrag zu Unrecht entsprochen. Die mit diesem Antrag verbundene Anschlussbeschwerde ist zwar wirksam eingelegt. Das vom Betriebsrat reklamierte Mitbestimmungsrecht besteht aber nicht.
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1. Mit dem in der Beschwerdeinstanz zuletzt gestellten Feststellungsantrag hat der Betriebsrat einen neuen Sachantrag angebracht und damit den Verfahrensgegenstand geändert. Der in erster Instanz voll obsiegende Betriebsrat konnte eine solche Änderung nur im Wege einer Anschlussbeschwerde gem. § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 ArbGG iVm. § 524 ZPO anbringen. Die Anschließung ist wirksam erfolgt.
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a) In dem vom Betriebsrat im zweiten Rechtszug zuletzt zur Entscheidung gestellten Feststellungsantrag liegt eine Änderung des Verfahrensgegenstandes. Anders als der erstinstanzliche Antrag bezieht er sich nicht auf die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts bei einer konkreten Einzelmaßnahme. Der Betriebsrat will mit ihm vielmehr die Frage, ob er in einer bestimmten Angelegenheit ein Mitbestimmungsrecht hat oder an einer Maßnahme in einer bestimmten Weise zu beteiligen ist, losgelöst von einem konkreten Einzelfall zur gerichtlichen Entscheidung stellen. Ein solches Begehren war auch nicht von vornherein in dem auf die konkrete Einzelmaßnahme bezogenen Antrag enthalten. Ein hierauf bezogener Antrag kann nur dann als abstrakter Feststellungsantrag ausgelegt werden, wenn sich aus dem gesamten Vorbringen des Antragstellers ergibt, dass er die Rechtsfrage losgelöst von dem konkreten Einzelfall entschieden haben will (vgl. zu solch einer Auslegung zB BAG 12. November 1991 – 1 ABR 4/91 – zu B II der Gründe). Die Begründung des ursprünglichen, auf den Arbeitnehmer G bezogenen Feststellungsbegehrens gibt für solch ein Antragsverständnis nichts her.
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b) Ein in erster Instanz im Beschlussverfahren voll obsiegender Antragsteller kann in zweiter Instanz eine Antragsänderung nur im Rahmen einer nach § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 ArbGG, § 524 Abs. 1, 3 ZPO zulässigen Anschlussbeschwerde vornehmen (vgl. BAG 14. Mai 2013 – 1 ABR 10/12 – Rn. 35). Der Betriebsrat hat mit seinem letzten Feststellungsantrag – angekündigt mit seinem Schriftsatz vom 20. November 2012 – eine Anschließung wirksam erklärt.
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aa) Es bedarf keiner ausdrücklichen Bezeichnung als Anschlussbeschwerde. Vor dem Hintergrund, dass der durch die erstinstanzliche Entscheidung nicht beschwerte Betriebsrat eine Änderung des Verfahrensgegenstandes nur durch eine Anschlussbeschwerde vornehmen kann, ist die zuletzt erstrebte Feststellung als eine solche auszulegen (vgl. zur Auslegung einer Klageänderung als Anschlussberufung BAG 12. November 2013 – 3 AZR 92/12 – Rn. 67 mwN).
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bb) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, der Betriebsrat habe die Anschließung nicht innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO erklärt, ist unbegründet.
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(1) Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO iVm. § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG ist eine Anschlussbeschwerde nur bis zum Ablauf der einem Beteiligten gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung zulässig. Wird die Erwiderungsfrist verlängert, verlängert sich automatisch die Einlegungsfrist (Zöller/Heßler ZPO 29. Aufl. § 524 Rn. 10 mwN). Die Frist des § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO gilt auch für eine den Verfahrensgegenstand ändernde Anschlussbeschwerde (zur Klageänderung mit der Anschlussberufung vgl. BGH 7. Dezember 2007 – V ZR 210/06 – Rn. 22). Sie bezieht sich auf eine Fristsetzung iSv. § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Wurde die Frist zur Beschwerdeerwiderung nicht wirksam gesetzt, ist eine Anschließung bis zum Schluss des Termins zur Anhörung möglich (zur Berufungserwiderungsfrist vgl. BGH 23. September 2008 – VIII ZR 85/08 – Rn. 4).
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(2) Vorliegend ist die Anschließung mit dem Schriftsatz des Betriebsrats vom 20. November 2012 nicht verfristet. Sie ist bis zum Schluss des Termins zur Anhörung erfolgt. Das Landesarbeitsgericht hat keine wirksame Frist zur Beschwerdeerwiderung gesetzt. Mit Beschluss des Vorsitzenden der Beschwerdekammer vom 8. März 2011 wurde dem Betriebsrat „Gelegenheit gegeben, binnen eines Monats schriftsätzlich“ zur Beschwerdebegründung der Arbeitgeberin „Stellung zu nehmen“. Eine so bestimmte Frist ist hinsichtlich ihres Beginns – und damit zwangsläufig ihres Endes – unklar. Auch liegt in der „Gelegenheit zur Stellungnahme“ kein „Setzen“ einer Erwiderungsfrist, sondern die Zustellung der Beschwerdeschrift und Beschwerdebegründung zur Äußerung iSv. § 90 Abs. 1 Satz 1 ArbGG. Die auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats gewährte Verlängerung der „Beschwerdeerwiderungsfrist bis zum 19. Mai 2011 einschließlich“ mit Beschluss des Vorsitzenden der Beschwerdekammer vom 13. April 2011 vermochte die nicht entsprechend § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO gesetzte Frist nicht zu verlängern.
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cc) Auch sonst ist die Anschließung wirksam. Nach § 524 Abs. 3 ZPO iVm. § 87 Abs. 2 Satz 1, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG muss sie in der Anschlussschrift begründet werden. Dem genügt der Schriftsatz des Betriebsrats vom 20. November 2012.
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c) Die in der Beschwerdeinstanz mit der Anschlussbeschwerde erfolgte Antragsänderung ist schließlich nicht aus anderen Gründen unzulässig. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts über ihre Zulassung ist nach § 81 Abs. 3 Satz 3, § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 ArbGG unanfechtbar.
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2. Der mit der wirksamen Anschlussbeschwerde zur gerichtlichen Entscheidung gestellte Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
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a) Der Antrag ist in der gebotenen Auslegung zulässig.
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aa) Mit ihm begehrt der Betriebsrat die allgemeine Feststellung, dass die Beendigung des Einsatzes eines zur Arbeitsleistung gestellten Arbeitnehmers infolge der Kündigung des ihn betreffenden Personalüberlassungsvertrags durch die Arbeitgeberin als Versetzung seinem Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG unterliegt. Wie der Anlassfall und das schriftsätzliche Vorbringen des Betriebsrats zeigen, sieht dieser die mitbestimmungspflichtige Maßnahme darin, dass die Arbeitgeberin dem ihr gestellten Arbeitnehmer nach der Kündigung des Personalüberlassungsvertrags keine Arbeit (mehr) zuweist und ihn damit – nach Auffassung des Betriebsrats – aus ihrem Betrieb ausgliedert und der Arbeitnehmer (wieder) in den Betrieb seiner Vertragsarbeitgeberin, der Freien Hansestadt Bremen, eingegliedert wird oder einzugliedern ist. Es geht dem Betriebsrat nicht um eine Mitbestimmung bei der Vertragskündigung, sondern bei deren tatsächlichen Folgen. Das hat er in der Anhörung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt.
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bb) Mit diesem Inhalt ist der Antrag zulässig.
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(1) Er ist – trotz der Verwendung des Rechtsbegriffs „Versetzung“ in seinem Wortlaut – hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Zwar vertreten die Beteiligten zu der rechtlichen Bewertung eines bestimmten Sachverhalts als „Versetzung“ unterschiedliche Auffassungen. Die Maßnahme, für die der Betriebsrat die Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG beansprucht, ist aber unter Berücksichtigung der Antragsbegründung so genau bezeichnet, dass mit der Entscheidung feststeht, für welchen Vorgang das Mitbestimmungsrecht bejaht oder verneint worden ist.
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(2) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Streit darüber, ob das Mitbestimmungsrecht bei der vom Antrag umfassten Angelegenheit besteht, betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis der Betriebsparteien im Sinn einer durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandenen rechtlichen Beziehung einer Person zu einer anderen Person. Der Betriebsrat hat an der begehrten alsbaldigen Feststellung ein berechtigtes Interesse, da die Arbeitgeberin nach wie vor personalgestellte Arbeitnehmer beschäftigt und die verfahrensgegenständliche Mitbestimmung in Abrede stellt.
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b) Der Antrag ist unbegründet. Der streitbefangene Vorgang unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats. Es handelt sich um keine Versetzung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 BetrVG.
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aa) Nach § 99 Abs. 1 BetrVG bedarf in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Mitarbeitern die Versetzung von Arbeitnehmern der Zustimmung des Betriebsrats. Auch eine betriebsübergreifende Versetzung bedarf nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG regelmäßig der Zustimmung des Betriebsrats des abgebenden Betriebs (vgl. BAG 8. Dezember 2009 – 1 ABR 41/09 – Rn. 19 ff., BAGE 132, 324). Versetzung ist nach der Definition des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die entweder die Dauer von einem Monat voraussichtlich überschreitet, oder mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit geleistet werden muss. Die betriebsverfassungsrechtliche Mitbestimmung knüpft an die tatsächliche Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs als Realakt an.Der bloße Entzug des bisherigen Arbeitsbereichs ohne Übertragung eines neuen ist keine Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs iSd. § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Deshalb liegt etwa in der Freistellung von der Arbeitspflicht während der Kündigungsfrist keine mitbestimmungspflichtige Versetzung (vgl. BAG 28. März 2000 – 1 ABR 17/99 – zu B II 2 der Gründe mwN, BAGE 94, 163). Im Übrigen knüpft der Versetzungsbegriff an eine Arbeitsbereichszuweisung durch den Arbeitgeber an, auf dessen Initiative sie erfolgen muss. Hiervon ist nur auszugehen, wenn die Arbeitsleistung im neuen Arbeitsbereich dem Arbeitgeber zuzurechnen ist, der Arbeitnehmer also auch im neuen Tätigkeitsbereich für diesen tätig wird und die Arbeitsleistung im neuen Arbeitsbereich die dem Arbeitgeber geschuldete Arbeitsleistung bleibt (zur Entsendung eines Arbeitnehmers in einen anderen Betrieb eines anderen Konzernunternehmens vgl. BAG 19. Februar 1991 – 1 ABR 36/90 – zu B II 2 b bb der Gründe, BAGE 67, 236). Bestimmt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zu einer anderen Tätigkeit, ist für eine Mitbestimmung des Betriebsrats kein Raum.
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bb) Hiernach ist die Beendigung der Gestellung von einem Arbeitnehmer der Freien Hansestadt Bremen an die Arbeitgeberin infolge einer von dieser ausgesprochenen Kündigung des Gestellungsvertrags und die damit verbundene Rückkehr des gestellten Arbeitnehmers in den Betrieb seiner Vertragsarbeitgeberin keine mitbestimmungspflichtige Versetzung. In dem Ende des Einsatzes des gestellten Arbeitnehmers liegt zwar ein Entzug dessen bisherigen Aufgabenbereichs. Mit ihm bestimmt die in Anspruch genommene Arbeitgeberin aber nicht über die tatsächliche Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. Eine solche Bestimmung liegt schon deshalb nicht vor, weil die Arbeitgeberin insoweit keine Gestaltungsmacht hat. Wo für den Arbeitgeber nichts zu entscheiden ist, gibt es für den Betriebsrat nichts mitzubestimmen (vgl. BAG 23. Juni 2009 – 1 ABR 30/08 – Rn. 23). Auch wird der vormals der Arbeitgeberin gestellte Arbeitnehmer nach Beendigung des Gestellungsvertrags und Rückkehr in den Betrieb seiner Vertragsarbeitgeberin nicht mehr für die Arbeitgeberin tätig. Allenfalls die Freie Hansestadt Bremen weist dem betroffenen Arbeitnehmer einen neuen Arbeitsbereich zu. Hierin liegt der entscheidende Unterschied zu der vom Betriebsrat als vergleichbar angesehenen betriebsübergreifenden Versetzung. In diesen Fällen entscheidet ein- und derselbe Arbeitgeber sowohl über den Entzug des bisherigen als auch über die Zuweisung des neuen Arbeitsbereichs.
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cc) Aus § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG folgt nichts Abweichendes. Nach dieser Vorschrift gelten ua. Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind, als Arbeitnehmer. § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG begründet kein Mitbestimmungsrecht, wenn der Betriebsinhaber weder materiell noch formell etwas entscheidet oder zu entscheiden hat (vgl. BAG 9. Juni 2011 – 6 AZR 132/10 – Rn. 32, BAGE 138, 116).
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III. Über den konkret auf die Maßnahme gegenüber dem Arbeitnehmer G gerichteten (ursprünglichen) Antrag des Betriebsrats – der Gegenstand der Beschwerde der Arbeitgeberin ist – hatte der Senat nicht zu befinden. Nach § 92 Abs. 2, § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 557 Abs. 1 ZPO kann das Rechtsbeschwerdegericht über den Verfahrensgegenstand nur insoweit entscheiden, als er ihm angefallen ist. Dies setzt voraus, dass das Beschwerdegericht ihn überhaupt beschieden hat. Hieran fehlt es vorliegend. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Eingangssatz unter B. seiner Entscheidung formuliert, „die Beschwerde“ sei unbegründet und zurückzuweisen. Ausweislich der Gründe des angefochtenen Beschlusses hat es sich aber ausschließlich mit dem zuletzt angebrachten Feststellungsantrag des Betriebsrats befasst.

Schmidt

Koch

K. Schmidt

Schwitzer

Benrath