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BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 15.2.2012, 7 ABN 59/11

eingetragen von Thilo Schwirtz am März 21st, 2012

Nichtzulassungsbeschwerde – Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses

Tenor

Die Beschwerde der zu 6. beteiligten Arbeitgeberin gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 29. April 2011 – 7 TaBV 7/10 – wird als unzulässig verworfen.

Gründe

1
I. Die vier Antragsteller haben den Antrag verfolgt, die Wahl des Betriebsrats im Betrieb Zentrale Stuttgart der Arbeitgeberin vom 10. März 2010 für unwirksam zu erklären. Das Arbeitsgericht hat dem Antrag entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen eingelegten Beschwerden des Betriebsrats und der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Es hat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt die Arbeitgeberin die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist der bisherige Betriebsrat zurückgetreten und ein neuer Betriebsrat gewählt worden. Das Wahlergebnis ist – spätestens – am 17. November 2011 bekannt gemacht worden. Die Arbeitgeberin hält weiterhin an der Nichtzulassungsbeschwerde fest.
2
II. Die auf eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung und auf Divergenz gestützte Nichtzulassungsbeschwerde der Arbeitgeberin ist nicht – mehr – zulässig. Es fehlt am Rechtsschutzbedürfnis für die weitere Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde.
3
1. Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Landesarbeitsgericht kann nach § 92a Satz 1 ArbGG durch Beschwerde selbständig angefochten werden. Wie jeder Rechtsbehelf bedarf auch eine Nichtzulassungsbeschwerde des Rechtsschutzbedürfnisses. Dieses setzt voraus, dass der Nichtzulassungsbeschwerdeführer durch die anzufechtende Entscheidung beschwert ist. Entfällt die mit der anzufechtenden Entscheidung verbundene Beschwer während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, entfällt auch das Rechtsschutzbedürfnis für die weitere Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde.
4
2. Das ist hier der Fall. Allerdings könnte die Arbeitgeberin in einer zugelassenen Rechtsbeschwerde eine ihr formal günstigere Entscheidung erreichen als diejenige des Landesarbeitsgerichts, denn es könnte dessen Entscheidung aufgehoben und der Wahlanfechtungsantrag der vier Antragsteller abgewiesen werden. Nachdem aufgrund des Rücktritts des früheren Betriebsrats eine Neuwahl stattgefunden hat und deren Ergebnis bekannt gegeben worden ist, wäre eine zugelassene Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin allemal „erfolgreich“. Der Wahlanfechtungsantrag wäre, sofern ihn die Antragsteller nicht zurücknehmen oder für erledigt erklären würden, mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abzuweisen. Die Rechtsposition der Arbeitgeberin würde sich hierdurch aber in keinerlei Hinsicht gegenüber derjenigen verbessern, wie sie sich ohne die Durchführung der mit der Nichtzulassungsbeschwerde angestrebten Rechtsbeschwerde darstellt. Durch die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde wurde der Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts gemäß § 92a Satz 2 ArbGG iVm. § 72a Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 6 ArbGG gehemmt. Der Betriebsrat blieb daher weiterhin im Amt. Nach seinem Rücktritt führte er dieses gemäß § 22 BetrVG iVm. § 13 Abs. 2 Nr. 3 BetrVG bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses der neuen Betriebsratswahl fort. Bis dahin waren auch seine Handlungen und Erklärungen – etwa beim Abschluss von Betriebsvereinbarungen – wirksam. Es trat keine betriebsratslose Zeit ein. Die Arbeitgeberin ist daher – ebenso wie der Betriebsrat – durch die dem Wahlanfechtungsantrag der Antragsteller stattgebende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht – mehr – beschwert. Sie hat deshalb kein rechtlich schützenswertes Interesse daran, dass diese Entscheidung im Rahmen einer zugelassenen Rechtsbeschwerde – sei es durch ausdrückliche Aufhebung, sei es durch Einstellung des Verfahrens – aus der Welt geschafft wird. Auch Kostenbelange sind – jedenfalls im Beschlussverfahren – nicht geeignet, das Fortbestehen einer Beschwer der Arbeitgeberin zu begründen. Die Arbeitgeberin hätte dem Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses durch eine Erledigterklärung Rechnung tragen können. Dies hat sie nicht getan.
Linsenmaier
Schmidt
Kiel