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BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 12.8.2014, 10 AZB 8/14

eingetragen von Thilo Schwirtz am Oktober 23rd, 2014

Verbraucherinsolvenz – Abfindungsvergleich

Leitsätze

Der in einem gerichtlichen Vergleich zum Abschluss eines Kündigungsschutzprozesses während des laufenden Insolvenzverfahrens vom Insolvenzschuldner erworbene Anspruch auf Zahlung einer Abfindung unterfällt als Neuerwerb dem Insolvenzbeschlag (§ 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO). Der Insolvenzverwalter ist insoweit in entsprechender Anwendung von § 727 ZPO Rechtsnachfolger des Insolvenzschuldners und kann eine Umschreibung des Titels und die Erteilung der Vollstreckungsklausel zu seinen Gunsten verlangen.
Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Januar 2014 – 21 Ta 1794/13 – wird zurückgewiesen.
Zur Klarstellung wird Ziff. I des Beschlusses des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 10. Januar 2014 – 21 Ta 1794/13 – wie folgt neu gefasst:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. September 2013 – 53 Ca 20268/08 – aufgehoben, soweit er die Zwangsvollstreckung aus der am 23. März 2012 erteilten Vollstreckungsklausel hinsichtlich Ziff. 2 des Vergleichs vom 23. April 2009 für unzulässig erklärt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Erinnerung der Schuldnerin zurückgewiesen.
2. Die Schuldnerin hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 7.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe

1
I. Die Parteien streiten über die Zwangsvollstreckung aus einem gerichtlichen Vergleich.
2
Die Rechtsbeschwerdeführerin (nachfolgend: Schuldnerin) ist ehemalige Arbeitgeberin eines Insolvenzschuldners, über dessen Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Spandau vom 10. November 2006 (- 38 IK 507/06 -) das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller zum Treuhänder bestellt wurde. Mit der Insolvenzantragstellung hatte der Insolvenzschuldner die Gewährung von Restschuldbefreiung beantragt und zukünftige Vergütungsansprüche nach § 287 Abs. 2 InsO an den Treuhänder abgetreten. Restschuldbefreiung wurde dem Insolvenzschuldner am 7. Januar 2013 erteilt; das Insolvenzverfahren ist hingegen – ua. wegen des vorliegenden Rechtsstreits – noch nicht abgeschlossen.
3
Die Schuldnerin, die von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Kenntnis hatte, kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 28. November 2008 zum 13. Dezember 2008. In einem sich anschließenden Kündigungsschutzverfahren (Arbeitsgericht Berlin – 53 Ca 20268/08 -) schlossen der Insolvenzschuldner und die Schuldnerin im Kammertermin am 23. April 2009 einen Vergleich, der – soweit noch relevant – folgenden Inhalt hat:

„1.
Es besteht Einigkeit, dass das Arbeitsverhältnis d. Klägers/in aufgrund ordentlicher betriebsbedingter Kündigung d. Beklagten am 31.01.2009 endete. Die Beklagte verpflichtet sich, das Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 14.12.2008 bis zum 31.01.2009 ordnungsgemäß abzurechnen und den sich daraus ergebenden Nettobetrag an den Kläger auszuzahlen.

2.
D. Beklagte zahlt an d. Kläger/in zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung entsprechend den §§ 9, 10 KSchG in Höhe von

7.000,00 Euro brutto (siebentausend).

Dieser Betrag ist wie folgt zur Zahlung fällig:

Es sind jeweils 1.000,00 Euro zum Monatsletzten, beginnend mit dem 30.04.2009 zu zahlen.

…“
4
Der Treuhänder war am Abschluss des Vergleichs nicht beteiligt. Die Schuldnerin zahlte den sich aus der Abfindung ergebenden Nettobetrag in mehreren Raten auf das Konto der Ehefrau des Insolvenzschuldners.
5
Mit Schreiben vom 15. März 2012 beantragte der Antragsteller unter Vorlage seiner Bestallungsurkunde im Original die Umschreibung des Vergleichs auf sich als Rechtsnachfolger und die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung. Dem hat die Rechtspflegerin am 23. März 2012 entsprochen; eine vorherige Anhörung der Schuldnerin ist nicht erfolgt.
6
Mit Schreiben vom 28. August 2013 legte die Schuldnerin gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel Erinnerung ein. Sie hat diese im Wesentlichen damit begründet, dass die Erteilung der Vollstreckungsklausel fehlerhaft gewesen sei, weil die Voraussetzungen für eine Titelumschreibung nach § 727 ZPO nicht vorgelegen hätten. Der Antragsteller sei nicht nach Abschluss des Vergleichs Rechtsnachfolger des Insolvenzschuldners geworden.
7
Durch Beschluss vom 13. September 2013 half die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts der Erinnerung ab und erklärte die Zwangsvollstreckung aus der am 23. März 2012 erteilten Vollstreckungsklausel für unzulässig. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers änderte das Landesarbeitsgericht den Beschluss teilweise ab und erklärte – der Sache nach – die Vollstreckung in Bezug auf die in Ziff. 2 des Vergleichs titulierte Abfindung für zulässig. Hinsichtlich der weiteren Gegenstände des Vergleichs (Zeugnis etc.) hielt es hingegen den Beschluss der Rechtspflegerin vom 13. September 2013 aufrecht.
8
Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Schuldnerin weiterhin, die Zwangsvollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich insgesamt für unzulässig zu erklären.
9
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Vergleich vom 23. April 2009 hinsichtlich des in Ziff. 2 titulierten Abfindungsanspruchs antragsgemäß in entsprechender Anwendung des § 727 ZPO auf den Antragsteller als Treuhänder über das Vermögen des Insolvenzschuldners umzuschreiben und ihm insoweit die Vollstreckungsklausel zu erteilen war.
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1. Im Klauselerinnerungsverfahren nach § 732 ZPO kann der Schuldner alle Einwendungen gegen eine dem Gläubiger erteilte Klausel erheben, die Fehler formeller Art zum Gegenstand haben. Dazu gehört auch der Einwand, die Rechtsnachfolge sei nicht eingetreten (PG/Kroppenburg 6. Aufl. § 732 ZPO Rn. 5; Thomas/Putzo/Seiler 35. Aufl. § 732 ZPO Rn. 7 f.); es handelt sich hierbei um einen Mangel in der Klauselvoraussetzung (Zöller/Stöber 30. Aufl. § 732 ZPO Rn. 12). Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Schuldnerin wendet sich im vorliegenden Verfahren nicht gegen die Berechtigung des Anspruchs aus Ziff. 2 des Vergleichs selbst (zur Unzulässigkeit eines solchen Einwands im Rahmen des § 732 ZPO: zB BGH 29. Juni 2011 – VII ZB 89/10 – Rn. 20 ff., BGHZ 190, 172; 16. April 2009 – VII ZB 62/08 – Rn. 12) und erhebt auch nicht den einem Verfahren nach § 767 ZPO vorbehaltenen Erfüllungseinwand. Vielmehr macht sie geltend, die Voraussetzungen für die Umschreibung des Titels und die Erteilung der Vollstreckungsklausel an den Antragsteller hätten nicht vorgelegen (vgl. zu einer solchen Rüge: BGH 30. März 2010 – XI ZR 200/09 – Rn. 39, BGHZ 185, 133).
11
2. Nach § 727 Abs. 1 ZPO kann eine vollstreckbare Ausfertigung für den Rechtsnachfolger des in einem Urteil bezeichneten Gläubigers erteilt werden, sofern die Rechtsnachfolge bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde nachgewiesen wird. Rechtsnachfolge auf Gläubigerseite ist jeder Wechsel der im Urteil oder sonstigen Vollstreckungstitel als Gläubiger des zu vollstreckenden Anspruchs bezeichneten Person; auf die Art der Rechtsnachfolge kommt es nicht an (Zöller/Stöber § 727 ZPO Rn. 2). Auf gerichtliche Vergleiche ist die Vorschrift gemäß § 794 Abs. 1 Nr. 1, § 795 ZPO entsprechend anzuwenden. Unter diesen Voraussetzungen kann auch dem Insolvenzverwalter eine vollstreckbare Ausfertigung eines zugunsten des Insolvenzschuldners ergangenen Titels erteilt werden, sofern der Anspruch das von ihm verwaltete Vermögen betrifft und der Nachweis der Rechtsnachfolge durch Vorlage der Bestallungsurkunde (§ 56 Abs. 2 Satz 1 InsO) im Original oder in öffentlich beglaubigter Abschrift erfolgt (BGH 5. Juli 2005 – VII ZB 16/05 -). Gleiches gilt für den Gläubiger, der einen Titel gegen den Insolvenzschuldner erlangt hat und nunmehr eine vollstreckbare Ausfertigung gegen den Insolvenzverwalter begehrt (BGH 3. Februar 2011 – V ZB 54/10 – BGHZ 188, 177; 14. April 2005 – V ZB 25/05 -). In beiden Fällen handelt es sich allerdings um keinen Fall der Rechtsnachfolge, die Notwendigkeit der Titelumschreibung ist vielmehr bedingt durch den Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nach § 80 Abs. 1 InsO. § 727 ZPO findet deshalb nur entsprechende Anwendung (allgM, zB BGH 3. Februar 2011 – V ZB 54/10 – Rn. 8, BGHZ 188, 177; 14. April 2005 – V ZB 25/05 – zu II 2 b der Gründe; Zöller/Stöber § 727 ZPO Rn. 18).
12
3. Ausgehend von diesen Grundsätzen war dem Antragsteller in entsprechender Anwendung des § 727 Abs. 1 ZPO in Bezug auf Ziff. 2 des Vergleichs vom 23. April 2009 eine vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen.
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a) Die materiell-rechtliche Wirksamkeit des Titels, für den die Erteilung der Vollstreckungsklausel begehrt wird, unterliegt im Klauselerinnerungsverfahren nach § 732 ZPO keiner Überprüfung (BGH 29. Juni 2011 – VII ZB 89/10 – Rn. 21 mwN, BGHZ 190, 172). Deshalb könnte die Rüge mangelnder Verfügungsbefugnis des Insolvenzschuldners zum Abschluss des Vergleichs der Erinnerung nicht zum Erfolg verhelfen. Diese wird von der Schuldnerin auch nicht erhoben.
14
Unabhängig hiervon geht das Landesarbeitsgericht zutreffend davon aus, dass der Insolvenzschuldner trotz laufenden Insolvenzverfahrens befugt war, sein Arbeitsverhältnis im Wege des Vergleichs gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden. Die Arbeitskraft des Schuldners und dessen Arbeitsverhältnis als solches gehören nicht zur Insolvenzmasse und unterfallen daher nicht dem Verfügungsverbot des § 81 Abs. 1 Satz 1 InsO. Die Arbeitskraft des Insolvenzschuldners ist Ausdruck der eigenen Persönlichkeit, also kein Vermögensobjekt, und fällt nicht in die Insolvenzmasse. Gleiches gilt für das Arbeitsverhältnis als solches. Die Entscheidung über eine Klage gegen eine Arbeitgeberkündigung und die Prozessführungsbefugnis verbleiben beim Insolvenzschuldner (vgl. insgesamt dazu: BAG 20. Juni 2013 – 6 AZR 789/11 – Rn. 15 ff. mwN; 5. November 2009 – 2 AZR 609/08 – Rn. 10 mwN). Daraus folgt, dass alleine dieser berechtigt ist, darüber zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen er sein Arbeitsverhältnis nach einer Kündigung im Wege des Vergleichs beendet. Eine Zustimmung des Treuhänders – auch wenn er die Funktion des Insolvenzverwalters nach § 313 Abs. 1 InsO in der bis 30. Juni 2014 geltenden Fassung innehat – zu einem solchen Vergleichsschluss ist für die Wirksamkeit des Vergleichs nicht erforderlich. Daran ändert nichts, dass ein solcher Beendigungsvergleich typischerweise den Anspruch auf Zahlung einer Abfindung, die dem Massebeschlag nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO unterliegt, beinhaltet. Die mittelbare Wirkung auf die Insolvenzmasse ist hinzunehmen. Andernfalls könnte das Recht des Schuldners, über seine Arbeitskraft selbst zu verfügen, durch den Treuhänder eingeschränkt werden (BAG 20. Juni 2013 – 6 AZR 789/11 – [zur Änderung des Arbeitsvertrags durch Annahme einer Änderungskündigung]; Reinfelder NZA 2009, 124, 127; ähnlich Mohn NZA-RR 2008, 617, 622; zweifelnd Hergenröder ZVI 2011, 1, 10).
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b) Der mit Abschluss des gerichtlichen Vergleichs vom 23. April 2009 entstandene Abfindungsanspruch ist Teil der Insolvenzmasse nach §§ 35, 36 InsO und unterlag mit seinem Entstehen der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Antragstellers als Treuhänder nach § 313 Abs. 1 InsO aF.
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aa) Nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO erfasst das Insolvenzverfahren auch das Vermögen, das der Insolvenzschuldner während des Verfahrens erlangt (sog. Neuerwerb). Dies gilt jedenfalls so lange, bis ihm Restschuldbefreiung erteilt wird (BGH 13. Februar 2014 – IX ZB 23/13 – Rn. 5 ff. mwN; vgl. auch seit 1. Juli 2014 § 300a InsO). Arbeitseinkommen fällt in die Insolvenzmasse, soweit es pfändbar ist. Die Pfändbarkeit bestimmt sich dabei gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 InsO – mit hier nicht relevanten Ausnahmen – nach §§ 850 ff. ZPO (BAG 20. Juni 2013 – 6 AZR 789/11 – Rn. 17 ff.). Zum Arbeitseinkommen iSv. § 850 ZPO gehören auch Abfindungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, unabhängig davon, ob es sich um gesetzliche Abfindungsansprüche, beispielsweise nach §§ 9, 10 KSchG, oder um vertraglich vereinbarte handelt (BAG 20. August 1996 – 9 AZR 964/94 – zu II 2 c der Gründe; BGH 11. Mai 2010 – IX ZR 139/09 – Rn. 11). Eine Abfindung ist eine nicht wiederkehrend zahlbare Vergütung iSv. § 850i ZPO (vgl. umfassend Hergenröder ZVI 2006, 173); sie wird nicht als Gegenleistung für die in einem bestimmten Zeitraum erbrachte Arbeitsleistung geleistet (BAG 20. August 1996 – 9 AZR 964/94 – aaO). Um einen solchen Abfindungsanspruch geht es hier; dies steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit. Dass die Abfindung in mehreren Raten gezahlt wurde, ändert an ihrem Charakter als Einmalzahlung nichts. Einen Pfändungsschutzantrag nach § 850i ZPO hat der Insolvenzschuldner nicht gestellt, so dass der Abfindungsanspruch mit seinem Entstehen in vollem Umfang dem Insolvenzbeschlag unterlag.
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bb) Dass der Insolvenzschuldner bereits mit der Stellung des Insolvenzantrags gemäß § 287 Abs. 2 InsO seine pfändbaren Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis an den Treuhänder abgetreten hatte, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Da Restschuldbefreiung noch nicht angekündigt und das Insolvenzverfahren zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs noch nicht aufgehoben war, konnte diese Abtretung noch keine Wirkung entfalten (§§ 291, 289 Abs. 2 Satz 2 InsO aF). Maßgeblich war vielmehr ausschließlich der Insolvenzbeschlag des Abfindungsanspruchs nach § 35 Abs. 1 Alt. 2 InsO (BGH 3. Dezember 2009 – IX ZB 247/08 – Rn. 15, BGHZ 183, 258; HK-InsO/Waltenberger 7. Aufl. § 287 InsO aF Rn. 32 mwN).
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c) Die Voraussetzungen für eine entsprechende Anwendung des § 727 ZPO sind entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erst mit dem Abschluss des Vergleichs eingetreten, nicht bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
19
aa) Voraussetzung für die Erteilung der Klausel nach § 727 ZPO ist, dass die Rechtsnachfolge bei Urteilen nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt ist. Bei anderen Vollstreckungstiteln, denen kein Klageverfahren vorausging, ist maßgebender Zeitpunkt frühestens der ihrer Errichtung (allgM, vgl. zB Thomas/Putzo/Seiler § 727 ZPO Rn. 11). Gleiches gilt bei einem gerichtlichen Vergleich jedenfalls dann, wenn der in ihm geregelte vollstreckbare Anspruch nicht Gegenstand des Rechtsstreits war, der durch den Vergleich beendet wurde (BGH 9. Dezember 1992 – VIII ZR 218/91 – zu II 1 der Gründe, BGHZ 120, 387).
20
bb) Zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens und des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis (§ 80 Abs. 1 InsO) auf den Antragsteller als Treuhänder nach § 313 Abs. 1 InsO aF bestand das Arbeitsverhältnis zwischen dem Insolvenzschuldner und der Schuldnerin noch. Ein Abfindungsanspruch für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stand dem Insolvenzschuldner zu diesem Zeitpunkt weder kraft Gesetzes noch kraft vertraglicher Vereinbarung zu. Die Verfügungsbefugnis über einen solchen Anspruch konnte daher auch nicht auf den Antragsteller übergehen. Ebenso wenig war ein solcher Abfindungsanspruch Gegenstand des Kündigungsschutzverfahrens vor dem Arbeitsgericht Berlin (- 53 Ca 20268/08 -), vielmehr stritten die dortigen Parteien ausschließlich über die Wirksamkeit der Kündigung vom 28. November 2008. Deshalb konnte der Antragsteller die Forderung auf die Abfindung iHv. 7.000,00 Euro vor dem Wirksamwerden des Vergleichs noch nicht erworben haben (vgl. zu einer solchen Fallkonstellation: BGH 9. Dezember 1992 – VIII ZR 218/91 – zu II 1 b der Gründe, BGHZ 120, 387).
21
cc) Der Anspruch auf Zahlung einer Abfindung gegen die Schuldnerin ist durch Abschluss des Vergleichs am 23. April 2009 entstanden. Erst durch die wirksame Verfügung des Insolvenzschuldners über den Bestand seines Arbeitsverhältnisses kam es im Gegenzug zum Entstehen des Abfindungsanspruchs (vgl. zum Gegenseitigkeitsverhältnis: BAG 10. November 2011 – 6 AZR 357/10 – Rn. 18, BAGE 139, 376). Erst zu diesem Zeitpunkt hat damit auch der Antragsteller kraft Gesetzes (§ 35 Abs. 1 Alt. 2, § 80 Abs. 1 InsO) die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über die nunmehr zur Masse gehörige Forderung erlangt und hat diese in Verwaltung zu nehmen (HK-InsO/Depré § 148 InsO Rn. 5). Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es deshalb insoweit auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht an.
22
d) Die Rechtsnachfolge hat der Antragsteller durch Vorlage seiner Bestallungsurkunde (§ 56 Abs. 2 Satz 1 InsO) im Original nachgewiesen (BGH 5. Juli 2005 – VII ZB 16/05 -).
23
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 GKG.

Linck

Brune

W. Reinfelder