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Berechnung der insolvenzgeschützten Betriebsrentenanwartschaft – keine Altersdiskriminierung.

eingetragen von Thilo Schwirtz am Juli 20th, 2011

Nach § 7 Abs. 2 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) wird die Höhe der Betriebsrentenanwartschaft, für die der Pensionssicherungsverein bei Insolvenz des Arbeitgebers einzustehen hat, nach § 2 Abs. 1 BetrAVG bestimmt. Es kommt deshalb die gleiche Regelung zur Anwendung, die gilt, wenn festzustellen ist, wie hoch die gesetzlich unverfallbare Anwartschaft eines vor Eintritt des Versorgungsfalles aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist. Insolvenzgeschützt ist daher der Anspruch, der dem Verhältnis der tatsächlichen Betriebszugehörigkeit bis zum Eintritt des Sicherungsfalls zur möglichen Betriebszugehörigkeit bis zur üblichen, „festen“ Altersgrenze entspricht (zeitratierliche Berechnung). Das kann dazu führen, dass Arbeitnehmer, die in jüngerem Alter ein Arbeitsverhältnis begonnen haben, bei gleicher Betriebszugehörigkeit eine geringere geschützte Versorgungsanwartschaft haben als solche, die es mit höherem Alter begonnen haben. Dieser Effekt kann z.B. eintreten, wenn die Versorgungsordnung eine dienstzeitabhängige Berechnung der Betriebsrente mit einer Höchstbegrenzung vorsieht.

Der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat entschieden, dass diese Berechnung nicht gegen das unionsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung, wie es jetzt in Art. 21 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt ist, verstößt. Der Gesetzgeber durfte die Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaft ebenso ausgestalten wie die Berechnung der gesetzlich unverfallbaren Versorgungsanwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Bei vorzeitigem Ausscheiden ist die Regelung in § 2 Abs. 1 BetrAVG nicht zu beanstanden. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union scheidet eine unzulässige Ungleichbehandlung jedenfalls aus, wenn die Ungleichbehandlung durch ein rechtmäßiges Ziel von Allgemeininteresse gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Die Mitgliedstaaten haben dabei einen weiten Ermessensspielraum, soweit das Verbot der Altersdiskriminierung nicht ausgehöhlt wird. Der Gesetzgeber war danach berechtigt, darauf abzustellen, dass betriebliche Altersversorgung als Gegenleistung für die gesamte mögliche Betriebszugehörigkeit zwischen dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und der festen Altersgrenze angesehen wird. Dem entspricht die zeitratierliche Berechnung der Anwartschaft bei vorzeitigem Ausscheiden. Eine Aushöhlung des Verbots der Altersdiskriminierung ist damit nicht verbunden, da die jeweiligen Versorgungsordnungen ihrerseits dem Verbot der Diskriminierung wegen des Alters unterliegen.

Die Klage eines Arbeitnehmers, der vom Pensionssicherungsverein den Eintritt für eine höhere als die zeitratierlich berechnete Anwartschaft verlangt hat, war vor dem Bundesarbeitsgericht ebenso wenig erfolgreich wie in den Vorinstanzen.

[Quelle: PM des Bundesarbeitsgerichts vom 20.07.2011]

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Juli 2011 – 3 AZR 434/09 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 6. Mai 2009 – 9 Sa 1/09
§ 7 BetrAVG (Umfang des Versicherungsschutzes)
1) …
2) Personen, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder bei Eintritt der nach Absatz 1 Satz 4 gleichstehenden Voraussetzungen (Sicherungsfall) eine nach § 1b unverfallbare Versorgungsanwartschaft haben, und ihre Hinterbliebenen haben bei Eintritt des Versorgungsfalls einen Anspruch gegen den Träger der Insolvenzsicherung, wenn die Anwartschaft beruht
1. auf einer unmittelbaren Versorgungszusage des Arbeitgebers oder
2. auf einer Direktversicherung und der Arbeitnehmer hinsichtlich der Leistungen des Versicherers widerruflich bezugsberechtigt ist oder die Leistungen aufgrund der in § 1b Abs. 2 Satz 3 genannten Tatbestände nicht gezahlt werden und der Arbeitgeber seiner Verpflichtung aus § 1b Abs. 2 Satz 3 wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht nachkommt.
Satz 1 gilt entsprechend für Personen, die zum Kreis der Begünstigten einer Unterstützungskasse oder eines Pensionsfonds gehören, wenn der Sicherungsfall bei einem Trägerunternehmen eingetreten ist. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach der Höhe der Leistungen gemäß § 2 Abs. 1, 2 Satz 2 und Abs. 5, bei Unterstützungskassen nach dem Teil der nach der Versorgungsregelung vorgesehenen Versorgung, der dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit vom Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zum Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen festen Altersgrenze entspricht, es sei denn, § 2 Abs. 5a ist anwendbar. Für die Berechnung der Höhe des Anspruchs nach Satz 3 wird die Betriebszugehörigkeit bis zum Eintritt des Sicherungsfalles berücksichtigt. Bei Pensionsfonds mit Leistungszusagen gelten für die Höhe des Anspruchs die Bestimmungen für unmittelbare Versorgungszusagen entsprechend, bei Beitragszusagen mit Mindestleistung gilt für die Höhe des Anspruchs § 2 Abs. 5b.