Benachteiligung bei Stellenbesetzung
Macht ein Bewerber geltend, er sei bei der Besetzung einer ausgeschriebenen Stelle entgegen dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) benachteiligt worden, so setzt dies grundsätzlich voraus, dass seine Bewerbung um die Stelle schon im Zeitpunkt der Besetzungsentscheidung vorlag.
Die Klage blieb in allen drei Instanzen ohne Erfolg. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat entschieden, dass der Kläger aufgrund seiner Bewerbung auf eine als offen ausgeschriebene Stelle zwar zum „Beschäftigten“ im Sinne des AGG geworden ist. Da die Stelle aber bereits davor besetzt wurde, hat er als „Beschäftigter“ keine Benachteiligung erfahren. Der Arbeitgeber hatte auch nicht, etwa durch Angabe einer Bewerbungsfrist, versprochen, die Stelle für eine bestimmte Zeit nicht zu besetzen. Ob der Kläger einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der von vorneherein vergeblichen Bewerbung hat, war nicht Gegenstand des Verfahrens.
[Quelle: PM des Bundesarbeitsgerichts vom 19.08.2010]
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. August 2010 – 8 AZR 370/09 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Kammern Freiburg, Urteil vom 26. März 2009 – 11 Sa 83/08 –
Zum Sachverhalt:
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte den Kläger wegen dessen Behinderung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses benachteiligt hat.
Der Kläger hat einen Grad der Behinderung (GdB) von 80. Er ist Diplom-Ingenieur (FH, Fachrichtung Elektrotechnik). Auf der Homepage der Beklagten wurde im Dezember 2007 eine Stellenausschreibung veröffentlicht. Gesucht wurde ein kreativer Entwicklungsingenieur für digitale Elektroniken (m/w). Der Kläger bewarb sich hierauf am 29. Dezember 2007. Mit E-Mail vom 8. Januar 2008 teilte die Beklagte ihm unter Versicherung ihres Bedauerns mit, dass die ausgeschriebene Position anderweitig vergeben worden sei. Die Beklagte hatte vor Besetzung der Stelle nicht geprüft, ob der freie Arbeitsplatz mit Schwerbehinderten, insbesondere mit den bei der Agentur für Arbeit arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldeten schwerbehinderten Personen besetzt werden könnte. Auch die Schwerbehindertenvertretung wurde nicht beteiligt. Die Beklagte erfüllte auch ihre Verpflichtung zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nach § 71 SGB IX nicht.
Mit seiner im Mai 2008 beim Arbeitsgericht erhobenen Klage verlangt der Kläger eine Entschädigung, deren Höhe er in das Ermessen des Gerichts stellte. Er ist der Ansicht, aufgrund der Umstände der Bewerbung und der Ablehnung bestehe die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert worden sei. Hätte die Beklagte frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Verbindung aufgenommen, so hätte er von dieser einen Hinweis auf die freie Stelle bei der Beklagten erhalten. Er hätte sich dann vor der behaupteten Besetzung der Stelle bewerben können und wäre auch eingestellt worden. Die Beklagte bestreitet, dass der Kläger eingestellt worden wäre, wenn er sich rechtzeitig auf die Stelle beworben hätte.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. März 2009 – 11 Sa 83/08 –