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Auskunftsanspruch eines abgelehnten Stellenbewerbers?

eingetragen von Thilo Schwirtz am Mai 20th, 2010

Das Bundesarbeitsgerichts hat dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt: Gebietet es das Gemeinschaftsrecht, einem Bewerber, der darlegt, dass er die Voraussetzungen für eine von einem Arbeitgeber ausgeschriebene Stelle erfüllt, dessen Bewerbung jedoch nicht berücksichtigt wurde, gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf Auskunft einzuräumen, ob dieser einen anderen Bewerber eingestellt hat und wenn ja, aufgrund welcher Kriterien diese Einstellung erfolgt ist?

Die 1961 in Russland geborene Klägerin hatte sich im Jahre 2006 auf die von der Beklagten ausgeschriebene Stelle eines/einer Softwareentwicklers/in erfolglos beworben. Die Beklagte teilte ihr nicht mit, ob sie einen anderen Bewerber eingestellt hatte und gegebenenfalls, welche Kriterien für diese Entscheidung maßgeblich waren. Die Klägerin behauptet, sie habe die Voraussetzungen für die ausgeschriebene Stelle erfüllt und sei lediglich wegen ihres Geschlechts, ihres Alters und ihrer Herkunft nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen und damit unter Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) diskriminiert worden. Sie hat von der Beklagten eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts sah sich an einer abschließenden Sachentscheidung gehindert, weil eine solche von einer dem Gerichtshof der Europäischen Union obliegenden Auslegung des Gemeinschaftsrechts abhängt.

Die Klägerin hat zwar auf ihr Geschlecht, ihr Alter und ihre Herkunft hingewiesen, jedoch keine ausreichenden Indizien dargelegt, welche eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen und die nach § 22 AGG zu einer Beweislast der Beklagten dafür führen würden, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat. Einen Anspruch der Klägerin auf Auskunft gegen die Beklagte, ob diese einen anderen Bewerber eingestellt hat und gegebenenfalls aufgrund welcher Kriterien, sieht der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts nach nationalem Recht nicht. Ob dies den einschlägigen Antidiskriminierungsrichtlinien des Gemeinschaftsrechts entspricht, durfte der Senat nicht selbst entscheiden.

PM des Bundesarbeitsgerichts vom 20.05.2010

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 20. Mai 2010 – 8 AZR 287/08 (A) –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 9. November 2007 – H 3 Sa 102/07 –

§ 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

§ 22 AGG -Beweislast-

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.